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Jungkook

Leise drehte ich den Schlüssel im Türschloss um. Ich wusste nicht, ob mein Vater schon schlief, aber falls ja, wollte ich ihn nicht unnötig wecken. Jisung drängte sich dicht hinter mir durch den Türspalt. Auch wenn es am Tag bereits sommerlich warm war, wurde es bei Einbruch der Dunkelheit doch noch immer sehr kalt und den gesamten Rückweg aus dem Wald hatten wir nur noch darüber gesprochen, wie sehr wir froren und uns auf eine Tasse heißen Tee freuten.

Jisung hatte mich gefragt, ob er sich bei mir noch ein Weilchen aufwärmen durfte, aber ich wusste, dass er nur versuchte, seinem Vater aus dem Weg zu gehen. Den gesamten Tag hatte er immer wieder auf sein Smartskin geschaut und dieses dann mit gerunzelter Stirn begutachtet. Vor den anderen versuchte er seine Sorgen zu verstecken, aber mir konnte er nichts vormachen und ich war mir ziemlich sicher, dass es sein Vater war, der ihn den gesamten Tag beunruhigt und ihm Nachrichten geschickt hatte. Auf leisen Sohlen schlichen wir durch den großen Flur in Richtung Küche. Schon von weitem konnte ich den Lichtkegel erkennen, der aus dieser in den Flur schien, was bedeutete, dass entweder mein Vater noch wach war oder unsere Haushälterin noch keinen Feierabend gemacht hatte.

Mit unseren Händen aufwärmend über unsere Arme reibend, betraten wir schließlich die große und modern eingerichtete Küche und erschraken, als wir dort zwei Männer in teuren Anzügen sitzen sahen. Mein Vater war der Rechte von ihnen und sah trotz seines gesunden, athletischen Körpers trotzdem irgendwie erschöpft aus. Sein Gesicht wirkte deutlich jünger als das seines Nebenmannes und dennoch sah er mich durch müde Augen und mit leicht gesenkten Mundwinkeln an. So sah er mich immer an. Seine Lachfalten waren zwar deutlich zu erkennen, kamen jedoch seit Jahren nicht mehr zum Einsatz. Der Mann neben ihm allerdings, wirkte schon etwas älter. Seine strengen Gesichtszüge ließen einem das Blut in den Adern gefrieren und obwohl er wie sein Sohn nicht der Größte war, hatte er doch eine sehr bedrohliche Ausstrahlung. Dieser Mann war niemand geringeres als Mr. Park, Jisungs Vater.

Als die beiden uns sahen, stand Mr. Park direkt auf und baute sich vor uns auf. Mein Vater erhob sich ebenfalls, doch lehnte er sich dann nur mit seinen Händen in den Hosentaschen seiner Anzughose gegen die massive Mamor-Tischplatte hinter ihm.
„Jisung", durchschnitt Mr. Parks kalte Stimme die angespannte Stille, „wusste ich doch, dass ich dich hier finden würde. Ich habe versucht dich zu erreichen."
„Tu-tut mir leid, Vater", stotterte Jisung verunsichert, „ich ha-hatte kein N-Netz im Wald."
Augenblicklich spannte ich mich an. Der Wald. Jisung war der Wald rausgerutscht.

„Ward ihr etwa schon wieder in diesem Wald?", war es nun die Stimme meines Vaters, die sich wie zu erwarten gereizt hinter Mr. Park einmischte.
„Wir wollten nur unsere bestandenen Prüfungen feiern...", versuchte ich meinen Freund und mich zu verteidigen. Eigentlich hatten Jisung und ich uns darauf geeinigt, dass wir den beiden nicht mehr sagten, wenn wir dorthin gingen, da sie aus irgendeinem Grund ein riesiges Problem damit hatten, wenn wir uns dort aufhielten. Generell hielt sich unsere Gesellschaft grundsätzlich eher von den umliegenden Wäldern fern und verließ nur sehr selten den Schutz der Stadt.

„Bestanden also...", raunte Jisungs Vater und sah prüfend auf diesen herunter, „so wie du mir den gesamten Tag aus dem Weg gegangen bist, hatte ich schon befürchtet, du seist durchgefallen, Park Jisung."
Schnell schüttelte dieser den Kopf und setzte zum Reden an, doch die Stimme seines Vaters schnitt ihm das Wort ab.
„Jungkook", wandte er sich an mich, „welche Note hast du dieses Schuljahr erreicht?"
Aus dem Augenwinkel konnte ich die Schultern meines besten Freundes erkennen, welche er ernüchtert hängen ließ.
„13 Punkte, Sir", beantwortete ich seine Frage mit fester Stimme und sah meinen Vater, der mir von weiter hinten anerkennend zunickte.
„Und du Jisung?", fragte er nun seinen Sohn, welcher beschämt zu Boden sah.

Moonchild {VKOOK}Место, где живут истории. Откройте их для себя