Prolog

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Buch I

Schreie.

Beängstigende, laute Schreie.

Sie hallten durch die stockfinstere Nacht, sendeten jedem der sie vernahm eine Gänsehaut über den Körper.

Feuer.

Loderndes, heißes Feuer— ein Flammenmeer, dass sich wie ein reißender, aufgewühlter Sturm über das Land zog und die Dunkelheit vertrieb, das Dorf zu einer Hölle auf Erden machte.

Das schrille Klagen eines Babys schnitt durch die Luft und ging beinahe unter im Toben der unterweltartigen Zustände.

Doch wenn man ganz genau lauschte, konnte man sie hören. Die Schritte der Frau die das Baby unter Todesängsten durch den Wald trug. 

Sie rannte, rannte um ihr Leben und um das ihres geliebten Kindes. Ihr Körper war übersät mit Wunden, frische, ältere. Getrocknetes und warmes Blut klebte in ihrem einst seidig weichem, weißen Haar. Aus ihrem Rücken und linken Bein ragten Kunai heraus, bewegten sich bei jedem Schritt den sie tat auf und ab und rissen ihre ohnehin schon schmerzenden Wunden gewaltsam auf. 

Mit aller Kraft unterdrückte sie einen Aufschrei, als sie über eine unauffällige Wurzel stolperte und in dem Versuch ihr Baby zu beschützen, schmerzhaft zu Boden stürzte. Tränen begannen ihre Sicht zu verschleiern, als sie sich unter Schmerzen aufrichtete und humpelnd ihren beschwerlichen Weg fortsetzte. 

Eines der Kunai in ihrem Bein hatte sich bei dem Sturz ungehindert durch ihre Wade gebohrt und verbannte jegliches Gefühl aus ihrem Fuß. Es fiel schwer ihre Belastung einzuschätzen, sie wusste nicht ob sie hängen blieb bis sie sich auf dem Boden wiederfand, ihr Kiefer verzweifelt angespannt. Doch sie durfte nicht aufgeben, ihres Kindes Willen, ihres Clanes Willen, der Zukunft Willen. Sie durfte nicht aufhören zu rennen.

Als sie ein weiteres Mal stolperte begann das Baby erneut zu schreien, ob aufgrund des Schrecks oder weil sie den Tod spürte der von ihrer kraftlosen Mutter ausging. Erschrocken presste sie den schneeweißen Schopf des Säuglings an ihre Brust und blickte sich paranoid um. Sie durften sie nicht hören, sie durften sie nicht bekommen. Konoha war nicht mehr weit, bald wäre sie in Sicherheit, nur noch ein kleines Stück.

Was sich für sie wie Tage anfühlte, verwandelte sich in Realität in eine Stunde, bis sie über den Baumwipfeln die riesigen Tore des Dorfes versteckt hinter den Blättern ausmachen konnte. Ihr Fuß schmerzte und ihre Beine fühlten sich an als würden sie jeden Augenblick von ihrem Körper abfallen. Ihre Arme brannten und waren beinahe vollkommen Rot gefärbt. Doch sie durfte nicht aufgeben, nicht wenn sie so nah an ihrem Ziel war. Sie blinzelte so gut es ihr gelang ein weiteres Mal die schwarzen Punkte am Rande ihres Sichtfeldes weg, alles nur nicht ihr Bewusstsein verlieren.

Das Baby in ihren Armen war still. Mit großen, besorgten Augen starrte es auf seine verzweifelte Mutter, auf deren Gesicht sich nichts als Schmerz und Entschlossenheit ausgebreitet hatte. Es konnte das Verderben spüren das sich durch die Zellen der weißhaarigen Frau fraß. Der Tod in ihr war so konzentriert, dass es eigentlich unmöglich sein sollte, dass sie noch am Leben war. Wissend lenkte das Baby seinen Blick auf die gigantischen Tore vor denen seine Mutter aus dem dichten Astwerk stolperte.

Wahrscheinlich hätte die junge Frau erleichtert gelächelt, wenn sie nicht so sehr an ihren eigenen psychischen und physischen Grenzen stehen würde. Am Tor erkannte sie einen jungen blondhaarigen Mann, er musste in ihrem Alter sein, der sich gerade mit den zwei Wachen unterhielt die sie somit nicht bemerken konnten. Sie wollte Schreien, mit letzten Kräften auf sich aufmerksam machen, doch kein Wort verließ ihre zugeschnürte Kehle. Jeder Schritt den sie tat fühlte sich an wie ihr Letzter, sie musste versuchen nur noch dieses kleine Stück durchzuhalten.

Ihr Baby blickte wissend zu ihrer machtlosen Mutter auf, bevor es ein einziges lautes, schrilles Schreien von sich gab und auf sie aufmerksam machte. Die junge weißhaarige Frau blickte überrascht, aber dankbar auf ihr Kleines hinunter und warf ihm ein letztes liebevolles Lächeln zu, bevor sie kraftlos zu Boden fiel. Ihr Blutverlust, der stundenlange Marsch, sie hatte endgültig ihre Grenze erreicht, war sie doch eh schon weit über sich hinausgegangen.

Bevor sie mit dem Rücken voraus auf den Boden aufschlagen konnte, wurde sie von starken Armen aufgefangen. 

Es schmerzte...ihr kompletter Körper schmerzte so sehr das sie nicht einmal zwischen Schmerz und Taubheit unterscheiden konnte. Sie war so erschöpft...wollte nichts weiter als ihre Augen zu schließen und endlich ihrem Mann ins Totenreich zu folgen...doch noch durfte sie nicht. Noch musste sie gegen die endlose Dunkelheit ankämpfen. 

"Hey, halte durch!" rief einer der Wachen und wollte ihr das Baby aus der Hand nehmen, doch die presste es bestimmt an ihre Brust. 

"B-Bitte..." Kaum mehr als ein Hauchen entkam ihrem Mund, doch der Blondhaarige hatte sie sofort verstanden und lehnte sich näher zu ihr. 

"Ange-griffen...K-Kümmert euch...um...s-sie." Der blondhaarige Konoha-Nin weitete seine Augen. "Natürlich...wer-?"

Seine Augen weiteten sich noch mehr, als sie ihren letzten Atemzug dem Namen ihres geliebten Kindes schenkte.

"F-Fuyumi. Kohana Fuyumi"

Eyes of Death [Naruto Fanfiktion]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt