1| Jeder Anfang ist sowohl Start als auch Schluss

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Seit einer halben Stunde schon ging ich von der Bibliothek nach Hause. Die Bücher, welche ich mir ausgeliehen hatte, wurden gefühlt mit jedem Schritt schwerer. Endlich kam mein Haus in Sichtweite. Wobei Haus nicht ganz zutrifft, Villa passt eher.
Diese Villa hatten wir nur, weil meine Mutter in der nationalsozialistischen Partei arbeitete und noch dazu einen hohen Posten in dieser innehatte. Deshalb verdiente sie sehr viel und ihr wurde eben auch diese Villa zur Verfügung gestellt.
Schnellen Schrittes ging ich die Stiegen zum Eingang empor.
Kaum hatte ich die Tür geöffnet, war eingetreten und hatte meinen schwerem Rucksack abgestellt, sprang auch schon Tim von den Stiegen auf. Er lief augenblicklich zu mir. Ich kniete mich hin und er sprang mir in die Arme. Glücklich umarmte ich ihn.
Tim war mein kleiner Bruder und ein absoluter Engel. Er sah nur Gutes in der Welt und war immer glücklich. Auch heute grinste er mich an. Doch irgendetwas stimmte nicht, denn sein Lächeln wirkte aufgesetzt und ich sah Besorgnis in seinen braunen Augen.
"Tim, was ist los?", fragte ich. Während er antwortete, überschlugen sich die Wörter in seinem Mund fast, so schnell sprach er. "Da ist ein Mann gekommen und wollte zu dir. Er war irgendwie gruselig. Er sagte, Mamas Partei habe ihn geschickt und dass es von höchster Bedeutung für die Nation und den Krieg sei, irgendwie sowas."
"Wann ist der Mann gekommen und wo ist er jetzt?", fragte ich hektisch.
"Er ist schon seit einer halben Stunde da und er ist in deinem Zimmer. Ich wollte sagen, dass er da nicht rein darf, aber er hat nicht auf mich gehört."
Schnell sprang ich auf, lief zu den Stiegen und hetzte diese empor. Panik stieg in mir hoch. Wenn dieser Mann in meinem Zimmer war und sich erstmal ein wenig umsah...

Im ersten Stock ließ ich die Bibliothek, das zweite Wohnzimmer und das Nähzimmer, in dem eigentlich nie jemand saß, hinter mir und lief in die oberste Etage unserer Villa.

Im dritten Stock befanden sich die Schlafzimmer meiner Familie und ein Bad. Jedoch interessierte ich mich nur für die Tür ganz am Ende des Flurs.
Vor meiner Zimmertür angekommen musste ich erst einmal zu Atem kommen.
Schnell riss ich die Tür auf.
In meinem Zimmer sah es eigentlich ganz normal aus: Links stand mein, meiner Meinung nach, viel zu großes Bett mit der blauen Tagesdecke. Mein Kleiderschrank stand ebenfalls links.
Rechts standen noch zwei Kommoden, ein, wie ich ihn nenne, Materialschrank und mein Schreibtisch.
Ich holte tief Luft.
An meinem Schreibtisch stand der Mann, von dem mein Bruder gesprochen hatte. Seine schwarzen Haare wichen langsam einer Glatze, jedoch sah er nicht älter aus als 40. Er trug eine schwarze Uniform und erst nach kurzem Überlegen konnte ich sie der Forschungseinrichtung Hitlers zuordnen.
Was mich jedoch beunruhigte, war, dass er ein dünnes Buch in der Hand hielt und es scheinbar aufmerksam studierte. Ich erkannte nicht, welches meiner Notizbücher es war und das machte mir Angst.
Der Mann drehte sich langsam zu mir und blickte auf. "Sie sind dann wohl Miss Livia Schwarz." Ich konnte nur nicken.
Er blätterte eine Seite um und überflog den Text, welcher dort stand. Anschließend schloss der Mann das Buch und sah wieder zu mir. "Das ist wirklich interessant. Stammt das von Ihnen?" Perplex konnte ich nur nicken, während der Typ das Buch auf meinen Schreibtisch zurücklegte. Dank der Vorderseite konnte ich erkennen, dass es sich nur um meine Doktorarbeit handelte.
Schnell fasste ich mich wieder und fragte:"Entschuldigen Sie die Frage, aber wer sind Sie?"
Während er antwortete, nahm er eine Akte vom Tisch. "Mein Name ist Johann Schmidt und ich bin Leiter der Forschungseinrichtung HYDRA. Wir arbeiten derzeit an einem Projekt, welches den Krieg entscheiden könnte. Dafür brauchen wir Menschen, die gewollt sind, alles zu tun. Auch kämpfen. Und wir denken, dass Sie dafür geeignet sind."
Perplex starrte ich Schmidt an. Ich sollte die Richtige für ein Forschungsprojekt sein, für das man kämpfen muss? Gut, ich bin sehr begabt im Bereich der Forschung, aber kämpfen?! Obwohl... Nein, das konnte er nicht wissen.

Während ich mit offenem Mund da stand, öffnete Johann Schmidt die Akte. Ich begann zu erklären: "Sir, ich denke nicht..." Jedoch wurde ich von Schmidt unterbrochen.
"Miss Livia Schwarz, oder sollte ich besser sagen: Dr. Livia Schwarz, geboren am 26. Oktober 1920 in Wien, Österreich.
Erhielt bereits mit 18 ihren ersten Doktortitel in Philosophie, mit 20 folgte der nächste in technischen Wissenschaften. Macht derzeit den Dritten in biomedizinischer Informatik.
Erhielt bereits mit 13 Unterricht in allen möglichen Kampfarten, kann sehr gut mit diversen Schusswaffen, Wurfmessern, Schwertern und Pfeil & Bogen umgehen.
Sprachkenntnisse: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch.
Weitere wichtige Informationen: fotografisches Gedächtnis."
Johann Schmidt pausierte seinen Vortrag und blickte zu mir. Mein Herz pochte wie wild und Panik erfasste mich. Er wusste also von meinem geheimen Training.

Ich hatte immer schon ein großes Interesse an Waffen und am Kampf gehabt. Natürlich hatte mir meine Mutter verboten, irgendwelchen Unterricht zu nehmen, da ich ja eine "Dame" war.
Die kleine Rebellin, die ich war, wollte jedoch nicht hören und so suchte ich in allen möglichen Büchern, die ich finden konnte, nach Stellen, wo ein Kampf detailliert beschrieben war. Und obwohl ich wirklich viel las, konnte ich trotzdem nichts. Es fehlte mir teils an den richtigen Lektüren, teils an praktischer Erfahrung.
Aber wie der Zufall es so will, fand mich eines Nachmittags meine Geschichtelehrerin Frau Professor Christos in der Bibliothek, während ich gerade wieder einmal vergeblich versuchte, eine Kampfstelle zu finden. Anstatt mich bei meiner Mutter zu verpetzen - die mir ausdrücklich verboten hatte, in solchen Büchern zu lesen -, bot sie mir an, mich zu unterrichten.
Dass sie kämpfen konnte und sich noch dazu mit jeglichen Waffen auskannte, ließ mich erst einmal stutzen. Jedoch gewöhnte ich mich bald an die neue Seite meiner Lehrerin.
Einmal pro Woche kam ich zu ihr, mal zeigte sie mir neue Kampftechniken im Hintergarten, mal die Verwendung von Waffen - ebenfalls im Garten - , mal unterrichtete sie mich theoretisch, also Taktik, Waffenbau oder ähnliches.
Sie überließ mir sogar ein Teil ihrer privaten Wurfmessersammlung und schenkte mir zu meinem 16. Geburtstag ein Notizbuch mit diversen Kampftechniken.
Sie war es auch, die mich dazu ermutigte, mein Doktorrat in Philosophie zu machen, Schwerpunkt Geschichtswissenschaften.

Das alles ging mir innerhalb weniger Sekunden durch den Kopf. Schmidt sah mich durchdringend an und sagte schließlich: "Sehr interessant, einmal jemanden mit fotografischem Gedächtnis zu treffen. Das erklärt auch Ihre guten Leistungen. Auch das andere klingt äußerst interessant."
"Mr Schmidt, ich denke, Sie haben da falsche Informationen. Ich habe nie...", versuchte ich zu sagen doch erneut schnitt er mir das Wort ab. "Das denke ich nicht."
Er ging gezielt zur Wand neben meinem Fenster und hob meine erste  Doktorratsurkunde hinunter, um einen Hohlraum freizugeben. In diesem hatte ich meine Messer und mein Notizbuch versteckt.
Schmidt sah wieder zu mir und ich hatte Angst. Er hob eine Augenbraue. "Ich glaube, Sie sind absolut geeignet."

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Was sagt ihr bisher zu der Geschichte? Gefällt sie euch?
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Captain Death [1] || {Captain America FF}Where stories live. Discover now