Kapitel XXXIX: Run Away

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Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete, brauchte ich kurz um mich zu orientieren. Ich fühlte mich nicht gerädert, wie erwartet, aber noch immer K.O. Ein Blick auf den Wecker zeigte mir, dass es noch nicht einmal acht war. Aber ich war unruhig, wahrscheinlich wegen Leipzig. Außerdem fehlten Jan und Amber. So verschwand ich kurz ins Bad, zog mir eine Jogginghose über und schlurfte dann nach unten, fand aber entgegen meiner Erwartungen weder Jan noch Amber. Dafür saß Raphael allein auf dem Sofa. Simon schlief wohl ebenfalls noch.

„Guten Morgen", gähnte ich und warf ihm einen Blick zu. Er war zwar angezogen, sah aber auch sehr fertig aus. Vielleicht hatte ihn das Spiel ebenfalls mitgenommen.

„Hi Ela", erwiderte er fast schon untypisch und klopfte schließlich neben sich aufs Sofa, dem ich gern nachkam, mich einfach fallen ließ und zu ihm nach oben sah. Vielleicht musste er reden?

„Alles gut bei dir?" Er nickte nachdenklich und wandte sich dann mir zu, suchte kurz meinen Blick, ehe er sich räusperte.

„Ich wollte mit dir noch einmal wegen gestern Abend sprechen."
Verwirrt zog ich die Augenbrauen nach unten und sah ihn fragend an. Hatte ich etwas falsch gemacht?

„Du hast dich gestern Abend sehr mutig geschlagen für eine Anfängerin, die sonst nicht vor anderen spielt. Du kannst wirklich stolz darauf sein. Ich wollte nur sicherstellen, dass das zukünftig nicht zwischen uns steht. Mir ist erst später klar geworden, dass du diese Art an mir nicht kennst. Nicht so zumindest. Und es wäre ausgesprochen bedauerlich, wenn das Ereignis gestern Abend das Verhältnis gefährden würde, das wir die letzten Monate aufgebaut haben", erklärte er, sah mich suchend an.

Mir fehlte die Dominanz in ihm – die konnte er doch nicht einfach so ablegen, oder? Raphael war immer Dom, anders als Jan. Nicht? Er brauchte nur böse zu gucken, dass Simon spurte und nicht nur er - viele im Club, folgten Raphael.

„Ich äh", meinte ich leise, zögerlich und wurde dann rot um die Nasenspitze, merkte selbst, wie meine Wangen glühten als die Bilder des Abends wieder vor meinen Augen vorbei huschten. Ich hatte gehangen, er hatte mich so gesehen, hatte mich berührt, hatte mich abschätzend angesehen, während er Jan erzählt hatte, wie feucht ich war.

„Aber es ist doch nichts passiert?"

„Einerseits nicht. Ich habe dich kaum angefasst, aber ich habe es eben doch getan. Und ich habe dich genau so gesehen. Dazu habe ich Dinge mit Simon getan, die vielleicht ein wenig über dem waren, was du verkraften kannst", erwiderte er und legte sanft einen Arm um mich.

Es war nicht fest genug, nicht einengend. Er achtete darauf, dass ich jederzeit weg konnte. Tatsächlich fühlte ich aber gerade gar nicht das Bedürfnis nach einer Flucht. Es war Raphael. Ich kannte ihn nun schon einige Wochen, war bei ihnen öfter zu Besuch, sah sie in der Regel einmal pro Woche. Ich genoss die gemeinsamen Essen, fand es schön bei Simon im Hotel helfen zu können. Ich zählte ihn als Freund, auch wenn wir uns noch nicht ewig kannten. Aber er passte auf mich auf, genau wie Jan es tat. Vielleicht nur ein wenig anders.

Ein Räuspern entrang sich meiner Kehle, während ich die Lippen sanft verzog und mich dann an ihn lehnte, es einfach akzeptierte, dass mein Kopf an seiner Schulter zur Ruhe kam.

„Du unterschätzt die Sadistin in mir, Raphael. Ich mag eine Sub sein. Jans Sub, ja. Aber ich genieße es trotzdem, wenn andere leiden. Dass du Simon gestern derart in den Himmel katapultiert hast, das war unglaublich heiß", gab ich leise zu, jetzt, wo er mein Gesicht nicht mehr sehen konnte.

„In den Himmel katapultiert? Nennst du das so?", fragte er nach einer Weile des Nachdenkens, während ich zaghaft nickte.

„Fliegen nenne ich es. Ich fliege, wenn Jan mich von der Klippe schubst. Und dann steht er unten und fängt mich auf."

„Das ist eine schöne Metapher, denke ich", gab er leise zu und seufzte dann auf.

„Ja, ich vergesse gern, dass du manchmal doch eine von uns bist. Ich möchte nur sicherstellen, dass du weißt, dass kein böses Wort, das gestern Abend gegen dich gesagt wurde, im Entferntesten so gemeint ist. Ich neige dazu meine Dominanz vor allem verbal zu zeigen. Du warst Teil davon und ein williges Opfer. Es hat mir gefallen, wie du dich mir in gewisser Weise auch hingegeben hast. Aber ich würde es verstehen, wenn du im Rahmen unserer Freundschaft lieber auf die Sexualität verzichten würdest", bot er mir an, woraufhin ich leise aufbrummte.

„Jan schlägt Simon doch auch, wenn er darf. Natürlich ist das sehr komisch, aber Sarah sehe ich doch nach wie vor auch in die Augen. Und solang du mich nicht behandelst wie Simon, lass ich mich auch weiterhin gern verbal von dir zurechtweisen. Du bist ein ziemlich heißer Dom, falls dir das noch niemand gesagt hast", gab ich neckend zu, woraufhin er den Kopf drehte und mir eine arrogante Augenbraue darbot. Sein dunkles Haar fiel ihm dabei leicht über die Schulter, dass ich lächeln musste.

„Du bist ein wenig wie ein Vampir. So bleich und deine langen, dunklen Haare. Und dann hast du dieses unglaublich markante Gesicht und diese süffisante Tonlage. Du glaubst doch nicht wirklich, dass das Kätzchen in mir da widerstehen kann?"

„Du findest mich attraktiv?", fragte er, vielleicht ein wenig verwirrt. Daraufhin biss ich mir auf die Unterlippe. Das würde doch nichts kaputt machen, oder?

„Ja, ist das so komisch?"

„Du meinst als Mitte 40er von einer Mitte 20erin als attraktiv beschrieben zu werden. Nein, nicht komisch. Aber selten. Die meisten Menschen haben Angst vor mir", gab er leise zu und schüttelte dann den Kopf.

„Weil du einfach zu hübsch bist", grinste ich und bekam dafür einen bösen Blick. Da war er dann wieder.

„Wohl kaum. Die langen Haare verunsichern sie. Und die meisten wissen um meinen Club. Ich bin nicht so bekannt wie Jan, aber doch durchaus in der Region mit Namen benennbar", seufzte er und schüttelte dann leicht den Kopf. „Attraktiv. Lass das bloß nicht Jan hören."

„Wieso nicht?", fragte ich neugierig, ließ mich ein wenig enger an ihn heran ziehen. Aber es war nicht unangenehm, eher geborgen. Ich vertraute Raphael, auch wenn das kein Kuscheln im eigentlichen Sinn war. Vielleicht ein wenig Nachsorge nach der Session am Vorabend.
Ein tiefes Seufzen erklang neben mir und ich wartete ab, spielte mit den Bändsel meiner Jogginghose. Immerhin wollte ich ihn nicht drängen.

„Jan hat sich nach dem Unfall seiner Ex stark verändert. Wir haben jahrelang zusammengespielt und damit meine ich nicht das, was gestern Abend passiert ist. Ich meine tatsächlich im Austausch. Ich hatte sogar mal einen Sklaven für drei Wochen bei ihm in der Erziehung, wobei das schon sehr lang her ist. Jan und ich haben oft geteilt, einfach weil wir beide auf ähnliche Dinge stehen", fing er an zu erklären und ich nickte nach einer deutlichen Pause. Er sollte weiter erzählen.

„Als sie weg war – und sei dir sicher, es ist sehr gut, dass sie verschwand. Sie hat überhaupt nicht zu ihm gepasst. Da hat er sich zuerst zurückgezogen, nur um uns auszuschließen. Spiele waren nur noch mit anderen, fast fremden möglich. Hauptsache er konnte nicht viel anrichten. Und irgendwann hat er es einfach sein lassen. Das war für Simon und mich hart. Immerhin hat er schon immer dazu gehört. Simon kennt es von uns beiden genommen zu werden. Er hat es anfangs geliebt und war absolut verstört, als das nicht mehr so funktioniert hat. Jedenfalls war Jan nie ein eifersüchtiger Mann. Er hatte kein Problem seine Partner einem anderen Dom zu überlassen und gemütlich dabei zu zusehen, wie dieser sie quälte. Er behielt die Kontrolle, aber genoss es ebenso einfach mal abzuwarten."

Über Raphaels Gesicht huschte ein kleiner Schatten, ehe er sich erneut räusperte. Er erzählte wohl gerade etwas, was ihn wirklich lang beschäftigt hatte. Er hatte seinen besten Freund vermisst.

„Wir alle hatten die Hoffnung aufgegeben. Jan war da. Er hatte den Club, aber da war nicht mal Lust in seinen Augen, wenn er etwas mitbekam. Und dann kamst du da einfach rein gefallen mit deinem moderigen Outfit. Und auf einmal ist er wieder er selbst geworden. Er spielt wieder. Er tauscht sich wieder aus. Du hast es irgendwie geschafft ihn aus seinem Schneckenhaus zu holen. Und er macht sich so viele Gedanken. So viele Dinge, die er früher einfach getan hätte, die er nun mit mir abspricht um sich abzusichern. Er hat Angst dich zu verletzen", sagte er leise.

Ich lächelte zögerlich. Das war doch etwas Gutes, oder? Ich holte ihn wieder zurück. Auch wenn nicht in dem Rahmen, den sie von ihm kannten. Er nahm sich meinetwegen zurück.

„Gleichzeitig hat sich aber noch etwas in ihm verändert. Er hat nicht nur Angst dich zu verletzen, sondern viel mehr ist er eifersüchtig geworden. Jeder Dom, der dich schief anschaut, bekommt eins auf den Deckel. Er verteidigt dich, was ihm überhaupt nicht ähnlich sieht und lässt kaum jemanden an dich heran. Selbst Sarah nicht, wenn er nicht gerade in Stimmung danach ist. Oder ich gestern Abend, als du mir dein Piercing gezeigt hast. Dabei sucht er gleichzeitig den Kontakt wie es früher war, möchte mit anderen Spielen und dennoch bekommt er immer einen kleinen Nervenzusammenbruch, wenn dir jemand zu nahe kommt. Versteh mich nicht falsch: Ich möchte mich in eure monogame Beziehung nicht einmischen. Simon und ich genießen diese Privilegien ebenfalls. Nichtsdestotrotz ist es schwierig einen Grad zu finden, wo ich dir eine einheitliche Linie biete, die dir auch hilft sich zu verhalten und dabei seinen Wünschen zu entsprechen. Einerseits will er, dass ich dich im Club halte, lässt mich dich fast zum Orgasmus bringen, auf der anderen Seite bekommt er einen Tobsuchtsanfall, wenn du mir ein Piercing zeigst, von dem er mir erzählt hat."

Ich runzelte die Stirn, hörte genau zu. Mir war bewusst gewesen, dass Jan sich verändert hatte, einfach auch durch das Feedback unserer anderen Freunde. Aber so sehr? Es war das erste Mal, dass Raphael mit mir darüber sprach. Niemand hatte mir bisher etwas gesagt, dass so deutlich in diese Richtung ging.

„Wieso ist das so?", fragte ich leise und bekam nur ein leises Seufzen.

„Wenn ich das nur wüsste. Ich glaube, es liegt vor allem daran, dass er sich nicht mehr sicher sein kann, der Begehrteste zu sein. Ich weiß, dass du ihn liebst. Aber Jan zeigt Unsicherheit, macht sich oft Gedanken, ob es dir sexuell gefällt. Und gleichzeitig höre ich im Unterton immer wieder heraus, dass er Angst hat, dass du dir einen jüngeren Dom suchst. Jetzt, wo du einen Einblick bekommen hast, dass du dir einen Partner suchst, der dich glücklicher macht", versuchte er es zu erklären.

Ich wollte gerade zu einer Frage ansetzen, als ein scharfes Räuspern durch den Raum schoss. Raphael versteifte sich augenblicklich und ich bekam große Augen. Da stand Jan im Türrahmen und sein Blick war alles andere als amüsiert. Er war wütend, wie man an seiner verspannten Haltung und dem mörderischen Blitzen seiner Augen recht einfach sehen konnte.

„Wollt ihr mir verraten, was ihr hier macht?", zischte er, kam wohl grad von Draußen mit Amber herein. Ich hatte keine Ahnung, wie ich reagieren sollte. Warum war er wütend? Weil ich in Raphaels Umarmung saß? Oder weil Raphael mir etwas erzählt hatte, dass ich nicht wissen durfte?

„Ich habe mit Ela über gestern Abend gesprochen", erklang Raphaels Stimme neben mir, woraufhin Jan nur verärgert das Gesicht verzog und dann langsam auf uns zu geschlichen kam.

„Ach und das tust du immer mit ihr im Arm? Und erzählst ihr dabei von meiner Eifersucht? Suchst du ein neues Spielobjekt, nachdem Simon sich so daneben benommen hat?"

Sogar ich zuckte bei diesem Tonfall zusammen. Jan war nicht nur wütend, er war rasend vor Wut. Ich erkannte seine Halsschlagader, die wütend pochte, während er sich vor uns aufbaute. Schnell rutschte ich von Raphael ab, der mir aber keinen Blick zu warf und nur kurz meinen Arm drückte, dabei Jan weiter in die Augen sah.

„Du weißt, dass es absoluter Bullshit ist, was du gerade von dir gibst, Jan. Ich liebe meinen Mann und habe weder vor ihn zu ersetzen noch unsere Beziehung zu erweitern. Aber es gibt Dinge, die sie wissen sollte, wenn sie mit dir zusammen ist."

„Ach, ist das so? Du warst von Anfang an hinter ihr her", warf Jan ihm ins Gesicht. Raphael zeigte daraufhin erst Unglauben und wurde dann nicht weniger wütend. So langsam fühlte ich mich unwohl, wollte nicht zwischen die Fronten geraten. Und ich wollte vor Allem nicht der Grund für diesen Streit sein. Gleichzeitig meckerte eine Stimme in mir, dass Jan sich daneben benahm. Immerhin hatten Raphael und ich nichts schlimmes getan.

„Hör auf, du weißt, dass das nicht stimmt. Sie ist deine Partnerin und für mich eine Freundin. Ja, Ela ist attraktiv, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie nicht meine Partnerin ist und ich sie auch nicht als solche wollen würde", knurrte der Langhaarige ihm entgegen und stand nun auf.

Beide Körper waren so angespannt, dass ich kurz Angst hatte, sie würden aufeinander los gehen. Die Blicke waren wütend. Jan war verletzt und Raphael auch, wollte sich das nicht vorwerfen lassen - verständlicher Weise. Aber was sollte ich schon machen? Jan beschwichtigen würde nicht helfen. Er war so wütend, dass ich wusste, dass ich da nicht gegen an kam. Und Raphael zu beruhigen, würde Jan nur noch mehr auf die Palme bringen.

„Und deswegen zog sie sich gestern vor dir aus?", fauchte Jan ihn an. Und nun reichte es langsam auch mir. Es war ja auch meine Entscheidung gewesen es ihm zu zeigen - außerdem hatte er doch vor seinem besten Freund damit herum geprahlt. Unabhängig davon, dass er Simon danach am Kreuz gesehen hatte. Da war das Piercing doch vollkommen egal.

„Ist euch eigentlich bewusst, was für ein Kindergarten ihr beide hier gerade veranstaltet?", meinte ich deutlich aufgebracht, mitgerissen von dem Unterschwelligen Vorwurf, den ich von Jan an mich hörte und funkelte beide an. Raphael warf mir einen ungläubigen Blick zu, während Jan mich verspottete. Er war auch wütend auf mich.

„Sagt meine Freundin, die sich vor meinem besten Freund auszieht", konterte Jan. Ein Schlag wie eine Ohrfeige. Zumindest tat sie so weh. Und das ließ ich nicht auf mir sitzen.

„Verdammte scheiße, Jan! Ich habe ihm das Piercing gezeigt. Nicht mehr. Du hast ihm davon erzählt. Du hast mich sogar im Club von ihm halten lassen! Und gerade habe ich mich an ihn gelehnt, weil er genau das betrieben hat, was ich gebraucht habe. Nachsorge. Wir haben über gestern Abend geredet. Und er hat sich entschuldigt und hat mich gefragt, ob ich den Sex aus unserer Freundschaft herausnehmen möchte!", fuhr ich ihn dafür an.

Raphael trat einen Schritt nach hinten, Jan blieb standhaft, die Arme vor der Brust verschränkt, schnaubte nur ungläubig. Und diese Kleinigkeit brachte mich endgültig auf die Palme. Ich hatte nichts falsch gemacht und Raphael auch nicht. Er war derjenige, der über die Stränge schlug.

„Was glaubst du eigentlich, was ich mache?! Ich liebe dich, du scheiße sturer Esel! Wie oft soll ich dir das noch hinter deine tauben Ohren schreien, dass du endlich einsiehst, dass ich weder einen jüngeren Idioten haben will noch Raphael oder Sarah!", meine Stimme war immer lauter, immer donnernder geworden, ehe sie mir am letzten Wort abbrach und mich damit verstummen ließ. Wieso verstand er es nicht? Wieso machte er da nun ein Drama draus, warf mir indirekt vor, lieber zu Raphael gehören zu wollen. Immerhin hatte ich mich vor ihm doch ausgezogen!

„Nicht in dem Ton, Elena. Benimm dich!", erwiderte Jan scharf, aber ich warf nur frustriert die Hände in die Luft. Kurz versuchte ich auf ihn zu zugehen, bekam dafür aber einen warnenden Ton. Er ließ mich nicht, klagte mich mit Blicken an, dass ich fassungslos den Kopf schüttelte. Und dann brannte irgendeine kleine Sicherung in mir durch, die, die eigentlich dafür zuständig gewesen wäre ruhig zu bleiben.

„Fick dich verdammt nochmal ins Knie!", motzte ich ihn an, drehte mich dann einfach um und verschwand. Eine Kurzschlussreaktion, während ich bereits in meine Schuhe schlüpfte und die Jacke vom Haken nahm. Amber war mit mir draußen, ehe ich es realisieren konnte und schon wütend vom Hof stapfte. Es war kalt, es nieselte, aber scheiß drauf! Wenn er mir nicht vertrauen konnte, dann konnte er mich mal kreuzweise. Auf den Kindergarten hatte ich absolut keinen Bock.

Trotzdem ärgerte ich mich spätestens nach 10 Minuten darüber, dass ich nicht wärmer angezogen war. Die Winterjacke hielt zwar warm, aber mir fehlten bei den kalten Temperaturen eine Mütze und Handschuhe, während Amber ohne Leine über die Feldwege lief. Das machte mich einerseits nervös. Andererseits konnte ich ihn nicht mehr tragen, so groß war er schon geworden. Und er hörte ja zum Glück.

Ich brauchte lange, bis meine Gedanken sich nicht mehr drehten, in einem wirren Knäul in meinem Kopf quer lagen, sondern wieder in Kategorien sortiert waren. Natürlich hatte ich bemerkt, dass in letzter Zeit seine Eifersucht größer geworden war, dass er vermehrt darauf achtete, wer mir im Club zu nahe kam, aber irgendwie hatte ich erwartet, dass es einfach dazu gehörte, wenn man sich mehr kennen und lieben lernte. Nicht zuletzt hatten wir bald die sechs Monats-Marke und dass er dann andere Gefühle als am Anfang hegen würde, war doch klar.

Trotzdem machte es mich stutzig. Woher kam diese Eifersucht? Er war doch derjenige, der mit anderen spielen wollte. Und ich gab ihm doch keinen Anlass. Ich war ihm doch absolut treu und ergeben. Unser Sexleben war absolut erfüllend. Und ich hing an ihm wie eine kleine Klette. Warum machte er sich denn so Sorgen, dass er mir nicht reichte? Wen sollte ich denn bitte anderes wollen?

Meine Finger waren mittlerweile eiskalt und ich hätte gern einen Blick auf mein Handy geworfen, hatte aber in meinem Anfall nichts mitgenommen. Da ich absolut keine Ahnung hatte, wo ich mittlerweile war, musste ich einfach umdrehen und den Weg zurückkehren. Irgendwann würde ich schon zurück zur Straße kommen.

Aber auch dieser Weg dauerte länger als gedacht. Amber hüpfte brav neben mir her, warf immer wieder einen Blick zu mir und schmiegte sich, wann immer ich stehen blieb, an mein Bein. Er gab mir Halt. Immerhin er. Mein Herz fühlte sich unglaublich schwer an und wurde auch nicht leichter, als der Hof endlich wieder in Sicht kam. Ich kam von der anderen Seite, von einem Feld durch den Garten durch und hatte keine Ahnung was mich erwarten würde.

Würde Raphael noch da sein? Oder waren sie schon weg? Würde Jan wütend sein? War er besorgt? Nur zögernd öffnete ich die seitliche Eingangstür, die Jan morgens immer mit als erstes aufmachte, weil sie direkt in den Hauswirtschaftsraum führte und er so beim Hereinkommen die nassen Sachen direkt in dem warmen Raum aufhängen konnte. Er mochte es nicht, wenn es nass war im Flur.

Amber schüttelte sich, wartete dann aber brav auf einem Handtuch, bis ich ihn abgetrocknet hatte und folgte mir in das warme Haus. Jan war weder in der Küche noch in seinem Büro. Ein Blick nach oben, aber das Licht war aus und an so einem nebeligen Tag hätte er es in jedem Fall oben angemacht. Blieb noch das Wohnzimmer.

Leise brachte ich Amber zu seinem Körbchen in der Küche, gab ihm einen von den kleinen Kauknochen. Dann war er immerhin beschäftigt und geriet nicht zwischen die Fronten. Und so wappnete ich mich gegen seine Wut, sein Unverständnis. Ich war wieder Mal weggelaufen. Etwas, was er auf den Tod nicht ausstehen konnte, weil ich mich dann seiner Kontrolle entzog. Und ich war mir nicht sicher, ob ich mich dieses Mal der Kontrolle beugen wollte, oder nicht. Er war zu weit gegangen.

Im Wohnzimmer angekommen, blieb ich zunächst in der Tür stehen. Er saß auf dem Sofa, allein, leicht nach vorn über gebeugt, die Ellenbogen auf seinen Knie abgestützt und das Gesicht in seinen Händen vergraben. Absolut zerschmettert. Fertig mit seiner Welt. Und ich war Schuld. Wie Steine, legte es sich um mein Herz, zerdrückte mir langsam das kleine Organ, dass er so für sich eingenommen hatte. Und je länger ich ihn ansah, desto stärker wurde es. Desto unangenehmer lastete der Gedanke auf mir, dass ich ihm derart weh getan hatte, dass er nun dort so saß. Nicht gut.

Zaghaft wagte ich es hinein zu treten. Er hörte mich, versteifte sich, bewegte sich aber nicht. Erst als ich vor ihm stand, verstand ich wieso: Er weinte. Eine Träne lief seine Hand hinunter. Und da brach mir endgültig das Herz. Ich hatte ihn verletzt.

„Sie wird nicht wieder zurück kommen. Ich habe sie verjagt", wisperte er leise, fuhr sich dann noch einmal über das Gesicht, schaute mich aber nicht an. Ich brauchte kurz um zu verstehen, dass er nicht wusste, dass ich da stand. Vielleicht waren Raphael und Simon ja doch noch nicht weg.

„Nicht, wenn ihr sie nicht gefunden habt. Wahrscheinlich hat sie sich verlaufen oder einen Bus genommen. In jedem Fall wird sie nur noch ihre Sachen holen kommen."

Seine Stimme hörte sich am Boden zerstört an, aber absolut ernst. Er glaubte, was er sagte. Und für einen kurzen Moment fragte ich mich, ob es nicht vielleicht besser war tatsächlich zu gehen. Ich machte ihm Probleme, ließ ihn sich scheinbar nicht gut genug fühlen, was totaler Nonsens war. Aber es erklärte, warum er in letzter Zeit so darauf bedacht gewesen war mich zu verwöhnen. Polen, das Tattoo, das teure Lammfell im Büro, das Sexspielzeug, die intensiven Sessions, die sich nur noch auf mich fokussiert hatten. Eine Kleinigkeit hatte er es genannt. Sein Versuch mich glücklich genug zu machen, um bei ihm zu bleiben, mich zu überzeugen.

„Wieso sollte ich dich verlassen, hm?", fragte ich stattdessen und sah zu, wie er erneut erstarrte. Eine tiefe Atmung, dann sah er mich an. Verheult, fertig. Er sah mindestens 10 Jahre älter aus als sonst. Die Falten in seinem Gesicht waren stärker, die Augen müde, während die Tränen die Augen hässlich rot machten. Nicht der Mann, den ich sonst sah. Aber immernoch meiner.

„Weil ich dir nicht geben kann, was du willst. Keine Familie. Keine Karriere. Nur ein alter Sack und sein Haus", wisperte er, als er endlich wieder zu seiner Stimme gefunden hatte. Ich schüttelte nur leicht den Kopf und seufzte auf. Ließ mich neben ihm aufs Sofa fallen. Auf unser Sofa. In unserem Zuhause.

„Ein alter Sack, der mich unglaublich glücklich macht. Ein alter Sack, der mich in den Himmel fickt und mich danach die ganze Nacht im Arm hält, weil er mich so sehr liebt. Absolutes Vertrauen, absolute Hingabe. Absolute Akzeptanz. Du bist älter, Jan. 20 Jahre sind nicht Nichts. Aber ich weiß nicht, wie oft ich es dir noch sagen soll: Ich liebe dich. Nicht Raphael, nicht Sarah. Nicht den komischen Hüpfer, den wir vorletzte Woche im Club gesehen haben. Nur dich. Du dummer, alter Mann. Du musst mich rausschmeißen, ehe du mich aus meinem Zuhause vertreiben kannst."

Jans Blick war undeutbar, während die Tränen weiter rannten. Er war fertig mit den Nerven und ich ahnte, dass Raphael und ich das Fass nur zum Überlaufen gebracht hatten. Leipzig und die Anstrengung der letzten Wochen hatten ihr Übriges getan. Er war einfach nur durch und es tat mir leid, dass ich offensichtlich der Grund für so viele Kopfschmerzen gewesen war.

„Aber ich kann dir nichts bieten, Ela. Nichts, was eine junge Frau will. Ich bin weder ein attraktiver Schönling noch ein potenzieller Vater oder ein Mann, mit dem du alt werden kannst. Du hast einen Einblick in BDSM gewollt. Du hast es bekommen. Wieso solltest du bei mir bleiben?"

„Weil Liebe nicht rational ist, Jan. Weil nicht jede junge Frau gleich ist. Weil ich vielleicht gerade die Dinge an dir schätze, die so sind, weil du so alt bist. Weil ich es vielleicht genieße, dass ich nicht auf irgendwelche Partys muss. Weil ich es schön finde, dass wir den gleichen Humor teilen, dass du mich immer verstehst und dass wir auch mal einfach nur Döner essen können, gemeinsam auf dem Rasen sitzend und die Insekten anschauen. Weil ich es genieße, wenn du mir leise aus deinen Büchern vorliest oder mir einen von diesen tadelnden Blicken zu wirfst. Weil du ganz genau weißt, dass ich deine Hand in meinem Rücken brauche um mutig voranzugehen. Dass ich deinen Halt brauche um zufrieden zu sein. Wie viele Gründe brauchst du noch, damit du es endlich verstehst? Ich lasse mich nur bei dir fallen, Jan. Nur dir vertraue ich genug."

Er sagte lange Zeit nichts. Die Tränen wurden weniger, aber es war noch immer schmerzhaft ihn so am Boden zu sehen. Ich liebte ihn und ihn so zu sehen, ließ auch mich ein wenig leiden.

„Und wenn du niemals Mutter werden wirst?"

„Dann wird es so sein. Ich möchte Mutter werden, irgendwann. Aber wir werden sehen, ob du dann dazu bereit bist oder ob ich irgendwann ein kleines süßes Kind adoptieren muss. Aber das ist ein Problem in der Zukunft. Nicht heute und nicht morgen. Jetzt gerade ist etwas anderes wichtig: Dass du verstehst, dass du außer Konkurrenz spielst. Weil du einen entscheidenden Vorteil hast."

Er holte tief Luft, beruhigte sich selbst damit, strich sich wieder die Tränen weg, musterte mich ernst. Er war sehr nervös. Nervös und fertig.

„Welchen?", krächzte seine Stimme nicht einmal ansatzweise so attraktiv, wie er sonst war.

„Dass ich dir gehöre", sagte ich leise und wartete dann ab, dass er mich langsam in seinen Arm zog, das Gesicht an meinem Kopf vergrub.

„Nur dir, Jan. Keinem anderen. Niemanden, den ich so will, wie dich. Hab keine Angst, ich könnte davon laufen. Dafür bin ich nicht schnell genug, du holst mich immer wieder ein."

„Dann sollte ich wohl zusehen, dass ich dich klein und rund fütterte", nuschelte er schließlich leise, was mich erleichtert aufatmen ließ. Da war wenigstens wieder der Ansatz von Humor. Die Tür ging auf und sowohl Raphael als auch Simon sprangen herein.

„Sie war nicht im Wald und auch nicht auf dem Feld. Hast du noch einmal versucht sie zu erreichen?", fragte er, sah uns noch nicht. Sie hatten mich gesucht, hatten sich Sorgen gemacht. Das schlechte Gewissen meldete sich nun auch von ihrer Seite, wobei ich insgeheim froh war, dass die beiden sich in der Zwischenzeit offensichtlich ein wenig abreagiert hatten und einigermaßen miteinander reden konnten.

„Ich bin hier, Raphael.", rief ich leise in den Flur und konnte sehen, wie sie erleichtert aufatmeten, während der Dunkelhaarige mir einen deutlichen tadelnden Blick zu warf.

„Du wirst nie wieder einfach in den Wald laufen und verschwinden, hast du verstanden?", zischte er zu uns hinüber, aber ich nickte brav, zog Jan in eine Umarmung, der einfach nur zittrig Luft holte. Natürlich war es komisch diesen beherrschten Mann in meinem Arm zu halten, während er wie ein kleines Kind schluchzte. Aber ich ahnte, dass ich für Jan nicht weniger wichtig war als er für mich. Nur, dass ich es verstanden hatte. Ich hatte realisiert, dass ich genau dort hin gehörte. Er hingegen fürchtete noch, ich könnte ihn verlassen. Wenn er nur wüsste.

„Entschuldigt bitte. Ich musste einfach den Kopf freikriegen", erwiderte ich und sah zu, wie Simon und Raphael sich neben uns fallen ließen. Raphael drückte kurz meine Hand, während Simon das Gesicht verzog. Der Hintern schmerzte ihm, zumindest schien das der offensichtliche Grund dafür zu sein.

„Aber nicht bei Nebel und Pieselregen, bei niedrigen Temperaturen und ohne Handy im Wald", warf Raphael ein, aber ich nickte nur erneut und zog Jan fester an mich heran. Die Tränen liefen nicht mehr, aber er brauchte das gerade, so wie auch er die Umarmung verstärkte.

„Nein, nicht noch einmal", versprach ich Raphael und bedankte mich dann, dafür, dass sie mich gesucht hatten.

„Wir hatten Sorge um dich", sagte er nur leise und warf einen Blick zu Jan.

„Um euch. Es ist gut, dass ihr heil wieder hier seid. Aber wenn ich ehrlich bin, dann würde ich Simon gern mit nach Hause nehmen", sagte er leise und ich nickte, drückte seine Hand ebenfalls.

„Fahrt ruhig. Wir kommen zurecht", entgegnete ich und sah dann den Beiden zu, wie sie sich erneut anzogen und schließlich verschwanden. Was für eine Gefühlsachterbahn. Aber wer konnte es ihnen schon verübeln, dass sie bei so einem Thema nicht bleiben wollten? Jan blieb einfach in meinem Arm, fuhr sich immer wieder über das Gesicht. Als wüsste er nicht, wie er damit umgehen sollte.

„Daddy?", nuschelte ich schließlich leise. Ich musste ihn aus diesem Zustand herausbekommen. Und es half. Seine hellen Augen legten sich auf meinen Blick, während er mich ein wenig verwirrt ansah. Wenigstens war er nicht mehr wütend.

„Ja?", seine Stimme war nur ein Krächzen, aber er agierte wenigstens.

„Lass uns duschen gehen, bitte. Mir ist kalt und du bist auch nicht warm. Und dann möchte ich mich in deinen Arm kuscheln."

Jan folgte mir. Erst nach oben, dann unter die warme Dusche, aber er bewegte sich ungelenk. Die Feinheiten seiner Bewegung waren weg. Er war noch immer steif, lief nicht rund. Sein Gesicht hatte sich mittlerweile von einem besorgten Ausdruck zu einer kalten Maske verzogen, während er zwar auf meine Berührungen reagierte, aber nicht die Initiative übernahm. Irgendwas schlummerte dort noch und irritierte ihn.

Und ich versuchte alles um das aus ihm heraus zu kitzeln. Erst kuschelnd im Bett, dann mit Kuchen auf dem Sofa. Aber auch wenn er neben mir saß, kam ich einfach nicht an ihn ran. Das wurmte mich so sehr, dass ich schon an und dabei war mich nackt auszuziehen und mit meinem Halsband einfach kniend vor dem Sofa zu warten. Da konnte er nicht nein sagen, oder? Seine Sub konnte der Dom nicht abweisen, auch wenn das Problem, das wir hatten, eindeutig auf einer anderen Ebene war.

Sein tiefes Einatmen holte mich aus meinen frustrierten Gedanken, ehe ich ihm einen forschenden Blick zu warf. Er sah mich an, noch immer schwer deutbar. Aber immerhin starrte er nicht mehr an die Wand.

„Erzähl mir was los ist", bat ich ihn leise, aber er presste die Lippen nur aufeinander. Seine Hand griff in eines der Kissen, dass er kräftig knautschte, auch wenn es ihm wohl nicht bewusst war, dass ich das ebenfalls mitbekam. Nicht nur er konnte ein aufmerksamer Partner sein. Sein ganzer Körper war angespannt, verkrampft. Aber ich verstand nicht warum. Was störte ihn so sehr?

„Nichts."

„Das ist eine Lüge und wir hatten uns beiden versprochen, dass wir uns nicht anlügen, Jan", erinnerte ich ihn vielleicht einen Ticken zu scharf, denn seine Augen zuckten gereizt zu mir rüber. Sein Mund klappte auf, die Lippen bewegten sich, aber kein Wort kam heraus, ehe er das Kissen nahm und es sich an den Bauch drückte. Wie ein Teenager, aber vielleicht brauchte er das Gefühl gerade.

„Es ist mir unangenehm", krächzte er schließlich, den Blick abgewendet und an seinem Ring drehend.

„Was ist dir unangenehm? Ich?"

„Nein", seufzte er schwer. Er hatte wenig von dem Mann, den ich sonst so begehrte. Da war jemand, den ich so bisher nicht gekannt hatte. Und vielleicht war es gut, dass es jetzt aus ihm herausbrach. Gleichzeitig fragte ich mich, wieso er sich so lang vor mir versteckt hatte.

„Dass du mich so gesehen hast", gab er schließlich zu und räusperte sich wieder. Sein Körper zeigte Anzeichen davon, dass er versuchte sich in den Griff zu bekommen. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte keine Maske. Ich wollte meinen Jan wieder haben. Meinen Daddy. Mit allem, was dazu gehörte.

Ich brauchte eine Weile, bis ich ihn verstanden hatte. Es war ihm unangenehm vor mir Schwäche zu zeigen. Vertraute er mir nicht? Oder hatte er Angst, dass ich ihn als Mann dann nicht mehr ernst nehmen könnte? Warum? Hatte ich ihm je das Gefühl gegeben? Mein Kopf rannte auf Hochtouren, während ich innerlich verzweifelt versuchte den Task Manager zu öffnen, weil sich mein Gehirn aufgehängt hatte.

„Wieso?", brachte ich schließlich eher schwach heraus. Ich war verwirrt, hörte mich wohl so auch an, denn er warf mir einen scheuen Blick zu und verzog das Gesicht.

„Weil du einen harten, führenden Mann brauchst. Zu sehen, dass ich das nicht immer bin", gestand er leise, wurde aber von mir unterbrochen. So fing er gar nicht erst an.

„Wird nichts daran ändern, dass ich dich nicht nur als Master oder nur als Dom sehe. Jeder Mensch hat schwache Momente und ich sogar relativ viele, wenn man bedenkt wie oft ich heulend in deinen Armen liege. Du hast Angst, eine Angst, über die du allein nicht Herr wirst und die dich scheinbar seit einigen Monaten belastet. Schwäche zu zeigen, hast du mir mal gesagt, ist eine Stärke. Wieso lässt du mich nicht dir geben, was du mir immer gibst? Mich einmal revanchieren für das, was du das letzte halbe Jahr für mich getan hast. Glaubst du wirklich, ich würde aufhören dich zu begehren, nur weil du einmal nicht Herr der Lage warst?", ich merkte erst viel zu spät, dass mir meine Empathie mal wieder fehlte.

Jan war ausgesprochen gut darin Dinge zu artikulieren. Bei mir kam es oft einfach harsch heraus, gemeiner als gewollt. Und das war nicht sonderlich einfühlsam gewesen.

„Du wirst mich auslachen, wenn ich dich das nächste Mal packe", gab er schwach zurück und ich schnaufte auf. Da ging sie hin, die Geduld. Und mit ihr flog auch etwas anderes. Vielleicht sogar meine Vernunft, neben den Klamotten, die ich provokant und wortlos von mir schmiss, um mich dann tatsächlich einfach nackt vor ihn zu knien. Ich versuchte ihn aus seinem Strudel zu bekommen. Und es gelang mehr oder weniger.

Sein Blick war ungläubig, vielleicht verwirrt. Aber das Funkeln, das ich mir erhofft hatte, fehlte. So viel zu meinem guten Plan.

„Ich werde dich niemals dafür auslachen, dass du mir Schwäche gezeigt hast, Daddy. Dass du mir Angst gezeigt hast. Dass du mich daran teilhaben lässt, was dir Sorge bereitet", nuschelte ich leise, deutlich verunsichert ohne meine schützende Rüstung.

Sein Blick glitt wieder über mich, blieb an meiner gepiercten Brust hängen, während mir meine Nacktheit mit einem Mal bewusst wurde. Das hatte er doch immer gewollt. Dass ich tagsüber nackt und kniend auf ihn wartete. Und in mir regte sich langsam der Scham. Unangenehm, wenn man nicht begehrt wurde.

„Das sagst du jetzt. Aber ich werde dich tadeln, dich erziehen und du wirst mir in die Augen sehen und ich werde wissen, dass du an den gebrochenen Mann denkst, der weinend in deinem Arm gelegen hat.", erwiderte er nun, vielleicht auch ein wenig forsch.
Ich zuckte zusammen und senkte mein Kinn ein wenig, schaute auf das Stück Boden zwischen seinen Beinen und holte tief Luft.

„Ich werde wie immer an den Mann denken, den ich liebe. An den Mann, der mich mit Litern von Wassern füllt, um mir dann in die Augen zu sehen, bis ich das Zeug aus mir raus gepresst habe. Und ich werde weiter den Mann sehen, der mich abends auf seinen Schoß zieht, der mich mit Süßigkeiten füttert und mir auf die Finger schlägt, wenn es zu viel wird. Und ich werde den Mann sehen, der mich auf Händen durch die Gegend trägt, der alles daran setzt, dass es mir gut geht. Weil du mehr bist als nur ein Dom, Jan. So viel mehr. Für dich und auch für mich", ich brach ab, wusste einfach nicht mehr was ich sagen sollte.

Alles war aus mir herausgesprudelt und ich saß nun einfach da, sah nervös zu ihm nach oben, während er mich musterte. Sein Blick war nicht mehr so leidend, aber dafür nachdenklich, während er sich nach vorn beugte und sich auf seinen Knien abstützte. Damit war er mir deutlich näher als zuvor.

„Und den Mann, der dir Schmerzen zufügt?"

„Werde ich genauso sehen wie den Mann, der mich fliegen lässt. Weil ich nicht vor habe zu gehen, weil ich doch zu dir gehöre", erklärte ich ein wenig verwirrt und vielleicht auch ein wenig zu enthusiastisch. Natürlich hatte er mich schon ‚meine kleine Sub' genannt, aber das hier war anders. Als würde ich mich ihm anbieten. Eine andere Ebene als die, die wir zuvor hatten. Vorher hatten wir Regeln für gemeinsames Leben festgelegt. In dem Moment fühlte es sich eher an, als würden wir sie für das zukünftige Leben festhalten und Jan schien den Wechsel in mir zu bemerken, denn er musterte mich eine Weile stumm, nickte dann.

Danach stand er einfach auf, stieg über mich hinweg als wäre ich ein alter Hocker und verschwand dann aus dem Zimmer, während ich ihm nachstarrte. Was hatte ich nur Falsches gemacht? Wie hatte ich es geschafft ihn so sehr zu verletzen, dass er sich so verhielt? Woher kam diese Unsicherheit? Diese Sorge? Ich erzählte ihm den lieben langen Tag wie sehr ich ihn liebte und er fraß diese Sorgen einfach in sich hinein.

Langsam wurde es kalt im Wohnzimmer, nackt, auf meinen Knien. Ich hatte zwar den Teppich unter mir, aber der Kamin lief nicht und die Fußbodenheizung gab nicht genug Wärme ab. Schlagartig richteten sich die Härchen an mir auf, ehe auch meine Brustwarze härter wurde. Und meine Knie taten langsam weh. Er hatte mich einfach sitzen lassen.

Dachte ich zumindest, bis ich in meinem Augenwinkel eine Bewegung aufnahm. Ich sah zur Wohnzimmertür und fand ihn dort stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, musterte mich wieder undeutbar. Aber die Falte zwischen seinen Augen zeugte davon, dass sein Kopf gerade arbeitete.

Nervös rutschte ich hin und her. Die Position war einfach auf Dauer unangenehm und sein Blick tat das Übrige dazu. Obwohl ich emotional überfordert war, besorgt, verwirrt und vielleicht auch ein kleines bisschen verletzt, machte sich in mir ein Gefühl breit, dass ich nur all zu gut kannte. Er löste es immer in mir aus, wenn er mich so ansah, wenn er die Augenbraue so hochzog, forschend, musternd, fokussiert auf mich.
Erst recht, als er nun mit seinen langen Schritten auf mich zu kam und sich wieder vor mir auf dem Sofa positionierte, mit dem Fuß andeutete, dass ich zwischen seine Beine rutschen sollte. Dem kam ich auch sofort nach.

Ich versuchte seinen Blick zu verstehen, aber er ließ mich nicht herein, ehe er sich wieder nach vorn beugte und die Ellenbogen wieder auf den Oberschenkeln abstützte. Unsere Köpfe waren sich nun erneut nah. Nah genug, dass ich seinen Atem auf mir fühlte, dass sein Blick mich durchbohrte, während eine seiner Hände zärtlich in mein Haar griff und es dann hinter mein Ohr strich.

„Gehörst du mir?", fragte er leise, hatte die andere Hand auf meiner Schulter abgelegt, dass ich sie nicht sehen konnte. Aber das verunsicherte mich nicht. Ich schmiegte mein Gesicht an die Hand, die mich streichelte, ehe sie sich um meinen Hals legte. Zudrückte, mehr als sonst. Aber die Panik schluckte ich herunter. Es war Jan. Er liebte mich. Er würde mir nicht weh tun. Ich vertraute ihm und ich wusste, dass er genau das testete.

„Ich gehöre dir, Daddy. So wie du mir."
Jan grinste nicht, lächelte nicht einmal, aber er räuspert sich und nickte dann, suchte erneut meinen Blick, während ich versuchte zu verstehen, was gerade vor sich ging.

„Für jetzt?"

„Solang wir wollen", gab ich leise zurück und bemerkte, wie der Blick in seinen Augen härter wurde. War er böse? Machte ich ihn wütend?

„Und wenn ich alt und runzelig werde?"

„Dann wirst du mich hoffentlich immernoch über die Klippe geschubst bekommen. Sonst wird das ein sehr sexuell frustrierendes Leben", erwiderte ich. Sein Alter war für mich weniger ein Problem als für ihn. Mich störten weder die grauen Schläfen noch die graue Brustbehaarung oder – und das hatte ich ihm natürlich nicht gesagt – das graue Haar, dass sich immer durch seine dunkle Schambehaarung zwängte.

„Bist du dir sicher, Elena?", hakte er nach, den Blick weiter kalt auf mich gerichtet.

„Wie soll ich ohne dich können? Wir sind seit sechs Monaten zusammen. 24/7. Du machst mich glücklich. Warum sollte sich daran etwas ändern?", fragte ich im Gegenzug und bekam von ihm nur ein genervtes Schnalzen. Immerhin kitzelte ich diese Seite wieder an ihm heraus.

„Weil ich dich vielleicht irgendwann heiraten mag. Aber ich bin zu alt um geplant Kinder zu bekommen. Und du sagst, es sei dir jetzt gerade nicht wichtig. Aber es ist dir wichtig. Ich sehe deinen Blick, wenn Sarah von ihren Kindern erzählt. Ich weiß, dass du das willst. Aber ich werde dir das nicht mehr geben können. Ich will es keinem Kind antun einen derart alten Vater zu haben. Und ich will, dass dir das bewusst ist, bevor du mir zusagst, bei mir zu bleiben. Es bringt nichts, dass wir diese Beziehung weiterführen, wenn wir beide wissen, dass wir in spätestens ein oder zwei Jahren unterschiedlicher Wege gehen müssen, eben genau weil du darauf nicht verzichten kannst. Ich bin ein anhänglicher Mann und weiß nicht, ob ich nach der Geschichte vor vier Jahren noch einmal in der Lage bin einen derart herben Sturz zu verkraften", sagte er mir ernst.

Und ich schluckte. Aber der Kloß in meinem Hals wollte einfach nicht verschwinden. Er wusste drum, wusste, dass ich ihn liebte. Aber er wusste auch, dass ich irgendwann Kinder wollte. Und bevor er sich zu sehr emotional verlor, würde er eher die Reißleine ziehen. Und das konnte ich ihm nicht einmal verübeln. Aber der Gedanke mich von ihm zu trennen, traf mein Herz noch viel mehr. Konnte ich auf Kinder verzichten? Jetzt gerade in jedem Fall. Und in 10 Jahren? Wer wusste, ob er mich dann noch wollte. Niemand konnte ahnen wie lang eine Beziehung hielt, aber ich würde sie nicht weg werfen dafür. Außerdem gab es viele Frauen, die auch ohne Kind glücklich waren.

„Ich liebe dich, Jan. Ich will mich nicht von dir trennen. Wie soll ich jemals wieder glücklich werden, wenn ich das hier nicht mehr habe?", kam es heiser aus meinem Mund. Es war erst ein halbes Jahr, aber es fühlte sich nach so viel mehr an. Alles war so intensiv, was wir machten. Keine halben Sachen. Und so kroch die Panik in mir hoch. Langsam und stetig wie furchtbares Sodbrennen, dass sich den Hals hochzog, dabei wegätzte, was nur in den Weg kam.

„Ich liebe dich auch, Elena. Du ahnst nicht wie sehr, dass in mir Bedürfnisse aufkommen, die ich seit über 20 Jahren nicht mehr hatte. Ich will dich auf Händen tragen, beschützen, umsorgen, lieben. Und dennoch gibt es Dinge, die nicht so sein können, wie du es verdient hättest. Aber ich will, dass es dir bewusst ist. Dass die Entscheidung für mich nicht zu 100% mit deinen Wünschen für die Zukunft funktioniert. Ich werde nicht in eine Großstadt ziehen, kein Partyleben führen. Du wirst kaum die Chance haben hier in der Region einen derartigen Konzern zu finden, wie du es benötigst für deine Karriere, so wie es aufgrund deiner Ausbildung angemessen wäre. Ich werde hier bleiben. In meinem Haus. Bei meiner Familie. Bei meinem Club. Ich werde arbeiten und arbeiten und arbeiten und ich werde sehr wahrscheinlich niemals reicher werden als ich es gerade bin. Keine Luxusjacht. Keine Diamanten auf Kleidern. Kein Luxusleben, wie du es dir gern online anschaust. Das wird es mit mir nicht geben."

Seine Stimme war absolut hart, auch wenn seine Augen etwas anderes sagten. Sie flehten mich an, mich für das richtige zu entscheiden, während er mich verbal in die Weite trieb.

„Ich weiß, dass ich dieses Leben nicht führen werde. Ich schaue es mir nur gern an, Jan. Und auch wenn ich gern einmal nach Dubai wollen würde, das hier. Das ist gerade mein Zuhause. Bei dir. Ich will keine Wohnung in der Stadt. Ich will keine hunderttausend Euro Kleider. Aber ich will, dass du mich über dein Knie legst. Und dass du mich im Nacken packst. Dass du mir in die Augen siehst, wenn du mich Kleines nennst."

Meine Stimme brach, während die ersten Tränen mir die Wange herunterliefen. Nun war ich es, die weinte. Und er war es, der sie mit dem Daumen langsam weg strich, seine Hand wieder an meine Wange legte, dass ich mich verzweifelt an diesen Arm klammerte. Ich konnte vielleicht auf eine Familie verzichten, nicht zuletzt weil ich wusste, dass er bereits ein Kind verloren hatte und darüber nicht hinweg gekommen war. Und ich konnte auf noch mehr Luxus verzichten, denn wenn ich ehrlich war, dann lebte ich mit ihm absolut im Luxus. Mehr als die meisten Deutschen hatten – und mehr war gar nicht nötig.

Und auch die Karriere war nicht das, was ich brauchte. Ich hatte gelernt, dass Selbsterfüllung nichts damit zu tun hatte, welchem Job man nachging. Es hatte etwas mit der Lebensart zu tun und ich war erfüllt. Erfüllt von ihm und mir.

„Und du wirst diese Meinung nicht ändern?", fragte er mich, aber ich schüttelte nur schniefend den Kopf. Mein Mund wollte nicht mehr, brachte nur ein leises Schluchzen heraus, als er mich schon losließ.

Ein Wimmern entstieg meiner Kehle. Er durfte nicht gehen, durfte mich nicht einfach allein lassen.
Aber Jan ging auch nicht. Stattdessen beugte er sich noch ein Stückchen nach vorn. Seine Hände legten sich um meinen Hals, strichen darüber, ehe sich etwas Kälteres daran legte. Ich verstand nicht, hielt mich nur weiter an seinen Oberschenkeln fest, in der Angst er könne einfach aufstehen und gehen.

Seine Hände lösten sich leicht, nachdem es in meinem Nacken klick gemacht hatte. Verwirrt griff ich dorthin und fühlte hartes Leder. Ein Halsband, dass sich eng um meinen Hals schmiegte. Nicht zu eng, aber doch anders als das von Martin. Es war nicht so flexibel wie mein Anderes, hatte oben und unten aus Metall jeweils einen Reif angebracht. Dafür fehlte die Öse, an der man sonst die Leine anbringen konnte.

Jans Blick wurde sanft, ehe er sich zu mir nach vorn beugte und noch einen Kuss auf meine Lippen drückte. Zärtlich, liebevoll, und gleichzeitig mit der richtigen Dosis Härte, dass ich leise aufkeuchte, als er seine Zunge in mich schob.

Seine Hand wanderte fast schon automatisch in meinen Nacken, zog mich näher an ihn heran, ehe er den Kuss brüsk beendete und mich am Arm hochzog. Ich ächzte, als er mich in den Flur führte, mich vor den großen Spiegel stellte, der dort hing.

Beschämt wanderte mein Blick über meinen Körper. Er stand in meinem Rücken, hatte einen Arm um meinen Bauch geschlungen und mich fest an seine Brust gezogen, während die andere mein mittlerweile recht langes Haar nach hinten schob und mir somit einen Blick auf das gewährte, dass er mir gerade umgelegt hatte.

Es war schlicht. Hatte weder Steinchen noch Schleifchen. Farblich war es nicht schwarz, eher ein karamellfarbenes Braun, dass aber gut mit der Farbe meiner Augen harmonierte. Oben und unten waren zwei schmale Ringe aus Kupfer angebracht, die dem ganzen einen edlen Touch gaben.

Und dann sah ich sie: Die Gravur. In einem Goldton, der farblich hervorragend passte, standen dort nur vier Buchstaben: Jans. Mehr nicht. Aber es sagte alles aus, was es aussagen musste. Ich hatte dem Teufel meine Seele angeboten und er hatte dankend angenommen. Die Luft glitt zittrig aus meinen Lungen, ehe ich einen Blick zu ihm nach oben warf durch den Spiegel hindurch.

Seine eine Augenbraue war nach oben gezogen, während er mich einfach nur anstarrte und auf eine Reaktion wartete. Die zweite Hand glitt an meinen Hals, zog einmal kräftig daran, was mich mit dem Kopf rucken ließ, ehe er mich wieder an seine Brust presste. Aus den Augen ließ er mich dennoch nicht.

Mein Mund klappte auf, aber ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Das war so wichtig, für uns beide. Er hatte mir seine Treue angeboten und ich hatte sie angenommen. In jeglichem Rahmen. Und durch das Halsband stimmte ich zu, stimmte ich den Regeln zu, stimmte ich zu auch nach Außen hin als das wahrgenommen zu werden, was ich für ihn war. Und ich stimmte zu auch für andere Doms eindeutig zu zeigen, zu wem ich gehörte.

„Danke, Daddy", entwich es schließlich doch meinem Mund, ehe er sein Gesicht in meinem Haar vergrub, mich dabei zu ihm drehte, aber noch immer kein Blatt zwischen uns ließ. Und die Wärme, die er ausstrahlte, tat gut.

„Ich liebe dich, Kleines. Merk dir das. Für jeden Moment, an dem Zweifel aufkommen werden. Du gehörst mir. Dein Körper. Dein Kopf. Und dein Herz. Und ab jetzt bin ich es, der sich darum kümmert."

Seine Stimme war hart, ließ aber wieder etwas in mir ziehen, dass sich bis dahin nur zögerlich bemerkt gemacht hatte.
„Ich liebe dich auch", gab ich leise von mir und bekam dafür endlich einen zarten Kuss auf die Lippen gedrückt. Jan kniff mir kurz in den Po, ehe ich auf quietschte. Wehren konnte ich mich dennoch nicht. Und vielleicht wollte ich es auch gar nicht. Erst recht nicht, als er mich am Hintern hoch hob und ins Wohnzimmer trug.

Die Beine um seine Hüfte geschlungen, ließ ich mich auf seinen Schoß setzen und genoss es, dass er mich anfasste. Vorbei war der Schreck des Vormittags. Ich trug sein Halsband. Ein nahezu berauschendes, ungewohntes Gefühl.

„Wenn du nur wüsstest, wie heiß du aussiehst", seufzte er leise, ein wenig aus der Rolle und fuhr dann das Leder längst, während ich ihm meinen Hals darbot. Er hatte gewonnen.

Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Telefon neben uns schrillte. Jan runzelte die Stirn, ging geistesgegenwertig ran ohne zu sehen, wer es war. Und während ich mich noch an seine Brust kuschelte, den Kopf an seinem Hals verbarg, merkte ich, wie er steif wurde.

„Frau Schlei, wie? Oh", ertönte es aus seinem Mund, ehe er anfing sich zu entschuldigen. Schnell, laut, mehrmals. Stille, dann redete er etwas davon, dass wir Samstag um 14 Uhr ebenfalls Zeit hatten. Ende des Telefonats.

„Was wollte Frau Schlei?", fragte ich zögerlich, ehe er mir einen leicht verärgerten Blick zuwarf.

„Wir haben Leipzig vergessen."

„Wir haben Leipzig ver- oh!", entkam es mir. Die Augen aufgerissen, starrte ich auf die Uhr an seinem Handgelenk. 14 Uhr. Wir hätten längst da sein müssen zur Vertragsunterschrift.

„Scheiße", entfuhr es mir, aber Jans Griff um mein Kinn zügelte mich.

„Hör auf zu fluchen, Kleines. Das steht dir nicht", erwiderte er hart. Wahrscheinlich ärgerte er sich über sich selbst.
Normalerweise wäre mein Adrenalin jetzt aufgestiegen, hätte mich nervös gemacht. Aber Jan ließ das nicht zu. Geistesgegenwertig griff er mir in die heile Brustwarze, ließ mich damit laut auf keuchen und zischte dann in seinen nicht vorhandenen Bart.

„Du hast mich so sehr abgelenkt, dass ich vergessen habe, dass ich noch ein paar Millionen ausgeben wollte", knurrte er und ließ mich damit erneut heiser auf keuchen.

„Es tut mir leid, Daddy", gab ich schnell zu meinem Besten. Er schnalzte, verzog dann aber das Gesicht.

„Aber wohlmöglich bin ich ebenfalls an dieser Schuld beteiligt."

„Wäre es dann nicht fair, wenn wir beide bestraft werden würden?", schlug ich vor – vielleicht ein bisschen zu eifrig, um ihn endgültig aus dem alten Zustand zu bringen.

„Und wie meinst du, soll das ablaufen?", fragte er argwöhnisch, zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Du entscheidest über meine Strafe und ich über deine, Daddy", erklärte ich und bemerkte seinen skeptischen Blick. Er wurde nicht bestraft. Nie.

„Hm. Und wenn es 20 Schläge am Kreuz wären?", fragte er, wartete ab, was ich dagegen halten würde.

„Dann müsstest du mich danach zum Kommen bringen und dürftest es aber selbst nicht", gab ich einen Ausblick auf meinen gemeinen Plan.
Er schürzte die Lippen.

„Und wenn ich das dennoch tue?"

„Dann werde ich dich durchgehend weiter quälen, bis du erneut kommst", verkündete ich und bekam nur ein entsetztes Schnauben von seiner Seite.

„40 Schläge für dich. Allein für die Vorstellung, deinem Herrn eine Post Orgasmus Tortur andrehen zu wollen", verkündete er, aber ich zog die Lippe zwischen meine Zähne, sah ihn unschuldig an.

„Ich könnte dich auch mit einem Strap-On nehmen, aber ich habe das Gefühl, das wäre nicht so deins", schlug ich vor, bekam dafür einen noch entsetzteren Blick.

„60 Schläge, du garstiges, kleines Mädchen", drohte er mir an. Aber ich ahnte, dass das kein Versprechen war.

„Aber du darfst deine Strafe doch nicht genießen, Daddy", warf ich ein.

„Ach, und warum nicht?"

„Nachher bestrafst du mich dann nicht mehr sondern ich muss dich immer bestrafen", grinste ich keck und bekam dafür einen festen Griff in mein Haar.

„Das wird niemals passieren, mein Liebling", erklärte er mir. Heiß und sanft zu gleich, während mein Herz in die Höhe schoss. So hatte er mich noch nie genannt.

„Liebling?", entfloh es meinen Lippen, während seine sich amüsiert verzogen. Kalkuliert, wie erwartet.

„Hmm. Das sagt man manchmal. Liebling, Liebes. So wie Schatz", erklärte er, vielleicht einen ticken belustigt. Und auch ich konnte nicht umher, meine Lippen dümmlich grinsend zu verziehen.

„Was amüsiert dich so?", hakte er nach.
Aber ich schüttelte nur den Kopf, versuchte in Worte zu fassen, wie es sich anfühlte.

„Liebling ist ein schöner Name. Und wenn ich nicht schon einen anderen hätte, würde ich es mir wünschen, dass du mich so nennst."
Er schien nachdenklich, schürzte die Lippen und kniff die Augen kurz zusammen.

„Dann habe ich dir einen Vorschlag zu unterbreiten", erklärte er.

„Ja, Daddy?"

„Ab jetzt werde ich versuchen dir anhand deines Kosenamens zu vermitteln, was ich gerade von dir fordere. Kleines wird es sein, wenn ich keine Widerrede dulde. Liebling, wenn wir beide auf der Arbeit auf Augenhöhe agieren." Ich legte den Kopf schief, tat so als würde ich nachdenken. Aber das war bereits beschlossene Sache, als es seine Lippen verließ. Es fühlte sich richtig an.

„Und ich bleibe bei Daddy?", fragte ich zaghaft, aber er nickte. Raphael hatte mir mal erzählt, dass sie das anfangs nicht geglaubt hatten, dass Jan das tatsächlich zuließ. Vielleicht hatte aber auch er verstanden, was es für mich bedeutete.

„Ja, Kleines", verkündete er und ließ sich geduldig einen Kuss von mir auf die Lippen drücken. Seine Augen funkelten, ehe er seine Stirn an meine lehnte, mich einfach nur festhielt.

„Hilft dir das Halsband? Mit der Sorge, dass ich weg gehe?", hakte ich leise nach, dass er den Kopf leicht schüttelte.

„Ja und nein, Kleines. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, ob es jemals weg gehen wird. Du bist so perfekt für mich, als hätte man dich einfach so gebaut, wie ich es brauche. Du ergänzt mich, beruhigst mich, bringst mich gleichzeitig auf Hochtouren. Ich habe lange Zeit nicht so viel Erfüllung gefunden wie in den letzten Monaten mit dir. Zu sehen, wie du mich anlächelst, wie sehr fixiert du auf mich bist, wie du mir deine Liebe jeden Tag wieder zeigst. Und ich glaube, die Angst dich zu verlieren, wird niemals vergehen. Weil du so unglaublich gut zu mir passt, dass es mir das Herz brechen würde, wenn du unglücklich wärst oder es nicht mehr passen würde. Und ich weiß, dass ich dich gehen lassen müsste, weil ich nur das Beste für dich will und dann sehe ich dich manchmal mit anderen Männern", er brach ab, holte tief Luft.

„Und obwohl ich rational weiß, dass du dich nur mir hingibst, bekomme ich Angst, dass sie dich um den kleinen Finger wickeln, dass du dich ihnen nicht entziehen kannst und ich nicht mehr wichtig bin für dich."

„Das brauchst du nicht, wirklich nicht."

„Ich weiß", widersprach er mir ernst, fuhr mir wieder über die Wange. Aber das half wohl nicht, das Wissen.

„Und ich schwanke immer wieder zwischen dem Wunsch, dir noch mehr zu zeigen, dich erleben zu lassen, wie wunderbar es ist Sexualität auch mal unter Freunden zu teilen so wie gestern. Und dich andererseits für mich allein zu haben, aus Angst, dir würde jemand anderes besser gefallen."

„Selbst wenn mir jemand gefällt. Uns beide verbindet mehr als nur Sex, mehr als nur BDSM", nuschelte ich leise, konnte sehen, wie er langsam nickte und mich dann wieder zärtlich küsste.

„Verzeih mir, Ela, dass ich manchmal ein eifersüchtiger Ochse bin", bat er mich leise.

„Das tu ich, aber versprich mir, dass du das nächste Mal mit mir darüber redest. Ich muss auch jeden Scheiß in das Buch schreiben, sei so fair und lass mich dir auch helfen", bat ich ihn, bekam einen zustimmenden Kuss.

„Versprochen", gab er bei und hielt mich fest im Arm, dicht an sich gedrückt, dass ich seinen einzigartigen Geruch einatmen konnte, die Nase tief an seinem Hals vergraben, während seine Hände über meinen Rücken strichen.

Ich hatte nach unserem Gespräch kuscheln wollen, hatte mich an ihn gedrängt, aber Jan hatte mir mit einem Schlag auf den Hintern zu verstehen gegeben, dass es Zeit wurde. Und so trottete ich schließlich hinter ihm nach oben, ließ mir etwas zum Anziehen in die Hand geben, während er unsere Tasche packte. Und dann schnappten wir uns Amber und setzten uns ins Auto. Das Hotel war ja eh gebucht. Und vielleicht war es gut, wenn wir noch ein Weilchen redeten im Auto, ehe wir in Leipzig ankamen. Immerhin schien auch Jan sich manchmal unsicher zu sein.

Die Hand in meinem NackenKde žijí příběhy. Začni objevovat