4 - Doch St. Mungo!

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„Sind sie parat, Miss Granger?!" Die Frau, die mich mit einer ruhigen und mütterlichen Stimme ansprach war eine der Heilerinnen hier in St. Mungo. Sie hiess Patri Allencomb und strahlte etwas Ruhiges, Mütterliches aus, dabei war sie noch keine 40 und nicht dicklich, was man eher erwarten würde, sondern eher schlank, beinahe dürr. Sie hatte kurze, rotblonder Haare und sah eher kantig aus.

Ich nicke, legte den Umhang an, ging zur Tür und folgte ihr in einen grösseren Raum, obwohl ich mich überhaupt nicht parat fühlte. Als wir hereinkamen, waren da 23 schwarze Umhänge, unter denen man kein Gesicht sah und auch die Stimme nicht erkannte. Ich wusste nicht, wer sie waren und sie wussten nicht, wer ich war. Das sollte so sein, es erleichtert vieles. Vor allem das Reden. Jeden Tag erzählte einer oder eine von den Erlebnissen die sie gemacht hatten. Oder die Erlebnisse mit ihnen. Die Kutten waren so gemacht, dass man nicht erkennen konnte, wer darunter war. Man sah kein Gesicht und die Stimme war so verändert, dass man nicht einmal unterscheiden konnte, ob es ein Mann oder eine Frau, die darunter steckte. Mir war das sehr recht so, ich wollte niemanden sehen und auch nicht gesehen werden. Ich weiss nicht, ob ich ohne Harrys Drängen hier her gekommen wäre. Aber eigentlich spielt es mir auch keine Rolle, wo ich war. Wir hatten Nummern. So ungern, wie ich sonst eine Nummer war, so gern war ich es hier. Ich war Nummer 14. Kein Name, kein Gesicht. Nur Nummer 14. Es war gut, das Harry und Ginny mich hierher gebracht hatte obwohl ich das am Anfang überhaupt nicht so gesehen hatte. Aber allein wäre ich nie hier her gekommen und hätte vermutlich nie verstanden, was mit mir los war. Und wüsste immer noch nicht, wie damit umgehen sollte. Vermutlich würde ich immer noch im Sessel sitzen und in die Flammen starren. Nicht das es mir schon wirklich besser gehen würde. Etwas, aber nicht viel. Es fällt mir schwer darüber zu reden und manchmal auch nur, zuzuhören. Aber es ist wichtig, sagen sie. Es kann für Hexen und Zauberer gefährlich sein, wenn sie nicht fähig sind, mit grossen Enttäuschungen, Schmerzen oder Verlusten umzugehen. So wie Grindelwald oder Riddle. Je grösser das Talent, je stärker der Zauberer oder Hexe, desto schwieriger und mühsamer ist es für sie, darüber hinweg zu kommen. So gesehen war das irgendwie ein Kompliment für mich. Nur interessierte es mich nicht.

Wir sassen in einem Kreis und fingen jeden Tag damit an, wie es uns ging. Es war seltsam, aber es half. Ich brauchte keine Feuerwhiskey und hatte auch wieder genug Kraft, mich dem Tag zu stellen. Danach gab es immer einen Vortrag, in dem man lernte, wie man mit sich selbst umgehen sollte. Es war nicht schwer, eigentlich. Ich hatte es nach ein paar Tagen verstanden und nun war ich dabei, es umzusetzen. Obwohl Miss Allencomb sagte, dass ich alles richtig machte, schien sie nicht wirklich zufrieden zu sein mit mir.

„Ich habe gut geschlafen und nicht geträumt." Nummer 4

„Ich konnte ohne Angst in der Nacht aus dem Bett gehen." Nummer 8

„Ich habe wieder Kraft, ich schaue dem heutigen Tag wieder mit Mut entgegen." Nummer 14 - Ich.

„Ich kann mir nicht verzeihen, was ich getan habe und auch das, was ich nicht getan habe." Nummer 17

Nummer 17 war speziell. Nach dem was er erzählt hatte, war er selbst ein Todesser, zumindest klang es so. Oder war sonst wie mit denen liiert und nun schämte er sich für das, was er getan hatte. Es half mir, ihn oder sie zu hören. Zu sehen, dass auch sie Menschen sind, dass zumindest nicht alle solche Monster sind, die Andere mit den unverzeihlichen Flüchen foltern oder töten. Oder mit Messern.

Das war ein kleiner Erfolg: Ich konnte schon wieder an damals denken, ohne das ich anfing dabei zu zittern.

Als alle durch waren, fragte Miss Allencomb, ob jemand heute reden wollte. Zu meinem Erstaunen war es Nummer 17, der die Hand hob. Er hatte schon vor drei Tagen etwas erzählt. Sofort war meine volle Aufmerksamkeit bei der schwarzen Kutte. Ich wollte verstehen, warum er so etwas gemacht hatte. Vielleicht würde ich dann auch etwas besser verstehen, warum... sie... so etwas gemacht hat. Zumindest ein kleines bisschen.

Ich und DracoWhere stories live. Discover now