8| Das Archiv

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Am nächsten Morgen wurde ich durch ein lautes Klopfen geweckt. Erschrocken richtete ich mich auf. In den anderen Betten regte sich auch langsam etwas, jedoch war niemand auf der Stelle gleich so wach wie ich.
Die Tür öffnete sich schwungvoll und Agent Falk trat ein. Ich versuchte, aus seinem Blick irgendetwas bezüglich des nächtlichen Gespräches herauszulesen, doch es gelang mir nicht. Er sah fröhlich aus. Jedoch war mir klar, dass dies nur Fassade war.
"Auf, auf!", rief er. "Ihr habt eine halbe Stunde, ab dann könnt ihr essen. Ich sehe euch um neun Uhr draußen."
Mit diesen Worten verschwand Agent Falk wieder.

Eine halbe Stunde später saß ich an einem Tisch in der Cafeteria. Außer mir saßen noch ein paar andere Agents in der Mitte des Raumes und unterhielten sich, jedoch saß ich am Rand, weshalb ich nicht zuhören konnte.
Es war zwar erst kurz nach acht, aber ich schlang mein Essen fast hinunter. Ich wollte nämlich noch die Einrichtung ein wenig weiter erkunden. Ich hatte längst nicht alles gesehen, so viel war mir klar.
Als ein paar der anderen immer noch verschlafen langsam in die Cafeteria kamen, verließ ich diese bereits. Meine Armbanduhr zeigte an, dass es zehn nach acht war. Also genug Zeit, um den Rest der Einrichtung zu erkunden.

Ich lief verschiedene Gänge auf und ab. Viele davon waren augenscheinlich nur Verbindungsgänge, die außer Kreuzungen und verschiedenen Lichtquellen hier und da ziemlich unapektakulär waren. In manche Mauern waren jedoch auch Türen eingelassen. Von außen her sahen alle ziemlich gleich aus, weshalb ich auch dank fehlender Hinweisschilder nicht erkannte, was dahinter lag. Obwohl alles gleich aussah, konnte ich anhand einiger Abzweigungen und Merkmalen immer noch erkennen, wo ich mich ungefähr befand. Trotz ewig langem Herumlaufens konnte ich nichts wirklich Neues finden, nichts, was mich unbedingt interessieren würde.
Während ich langsam an den ewigen dunklen Gängen verzweifelte, schweiften meine Gedanken immer wieder zu dem Gespräch von gestern Nacht ab. Obwohl ich mich schon abgeplagt hatte, herauszufinden, was ein Spion für alles hier bedeuten würde, könnte ich vermutlich nicht viel tun. Ich hatte keine Übersicht über irgendetwas bei HYDRA, außer den einzelnen Plätzen in dieser Einrichtung. Das hieß, selbst wenn ich es wollen würde, wäre ich keine große Hilfe. Für niemanden.

Nach einiger Zeit war ich am Ende eines Ganges angelangt. Es führten keine Wege weiter, einzig eine dunkle, schwarze Metalltür füllte die komplette hintere Wand aus.
Ich beschloss, mir zumindest diesen Raum anzusehen, solange er nicht abgeschlossen war. Immerhin stand dieser komplett alleine am Ende eines langen Ganges, also musste er wichtig sein. Warum sonst stand er komplett von den anderen getrennt?

Das Licht des Ganges fiel in den dunklen Raum. Als ich den Lichtschalter betätigte, der sich neben der Tür befand, wurde der Raum auf einmal hell erleuchtet und ich erkannte, was sich darin befand.

Ein rießiger Raum erstreckte sich vor mir, mit Regalen, die bis unter die Decke reichten. Die Gänge dazwischen waren nicht unbedingt breit, jedoch waren hier und da auch Lücken, in denen Tische standen. Die Regale waren gefüllt mit Kisten. Sehr vielen Kisten.

Ich ging langsam die Gänge entlang und las die Aufschriften auf den Kisten. Es standen hauptsächlich für mich uninteressante Sachen darauf, wie 'Mitglieder in Einrichtung x' oder 'Waffen in Einrichtung y'.
Weiter hinten im Raum fand ich dann endlich etwas Interessantes: Projekt 'Eagle'
Neugierig zog ich die Kiste aus dem Regal und stellte sie auf den nächstgelegenen Tisch. Bevor ich sie öffnete, stellte ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr fest, dass ich noch eine halbe Stunde Zeit hatte, bevor ich wieder am Platz sein musste. Genug Zeit also. Nun widmete ich mich wieder der Kiste.
Als ich den Deckel entfernt hatte, sah ich einen Berg von Akten. Ich hob die oberste heraus und öffnete sie. In der Ecke war mit einer Büroklammer ein Bild an die Seite geheftet. Eine blonde Frau lächelte mich schüchtern an.
Ich stutzte. Schnell warf ich einen Blick auf den Namen.
Tatsächlich! Das war meine Akte.
Was bedeutete, dass Projekt 'Eagle' vermutlich das Supersoldaten-Projekt war, welches hier im Augenblick lief. Denn warum sonst sollte HYDRA eine Akte von mir haben?

Schnell überflog ich meine Akte. Es stand nichts unbedingt Bewegendes darin. Nur dass, was Johann Schmidt mir bereits daraus vorgelesen hatte. Name, Geburtsdatum, Wohnort, kurzer Lebenslauf. Auf der nächsten Seite stand auch etwas über meine Familie.
Ich klappte die Akte wieder zu, legte sie auf den Tisch und holte die nächste aus der Kiste.
Ein schneller Blick auf den Namen verriet mir, dass dies Paul Breitlers Akte war. Interessiert begann ich zu lesen.
Offenbar war Paul aus Salzburg und trat, sobald er mit der Schule fertig war, dem Heer bei.
Er kämpfte bereits an der Front, jedoch nicht für lange, denn schon nach zwei Wochen erlitt Paul eine starke Verletzung, welche man an der Front nicht heilen konnte. Deshalb wurde er zurückgeholt und irgendwie wurde dann HYDRA auf ihn aufmerksam. Wie genau stand hier nicht. Und auch nicht, wie er für das Experiment ausgewählt worden war.
Sein Vater verstarb, laut dieser Akte, bereits im ersten Krieg und seine Mutter musste ihn und seine ältere Schwester alleine groß ziehen.
Interessant, aber nichts, was ich nicht schon gehört hatte. Wenn man oft unter Leuten ist, wie ich es bin, bekommt man die wildesten, traurigsten, verrücktesten Geschichten über Leute zu hören, die im Krieg gekämpft hatten.
Nach lauter solchen Geschichten hatte ich mir oft gewunschen, all dieses Leid und den Schmerz beenden zu können. Nun hatte ich die Chance, genau dies zu tun. Hoffentlich schaffte ich es.

Ich legte Pauls Akte ebenfalls beiseite und nahm die nächste heraus. Es war Ninas!
Laut der Akte war sie aus Berlin und arbeitete in dem Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern, bevor sie für das Experiment hierher gebracht worden war.
Ich fügte Ninas Akte dem Stapel hinzu und nahm noch eine aus der Kiste.
Max Fischer

Einer der Fischer-Zwillinge also. Die nächste Akte war auch gleich die seines Bruders, Thomas Fischer.
Die beiden kamen aus Leipzig und sind, sobald sie mit der Schule fertig waren, der nationalsozialistischen Partei beigetreten. Der Vater starb im ersten Krieg, die Mutter bei Bombardements im Zweiten.

Als ich einen Blick auf die Uhr warf, bemerkte ich, dass ich noch zwanzig Minuten hatte. Also sollte ich mich langsam auf den Weg machen, da ich nicht wusste, wie lange ich zum Trainingsplatz brauchte, selbst, wenn ich den Weg kannte.
Also legte ich die Akten in richtiger Reihenfolge zurück in die Kiste, stellte diese wieder ins Regal und schaltete beim Verlassen das Licht ab.





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Wie fandet ihr dieses Kapitel? Ich hoffe, es war nicht zu kurz. Über Feedback und Vorschläge freue ich mich immer.

Ich würde gerne noch anmerken, dass, falls es tatsächlich Leute mit den Nachnamen meiner Figuren im Zweiten Weltkrieg gab, ich das nicht wusste und mich auch nicht auf sie beziehe. Die Handlungen und Figuren sind frei von mir erfunden.


Captain Death [1] || {Captain America FF}Where stories live. Discover now