40// Dienstuntauglich

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117. Lunas Sicht

Ich kam aus dem Badezimmer heraus und blickte in Jacobs Gesicht. Er stand unweit der Badezimmertür und blickte mich an. Seine großen Augen blickten mich besorgt an. Es wirkte ein wenig mitleidig und das machte mich fast wütend. Alles was ich wollte, war keine Sonderbehandlung. Es klingelte erneut. Mein ganzer Körper zuckte zusammen. „Ich geh schon!" Sagte Jacob und schaute nach. Einen Augenblick später kam Herr Schwarz die Treppe rauf. Er hatte ein Haufen Schokolade dabei und reichte sie mir ein wenig unbeholfen. „Wie geht es Ihnen?" Fragte er mich. „Warum wollen alle wissen wie es mir geht?" Zischte ich ihn an. „Herr Müller hat alkoholisiert auf ihren Lebensgefährten und Sie aufgelauert und sie mit einer Waffe bedroht! Vor ihrer Haustür, Frau Foxx." Die Situation war allgegenwärtig und mir wurde flau im Magen. Ich schwitzte augenblicklich und meine Knie wurden weich. „Luna sie haben ein schweres Trauma durchgemacht. Wir wollen Ihnen helfen!" Es war das erste Mal das mein Chef mich duzte. Christian stand auf. „Wollen Sie etwas trinken, Herr Schwarz?" Fragte er freundlich. „Ja ein Wasser wäre toll!" Ich nahm unbeholfen die Schokolade und öffnete sie. „Ich wollte Ihnen anbieten, sie morgen nach London zu begleiten!" Mit großen Augen sah ich ihn an. „Wirklich?" „Ja warum nicht?" Christian stellte ihm das Wasser hin. „Das wäre toll, Luna fühlt sich nicht so nach alleine reisen!" Sagte der junge Amerikaner und streichelte ihr über den Rücken. „Aber Herr Schwarz, dann muss der BVB ohne sie nach Madrid!" „Ihr macht das schon!" Versicherte er Jacob und Christian. „Vielen Dank, Herr Schwarz!" Lächelte ich etwas schüchtern. „Nun wir wollen ja nicht, dass Herr Müller noch mehr Chaos anrichtet!" Versichert er mir und ich konnte es immer noch nicht wirklich begreifen, was das passiert war. Das einzige was ich noch wusste, war diese Waffe. Der Lauf hatte genau auf meinen Kopf gezielt. Die kleine schwarze Öffnung entwickelte sich in meiner Erinnerung zu einem schwarzen Loch und Christian war wegen mir in großer Gefahr gewesen. 135 Millionen Gründe warum, dies so gar nicht nach meinem Geschmack war. Panik stieg in mir hoch. In meinen Ohren knackte es und mir wurde wieder ein wenig schwarz vor Augen. Dieses Gefühl, dass mir den Hals zu schnürte war allgegenwärtig. Es war diese Ohnmacht, die ich kaum beschreiben konnte. Hilfesuchend blickte ich mich nach Christian um. Dieses Angstgefühl würde es mir deutlich schwerer machen, wie ich wollte. Wie sollte ich so Polizistin bleiben? Würde ich dieses Gefühl wieder in den Griff bekommen? Ich wollte es unbedingt, auch wenn ich mich gerade einfach nur ohnmächtig fühlte. „Alles in Ordnung, Luna?" Ich zitterte am ganzen Körper und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Herr Schwarz war es, der nach meiner Hand griff und mir half mich hinzusetzen. „Langsam durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen!" Redete er auf mich ein und hockte neben mir. Tränen schoßen mir in die Augen. Ich hatte einfach keine Kontrolle über meine Gefühle und fühlte mich so unglaublich hilflos. Keine Kontrolle über diese aufkeimende Panik. Bei mir drehte sich alles. Jacob kam zu mir und griff nach meiner Hand. Er ging in die Knie und blickte mich an. „Konzentriere dich auf meine Stimme!" Sagte er wie selbstverständlich, ich schloß die Augen und atmete tief ein und aus. Dabei hielt Jacob fest meine Hand. Es war ein Gefühl, dass ich gar nicht mochte. Ein Gefühl der Ohnmacht. Nichts drang zu mir durch und das einzige was blieb war die Angst. 


118. Christians Sicht

Jacob hockte vor Luna und hielt ihre Hand. Herr Schwarz blickte ebenso wie ich die Beiden an. Der blonde Däne hockte vor ihr und wirkte vor Luna unglaublich groß. Sie wirkten vertraut und Jacobs Sorgen standen ihm ins Gesicht geschrieben. Langsam beruhigte sich die hübsche Brünette. Ich beobachtete sie und mir gefiel ganz und gar nicht, wie Jacob sie berührte. Liebevoll streichelte er ihre Unterarme, doch gerade war alles zweitrangig. Luna musste sich fangen, dies war gerade das einzige was zählte und meine Eifersucht hatte dort nichts zu suchen. Lunas große Augen waren Blut unterlaufen und die Schatten verreiten wie Müde sie eigentlich war. Es brach mir das Herz das ich sie nicht so beschützen konnte, wie ich sie wollte und dass sie Trost bei anderen fand. Das letzte was ich wollte, war das es Luna schlecht ging. Auf der einen Seite überschattete Chelsea gerade alles, aber das was letzte Nacht passiert war hatte niemand verdient. Meine Freundin schon mal gar nicht. Jacob hielt immer noch Lunas Hand und streichelte ihre schlanken Finger. Herr Schwarz beobachtete sie eindringlich. „Vielleicht solltest du schlafen?" Schlug ich Luna vor. Die junge Frau blickte mich an, nickte stumm und stand auf. Ich brachte sie ins Schlafzimmer. Luna legte sich einfach angezogen ins Bett. Ich zog ihr die Decke bis zu den Schultern. „Versuche ein wenig zu schlafen!" Sagte ich behutsam und küsste ihre Stirn, ehe ich zurück zu den anderen ging. Herr Schwarz sah mich an. „Sie ist Dienstuntauglich im Moment!" Ich nickte, er hätte es nicht sagen müssen, ich hätte es auch so gewusst. „Es ist sehr nett, dass Sie Luna begleiten!" „Es gibt wirklich etwas schlimmeres, als nach London zu fliegen!" Versicherte Herr Schwarz mir. „Wir müssen um acht am Flughafen sein. Sollen wir sie mitnehmen?" Fragte ich ihn. „Nein liefern Sie Luna einfach bei mir ab!" Sagte er und schrieb mir seine Adresse auf, ehe er sich auf den Weg machte und Jacob und mich zurück ließ. „Wie geht es dir?" Fragte Jacob mich. „Ich mache mir Sorgen um Luna!" Gab ich offen zu. „Sie sieht aus wie ein Schatten Ihrer selbst." „Sie ist einfach an mir vorbei und hat ihm die Waffe aus der Hand geschlagen." Sagte ich mit einem Schauer auf dem Rücken. „Er hat sich nicht einmal gewährt!" Jacob schüttelte sich. „Stelle dir mal vor, etwas wäre passiert!" „Ist es aber nicht!" Sagte ich ruhig und klar. „Luna wird Zeit brauchen, um sich davon zu erholen!" „Ich gebe ihr alle Zeit der Welt, wenn sie die denn will..." „Sie liebt dich, du machst sie glücklich!" „Sie beruhigt sich dennoch nur, wenn du in ihrer Nähe bist!" Gab ich frustriert zu. Ich war erleichtert, dass Jacob es schaffte sein Lächeln zu unterdrücken. „Sie hat sich für dich entschieden, vergiss das nicht!" Sagte er ruhig. „Herz und Kopf sind aber zwei Dinge!" Zweifelte ich. „Sie liebt dich, sie will mit dir nach London gehen. Wegen Dir will sie mit. Sie will dich nicht gehen lassen." Jetzt redete Jacob auf mich ein, das schon irgendwie alles in Ordnung kommen würde. Ich würde ihn vermissen. Immer noch war er wie ein Bruder für mich. „Kommst du mich in London besuchen?" Fragte ich ihn automatisch. „Ja klar, wenn der Herr dann noch Zeit für mich hat!" Jacob schaute mich an. „Was ein Angebot! Sei stolz auf dich - wenn es einer verdient hat dann du..." Grinste er. Also musste ich automatisch mit Grinsen. „Chelsea, es ist der Wahnsinn!" Wir redeten eine ganze Weile über Fußball, ehe er sich verabschiedete und mich alleine zurück mit Luna ließ. Ich ging duschen und legte mich schließlich auf die Couch, damit Luna in Ruhe schlafen konnte. Bevor ich mich hinlegte schaute ich noch einmal nach ihr. Sie schlief oder sie tat so, wälzte sich von einer Seite auf die anderen. Ich selbst war mittlerweile genauso müde und legte mich schließlich hin. Die Bilder in meinem Kopf ließen mich nicht los. Nick, Luna, Jacobs Hände auf ihrem Unterarm. Doch mittlerweile war ich einfach nur noch müde. 


119. Lunas Sicht

„Also hast du alles?" „Ja!" Wiederholte ich die Frage gebetsmühlenartig. „Ich liebe dich!" Sagte Christian ruhig und gab mir einen Kuss, ehe ich aus dem Auto stieg. Herr Schwarz wartete bereits auf mich. Er war in Zivil gekleidet und lächelte mich freundlich an. „Guten Morgen!" Sagte er freundlich. „Es ist sehr nett, dass Sie mich begleiten!" Gab ich zu. „Ich passe gerne auf meine Zöglinge auf und habe diese Aufgabe eine zeitlang vernachlässigt." Gestand er. „Herr Schwarz, es ist nicht ihre Schuld!" „Mein Name ist Frank!" Lächelte er mich väterlich an und fuhr fort: „Deine Schuld ist es auch nicht!" Fuhr er fort und wir machten uns auf dem Weg zum Flughafen. Er hatte mir gerade tatsächlich das Du angeboten und ich freute mich sehr über dieses Angebot. Wir würden den letzten Flug zurück nach Dortmund nehmen. Keine zwei Stunden später landeten wir auch schon in Heathrow. Es war nicht das erste Mal das ich in London war. An diesem Morgen zeigte sich die englische Hauptstadt von ihrer schönsten Seite. Der Himmel war vollkommen aufgeklart und die Sonne ging gerade mit voller Kraft auf. Gestern hatte es scheinbar geregnet, die großen Pfützen auf den Straßen spiegelten die Sonne und die Straßen dampften vor Feuchtigkeit. Woran ich mich einfach nie gewöhnte war der Linksverkehr. Es war einfach nur seltsam und ich hatte jedes Mal Angst überfahren zu werden. Es war einfach gegen meinen Rhythmus und ich musste sehr achtsam sein. Mit der Metro fuhren wir in die Innenstadt und stiegen in der Nähe vom Parlament aus. Frank war ganz in seinem Element und nachdem ich mir einen Kaffee-To-Go geholt hatte, fiel mein erster Blick auf Big Ben. Der kleine Glockenturm prangte majestätisch an der Themse. Ich nippte an meinem Kaffee und konnte meinen Blick kaum abwenden. „So viel Geschichte an einem Ort!" Murmelte ich, als ich Frank über die Brücke folgte. „Es ist alte Herrengeschichte." „Nun in England gab es schon ein paar berühmte Frauen!" „Und dennoch ist Geschichte von Männern geschrieben!" Lächelte er mich an und blieb stehen. „Da vorne ist die Hauptwache. Miria wartet sicherlich auf uns..." „Danke das du mitgekommen bist!" Sagte ich ruhig und zupfte an meiner zu großen Tuchhose herum. „Nun die Alternative wäre Champions League gewesen!" Murmelte ich. „Die Jungens machen das schon..." Versicherte er mir aufmunternd und ich schmunzelte. „Ich hoffe, dass Sie gewinnen!" „Jetzt konzentriere dich erst Mal auf das Vorstellungsgespräch." Redete Frank mir gut zu und ich nickte während ich mir durchs dunkle Haar strich. Ich war immer noch leichenblass, übermüdet und die letzten Tage steckten mir immer noch in den Knochen. Also versuchte ich mir die Schatten unter den Augen wegzuwischen, was allerdings nichts nützte. Es würde Wochen dauern bis die Schatten verschwunden waren. Ein bewaffneter Polizist kam auf uns zu. „No Tourist!" „We've got a Meeting with Mrs. Bode!" Erklärte Frank ihm. „Name?" „Mr. Schwarz and Mrs. Foxx!" Der Polizist beäugte mich kurz, ehe er sein Funkgerät nahm. „Go inside, Mrs. Bode will pick you up!" „Thank you!" Sagte ich überfreundlich zu ihm. „Cheers!" Wiederholte er, obwohl er immer noch keine Miene verzog. Ich war ein wenig aufgeregt, als eine hübsche Frau mit grauem Haar neben uns auftauchte. „Frank!" Sagte sie auf Deutsch. „Miria!" Lächelte Herr Schwarz und die beiden umarmten sich. „Und Sie sind Mrs. Foxx?" „Luna Foxx!" Stellte ich mich vor. „Wie war der Flug?" „Kaiserwetter!" Lächelte Frank. „Dann können wir ja auf die Terrasse gehen!" Schlug sie vor und ich folgte ihnen. Frank bewegte sich ganz natürlich und mir fiel auf, wie sicher er sich neben der gutbekleideten Frau bewegte. „Also mich haben eine Menge Menschen wegen Ihnen angerufen!" Sagte Frau Bode direkt zu mir. „Ich hoffe, dass hat keine Umstände bereitet!" Entschuldigte ich mich. „Doch, aber das ist mein Job!" Lächelte sie mich freundlich an. „Sie wollen also nach London?" Ich nickte schüchtern. „Allein?" „Nein, mein Freund fängt in wenigen Wochen seinen Job an." „Wollt ihr einen Kaffee?" Fragte Frank uns. „Ja gerne!" Lächelte Miria ihn an. „Ich auch!" Gab ich zu und er ließ uns ein paar Minuten allein. „Also wegen der Liebe nach London?" Ich schluckte. „In Dortmund hatte ich es nicht sonderlich leicht in den letzten Monaten." Gab ich zu und erzählte von meinem Einsatz in Paris und die Medienschlacht darauf. „Und ihr Freund? Es ist nie ein guter Grund wegen einer jungen Liebe auszuwandern!" Ich schwieg. „Er ist Fußballspieler, Ma'am. Er fängt in Chelsea an." Sagte ich ihr. „Wie schade, ich mag Arsenal doch viel mehr!" Lächelte sie mich immer noch freundlich an. „Und sie haben ihre Prüfung bereits abgeschlossen?" „Ja ich habe im letzten Monat meine Prüfung absolviert!" Sagte ich kurz. „Eigentlich sollte sie bei mir anfangen!" Mischte sich Frank ein und reichte uns den Kaffee. „Eigentlich?" „Ja es gab allerdings einen disziplinarischen Vorfall, Luna benötigt noch ein wenig Zeit zu Erholung." Ich blickte ihn etwas genervt an, denn dieses Kapitel hätte ich gerne ausgelassen. „Tut mir leid!" Sagte ich kurz und stand auf. Ich wollte einfach nur raus aus der Situation. Bei mir drehte sich alles, ich suchte nach dem Badezimmer, wo ich für ein paar Minuten regelrecht hin flüchtete. Mein Puls schlug bis zum Hals und ich schwitzte. Genervt blickte ich in den Spiegel, warum hatte ich mich eigentlich nicht mehr im Griff?  Ich wollte es, also wovor hatte ich Angst? 

Neighbours  // Christian Pulisic & Jacob Bruun LarsenUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum