50 - Zukunftsplanung

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Ich sah auf das Tor des Manors und zögerte. Es war beinahe unreal, dass ich hier war. Mein Vater hatte in seiner Einladung nur geschrieben, dass er mit mir reden wolle. Vermutlich wegen der Heirat. Ich klopfte und der Hauself machte die Tür auf und führte mich ins Kaminzimmer. Vater sass im Sessel am Feuer, als ich eintrat, erhob er sich.
Wir sahen uns an, unsicher, was der Andere dachte oder wollte. Ich wusste nicht, warum er alleine im Haus war oder warum er mich ins Kaminzimmer eingeladen hatte, wo man sonst eigentlich nur offiziellen Besuch empfängt. Wollte er mir damit sagen, dass ich für ihn nicht mehr zur Familie gehörte? Aber warum dann die Einladung? Wir hatten die letzten paar Jahre kaum miteinander geredet, wenn ich daheim war, war es eigentlich immer Mutter gewesen, mit der ich zu tun gehabt hatte. Vater war in der ganzen Zeit vielleicht nur drei oder vier Mal beim Essen dabei gewesen und mehr als die üblichen Höflichkeiten hatte er da nicht von sich gegeben. Warum also jetzt? Was eollte er?
Ich folgte der Geste meines Vaters, der auf den anderen Sessel, der ihm gegenüberstand, deutete, meinen Zauberstab locker im Ärmel. Er wartete stehend, seinen Gehstock in der Hand, am Kamin, in dem ein Feuer brannte. Selbst jetzt anfangs Sommer war es hier im Manor eher kühl, zumal das Kaminzimmer auf der Nordseite lag. Wir musterten uns. Er sah... bedrückt aus, mehr als sonst. Das der Krieg hatte auch von ihm seinen Tribut gefordert hatte, wusste ich. Aber... er schien gealtert
"Guten Tag, Vater." sagte ich und blieb vor dem Sessel stehen. Vater nickte und machte eine Geste das ich mich setzen sollte: „Setzen wir uns und reden wir bei einem Glas Wein." sagte er, ohne mich direkt anzusehen. Er trat zu dem kleinen Beistelltischen, lehnte seinen Gehstock dagegen, nahm eine Karaffe, die neben zwei Gläsern parat stand und schenkte die beiden Gläser ein, hielt mir eines hin, das andere in der anderen Hand. Er hatte seinen Gehstock an dem Tischchen gelassen. War das ein Friedensangebot, oder wurde er langsam senil? Sooo alt sah er nun doch nicht aus. Ich nahm das Glas. Er deutete nochmals zu dem Sessel und setzte sich in den anderen, ohne seinen Gehstock zu holen. Er prostete mir zu und trank dann einen kleinen Schluck, schloss die Augen und lehnten sich in den Sessel zurück, als wenn er erschöpft wäre. „Das ist ein guter Wein." sagte er dann leise: "Einer mit Tradition, der viel Zeit hatte zu reifen und gut gepflegt wurde." Ich dachte nicht, dass er mit mir über Wein reden wollte. Oder wollte er mir einen Vortrag über Traditionen und so halten, weil er dachte, dass er mich so besser mit der Parkinson verkuppeln könnte?
„Wo ist Mutter?" fragte ich um von der etwas peinlichen Atmosphäre abzulenken.
Seine Augen schossen auf und er sah mich mit einem dunklen Blick an: „Deine Mutter? Sie geht in letzter Zeit ihre eigenen Wege. Sie ist oft weg, vielleicht hat sie..." er brach abrupt ab und richtete seinen Blick aufs Feuer. In seiner Stimme sonst so kalten und beherrschten Stimme schwangen auf einmal eine Vielzahl von Gefühlen mit, die ich nicht deuten konnte. Wut, Unsicherheit, Verzweiflung, Zweifel, Resignation. Was immer es war... es musste etwas sehr besonderes sein, wenn Vater so reagierte.
„Ich..." setzte ich etwas unsicher an, aber Vater liess mich nicht weiter reden. Er wandte seinen Kopf zu mir und sah mich mit einem Mal direkt an. Anders als sonst hatte sein Blick nicht die sonst üblichen Vorwürfe und Herablassung in sich... er war eher weich.
Er nahm einen grossen Schluck aus dem Glas, holte tief Luft und sah mich beinahe entschuldigend an: „Draco, es ist gut, dass sie heute nicht da ist. Ich weiss, wir hatten in letzter Zeit unsere Differenzen, weil du dein Leben anders lebst, als ich es erwartet hatte. Es sind unschöne Worte gefallen, was bedauerlich ist." er sprach langsam, so, als müsste er jedes Wort erst mühsam suchen. Aber er sah nicht wirklich betrunken aus. Und dann das, was er gerade gesagt hatte... das war das Nähste an einer Entschuldigung, das ich je von ihm gehört hatte. Um ehrlich zu sein, war ich sogar etwas beeindruckt und so sagte ich nichts und sah ihn nur abwartend an.
Mein Schweigen schien ihn zu ermutigen, denn als er fortfuhr, klang seine Stimme lebhafter, hatte aber immer noch diesen bedrückten Unterton. „Wir Malfoys sind seit Jahrhunderten eine Zaubererfamilie, mit einer langen und ehrwürdigen Tradition, nun ist es so, dass wir, nachdem die Kriegswirren vorbei waren, auf der Verliererseite standen und einen hohen Blutpreis zahlen mussten. Das hat zu der jetzigen Situation geführt, dass das Weiterbestehen der Familie an dir hängt."
Ah, daher wehte der Wind. Gleich würde er mit Pansy kommen... aber nicht mit mir. Ich würde sein Spiel nicht mitspielen.
Er schluckte schwer und redete dann langsam weiter. „Ich habe eine Frage: Was muss ich machen, dass du dir eine Frau nimmst und der Familie eine neue Generation gibst?" Bei diesem letzten Satz klang seine Stimme zittrig. Ich schaute ihn misstrauisch an. Mein Vater war ein geschickter Intrigant, aber etwas in seiner Stimme klang echt. Es war nur so, dass ich es nicht wirklich glauben konnte, dass er bereit war, Bedingungen in Kauf zu nehmen. Vielleicht war es seine Art auszudrücken, dass ihm Familie wichtig war. Er leerte das Glas in einem Zug, stand auf und schenkte sich nach, sein Atem ging dabei sichtbar schwer.
Ich beschloss, zuerst einmal auf Zeit zu spielen: „Du willst also die Familie weiterbestehen lassen?" es klang komisch, es so auszudrücken. Aber das war es doch, worum es ihm ging, oder?
Er nickte und holte tief Luft. „Du hast gesagt, dass du auf keinen Fall Kinder haben wirst, um die Familie nicht weiter zu führen. Hast du das nur gesagt, um mich zu verletzen oder war das dein Ernst?" Das war nicht mein Vater. Er redete über Gefühle?! Und dazu noch klar und offen.
„Was ist es, dass die Familie es verdient hat, weiter zu bestehen?" fragte ich ruhig, aber mein ganzer Widerwillen war darin zu hören, obwohl ich das nicht beabsichtigt hatte. Es überraschte mich selbst.
Er seufzte. „Vermutlich nicht viel. Deine Tante war... ah, du weisst selbst wie sie war. Und ich habe auch nicht viel getan, was man heute stolz erzählen könnte." sagte er, leerte sein Glas nochmals und schenkte uns beiden nach. Ich hatte bisher nur einmal kurz genippt, also eigentlich schenkte er sich nochmals nach. So kannte ich ihn nicht. Er war immer kalt, überlegen und souverän gewesen, aber jetzt schien es eher so, als ob das noch die Fassade war, aber dahinter schien es nicht so ruhig und beherrscht zu sein. Keine Ahnung, wie ich das verstehen sollte.
Er redete stockend weiter: "Und du hast recht... ich meine, ich verstehe deine Reaktion... trotzdem... ich habe dir folgenden Vorschlag zu machen: Sobald du geheiratet hast, wirst du alle Geschäfte der Familie führen. Ich werde mich aus allen öffentlichen Angelegenheiten zurückziehen, aber das Vermögen der Familie werde ich dir erst übergeben, wenn du Kinder hast. Ab dann werde ich mich nicht mehr in deine Entscheidungen und die der Familie einmischen."
Schweigen. Wir sahen uns an. Er unsicher und ich verwirrt. Was wollte er? War es ihm wirklich so wichtig, dass die Familie weitergeführt wurde? Und war er wirklich bereit, so weit zu gehen und all seine Macht einfach so aus den Händen zu geben? Ich konnte es nicht glauben.
„Warum, Vater?" fragte ich und sah ihn direkt an. „Warum willst du das so sehr?"
„Die Familie... sie ist deiner Mutter schon immer sehr wichtig gewesen." sagte er, ohne mich dabei anzusehen. Was hatte das jetzt mit Mutter zu tun?
„Aber was hat das damit zu tun?" fragte ich nach. Irgendetwas in der Art, wie er Worte betonte, klang nach etwas anderem, ich konnte es nur noch nicht ganz fassen.
Er ging aber nicht auf meine Frage ein, sondern redete weiter: „Ich würde auch nicht daran festhalten, dass deine Frau reinblütig sein müsste... selbst wenn sie..." sein Stimme bebte und versagte ihm für einen Moment den Dienst. Da war nicht mein Vater! Er, der die Reinblütigeit immer über alles gestellt hatte, würde es erlauben, dass seine Familie ihren Status als solche verliert? Nie und nimmer! Es musste etwas anderes sein, dass da dahinter steckte!
„Was ist los? Das bist nicht du! Als ich damals..." nun bebte meine Stimme und ich liess den Satz besser unvollendet, weil die Erinnerungen daran zu schmerzhaft waren.
„Das... ich weiss, ich habe mich unentschuldbar verhalten." sagte er mit immer noch bebender Stimme. Das war absolut nicht mein Vater! Es klang, als wäre er den Tränen nahe. Es war, als hätte mir jemand mit einem Hammer vor die Stirn geschlagen. Benommen und erschüttert musterte ich ihn eingehend.
„Was ist los? Irgend etwas geht hier vor sich?! Was ist es!" ich war lauter, als ich wollte und dann entschied ich mich spontan: Auris agitare lyncas.
Vater schluckte schwer und zitterte plötzlich er, beinahe hätte er sogar den Wein verschüttet.
„Narzissa..." sagte er, kam aber nicht weiter, weil sein Stimme versagte. Meine Narizza... wie konnte es nur so weit kommen?! Und dann passierte es. Ich sah zwei glitzernde Spuren über sein Gesicht laufen. Mir schnürte es den Hals ab. Zuerst dachte ich, das etwas passiert sei, ein Unfall, aber dann hätte er nicht so angefangen.
„Sie... sie geht fast jeden Tag weg und kommt oft erst am Abend oder gar in der Nacht wieder. Sie weigert sich mir zu sagen, wohin sie geht. Sie... ich... wir haben oft gestritten, nachdem du dieses... nach du Miss Granger mitgebracht hast. Und seitdem ihr nicht mehr zusammen... zuerst war ich froh, ich dachte... was hätten die anderen Familien gesagt, wenn wir... nicht mehr... ah... aber danach ist es schlimmer geworden. Bis vor einigen Wochen, seit einigen Wochen ist völlig anders. Du würdest sie nicht wieder erkennen... wenn sie zurück kommt lächelt sie oft versonnen vor sich hin... sie sieht dann glücklich aus..." er redet stockend und währenddessen laufen ihm pausenlos Tränen übers Gesicht. Sie hat einen anderen. Und es ist meine Schuld. Ich wusste doch, wie wichtig ihr die Familie ist... und ich habe es aufs Spiel gesetzt, nur wegen so einer idiotischen Idee.
In dem Moment beendete ich den Zauber. Das war mehr, als ich vertrug. Ah, der Zauber war gefährlich, ich sollte mir gut überlegen, wo und wann ich ihn anwendete. Manchmal bekam man mehr, als man haben wollte. Und das hatte ich.; Noch mehr hätte ich nicht ertragen können.

Ich und DracoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt