30//Zwickmühle

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88. Jacobs Sicht

„Also du gehst da jetzt rauf!" „Man ich helfe doch nicht, dass er jetzt auszieht." Brummte ich wie ein kleines bockiges Kind. „So macht man das aber unter Freunden." Redete Thomas auf dänisch auf mich ein. „Ich denke unentwegt an L und ich will Sie nicht sehen..." Thomas schüttelte den Kopf. „Und Julie?" Fragte er mich. „Es ist nicht das selbe!" „Und das ist es hier für die beiden auch nicht. Du machst die Situation mit deinem Verhalten nicht besser." Ich blickte Thomas an und wusste, dass er Recht damit hatte - also ging ich mit Thomas nach oben. Christians neue Wohnung lag unterm Dach und war ein absoluter Traum. Die große Wohnung ähnelte unserer, war aber deutlich moderner ausgestattet. Sie hatte einen gewissen Industriecharme und ich verstand, warum er sich für die Wohnung entschieden hatte. Als ich mich genauer umschaute, tauchte Christian schließlich auf. Wir schauten uns wortlos an, ehe er mir die Hand reichte und wir uns gegenseitig auf den Rücken klopften. „Schön das du hier bist!" Sagte er leise. „Ja klar!" Sagte ich verlegen. Luna kam die Treppe hinab. Die junge Frau war barfuß und ich sah zu erst ihre schlanken Beine, in engen grauen Jeans, einem rosafarbenen Pullover und ihrem einfach zusammen gebundenen Dutt. Das erste was ich bemerkte war, dass Luna sehr glücklich aussah. Doch als sie mich erblickte, änderte sich ihr Gesichtsausdruck und Luna schaute augenblicklich in eine andere Richtung. Ich schaute schuldbewusst zu Boden, sie straffte mich mit Nichtachtung. Was es mir nicht einfacher machte, denn scheinbar hatte ich es verdient. „Was soll ich tun?" Fragte ich Christian. „Die Jungens oben brauchen bestimmt Hilfe beim Kleiderschrank!" Ich nickte und ging nach oben. Oben im Schlafzimmer versuchten Thomas, Roman, Millie und Julian einen Kleiderschrank zusammen zu bauen. Der Berliner hatte scheinbar als einziges einen Plan wie so etwas zu tun war. Alle anderen standen dumm herum und schauten was er tat. „Kann ich dir helfen?" Fragte ich ihn. „Verstehst du was ein Imbus ist?" „Ich komme aus Dänemark - das liegt direkt neben Schweden - also ja wahrscheinlich..." Murmelte ich und fing an die Querverstrebungen des Kleiderschrankes zu befestigen. Es lenkte mich ab und so baute ich alleine mit Millie den Schrank zusammen. Nach etwa vier Stunden hatten wir einen Großteil geschafft, ehe Luna das Zimmer betrat. Ich saß mit dem Rücken zur Tür und hörte am Atem, das sie es war. Es war so seltsam, aber ich wusste es einfach und das alles ohne mich umzudrehen. „Willst du was Essen?" Fragte sie mich, während ich die junge Frau über die Schulter hinweg anschaute. „Wir wollen etwas bestellen..." Murmelte sie unsicher und mir fiel auf, dass es mir unglaublich gefehlt hatte sie um mich zu haben. Ihr langes braunes Haar umrahmte ihr perfektes Gesicht und es fehlte mir sogar, mit ihr joggen zu gehen - auch wenn ich ihr immer hinterher gerannt war. Luna war nun unendlich weit weg von mir, stattdessen war sie genau in Christians Arme gerannt. Vorhin hatte ich das ungemachte Bett in ihrem Schlafzimmer gesehen und alleine die Vorstellung, was sie dort gemeinsam angestellt hatten, beschleunigte meinen Puls um ein vielfaches. Ich bekam dieses Gefühl einfach nicht in den Griff. Ich wollte sie vergessen und ich wollte mich für meinen Freund freuen. Doch in meinem Kopf war das einzige was ich mich fragte: Was war da im Regen zwischen Luna und mir gewesen? Es war dieser einzigartige Moment, den ich einfach nicht vergessen konnte. Es war so unfair, doch ich musste ständig an diesen klitzekleinen Augenblick, zwischen der hübschen Polizistin und mir denken. Langsam fragte ich mich, ob sie überhaupt daran dachte? Wir schauten uns in die Augen, doch Lunas Körpersprache verriet mir, dass sie immer noch sauer auf mich war und das letzte was ich wollte war, dass sie mich weiter ignorierte. Mein innerer Gott beschwerte sich bei mir, denn ich hatte immer noch nichts gesagt. „Ich nehme einen Salat. Nicht mehr." Sagte ich zu ihr und kam mir schon wieder selbst dämlich vor, dass ich keinen geraden Satz hinbekam. Christian tauchte im Türrahmen auf. Als würde sein Radar sich melden, wenn wir beide in einem Raum waren. „Welche Soße?" Fragte die junge Frau. „Öl und Essig!" Sagte Christian noch vor mir. Ich aß meinen Salat immer mit Öl und Essig. Luna lächelte ihn an und Christian schaute zu ihr hinab. Der junge Amerikaner lächelte sie liebevoll - ja fast zärtlich an. Ich hatte ihn noch nie so gesehen, wie in diesem Augenblick. Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Er war verliebt und das bis über beide Ohren. Er hatte dieses gewisse Funkeln in seinen Augen und auch Luna strahlte ihn an. Irgendwie war es ziemlich berührend, die beiden so zu sehen, was mir den zweiten Schlag an diesem Nachmittag in die Magengrube verpasste. Christian verschwand wieder und ließ Luna und mich wieder allein. „Ist alles okay bei dir?" Fragte ich sie, um die Stille zu überbrücken. „Du hast immer noch nicht das Recht, mich das zu fragen!" Sagte sie und schüttelte dabei den Kopf. Das fühlte sich noch schlimmer an, denn es war eine unmittelbare Backpfeife und zwar zuerst auf die rechte Wange. Luna strich sich durch das lange braune Haar. „Aber mir geht es gut!" Versicherte sie mir und lehnte sich an den Türrahmen. „Er ist ein toller Kerl, genau wie du es gesagt hast!" Sagte sie mir ins Gesicht und provozierte mich damit. Es fühlte sich an, wie die finale Ohrfeige - nur noch fester als zuvor. Ich stand auf und schob mich an der Tür vorbei. Als ich Luna so Nah wie möglich kam, blickte ich zu ihr hinab. Ich hatte schon wieder das Gefühl, das uns irgendetwas verband, dass nur sie und ich verstand. Wir schauten uns an und mein Hals schnürte sich automatisch zusammen. Meine Hände fingen an zu schwitzen und mein Herz schlug so sehr, dass ich meinen eigenen Herzschlag hörte. Diese dämlichen Schmetterlinge in meiner Magengegend machten ordentlich Alarm. Luna sah mich an und ihre Fingerspitzen griffen für einen Bruchteil einer Sekunde nach meinem rechten Zeigefinger. Es war nur ein Hauch einer Berührung, doch mein Körper bebte und rebellierte. Ich schaute fragend zu ihr hinab, doch sie schüttelte den Kopf, als wollte sie hier nicht reden. Doch viel wahrscheinlicher wahr, das sie mir einfach noch nicht verzeihen konnte. Luna drückte sich nun an mir vorbei und verschwand nach unten zu den anderen. Mir blieb also nichts anders übrig, als ihr hinterher zu schauen. Ich ging zurück ins Schlafzimmer, ich wollte alleine sein, also nutze ich wenigstens die Zeit für etwas produktives und beendete den Kleiderschrank so gut ich konnte. Ich wollte nachdenken, denn Luna tat gerade nur noch eins und das war es mir weh zu tun. Jedes Mal wenn ich sie sah, wollte ich in ihrer Nähe sein und wenn ich es war, dann spielte Alles einfach nur verrückt. Jetzt, wenn ich sie sah, dann hatte ich das Gefühl, dass sie mir eigenhändig mein Herz rausriss. Ich konnte es nicht beschreiben, und das einzige wie ich es beschreiben konnte, war ich hatte wirklich Liebeskummer. Jetzt war ich auch noch in Christians und Lunas gemeinsamen Liebesnest gefangen. Der Amerikaner war mein bester Freund, er war wie ein Bruder für mich und er hatte schrecklich-kitschigen-amerikanischen Liebeskummer mit seiner Ex erlitten. All das hatte ich Live und in Farbe mit bekommen und ja ich hatte natürlich mit ihm gelitten. Mein Gefühlschaos würde Christian einfach nicht verstehen. Wenn er sich in Luna verliebt hatte, wovon ich heute ausgehen musste ,dann würde er es noch weniger verstehen und unsere Freundschaft wäre vermutlich endgültig zu Ende. Mir war nach einem Bier zu mute - besser wären wohl mehr als eins. Thomas kam zu mir und warf mir diesen brüderlichen, mitleidigen Blick zu. „Hier bist du. Mach doch mal eine Pause!" „Nein besser nicht..." Gab ich zu. „Du hast den Schrank fast alleine zusammen gebaut." Sagte er zu mir. „Ich hab es hingekriegt!" Lächelte ich ihn tröstlich an. „Es bringt nichts, wenn du dich in ihrem Kleiderschrank versteckst!" „Ich..." Begann ich den Satz, doch was hätte ich sagen sollen? Ich konnte nicht mit Luna in einem Raum sein, weil ich es verbockt hatte? Weil sie sich für Christian entschieden hatte? Hatte sie sich für Christian entschieden? Wenn Christian wissen würde, wie sehr ich Luna in Wirklichkeit mochte, dann würde er mir wahrscheinlich den Hintern aufreissen. Was aber noch schlimmer war, ich war in einer verdammten Zwickmühle.

Neighbours  // Christian Pulisic & Jacob Bruun LarsenNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ