51 - Eine klare Entscheidung

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„Krumm und Granger?" ist las den Titel und las ihn nochmals und nochmals. Dann sah ich über die Zeitung hinweg zu Harry. „Es war diese Kimmkorn." meinte er knapp, als ob das alles erklären würde. Was es auch tatsächlich irgendwie tat. „Aber wie... wie... ich meine, woher wusste sie...?"
„Arthur hat gesagt, dass es im Ministerium ein offenes Geheimnis war, dass Krum wegen dir hier her gekommen war." meinte er und sah mich einfach an. Ich holte tief Luft und lehnte mich zurück. Wir sassen in einem Muggelcafe und um uns lauter Leute, wir konnten uns nicht frei unterhalten. Vielleicht war es ja genau das, warum er vorgeschlagen hatte, dass wir uns hier treffen sollten. Es war anders geworden und ich musste mir eingestehen, dass unsere Schulzeit wirklich vorbei war. Auch wenn er und Ginny auf meine Briefe antworteten, war die unsichtbare Mauer unübersehbar. Seit der Sache mit Ron war es anders geworden. Es war nicht mehr so... herzlich wie davor. Und wir redeten auch nicht mehr über alles. Das Thema Beziehungen im Allgemeinen liessen alle taktvoll aus. Das Thema Ron im Speziellen wurde noch weiter umschifft. Obwohl ich es Ginny und Harry erklären konnte - und ich denke, sie glauben mir - war es doch ein Bruch gewesen. Immerhin war es Harrys Freund und Ginnys Bruder, also Harry Schwager... Blut ist doch dicker als Wasser. Ich hatte mich damit abgefunden - versuchte ich mir wenigstens immer wieder zu versichern. Was zum einen auch stimmte. Aber es war nicht einfach... ich vermisste es... das unbeschwerte Lachen, das Plaudern mit ihnen, ohne dauernd auf der Hut zu sein, nicht etwas zu sagen, was die beiden Tabuthemen betreffen könnte.
Wir sassen in einer Ecke, wo uns niemand direkt auf den Tisch schauen konnte, sodass Harry den Tagespropheten offen hingelegt hatte. Ich streckte mich nach der Zeitung aus, hielt dann inne und fragte: „Kann ich kurz lesen?" Er nickte. Es war unhöflich, zu lesen, wenn man sich mit jemandem getroffen hatte, aber das ich erst gefragt hatte... früher hätte ich sie einfach genommen, ohne mir etwas dabei zu denken. Beim Lesen von dem Artikel stieg mein Ärger und als ich fertig war, hätte ich der Kimmkorn am liebsten einen ekligen Fluch angehängt. „Diese dumme... widerliche..." Zwei, drei Fakten stimmten, aber der Rest war verdreht oder dazu gedichtet zu einer anbiedernden Story.
„Du weisst doch, wie sie ist. Es bringt nicht wirklich was, sich darüber aufzuregen." meinte Harry ruhig. Kunststück, er war es ja auch nicht, der hier als intrigante, männermordende Karrieristin dargestellt wurde. „Aber das sind Lügen! Und der Rest sind Verdrehungen? Wie kommt sie auf die Idee, dass die Kinder von Victor sein könnten?!" regte ich mich trotzdem auf. Vor allem darüber, dass sie meine Kinder erwähnt hatte.
„Ich wollte dir das nur zeigen, weil ich weiss, dass du die Hexenwoche nicht liest."
„Hm!" knurrte ich abschätzig, lege das Pamphlet zur Seite und versuchte mich zu beruhigen. Ich wollte gar nicht wissen, was in der Hexenwoche stand. Wenn der Tagesprophet schon so einen Mist brachte...
„Wie geht es Dir?" fragte mich Harry, nachdem er mir einen Moment gegeben hatte. „Es ist viel Zeit vergangen seit dem wir uns das letzte Mal getroffen haben."
„M-Hm. Sicher mehr als ein Jahr." nickte ich, innerlich immer noch nicht ganz von dem Pamphlet losgekommen.
„Und..." er sah mich fragend an.
„Mir geht es gut, einigermassen wenigstens." antwortete ich wahrheitsgemäss.
„Und was machst du? Ich habe von Arthur gehört, dass du die Stelle als Stellvertretende Ministerin aufgegeben hast?!" es klang so, als hätte er es nicht glauben können, als glaubte er es immer noch nicht.
„Im Moment mache ich gar nichts... Das heisst, so man mit zwei Kindern nichts machen kann. Die Tage sind so schnell vorbei, dass es sich manchmal anfühlt, als hätte ich nichts gemacht. Und du?" versuchte ich das Thema umzulenken, bevor es noch mehr um mich ginge.
„Ginny ist schwanger, bald werde ich auch wissen, wie es so ist als Vater." nickte er und grinste breit.
„Molly ist wahrscheinlich noch ungeduldiger als Ginny, oder." grinste ich zurück. Seine gute Laune war ansteckend. Ein bisschen wenigstens. Es hatte einen Hauch von dem, wie es früher war.
Harry grinste noch breiter und nickte. „Sie macht George schon völlig verrückt damit."
„Wohnt ihr noch im Fuchsbau?" wollte ich wissen. Harry schüttelte den Kopf. „Als Auror verdient man recht gut. Wir haben uns ein Haus gekauft."
Ich lächelte „Das ist schön." Er hat nicht gesagt wo und das war der fast wichtigere Teil der Botschaft. Er wollte nicht mehr mit mir zu tun haben also so... hin und wieder ein Treffen auf neutralem Boden. Nun gut, immerhin war es schon ein gewisser Fortschritt, dass er sich mit mir traf.
„Ginny hat nichts gesagt, dass wir uns heute treffen?" hakte ich nach.
Er zuckte mit den Schultern. „Ron hat es nicht gerade einfach, weisst du. Seit du ihn... er dich oder ihr euch... was auch immer, seitdem ihr getrennt seid, hat er sich verändert." sagte Harry, aber er sah mich nicht direkt dabei an, sondern griff nach seinem Kaffeetasse, während er sprach.
„Und ich bin schuld?" sagte ich giftiger als beabsichtigt. „Und um es genau zu sagen: Wir haben uns getrennt, WEIL er sich verändert hat. Und nicht anders herum!" Es ärgerte mich, dass auch nach dem Gespräch mit Ginny immer noch ich die Schuldige war bei ihnen. Auch wenn sie es vermutlich so nicht sagen würden, sie verhielten sich aber so.
„Das habe ich nicht gesagt..." verteidigte er sich sofort, als würde er meine Gedanken bestätigen.
„Aber gedacht!" entfuhr es mir. Es ärgerte mich - immer noch. Er schaute auf seine Tasse, nahm sie und trank einen Schluck. Auch eine Antwort.
„Was ist los mit dir?" fragte ich ihn direkt. Ich hatte in den zähen Verhandlungen, die ich mit Botschafter, Atachees und sonstigen Deligierten geführt hatte, irgendwann begriffen, dass es manchmal das Beste ist, wenn man manchmal etwas besser direkt ansprach als lange um den heissen Brei herum zu reden.
„Was soll sein?" fragte er abwehrend zurück.
„Harry, wir kennen uns zu lange, als dass du mir etwas vormachen könntest. Ihr... Du hast mich seit der Sache mit Ron praktisch ignoriert. Selbst nach dem Gespräch mit Ginny hat sich nichts daran geändert. Glaubst du wirklich, dass ich schuld bin, dass es Ron nun schlecht geht, nachdem ER mich abserviert hat? Das ist doch verrückt!" Obwohl ich mich versucht hatte im Zaum zu halten, war meine Stimme trotzdem lauter geworden. Es war eine Sache, wenn man über ein Einfuhr- und Zollabkommen redete oder über etwas Persönliches.
Harry warf mir einen seltsamen Blick zu und schüttelte den Kopf. „Es ist... kompliziert." sagte er dann nur.
„Und? Willst du damit andeuten, dass du mich für zu dumm hältst, es zu verstehen?" fragte ich, nachdem er nicht weiter redete. Er verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er schenkte um, redete über das Aurorenbüro und das Ministerium, ohne meine Frage aber wirklich zu beantworten. Ich hätte ihn festnageln können, aber wozu? Wenn er meinte, dass er das Thema unbedingt vermeiden wollte, dann sollte er.
Als wir später gingen und uns dann verabschiedeten, war es so ein ähnliches Gefühl wie mit Victor. Wir hatten Masken spielen lassen, uns über Belanglosigkeiten unterhalten, aber das Wesentliche ignoriert. Es war beinahe wie mit einem Fremden. Ich lief nach Hause, ich brauchte Zeit, um das Treffen mit Harry zu verdauen und mich zu entscheiden, auf wen ich wütend sein sollte. Harry, Ginny oder Ron? Ich blieb bei Ron hängen. Von Harry war ich eigentlich nur enttäuscht. Und Ginny? Konnte ich gerade nicht sagen. Aber es ging auch mehr Richtung Enttäuschung.

Ich und DracoWhere stories live. Discover now