10 - Schritte und eine Hand

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Als das Dunkel das erste Mal langsam wich, war da ein schillernder, farbiger Fleck, der aber schnell wieder in dem gleissenden Weiss verschwand, dass nicht viel anders als tiefes Schwarz war. Immer und immer wieder erlebte ich es, sah Bellatrix vor mir, spürte die Schnitte. Manchmal spulten auch die Ereignisse im Drei Besen wieder in meinen Gedanken ab. Ron, wie er mich eiskalt abservierte. Dann Ron, wie er als Todesser seinen Zauberstab auf mich richtete. Das ist wohl das schlimmste Bild. In den Bilder sagte er dann „Avada Kadavra". Das grüne Licht riss mich regelmässig aus dem Schlaf und machte mir Angst vor der Nacht, vor dem Einschlafen. Ich tat alles, damit ich es nicht noch öfter erleben musste. Manchmal genügte ein Wort von jemandem, eine Bewegung oder auch nur ein Blick und dann hat der Heiler das Gesicht von Ron oder Bellatrix, die gleich ihren Zauberstab heben würden und dann kann mich vor Angst kaum noch aufrecht halten. Ich hasste Nummer 17, der mir das alles eingebrockt hatte, aber auch wieder nicht. Vermutlich wäre es irgendwann auch anders passiert, hatte Miss Allencomb gesagt. Sie redete manchmal mit mir. Manchmal hörte ich es, manchmal nicht. Es war so viel Arbeit, zusammen zu bleiben, nicht auseinander zu fallen, dass ich kaum zu etwas anderem fähig war.

*

Langsam verdrängten Farben und Geräusche die Dunkelheit des Weiss's. Wenn es mir besser ging, beobachtete ich Nummer 17, wie er sich um die Farben und Geräusche kümmerte, sie manchmal zu mir brachte, doch ich konnte mich nicht danach ausstrecken, zu gross war die Gefahr, das sie wieder zu etwas anderem wurden: Grünes Licht, Rons Gesicht, Schmerzen auf dem Arm.

*

Als er mir diesmal etwas Kleines in die Hand legte, war es anders. Ich sah es deutlich, es war eine kleine Katze, rosa und blind, die er mir gab. Und dazu eine kleine Flasche. Für einen Moment vergass ich alle Angst und schaffte es tatsächlich, das kleine Wesen zu füttern. Als ich es zurückbringen wollte, knickten einfach meine Beine weg. Aber dann waren da zwei Hände, die mich fingen. Mich und das schutzlose Kätzchen. Zwei Hände, die mich fingen! Die MICH. AUFFINGEN. Mein Herz schlug so laut, dass es in meinen Ohren dröhnte. Sie hielten mich! Immer noch! Die Hände führten mich zu der Decke mit den anderen Kätzchen. Ich setzte das Kleine ab und schaute dessen unbeholfenen Bewegungen zu, bis das Zimmer um mich herum anfing zu schwanken. Ich streckte meine Hand haltsuchend aus und unvermittelt und unerwartet war sie da, die anderen Hand. Sie hielt mich, half mir auf und führte mich zurück zu meinem Platz. Danach war ich vollkommen erschöpft, körperlich wie auch geistig. Ich konnte mich nur einrollen, während die gleisende Dunkelheit mich wieder überrollte. Aber dann passierte etwas Unerwartetes. In dem Dunkel war auf einmal eine Hand, die mich hielt, die blendende Dunkelheit zurückdrängte und mir half, mich zusammen zu halten.

Ich muss eingeschlafen sein, aber ohne zu träumen dieses Mal, denn ich schreckte hoch, als eine Stimme mich ansprach und zum Essen holte. Eine reale Stimme, nicht Bellatrix, nicht Ron, eine andere Stimme.

Eine Hand kam, führte mich, stützte mich, aber sie half mir nicht, zusammen zu bleiben. Ich versank in dem Loch wie davor, nur war es diesmal noch schlimmer. Die vage Hoffnung, die mir die Hand gegeben hatte, war verschwunden. Ich fiel in einen ausweglosen Abgrund, denn die Hand, die mich halten konnte, fehlte. Ich fiel und schrie dabei. Schrie nach der Hand, die mich auffangen konnte.

*

Nach einer Weile, die Schreie hörten nicht auf, beschloss ich aufzustehen. An Schlaf war im Moment sowieso nicht zu denken. Als ich auf dem Gang stand, hörte ich die Schreie deutlicher.

„HAND! WO IST DIE HAND? BITTE, DIE HAND!!"

Es war Nummer 14, wie sich herausstellte, die mit ihren Geschrei alle weckte. Nach einiger Zeit kam die Heilerin, die den Nachtdienst hatte zu mir und bat mich, ob ich mitkommen könne. Etwas irritiert, was ich bei dieser Krise machen sollte, folgte ihr trotzdem ins Zimmer von Nr. 14. Sie hatten Nummer 14 auch den Umhang angezogen, der ihre Gesicht verdeckte, doch an ihrem Zittern hatte ich einen Eindruck, wie es ihr gehen musste.

Ich und DracoOù les histoires vivent. Découvrez maintenant