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pov. jeongguk

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Ich erinnerte mich noch genau an das Gefühl, was mich wie eine Welle über rollte, als ich das dünne Heftchen auf einem der Tische liegen sah. Leer und bedrückend, doch gleichzeitig überkam es mich mit solch einer Wucht an Emotionen, die ich nicht zuzuordnen vermochte.

Etwas in mir konnte nicht identifizieren, ob ich nur verletzt war und kraftlos alles über mich ergehen ließ, oder ob ich meiner Panik verfallen, einfach wieder aus dem Buchladen stürmen und diesen Anblick schnellstmöglich vergessen sollte.

Das kleine Heft, in einem unauffälligem beige Ton, zog all seine Aufmerksamkeit auf mich. Die wenigen Seiten die es zählte, rissen mich in ihren Bann. Ein einziger, aufgedruckter Name schien von jetzt auf gleich alles in meinem Leben über den Haufen zu werfen.

All die Mauern, die ich mir mühsam Stein für Stein gesetzt hatte, um meiner Selbst wieder aufzuhelfen und mich vor erneuten Angriffen abzuschirmen, hatte er zunichte gemacht. Die Ritter, die ich aufgestellt hatte, hatte er gekonnt ignoriert und ließ meine Mauern mit einem winzigen, ja kaum merklichen Tippen seiner Fingerkuppen, in sich zusammenfallen.

Kim Taehyung. Dieses Werk war von Kim Taehyung.

Ich war von mir selbst erstaunt, dass ich seinen Namen im Gedächtnis behalten hatte, doch es war sicherlich auch keine große Kunst, so oft wie ich ihn ausgesprochen hatte. Es war keine große Kunst, sich an all die Momente zu erinnern, die sich in mein Gedächtnis gebrannt hatten, obwohl ich sie am liebsten für immer vergessen wollte.

Kim Taehyung. Wie vermochte ich unsere Vergangenheit zu beschreiben? Eine vergebliche Freundschaft? Tragische Romanze? Nein, jener Sommer war wohl eher hell und warm, lustvoll, mit einem bitterem Nachgeschmack.

Meine Hand zitterte ein wenig, als ich nach dem dünnen Stück Papier griff. Als es weich und leicht in meiner Hand lag, musste ich leer schlucken. Er schrieb also immer noch?

Ich hatte sein Geschreibsel schon damals geliebt, hatte es aufgesogen wie puren Honig, und es gelüstete mich auch jetzt, wieder seine Handschrift zu lesen, obgleich sie gedruckt war.

Es gelüstete mich, einen Teil von ihm wieder bei mir zu tragen, seine Gedanken und das, wovon er schrieb, mein Eigen nennen zu dürfen, nachdem er mich verlassen hatte. Ich hatte mit einem Mal einen schrecklich großen Drang, mich in seinen Worten zu wiegen, an vergangene Stunden zu denken, ihn wieder in mein Gedächtnis zu rufen, ganz gleich, ob es mich verletzten oder endgültig zerbrechen würde.

Doch trotzdem fühlte es sich an wie ein Verbrechen, die erste Seite aufzuschlagen und mit dem Lesen zu beginnen. Es fühlte sich so an, als ob ich in seinen persönlichsten Gedanken und Gefühlen kramen würde, sein Herz aus seiner Brust reißen, es zwischen meinen Händen zerquetschen und es schließlich langsam und qualvoll in kleine Stücke schneiden würde, Seite für Seite, Wort für Wort.

Aber war es nicht genau das, worauf er anspielte? Wollte er mich nicht mit der Veröffentlichung seiner Worte, seiner Selbst, in den Wahnsinn treiben und all das bereuen lassen, was ich damals gesagt, getan, geschrieben hatte? Oder war es viel mehr ein endgültiger Schlussstrich, ein letzter Abschied, un dernier au revoir?

Ich hatte von mir selbst behauptet, all das, was in jenem Sommer geschehen war, hinter mir gelassen zu haben, doch sein Name auf diesem Heft wirbelte alles in mir auf, brachte mich schier um. Sollte ich mich seiner Worte annehmen und sie lesen? Ich war im Zwiespalt mit mir selbst. Mein Verstand schrie mir zu, dass ich endlich erwachsen werden und ihn vergessen solle, mein Herz wünschte sich doch nichts sehnlicheres, als diese wenigen Seiten von ihm zu lesen.

Bevor ich zu einem Entschluss kommen konnte, zuckte ich kaum merklich zusammen. Aurelies weichen Hände hatten sich auf meine Unterarme gelegt, während sie sich von hinten an mich schmiegte. Ich spürte ihren sanften Atem auf meinen freiliegenden Armen, als sie mir über die Schulter schaute.

Ich bemühte mich, seinen Namen so gut es ging mit dem Daumen zu verdecken und drehte das Buch ein wenig, um die Schrift weniger lesbar zu machen. Ich wollte nicht, dass sie von ihm erfuhr. Das zwischen ihm und mir sollte und würde auch zwischen ihm und mir bleiben.

Avez-vous trouvé quelque chose? - Hast du etwas schönes gefunden?
Rien pour tes yeux de fille. -Nichts für deine Mädchenaugen.

Mit einer schnellen Handbewegung trennte ich das Papier wieder von meiner Hand, legte es wieder auf den kleinen Tisch, ohne schweren Herzens davon Abschied zu nehmen. So schnell ich es erblickt hatte, so schnell hatte ich es auch wieder aus den Augen verloren, als ich mich zu Aurelie wendete und ihr ein nervöses Lächeln schenkte.

Obwohl ich den restlichen Nachmittag mit ihr verbrachte, waren meine Gedanken bei ihm.




[26/01/19]

thanks for reading.

je t'aime | taeggukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt