45 - Komplikationen

75 8 0
                                    

Daheim angekommen las ich die Briefe, das heisst, ich las einen, den Zweiten nur quer und die restlichen überflog ich nur noch. Sie klangen beinahe gleich, der einzige Unterschied war, dass die Schrift und die Ausdrücke immer schlimmer wurden. Für einen Moment fragte ich mich, was mit Ron los war. Er hatte sich von mir getrennt und ich war es gewesen, die versucht hatte, unsere Beziehung wieder zu kitten. Wenn man seine Briefe las, klang es so, als ob ich ihn nur ausgenutzt und betrogen hätte. Für einen kurzen Moment fragte ich mich, ob es sein konnte... dass ich etwas Fundamentales einfach nicht wahrgenommen hatte... dass das der Grund war, warum alle wegliefen... Stop! Ich wischte den Gedanken weg... ich hatte Draco, ah lassen wir das besser... Ich nahm den nächsten Brief, wollte mich nicht zu sehr an diese winzige Hoffnung klammern... aber Hoffnung war etwas, dass man nicht einfach machen konnte. Entweder sie war da oder nicht. Und wenn sie da war, wuchs und wucherte sie von allein. Briefe... lesen... Dracos Brief verstehen... und dann... ich liess die Hoffnung, die sich gerade daran machte, ihn suchen gehen, nicht wirklich zu Wort kommen. Aber wie es mit der Hoffnung so ist, lauerten die Wort in meinem Hinterkopf. Ich nahm einen Brief nach dem anderen, überflog sie um zu sehen, ob Ron auch noch etwas anderes geschrieben hatte. Hatte er nicht.
Wütend. Ich war richtig wütend und ging in Gedanken die verschiedensten Ideen durch, die alle etwas damit zu tun hatten, Ron eine aufs Maul zu geben. Es hielt mich kaum noch auf dem Stuhl und ich sprang auf, musste etwas machen. Mich zumindest bewegen. Ich hatte nur ein paar Schritte gemacht, als ein stechender Schmerz in meinem Bauch mit zusammenkrümmen lies. Ich kniete auf dem Boden und meine Ohren klingelten dabei. Ich hoffe es würde besser werden, aber das passierte nicht. Die Schmerzen kamen immer wieder, wie Wellen, die auf den Strand prallten. Die Kinder! In der nächsten kurzen Pause zwischen zwei Wellen apparierte ich direkt vors St. Mungo. Jetzt um diese Uhrzeit würde kein Muggel genau dort sein. Ich hoffte es.

***

„Mister Malfoy" sagte Miss McGonagall hinter mir und ich zuckte herum. Sie stand keine fünf Schritte hinter mir, kurz hinter dem Eingang in den Savannenbereich. Am Horizont waren gerade die neuen Feuerskorpione dabei, um ihre Revier zu kämpfen.
Die Schulleiterin schaute sich um und leider zeigte ihr Gesicht keine Regung. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst... immer wenn sie kam, gab es Schwierigkeiten. Aber sie liess sich nicht stören, sah sich geruhsam um und als ich schliesslich mich ansah fragte sie: „Das muss eine Menge Arbeit gemacht haben. Wie viele solche Dimensionstaschen haben sie hier?"
Hu, ging es darum? Ich versuchte es diplomatisch: „Also... es geht eigentlich, wenn genug Pflanzen- Tier- Baum- und Blumenelfen zusammen helfen..." Sie liess mich nicht ausreden, sondern fragte: „Was sind Pflanzen- Baum- und Blumenelfen?" McGonagall sah mich interessiert an. Ich kannte ihre verschiedenen Blicke. Der hier war mir ehrlich gesagte neu. Und sofort war ich wachsam. Wenn sie nicht kam um Schwierigkeiten machen, dann kam sie, weil sie etwas wollte.
„Loosy hatte gefunden, da er sich nicht mehr um ein Haus kümmert, sondern um Pflanzen, meinte er..." ich liess den Rest offen. Ihr Gesicht sagte, dass sie verstanden hatte.
„Ah." nickte sie und ihr Blick schweifte nachdenklich über die offene Savanne, die vor uns lag.
Für einen langen Moment war es friedlich, wenn man von dem beinahe metallischem Klirren absah, das entstand, wenn die Feuerskorpione mit ihren Panzern aufeinanderprallten. Es war ein imposantes Schauspiel. Ich hoffte Miss McGonagall schaute nicht zu genau hin. Ich war mir nicht sicher, was sie dazu sagen würde, wenn sie Haggrid dort draussen entdecken würde. Es ist seltsam, wie schnell sich manche Dinge verändern konnten. Seit ich Hagrid von den Feuerskorpionen eher durch Zufall erzählt hatte, weil ich dachte, er würde sich auch mit diesen Wesen auskennen, war er so oft hier, dass er beinahe schon zur Einrichtung gehörte.
Als MsGonagall ihren Kopf wieder zu mir drehte, wandte ich mich auch ihr zu, wir schauten wir uns an, aber keiner von beiden sagte etwas. Nun gut, und was, wenn sie Haggrid gesehen hatte... solange sie nichts sagte, sollte es mir gleich sein.
„Ich bin nur gekommen, um ihnen zu sagen, dass sie weiterhin am Freitag Unterricht geben können." Ich wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, als sie fort fuhr: "Haben sie schon einmal darüber nachgedacht, das Wissen, dass in all dem hier steckt, weiter zu geben?"
„Eh." sagte ich und das war gerade alles, was ich heraus bekam. „Gut." sagte McGonagall und drehte sich um. Es war, als hätte ich ja gesagt. War das so unklar oder war das wieder einer von ihren Tricks. Als sie am Eingang war, wollte ich gerade ansetzen, etwas zu sagen, da drehte sie sich um und sagte beinahe nebenbei. „Ach ja, Mister Malfoy, wegen der Dimensionstaschen... Solange sie diese überwachen, denke ich gibt es nichts daran auszusetzen." damit drehte sich um und ging. Ich schaute ihr hinterher und war mir sicher, dass sie nicht einfach hierher gekommen war, um mir das mit dem Tag zu sagen. Sie wusste davor schon von den Dimensionstaschen und was sie zum Schluss gesagt hatte, war das eigentlich Wichtige. Mittlerweile kannte ich sie schon recht gut. Es hiess soviel wie: Wenn ich gehe, müsste ich alle Dimensionstaschen verschwinden lassen. ‚Diese verschlagene Hexe' schüttelte ich den Kopf. Aber eigentlich war es mir egal, wo ich war. Als Hilfsgärtner hier oder als Draco Malfoy sonst wo. Meine Gedanken schweiften ab. Hexe... beste Hexe ihres Jahrgangs... Hermine... unsere Konflikte... unser Treffen im St. Mungo, wo sie mich mit den Unverzeihlichen Fluch angegriffen hatte... Rons Briefe... die Begegnung mit ihm, wo er ziemlich betrunken war... der Streit, als ich ihm sagte, es solle Hermine in Ruhe lassen... der Kampf... Wieder St.Mungo... und dann ihr Ärger, weil ich ihre Briefe gelesen hatte... ihre seltsamen Anschuldigungen, bevor sie verschwunden war... meine Suche... der Brief... und keine Antwort. Wieso? Wieso das alles? Gab es einen Sinn darin? War es ein Teil der Strafe für all das, was ich früher gemacht hatte?
Es waren unnütze Gedanken, weil ich nie wissen würde, ob es wirklich so war, trotzdem liess es mich nicht los: Warum war sie gegangen? Weil ich ein Todesser gewesen war? Oder wegen meinen Eltern? Mein Vater war nicht einmal annähernd erträglich gewesen. Oder wegen mir? Sie hatte so etwas gesagt, soweit ich mich erinnern konnte... was nicht ganz so einfach war... Sie hatte gesagt, dass sie mich liebte und noch irgendwas, aber da war ich schon ziemlich weg gewesen... Hatte ich einen Fehler gemacht? Aber was?
Ich wusste, ich sollte nicht so viel darüber nachgrübeln, es passierte aber trotzdem immer wieder. Sinnlose Selbstkasteiung. Sie war weg, war gegangen und hatte auch auf meinen Brief nicht mehr reagiert. Das sollte mir eigentlich deutlich genug zeigen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Ich sollte es einfach akzeptieren... wenn ich zurückschaute... es war sowieso mehr ein Traum als Realität gewesen... wenn man überlegte, dass wir uns jahrelang gemieden hatten... auf einmal jemanden zu finden, der einem so vertraut war... eigentlich war das praktisch unmöglich... ein Wunder eben.
War ich zu schnell gewesen mit dem Heiraten? Aber es schien das Richtige zu sein – zumindest schien es damals so gewesen zu sein. Das Schlimmste war, dass ich sie immer noch vermisste, egal was mein Kopf wusste und sagte, das Gefühl blieb: Ich vermisste sie. Schrecklich sogar. Und ich wusste nicht, was ich machen sollte.

Ich und DracoWhere stories live. Discover now