15//Hr. Nilsson

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43. Lunas Sicht

Als wir in Dortmund ankamen, begrüßten uns die BVB Fans mit Rauchbomben und Bengalos. Es war beeindruckend und skurril zu gleich. Mein Herz schlug bis zum Hals, als ich den Bus als erstes verließ und die Fans draußen anfingen zu schreien. Eine Hundertschaft wartete auf mich und den BVB und ich war dankbar meine Kollegen zu sehen. Die Fans sangen im Einklang, als die Mannschaft den Bus verließ. Doch mein Job forderte nun alles von mir ab. Erst brachte ich Marco zu seinem Wagen, der als Kapitän des Vereins von seinen Fans fast getragen wurde. Er spielte die beste Saison seines Lebens und die Fans dankten es ihm auf ihre Art und Weise. Doch ihn sicher von Ort und Stelle zu bringen, war fast unmöglich. Erst nach einer Stunde beruhigte sich die Situation, so das die Jungens mit den Fans noch eine weitere Stunden feierten. Sie sangen mit Ihnen und machten komische Handyvideos. Danach entspannte sich die Lage und sie konnten endlich nachhause fahren. Auch ich hatte endlich Schichtende, ich musste allerdings noch zur Wache und meinen Papierkram erledigen. Erst gegen drei war ich fertig, als ich mich von meinen Kollegen verabschiedete. Als ich die Wache verließ erblickte ich einen bekannten weißen Jeep. Christians Auto stand auf dem Bürgersteig und er wartete auf mich. Ich war überrascht, vor etwa einer Stunde hatte ich ihm geschrieben, dass auch ich gleich endlich ins Bett könne. Scheinbar war er extra gekommen um mich abzuholen. Ich ging zum Fahrerfenster und er machte die Scheibe nach unten. „Hi!" Sagte ich gutgelaunt und blickte zu mir hinab, dabei grinste Christian mich schelmisch an. Er hatte sein Basecap tief ins Gesicht gezogen und sein perlweisses Lächeln blitzte mir freundlich entgegen. „Was machst du hier?" Fragte ich ihn und beugte mich nach oben. „Ich konnte nicht schlafen!" Gab er zu, lehnte sein Kinn auf das Fahrerfenster und blickte mich mit seinen großen braunen Augen an. Einen Moment musste ich einfach nur Lächeln. Ich fühlte mich unglaublich wohl in seiner Gegenwart und verbrachte gerne Zeit mit ihm. Was machte er hier? „Woher wusstest du wo ich bin?" Fragte ich ihn, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Nur so ein Gefühl!" Lächelte er mich an. Ich lächelte geschmeichelt, sparte mir den Kommentar mit dem Stalking, denn ich freute mich sehr ihn zu sehen. Mein Herz raste und ich bekam dieses dümmliche Grinsen nicht aus dem Gesicht. „Solltest du nicht schlafen?" Fragte ich ihn herausfordernd. „Wenn das doch immer so einfach wäre..." Lächelte er mich an und fuhr fort. „Ab und zu habe ich Schlafprobleme und jetzt steig schon ein." Bat er mich, ich lief ums Auto und stieg zu ihm in den teuren Wagen. „Sport hast du doch heute genug gemacht. Also solltest du eigentlich gut schlafen können." Zog ich ihn auf. Doch sein Gesichtsausdruck verriet seine wahren Gefühle; „Ab und zu, wenn ich die Augen zu mache, dann höre ich die Explosionen wieder. Eigentlich sollte ich es längst überwunden haben, aber es ist ab und zu immer noch da." Gestand er mir. Es war das erste Mal das er so ehrlich zu mir war und ich konnte nichts dagegen tun, doch er schaffte es, dass ich mich für etwas Besonderes bei ihm fühlte. Es war so ein Frauending: am liebsten wollte ich ihn in den Arm nehmen, ihn beschützen und ich wollte das ihm kein Leid passierte. Man wollte ihm die Hand hinhalten und nie wieder loslassen. Christian war so anders als Jacob, so anders als sein Mitbewohner, aber genau das mochte ich an ihm. Alleine dass der junge Amerikaner mich mitten in der Nacht auf seinen Wunsch abholte, fand ich irgendwie niedlich von ihm. Christian und ich hatten etwas, das nur wir beide hatten -  das nur uns beiden gehörte und das bedeutete mir irgendwie etwas. Die Straßen waren leer und wir kamen schnell zuhause an. Wir gingen zu mir und ohne weiter drüber nachzudenken, nahm ich ihn mit auf mein Zimmer. Denn ich wollte noch ein wenig Zeit mit ihm verbringen. Ich wollte herausfinden wer er war und warum er mich mitten in der Nacht von der Arbeit abholte. Von Jacob wusste ich schon so einige Dinge, aber ich wollte auch wissen wer Christian war. Was ihn beschäftigte? Was er fühlte? Wer er war? Mir fielen eine Millionen Dinge ein, die ich über ihn wissen wollte und auf die ich neugierig war. 

44. Christians Sicht

Es war seltsam einfach mit zu Luna in ihre Wohnung zu gehen, doch ich wollte noch nicht alleine sein - denn dafür genoß ich ihre Gesellschaft viel zu sehr. Luna hatte kein wirklich großes Zimmer, in einer Ecke stand ein großes ledernes Bett, auf der anderen Seite stand ein Glasschreibtisch und ein alter brauner Ledersessel. Dominiert wurde ihr Zimmer von einem großen weißen Kleiderschrank. Der feingestapelte Haufen Polizei-Bücher und Akten neben ihrem Bett verriet das sie dabei war zu lernen. „Setz dich!" Bot sie mir an und schnappte sich etwas aus ihrem Kleiderschrank. Sie machte eine kleine gedämpfte Lampe an, ehe sie kurz im Bad verschwand. Sie zog sich scheinbar um und ich setzte mich ehrfürchtig auf ihr Bett. Es roch angenehm und vertraut und mir fiel der kleine Plüsch-Affe neben ihren Kopfkissen auf. Ich schnappte ihn am Fuß und schaute ihn mir genauer an. „Lass meinen Herrn Nielsson in Ruhe!" Trällerte Luna, hüpfte zu mir aufs Bett und nahm mir den Affen aus der Hand. „Bist du nicht zu alt um mit Kuscheltiere zu spielen?" Fragte ich sie und lehnte mich gegen die halben duzend Kissen. Sie streckte sich und machte sich neben mir lang. Luna hatte den ganzen Tag gearbeitet und war ebenso müde. „Für Kuscheltiere ist man nie zu alt!" Zog sie mich auf. „Nun irgendwie schon!" Grinste ich und der Plüschaffe landete unsanft in meinem Gesicht. Sie sah unglaublich gut aus, auch wenn ihre Augen mittlerweile ziemlich klein wirkten vor Müdigkeit. Luna hatte einen hübschen Kaschmirpullover an, der ihr bis zur Mitte des Oberschenkels reichte. Ihre langes braunes Haar, hatte sie zu einem komischen Palmenzopf gebunden, der ihre niedlichen runden Ohren betonte. Sie hatte eine wirklich hübsche Nase und volle sinnlichgeschwungene Lippen. Doch am allermeisten mochte ihre großen, glasklaren grünen Augen. Sie hatte wundervolle Wimpern und ich hatte das Gefühl, dass ich mich in der Zeit verlor, wenn ich den dunklen Rand ihrer Iris studierte. Stundenlang hätte ich sie so anstarren können und es wäre mir nie langweilig geworden. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich das erste Mal seit langem zur Ruhe kam. Es war warm und ruhig in ihrem Schlafzimmer, das Licht war ein wenig gedämmt und ich hätte so einschlafen können. „Was hörst du vor Musik?" Fragte sie mich. „Alles und nichts!" Grinste ich sie an und strich mir verlegen durchs braune Haar. „Komm sag schon!" Zog sie mich auf und schon wieder landete der kleine Plüschaffe in meinem Gesicht. „Ich mag so amerikanischen Kram!" Sagte ich so lässig zu ihr wie ich konnte. „Amerikanischen Kram?" Zog sie mich auf und gähnte genüßlich. „Du musst doch fix und fertig sein!" Sagte ich besorgt zu ihr. „Du störst mich nicht!" Murmelte sie und gähnte einfach nur. „Du schläfst gleich ein..." Sagte ich amüsiert. „Ab und zu, habe ich gerne Gesellschaft!" Schnurrte sie und rollte sich wie eine kleine Katze neben mir aufs Bett. „Du hast den ganzen Tag gearbeitet!" Sagte ich und zog ihr die Wolldecke über die Schultern. Ihr Geruch stieg mir in die Nase und ich sog diesen einen Augenblick in mich ein. Wie konnte so jemand Fremdes einem nur so vertraut sein? Luna hatte die Augen bereits geschlossen. Gerade wollte ich zu mir nach oben gehen, als sie sich drehte und nach meinem Unterarm griff. Luna fischte nach meiner Hand. Zärtlich hielt sie meine Finger und drehte sich zur Seite. Mir blieb nichts anders übrig, als mich mit ihr zu drehen. Ich hockte also immer noch über ihr und versuchte den nötigen Abstand zu halten. Mein Herzschlag pulsierte so stark, das ich ihn so stark hören konnte das ich davon ausging, dass sie es genauso tat. „Luna!" Flüsterte ich leise. Doch sie rührte sich nicht mehr. Mein Blick huschte über ihre Brüste, die sich unmittelbar unter mir abzeichneten und mich an den Rand meiner Willensstärke brachten. „Luna!" Wiederholte ich, doch die junge Frau schnurrte einfach nur. „Du hast immer noch meine Hand!" Flüsterte ich ihr leise ins Ohr. „Bleib einfach liegen!" Brummte sie im Halbschlaf. Es war einfach zu verlockend sich neben sie zu legen und einfach einzuschlafen. Ich war aber vernünftig und mehr als ein Argument sprach dagegen. „Wenn ich nicht nachhause komme, macht sich Jacob Sorgen. Das wollen wir doch nicht..." Flüsterte ich ihr liebevoll ins Ohr. „Nein Jac soll sich keine Sorgen machen..." Murmelte sie. „Du schläfst doch schon!" Mahnte ich sie und sie hielt immer noch meine Hand fest. „Nein!" Grinste sie und öffnete mit aller Kraft die kleinen, müden Augen. Auf ihren Wangen huschte dieses niedliche Grinsen. „Oh du verarschst mich doch!" Lachte ich und sie zwinkerte mir neckisch zu. Oh Gott war sie süß. Sie war berauschend und das alles ohne das es ihr auch nur eine Sekunde lang klar war, wie toll sie eigentlich war. Ich war verloren und hatte das Gefühl vollkommen die Orientierung zu verlieren. „Warum hast du mich abgeholt?" Fragte sie mich direkt, dabei kniff sie niedlich ein Auge zu und mit dem anderen visierte sie mich an. „Ich wollte nicht, dass du Nachts alleine durch die Gegend ziehst!" Sagte ich zu ihr, doch ich wusste selbst einmal nicht warum ich mich noch mal ins Auto gesetzt hatte, um sie abzuholen. Vielleicht weil ich mit Luna für mich allein sein wollte. Schon länger wollte ich aus der WG ausziehen, aber Jacob und ich hatten eine brüderlich, vertraute Einheit gebildet, aber jetzt und wenn ich ehrlich war schon eine ganze Weile, war irgendwie alles anders und ich wollte Luna nicht einfach an den Dänen abgeben. Ganz bestimmt, wollte ich nicht das Jacob ihr weh tat, denn das hatte sie einfach nicht verdient. Irgendwann würde er ihr weh tun und bei der ganzen Lügerei war das nur noch eine Frage der Zeit und ich wollte solange auf die hübsche Frau aufpassen und sie beschützen. Denn das mein bester Freund sie immer noch anlog und somit auch ich, brachte mich an den Rand des Wahnsinns. Ich hasste Lügen, es war unfair und konnte nicht der Sockel von Vertrauen und Ehrlichkeit sein. „Und das soll ich dir glauben?" Fragte sie mich und rollte mit ihren Augenbrauen, während ich versuchte meine Gedanken beiseite zu schieben. „Wenn ich dir das sage, dann solltest du mir schon glauben!" Sagte ich und knuffte sie in die Seite. Luna fing gleich an schallend zu lachen und sie hatte dieses helle mitreissende und niedliche Lachen, dem ich stundenlang hätte zuhören können. Ich hockte immer noch über ihr, als Luna sich ganz auf den Rücken drehte und mir direkt in die Augen schaute. „Guck nicht so..." Bat ich sie, denn sie war umwerfend, nahezu verzaubernd und ich haderte mit mir, ich musste darüber nachdenken, ob ich so weit war, mich auf so eine Gefühlsachterbahn einzulassen. War ich soweit einen Schritt weiter zu gehen? Meine Vertragsverhandlungen beim BVB stockten und ich hatte diverse und lukrative Angebote aus England. Doch wenn ich Luna so unter mir liegen sah, dann waren all die Gedanken ganz weit von mir weg. „Wie gucke ich denn?" Fragte sie mich und holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. „Na so mit großen Augen und diesem niedlichen Grinsen..." Sagte ich leise. Es rutschte mir einfach über die Lippen und das noch bevor ich darüber nachdachte. Jetzt gerade in diesem Moment war es die pure Wahrheit. Was sagte ich denn da? Warum konnte ich nicht einfach mal die Klappe halten?

Neighbours  // Christian Pulisic & Jacob Bruun LarsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt