6| Die Schlachtfeld-Simulation

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Instinktiv duckte ich mich, doch niemand war in der Nähe. Ich sah mich noch einmal vorsichtig um. Kein Schein einer Lampe war zu sehen und das Geräusch der Schüsse wurde immer leiser. Langsam erhob ich mich wieder und ging vorsichtig weiter, von den Schüssen weg.
Während ich durch den pechschwarzen Wald ging, überlegte ich, was HYDRA wohl machen würde, wenn wir uns verliefen. Das Gebiet, in dem wir uns bewegten, war immerhin ziemlich groß und noch dazu unübersichtlich. Ein kleiner Teil meines Gehirnes sagte mir, ihnen wäre es egal; eine Person weniger, um die sie sich zu sorgen hatten. Doch ich weigerte mich, das zu glauben. Wir würden heute alle aus diesem Wald hinauskommen - unbeschadet.
Die Schüsse hatten aufgehört, doch das mulmiges Gefühl blieb. Langsam schlich ich vorwärts und versuchte, kein Geräusch zu machen. Es war definitiv die richtige Entscheidung gewesen, meine Taschenlampe auszuknipsen.

Nach mehreren Minuten stolperte ich plötzlich über etwas. Ich dachte, es wäre eine Baumwurzel, doch beim näheren Hinsehen wurde mir klar, dass es ein Mensch war. Vorsichtig kniete ich mich neben den reglosen Körper und betrachtete ihn genauer.
Blonde Haare, hohe Absätze an den Schuhen. Ich kannte nur eine Person, die sich trauen würde, hohe Schuhe in den Wald anzuziehen - Flora Stieler.
Sie atmete gleichmäßig, sonst rührte sie sich aber nicht. Die Schüsse am Anfang hatten vermutlich ihr gegolten. Unterhalb ihres Halses konnte ich ein rundes Stück Metall ausmachen, das sich halb durch die Jacke gebissen hatte, die wir alle tragen mussten. Meine Vermutung sagte mir, es handelte sich hierbei um eine der Kugeln aus unseren Waffen. Jetzt wusste ich auch, welche Art von Munition sie uns gegeben hatten. Nur betäuben, nicht töten - könnte ja sein, dass sie uns noch brauchten.

Ich stand wieder auf und auf einmal hörte ich ein Geräusch hinter mir.
Ich drehte mich um, riss die Pistole hoch und schoss. Gerade rechtzeitig, denn hinter mir stand Mira, die braunhaarige Frau. Alle ihre Glieder erschlafften und mit einem dumpfen Aufprall landete sie am Waldboden.
Eine weitere, die aus dem Spiel war.
Schnell ging ich weiter. Obwohl wir keine Teams bilden durften, taten die Zwillinge und Paul das bestimmt schon. Und wenn sie den Schuss gehört hatten, kamen sie bestimmt schon hier her.

Es ertönten immer wieder einzelne Schüsse in manchmal längeren, manchmal auch wieder kürzeren Abständen. Jedoch begegnete ich niemanden.
Jetzt war es wieder still. Panik kroch in mir hoch. Ich wusste nicht, was jetzt passieren würde, ob jemand in meiner Nähe war oder ich mich inzwischen zu weit entfernt hatte, als dass mir irgendetwas passieren würde.
Vorsichtig schlich ich weiter, immer wieder blickte ich in alle Richtungen, um mögliche Angreifer frühzeitig auszumachen. Ich hatte meine Waffe schon angelegt, um im Notfall ohne zu zögern feuern zu können.

Auf einmal sah ich einen Lichtschein in Bodennähe. So hell und konzentriert konnte es nur eines sein: eine Taschenlampe.
Ich zielte auf die Stelle und drückte ab. Dreimal schoss ich insgesamt, ich hoffte, dass das genügte und der Auflauernde bewusstlos war.
Vorsichtig ging ich auf die Stelle zu. Im Gestrüpp lag ein Mann mit dunkelblonden Haaren. Einer der Fischer-Zwillinge. Und wo der eine ist, kann auch der andere nicht weit sein.
Ich schnellte sofort wieder hoch und legte meine Waffe an. Mit pochendem Herzen ging ich weiter.
Ich war keine zehn Meter gekommen, als ich schon wieder ein Geräusch hörte. Diesmal kam es von meiner rechten Seite. Ich drehte mich dorthin und sah in einigen Metern Entfernung Paul stehen.
Ich hatte das Gefühl, dass mein Herz für einen Moment anhielt, so sehr erschrak ich mich. Nicht, dass ich es nicht kommen sah, aber wenn plötzlich vor dir im Wald jemand steht, der noch dazu eine Waffe auf dich gerichtet hatte, ist das eine legitime Reaktion.
Die Lampe beleuchtete das Gesicht des Mannes, welches ein hämisches Grinsen zierte. Er legte in dem Bruchteil einer Sekunde die Waffe an und schoss mehrere Male auf mich.
Meine Reflexe waren nicht die allerschnellsten, aber es reichte aus, um rechtzeitig auszuweichen.

Obwohl ich wusste, dass der andere Fischer-Zwilling garantiert in der Nähe war, konzentrierte ich mich im Augenblick nur auf den Mann vor mir.
So schnell ich konnte schoss ich ebenfalls auf ihn, jedoch wich er mit Leichtigkeit aus. Ich schoss immer weiter auf ihn, doch plötzlich klickte es nur noch, als ich auf den Abzug drückte.
Ich hatte keine Munition mehr.
Das hätte ich kommen sehen sollen. Innerlich ohrfeigte ich mich selbst. Doch Selbsthass half mir wenig weiter, ich befand mich immerhin in einem Kampf.
Als Paul bemerkte, dass ich keine Munition mehr hatte, wurde sein Grinsen nur noch breiter.
Er hob nun seine Waffe wieder an und begann zu reden:
"Na, haben wir keine Munition mehr?"
In seiner Stimme lag ein spöttischer Unterton. Er sah nicht so aus, als würde er in nächster Zeit einmal abfeuern. Eher benahm er sich wie die Bösen aus einen von Papas Romanen. Zuerst den Helden in die Enge treiben und dann den ganzen Plan erklären oder eben ewig reden, solange, bis der Held einen Fluchtplan hat. Es war immer dasselbe.

Im Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf ein wenig nach rechts. Dort stand der zweite Fischer-Zwilling und hatte seine Waffe angelegt, jederzeit bereit zu feuern.
Jedoch nahm ich an, dass die drei Männer einen Pakt geschlossen hatten, dass Breitler mich "umlegen" darf. Paul bestätigte meine Vermutung sofort, nachdem er gesehen hatte, dass ich seinen Freund bemerkt hatte.
"Ah, du hast Max auch schon bemerkt. Eine Schande, dass du Thomas so schnell hinausgeworfen hast. Aber er ist auch selbst schuld, wenn er so auffällig ist."
Sein Gesicht nahm einen genervten Ausdruck an.
"Aber was soll's. Immerhin sind wir hier, um dich zu erledigen."
Paul begann wieder, hämisch zu grinsen.
Ich überlegte fieberhaft, wie ich Paul und Max besiegen könnte. Ohne Munition würde das schwierig werden. Plötzlich ging mir ein Licht auf. Ich stellte mich in Kampfposition und musste nur noch auf den geeigneten Augenblick warten. Und er kam.
Paul fragte hämisch: "Angst, Schwarz?"
Ich antwortete mit einem Grinsen: "Träum weiter."

Das, was jetzt passierte, geschah innerhalb von kürzester Zeit. Dass es funktionierte, konnte ich selbst kaum glauben.
Ich warf meine Waffe mit voller Wucht in Pauls Richtung. Mir war klar, dass das überhaupt keinen Sinn hatte, doch ich brauchte Zeit. Und die hatte ich jetzt.
Während Paul auswich, sprang ich einen Schritt auf die Seite, packte den Lauf von Max' Waffe, drehte ihn um und legte einen Finger an den Abzug. Rückwärts zu schießen war kompliziert, doch es reichte, um meinen Gegner in Ohnmacht fallen zu lassen.
Ich riss die Waffe an mich und zielte auf Paul.

Er stand mit einem verwirrt-wütenden Gesichtsausdruck immer noch auf seiner ursprünglichen Stelle. Ich wunderte mich, dass er nicht schoss, doch ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Wie wild auf ihn feuernd ging ich auf ihn zu. Lange konnte ich das nicht machen, denn langsam löste er sich aus seiner offenbaren Schockstarre.
Was jetzt folgte, war ein ständiges hin-und-her-Gespringe, während wir beide gleichzeitig feuerten.

Das Klicken meiner Waffe ertönte und ich wusste nicht mehr weiter. Ich hatte keine Ideen mehr, keine Tricks, die ich jetzt noch gegen Paul einsetzen konnte.
Mein vermutlich größter Vorteil war, dass auch mein Gegner keine Munition mehr hatte. Im Gegensatz zu mir warf er seine Waffe jedoch weg und lief mit geballten Fäusten auf mich zu.
Als er nah genug da war, geriet ich in Panik und rammte ihm die Rückseite des Gewehres in sein Gesicht. Ich hörte irgendetwas knacksen und hoffte, dass es sich dabei um seine Nase gehandelt hatte.
Während er zu Boden sank und sich die Hände vors Gesicht hielt, ging ich einige Schritte zurück.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Von jemandem mit drei Doktortiteln hätte man sicher mehr erwartet - ich selbst von mir auch - doch ich stand wieder am Punkt des Verzweifelns.
Paul stand wieder auf, sein Gesicht blutverschmiert, mit einem so wütenden Ausdruck im Gesicht, dass ich alleine schon durch den Anblick weiter nach hinten wich.
Sofort auf ein Maximum beschleunigend rannte er wie ein Verrückter auf mich zu. Ich wich immer weiter zurück, immer schneller, als ich auf einmal über etwas stolperte und nach hinten fiel.
Thomas lag vor mir, mitten im Gebüsch. Unter ihm glänzte etwas hervor und ohne lange nachzudenken, riss ich das Gewehr unter seinem Körper hervor, setzte an und schoss.
Paul fiel nach vorne um und ich musste nach hinten robben, dass er nicht auf mir landete und ich unter seinem Körper eingeklemmt war.

Auf einmal erklang wieder der Ton vom Beginn.





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Wieder ein Kapitel geschrieben. 🎉🎊
Was sagt ihr dazu? Sind die Kampfszenen gut geschrieben?
Was ist eure Meinung zu Livia und ihren Freunden? Mögt ihr Markus und Nina? Mögt ihr Paul und die Fischer-Zwillinge?
Und die Fragen aller Fragen: Habt ihr bereits Ships?

Captain Death [1] || {Captain America FF}Where stories live. Discover now