Moonchild {VKOOK}

☽ 42 ☾

Taehyung

Meine Angst stieg mit jedem Schritt weiter ins Unermessliche. Meine Beine drohten unter meinem Körpergewicht nachzugeben und mein Herz setzte jedes Mal, wenn wir um die nächste Ecke jagten, für einen Moment aus. Nur meine schwitzige Hand in Jungkooks gab mir die Kraft einfach immer weiter zu rennen, tiefer in das Unternehmen und herab bis in den Keller.

Zwischendurch mussten wir uns andauernd an eine Wand pressen, den Atem anhalten und einfach hoffen, dass wir nicht entdeckt wurden. Denn allmählich spürten wir, dass das ganze Unternehmen in Aufruhe war. Überall hörte man aufgeregte Stimmen, hastiges Getrappel und wie sich Türen öffneten und wieder schlossen. Mittlerweile müsste den Mitarbeitern wohl aufgefallen sein, dass hier etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen zuging.

Und dieses Etwas, waren wir.

„Wir sind fast da", raunte Jungkook mir plötzlich zu und da bogen wir auch schon in den Gang, an dessen Ende sich die zwei großen Säulen befanden. Mit rasender Geschwindigkeit hetzten wir auf die gewaltige Tür zu und in meinem Kopf spielte sich das Szenario ab, wo wir zum ersten Mal hier herumgeschlichen waren.

Jungkook und ich mussten uns gezwungenermaßen hinter einer dieser riesigen Säulen verstecken, um unentdeckt zu bleiben. Ich hatte die Situation genau vor meinen Augen, sodass ein kalter Schauer meinen Nacken herabwanderte. Doch keine Sekunde später verwandelte er sich in ein warmes, beinahe hitziges Kribbeln und ich vermeinte mit einem Mal den süßlichen, unwiderstehlichen Geschmack von Jungkooks Lippen in meinem Mund zu schmecken.

Ja, hier hatten wir uns geküsst. Zum ersten Mal.

Ein sanftes Lächeln legte sich auf meine Lippen und wie aus Reflex umfasste ich die Hand des Jungen neben mir fester. Doch als Jungkook ohne zu zögern sein SmartSkin an das Gerät links von uns hielt und gleichdarauf die sich öffnenden Flügel der Tür den Blick auf den dunklen, nur mit Fackeln erleuchteten Gang freigaben, verschwand die schöne Erinnerung und machte erneut der Angst Platz.

Mir blieb nicht einmal Zeit durchzuatmen, da zog Jungkook mich schon wieder hinter sich her und stolperte mit mir den finsteren Gang herunter. Inzwischen konnte ich die Energie kräftig spüren, was meinem sowieso schon aufgewühlten Geist nicht wirklich guttat. Dennoch konnte ich bereits jetzt fühlen, dass etwas anders war. Das Kribbeln unter meinen Füßen und in meinen Gliedern war nicht mehr so stark wie damals.

Konnte es tatsächlich funktioniert haben?

Plötzlich kamen wir vor der massiven Holztür zum Stehen.

Nachdem ich meinen Blick noch einmal über meine Schulter geworfen hatte, um sicher zu gehen, dass uns niemand gefolgt war, wandte ich ihn ehrfürchtig zurück zu der Tür. Die große, eingeritzte Sonne stach mir sofort in die Augen und ja, jetzt fiel auch mir auf, wie sehr sie dem Mond auf dem Tor unseres Taufgartens doch ähnelte.

Für einige weitere Sekunden starrten wir beide auf die Holztür, während nur unser rasselnder Atem und das Knistern der Fackeln die Stille durchbrach, aber schließlich trat ich einen Schritt vor, ohne von dem Dunkelhaarigen abzulassen und fuhr mit meiner Hand in einer fließenden Bewegung durch die Luft.

Augenblicklich schallte ein lautes Klacken durch den langen Gang, als sich die Flügel der Tür langsam aufschoben. Mit großen Augen starrten wir auf das Innere des Raumes, welches sich Stück für Stück vor uns auftat. Aber ich konnte nicht mehr länger warten. Ich musste es endlich sehen. Ich musste wissen, ob es tatsächlich geklappt hatte.

Mit einem Ruck sprang ich in den Raum und überrumpelte den Jungen neben mir mit meiner forschen Aktion, sodass er mir überrascht hinterherstolperte.
„Es muss funktioniert haben", presste ich angespannt hervor und konnte die Aufregung in meinem Inneren kaum mehr aushalten. Diese ganze Ungewissheit, vermischt mit dem Kribbeln der Energie und meinem vor Liebe klopfenden Herzen, brachte mich beinahe zum Durchdrehen.