Kapitel III: Die Arbeit ruft

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Ich hatte kein Auge zugemacht. Obwohl das Bett bequem war und ich nicht im eisigen Auto schlafen musste. Meine innere Ruhe war dahin, sobald er mich allein ließ. Die Bilder aus dem Club zusammen mit den knienden Sklaven vermischten sich zu einem Bild, dass mich nicht runter kommen ließ. Ich hatte vor ihm auf dem Boden gesessen und mich kraulen lassen. Als wäre ich sein Sklave, seine Sub. Die Situation hatte mich überfordert, mehr oder weniger zumindest. Eingeschlafen war ich einfach; auch noch an seinem Bein und zu aller Überfluss, prickelte es dort, wo er mich angefasst hatte. Die Hände, im Nacken, an den Armen. Als konnte ich ihn noch spüren.

Ich hatte seinen Blick auch noch zwei Stunden später auf mir gefühlt und war irgendwann verzweifelt ins Bad gegangen um mir Wasser ins Gesicht zu spritzen. Er war nicht da gewesen; weder im Bad noch im Wohnzimmer. Hatte nicht, wie erhofft, auf dem Sofa gesessen, gelächelt und mich zu ihm rüber gewunken. Wahrscheinlich hatte er geschlafen oder er war gegangen. In jedem Fall war ich allein und überfordert. Und ich hatte nichts anderes machen wollen als mich wieder vor das Sofa zu setzen und mich an ihn zu schmiegen. Wie ein kleines Kätzchen.

Der Stress des Tages, ach der letzten Wochen machten mich fertig. Ich hasste meinen Job. Also nicht so, wie wirklich hassen, aber so viel, dass ich unzufrieden war. Ich hatte einen hohen wissenschaftlichen Abschluss in BWL und kam doch nicht über blödes Event Management mit Marketingaktivitäten heraus. Während Freunde von mir bereits auf bestem Weg zum CEO waren, hatte ich nicht mal ein Team, dass ich führen konnte. Und das lag einfach daran, dass ich besser im Kundenkontakt war als alle anderen Kollegen. Die gutmütige Elena, die auch nach Feierabend noch zu einem Kunden fuhr, die ihm am besten den Arsch abwischte.

Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt das Unternehmen zu verlassen, aber es war keine interessante Stelle in Sicht gewesen. Und so hatte ich brav den Kram ertragen, hatte mein bestmögliches gegeben, auch wenn dafür nichts zurückkam. Im Gegensatz: Man halste mir nur mehr Arbeit auf, die keiner machen wollte.

Dementsprechend sah ich am nächsten Morgen auch aus. Ich war früh aufgestanden, hatte mich umgezogen und eigentlich vorgehabt noch vor Jan wach zu sein. Aber als ich um viertel vor 7 die Küche betrat, stand er schon hinter dem Herd und rührte in einem Topf herum. Es roch wunderbar; trotzdem irritierte mich sein Anblick. Er hatte eine Jeans an und ein schwarzes T-Shirt. Kein schickes Hemd mehr. Dafür spannte der Stoff nun um seine Oberarme, die offensichtlich doch vom Sport gebaut wurden. Sein Bauch, da war ich mir nach dem Abend sicher, hingegen eher von der Liebe zu den Dingen, die sich da gerade im Topf abspielten. Er war nicht dick, aber ein Bäuchlein war da schon gewesen.

„Guten Morgen, Elena", ertönte seine Stimme, obwohl er mich nicht einmal angesehen hatte. Ich hatte kein Wort herausgebracht bis dahin, ihn nur angestarrt, während seine nackten Füße auf den Fliesen tapsten und er nebenbei auf einem Gerät herumdrückte, dass auch als kleiner Ofen durchgehen konnte.

„Hi", nuschelte ich daher nur, als er sich doch umdrehte um mich fragend anzusehen. Kurz schüttelte ich den Kopf und trat näher.
„Was machst du?"

„Eine Karamell-Latte. Ein Rezept einer amerikanischen Freundin. Die Milch wird dabei mit Kondensmilch eingekocht und mit ein paar Tricks hat man dann ein leckeres Getränk. Die wird dir bestimmt schmecken. Brötchen sind im Ofen. Bist du so lieb und deckst den Tisch?"
Das war eindeutig keine Frage gewesen. Ich kannte das, meine Mama machte das auch manchmal so. Bei ihm hatte es aber einen anderen Unterton. Nickend ging ich zu den Schränken, schaute ein wenig herum, ehe ich fand was ich benötigte. Als ich fertig wurde, stellte er gerade die Getränke auf den Tisch und legte die Brötchen dazu.

Ein Blick in sein Gesicht ließ ebenfalls Erschöpfung sehen. Er hatte Augenringe, war offensichtlich noch sehr müde, aber nicht grantig, sondern beherrscht. Vielleicht hatte er die Nacht auf der Party verbracht?

Gleichzeitig kam in mir so ein widerliches, kleines Gefühl auf. Wollte ich wirklich zur Arbeit? Die Aussicht dort bei ihm zu bleiben erschien mir viel angenehmer. Einfach auf dem Kissen Platz nehmen und mich kraulen lassen. Die Auszeit hatte er scheinbar genauso verdient wie ich. Und es war doch so schön gewesen.

„Du siehst müde aus", sagte ich leise und biss mir dann selbst auf die Lippe. Wie taktvoll von mir.

„Hmm. Du scheinst ebenfalls keine bessere Nacht gehabt zu haben", sagte er trocken und schob mir dann die Latte rüber, die ich wortlos nahm. Eigentlich stand ich nicht auf süßen Kaffee, aber das roch himmlisch und so nahm ich einen Schluck und versank fast schon in den warmen Federn, aus denen ich gerade gekrochen war. Zum Glück war es vom Gewitter noch abgekühlt und nicht wieder 35 Grad warm.

„Viel im Kopf", lautete daher meine schlichte Antwort, woraufhin er sein Getränk absetzte und mich prüfend musterte. Er schien zu überlegen, zögerte dann.

„Was überlegst du?", fragte ich leise, schaute ihn argwöhnisch an. Konnte er mich nicht einfach über die Schulter schmeißen und zurück ins Bett tragen?

Er hingegen stand auf und hielt mir die Hand hin. Sein Blick war zögerlich, beobachtete mich. Ich runzelte dafür die Stirn, zuckte dann aber mit den Schultern und ergriff sie. Warum auch nicht? Bisher hatte er sich gut um mich gekümmert. Er hätte am Abend zuvor jede Chance gehabt Dinge zu tun, gegen die ich mich nicht hätte wehren können. Hatte er aber nicht. Er hatte trotz später Stunde und den Umständen einzig darauf geachtet, was mir gut tat. Und obwohl er am Anfang fast nicht mehr erschien, wie der Mann, den ich schon kannte, vertraute ich ihm dennoch genug, um mich zum Sofa ziehen zu lassen.

Wortlos ließ er sich fallen, was in der Jeans scheinbar deutlich besser ging als in der Anzughose vom Vorabend. Nach einem festen Ruck stolperte ich hinterher und kam neben ihm zum Liegen. Das Sofa war breit genug.

Kurz versteifte ich mich, akzeptierte es dann aber einfach. Nähe war ein schwieriges Konstrukt für mich von Menschen, die nicht meine engsten Verwandten waren. Aber bei Jan war es anders. Vielleicht lag es daran, dass wir uns schon so lang kannten.

Zögerlich wandte ich den Kopf ein wenig so, dass ich zu den Glastüren hinausschauen konnte. Jan drückte ein paar Knöpfe auf einer kleinen Fernbedienung und die Türen stellten sich schräg auf, sodass der Blick auf den See in der Morgensonne durch den frischen Wind, der hineinwehte, unterstrichen wurde.

„Ich kann einen Bekannten anfragen, der wird das Auto abschleppen. Für deinen Termin kannst du einen der Firmenwagen haben. Und danach kommst du einfach her. Dann hast du jetzt noch eine dreiviertel Stunde, ehe du los musst", brummte er leise an meinem Ohr. Seine Stimme war tief geworden, dunkel, sodass mir eine Gänsehaut über den Arm lief.

Aber sie konnte noch ganz anderes: Sie zeigte mir, wie vorsichtig er war. Aber irgendwie war das gut so. Es war immer klar gewesen, dass er etwas an mir fand. Einmal hatte ich ihn liebevoll mit einem Spitznamen wie ‚Daddy' aufgezogen, weil er so viel älter war und mich immer beschützt hatte. Das hatte ihn offensichtlich verwirrt, wie er auch offen zugegeben hatte. Vielleicht hatte ich sein Nachfragen aber auch einfach nur falsch interpretiert.

Im Grunde war der Altersunterschied immer groß genug gewesen, dass ich gezögert hatte. Und mit Kunden fing man auf einem Festival sowieso nichts an. Jetzt hatte sich aber einiges geändert. Ich arbeitete nicht mehr auf einem Festival, er war nicht mehr ein Kunde, wir waren auch gerade nicht auf einem Campingplatz und – und das war eigentlich das erschreckendste – er hatte einen Fetisch, den ich insgeheim mit ihm teilte, auch wenn ich das öffentlich nicht richtig zu gab. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass er es wusste.

Ohne zu zögern nahm ich schließlich mein Handy raus und stellte den Timer für die nächsten 40 Minuten, ehe ich es auf den Sofatisch legte und mich nach hinten kuschelte. In dem Kleid war es doch ein wenig frisch im Wind, aber sobald er einen Arm um meinen Bauch schlang und mich an seine Brust zog, war es nicht mehr so schlimm. Im Gegenteil, es war sogar richtig schön.

Der See glänzte in diversen orangen und gelben Tönen, während der Wind einen leichten Waldgeruch hinein wehte. Ab und an konnte man Blasen von Fischen erkennen oder einen Frosch am Ufer entlang hüpfen sehen. Und das war die Ruhe, nach der ich die ganze Nacht gesucht hatte. Fast automatisch fielen mir nach ein paar Minuten die Augen zu und ich öffnete sie erst wieder, als Jan mir sanft das Haar aus dem Gesicht strich.

Entgegen unser ursprünglichen Position saß er am Sofa und hatte sich leicht über mich gebeugt.

„Alles gut?", fragte er und ich nickte nur leicht verschlafen. Die Augen wollten gar nicht richtig aufgehen und das Blickfeld war noch leicht verschwommen, was ich nur durch mehrmaliges Blinzeln ändern konnte. Auch das Strecken konnte ich nicht unterdrücken. Das waren 40 Minuten gewesen, die ich dringend gebraucht hatte.

„Ich habe meinen Bekannten angerufen. Er sollte gleich hier sein, sodass wir gemeinsam losfahren können. Er wird das Auto herschleppen. Insofern hast du noch 10 Minuten, dich frisch zu machen. Ein Brötchen habe ich dir für die Fahrt eingepackt", erklärte er und deutete auf ein kleines in Butterbrot gewickeltes Päckchen. Ich musste unweigerlich grinsen. Das war irgendwie süß.

„Du kümmerst dich viel zu sehr um mich", gestand ich schließlich peinlich berührt und setzte mich auf, auch wenn er weiterhin über mich gelehnt blieb. Er rührte sich kein Stück, musterte mich nur intensiv aus den blauen Augen heraus.

„Nun, ich habe die Hoffnung, dass du nach deinem Termin wiederkommst und bis Sonntagabend bleibst", erklärte er schlicht seine Intention. Kurz biss ich mir auf die Unterlippe und entschied mich dann nichts dazu zu sagen. Vielleicht half ein bisschen Warterei auch dabei ihn zu knacken. So wie er es auch bei mir getan hatte.

20 Minuten später stand ich vor dem zerkratzten und kaputten Mietwagen und holte auch noch die letzte meiner Taschen heraus. Bernd, so hieß Jans Bekannter, der einen Abschleppwagen fuhr, hatte sich das Auto kurz angeschaut, aber nach einer Kontrolle von Batterie und Benzin, konnte er nichts feststellen. Auch das Auslesen half nicht den Fehler zu finden, weswegen er den Wagen gekonnt mit einem Seil auf seinen kleinen LKW zog.

Er hatte einen guten Draht zum ADAC, der auch bereits informiert worden war und hatte mit seinem ortsansässigen Zuständigen verabredet, dass er den Wagen bei Ihnen auf den Hof schleppen würde und ich mir am Abend einen anderen Mietwagen abholen könnte. Den Rest würde die Mietwagenfirma und der ADAC klären, was mir sehr entgegen kam. Das arme Auto wollte ich keinen Zentimeter mehr weit fahren, so wie ich es zugerichtet hatte.

Jan ließ sich noch die Schlüssel geben, ehe er mich in seinen Firmenwagen setzte. Es war ein kleiner BMW, aber ich war glücklich überhaupt ein Auto zu haben.

„Warte", meinte er, als ich mich schon anschnallen wollte. Aus seiner Hosentasche zog er ein kleines schwarzes Armband, ähnlich dem, das sonst auch alle auf dem Anwesen trugen.

„Damit kommst du ins Haupthaus und in die Garage. Ich habe einen recht vollen Tag, aber du kannst dich ruhig ein wenig Umsehen, solltest du dich entscheiden zu bleiben", sagte er lächelnd und legte es mir dann in die Hand, ehe er sich aufrichtete. Kurz runzelte ich die Stirn, nickte dann aber. Wer wusste schon, ob ich ihn später nochmal sehen würde? Und das Armband war doch eine nette Geste.

„Danke für alles", lächelte ich schließlich möglichst unverfänglich. Sein Blick veränderte sich kurz, auch wenn ich es nicht deuten konnte. Dann richtete er sich auf und klopfte zwei Mal zum Abschied auf das Autodach. Mein Zeichen. Ich startete den Motor des kleinen Autos und fuhr dann los gen Kunde. Immerhin war ich in der Zeit.

Das Anwesen meines Kunden war wunderschön. Deutlich größer als Jans kleines Herrenhaus, etwas imposanter und aber auch älter. Mehrere kleine Türmchen rahmten das große Gebäude, dass sich eckig um einen Schlosshof wandte, auf dem ich das Auto abstellen konnte. Es war nicht viel los, aber so wie jetzt die Sonne gerade über die hohen Mauern des Anwesens fiel, konnte ich immerhin noch ein paar schöne Aufnahmen für mein Instagram Profil machen. Wenigstens etwas.

Das folgende Meeting hingegen war die reinste Qual. Der Schlossherr hatte seine kleine eigene Vorstellung davon gehabt, wie das Projekt ablaufen sollte und ich hatte daneben gestanden, verzweifelt versucht ein wenig realistisch zu denken und hätte ihm dann fast seine Frau um den Hals gewickelt, die dumm wie eine Gans daneben stand.

Immer und immer wieder versuchte sie mir weis zu machen, dass die Hauptfarben unbedingt in Altrosa und Pastell-Eierschale gehalten werden mussten – was weder zur Corporate Identity noch zum Anwesen passte – weil die Farben ja gerade so im Trend waren und ihre Fingernägel ja genauso lackiert waren und als Schlossherrin musste es doch alles immer passen. Immerhin hatte sie mal im Kunstkurs gesessen und die waren ja so unglaublich harmonisch. Ich hatte gelächelt, genickt und gehofft, dass sie endlich an ihrem nervigen Kaugummi ersticken würde – was nicht passiert war.

Gut für mein Karma, schlecht für meine Nerven. Nach sechs Stunden aufreibendem Meeting inklusive eines kleinen Mittagssnacks, an dem auch niemand der beiden erstickt war – zu meinem Leidwesen-, hatte ich tatsächlich den Entschluss gefasst mich noch einmal bei Jan zu bedanken. Er hatte mir die Nacht gerettet. Es war schön gewesen ihn wiederzusehen und dafür wollte ich mich zumindest offiziell bei ihm bedanken. Einfach das Auto tauschen wäre nicht fair gewesen. Nicht gegenüber ihm und auch nicht mir selbst, wo ich am Morgen noch so selig in seinem Arm gelegen hatte.

Leider war meine Vorstellung von Auto abgeben, einen festen Drücker, Handynummer zustecken und sich verpieseln nicht wirklich der Realität angemessen. Man hatte mir deutlich zu verstehen gegeben, dass Jan gerade noch in einem Meeting war, aber gleich für mich Zeit hatte. Dafür hatte ich dann aber meinen Koffer in der Rezeption unterstellen können – immerhin hatte ich ja keinen Schlüssel zu meinem Gästezimmer, sondern nur um die Räumlichkeiten im Haupthaus aufsuchen zu können – und mich dann in den Barbereich gesetzt, um dem regen Treiben im Haus zuzusehen.

Obwohl die Party längst vorbei war, schien die Community sich über das Wochenende eingenistet zu haben. Einige Menschen saßen entspannt in dem offenen Raum, der durch eine große, alte Holz-Bar umrandet wurde, plauderten und tranken etwas. Es war zwar deutlich auszumachen, wer eher die dominante und wer die unterwürfige Rolle einnahm, aber bis auf die paar Halsbänder und zwei kniende Sklaven, hätte man auch in einem normalen Café sitzen können.

Zunächst fühlte ich mich ein wenig fehl am Platz, so ganz ohne Gesprächspartner. Ein nettes älteres Pärchen, dass sich gerade niederließ fing dann aber ein Gespräch an. Sie waren neu im Club, freuten sich nach der großartigen Party dabei zu sein. Und tatsächlich dauerte es nicht lange und wir drei wurden in einen größeren Kreis um einen Tisch herum aufgenommen. Alles Berliner, die extra angereist waren und sich nun gemeinsam mit mir über den Stau des Vortags aufregten. Ein Thema, bei dem ich wenigstens mitreden konnte.

„Da hattest du dann ja wirklich Glück, dass du Jan kanntest und er ein Zimmer für dich hatte", meinte gerade eine schlanke, kleine Blondine, die sich nebenbei an ihren Partner schmiegte, der wie selbstverständlich den Arm um sie legte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. Als wäre das irgendwo, nur nicht in einem gottverdammten BDSM Club.

„Stimmt schon. Ohne ihn hätte ich getrost im Auto schlafen müssen", gestand ich und seufzte tief auf, woraufhin ein gemeinsames Stöhnen durch die Runde ging.

„Du hättest nur Bescheid sagen müssen, dann hätten wir da zusammen geschlafen", ertönte es hinter mir, sodass ich mich leicht umdrehte. Annette stand dort. Dieses Mal in einer luftigen Leinenhose mit weißem Spitzentop, die roten Haare zu einem lockeren Dutt zusammengefasst, der mittlerweile leichte Strähnen verlor. Sie schnappte sich einen Stuhl und setzte sich einfach neben mich, lächelte zufrieden.

„Oder einen der anderen Gäste. Ich bin mir sicher, wir hätten alle unseren Spaß in dem Auto gehabt."

Ein zustimmendes Raunen ging durch die kleine Gruppe und ich überlegte kurz ob ich eingeschüchtert sein sollte oder nicht. Tatsächlich war ihre Äußerung sehr direkt gewesen, aber ihre Augen zeugten nicht von der passiven Aggressivität, die sie am Vortrag versprüht hatte. Sie schien entspannt. Vielleicht war das einfach ihre Art.

„Hätte ich wohl. Hätte ich geahnt, dass ich so nah an euch dran bin", gab ich daher nur zurück und bekam dafür ein zustimmendes Nicken. Ein großer hagerer Mann mittleren Alters warf etwas über sein kaputtes Auto ein, dass im Stau überhitzt worden war und die Menge drehte sich wieder ihm zu, diskutierte eifrig, wie sie am Sonntag nach Berlin fahren würden, ohne irgendwo im Stau zu stehen.

„Lust auf eine kleine Führung, Elena?", fragte die rothaarige Dame an meiner Seite. Ich zögerte, nickte dann aber. Was hatte ich zu verlieren? Außerdem war ich neugierig, was ich finden würde. BDSM Club war mit Sicherheit nicht gleich BDSM Club. Und ein Kitkat war das hier ja nun wirklich nicht.

„Klar, womit starten wir?", fragte ich schließlich, als Annette auf eine Antwort zu warten schien.

„Lass mich kurz überlegen. Hmm, wie wäre es mit den soften Zimmern? Oder lieber das Harte?", meinte sie neckend und grinste dann, woraufhin ich auch grinsen musste. Sie konnte nicht ahnen, wie sehr mir es manchmal gefiel meine sadistische Ader ein wenig auszuleben – wenn ich mich wie jeder andere Mensch auch im Internet vergnügte.

„Wie wäre es mit dem Harten?", schlug ich daher provokant vor. Es gab wenig, von dem ich noch nicht gelesen hatte, zumindest wenn man mich fragte. Wobei keine Peitsche, keine Gerte und kein Flogger jemals meine Haut berührt hatten – ein entscheidender Nachteil.

„Nun gut. Also das hier oben sind auch die härteren Zimmer, aber sie sind relativ gleich aufgebaut und beinhalten alle das Gleiche. Man kann sie stundenweise mieten, oder aber auch den ganzen Tag. Während man bei seinem Aufenthalt immer ein festes Zimmer bekommt, das keine Spielutensilien beinhaltet. Das kann man nutzen, muss man aber nicht.

Die Zimmer für die Gäste sind in den oberen Etagen oder aber in den Bungalows draußen. Das wirst du mit Sicherheit schon gesehen haben, als du heute Morgen rübergekommen bist. Jans Häuschen bildet da eine kleine Ausnahme, das nutzt er nur für sich, soweit ich weiß. Genau, also in der zweiten Etage sind die Softie Zimmer, eher was für Anfänger. Hier in der Ersten sind Aufenthaltsräume, der große Saal für Veranstaltungen und Partys und auch ein paar von den härteren Zimmern. Unten sind dann der Dungeon und noch ein paar Themenzimmer.", erklärte sie, während sie mich schon in Richtung der Treppe nach unten geschoben hatte.

Zögerlich trat ich die Wendeltreppe nach unten und landete dann in einem hübschen alten Flur, der in mehrere Richtungen Türen hatte.
„Hier die linken sind die Spielzimmer. Die Flügeltür ist die sogenannte Folterkammer oder der Dungeon. Schau mal rein. Den kann man sich auch einzeln mieten, auch wenn hier echt viele Personen reinpassen, wenn der ganze Raum aufgemacht wird. Man munkelt es gebe hier noch versteckt hinter einem der Spiegel einen Raum zu beobachten, also sehen, aber selbst nicht gesehen werden, aber bisher konnte das keiner bestätigen", sie grinste leicht und schob mich weiter, tiefer in besagte Folterkammer herein.

Durch die Etage und das Herrenhaus über uns hatte ich einen Keller mit Steinwänden vermutet. Keinen großen Raum, der durch verschiedene Spots Highlights auf die unterschiedlichen Bänke, Kreuze und andere Gerätschaften warf. Die Wände waren in einem dunklen Grauton gehalten, drückten durch die farbigen Akzente jedoch nicht. Spielzeug wurde in diversen Vitrinen ausgestellt. Da war beispielsweise eine enorme Dildo-Sammlung, diverse Plugs, Schlaginstrumente, Seile, andere Arten von Fesseln und wahrscheinlich viel mehr. Fakt war: Das hatte ich nicht mal im Internet gesehen.

Fasziniert blieb ich bei den Schlaginstrumenten stehen, musste den Mund leicht zu einem O geformt haben, denn Annette grinste mich an. Die Schlaginstrumente waren nicht nach Größe geordnet, aber nach meinem Wissensstand nach Schlagkraft. Interessante Herangehensweise, ob das wohl immer so Gang und gebe war?

„Und, Interesse?", fragte Annettes Stimme hinter mir. Sie berührte mich nicht, war mir aber nähergekommen, als ich vermutet hatte. Ihr Atem strich über meine Nackenhaare und ließ eine kleine Gänsehaut über meinen Rücken laufen. Verräterischer Körper.

„Hm? Oh, ich... äh", wollte ich anfangen, wurde aber von ihr unterbrochen. War ja bis dahin auch nicht sonderlich sinnvoll gewesen.

„Du bist offensichtlich eine Anfängerin, die viel gelesen oder gesehen hat und keine Ahnung hat, wie es sich anfühlt. Ja, das ist mir wohl klar. Du hast gestern Abend schon so verschreckt geschaut. Aber wenn du Lust hast, können wir es versuchen. Es muss keine Session sein. Keine Dominanz. Manchmal hilft ein erster Schritt in die richtige Richtung und wenn dich die Schlaginstrumente so interessieren, könnte ich sie dir zeigen. Natürlich nicht den Rohrstock. Nur, damit du ein Gefühl dafür bekommst", schlug sie mir vor.

Überrascht drehte ich mich zu ihr um, aber ihr Blick war nicht hinterlistig. Sie musterte mich aufmerksam, offenbar auch auf eine Abfuhr eingestellt. Es war ein nett gemeintes Angebot von jemanden, der vielleicht auch irgendwann mal an dieser Stelle gestanden hatte.

„Bist du auch so darangekommen? Zu deiner Neigung?", fragte ich zaghaft. Ich musste erstmal den Blick von ihren roten Lippen abwenden, mich sortieren. Sollte ich das wirklich versuchen? Ich war noch nie geschlagen worden und es brachte doch überhaupt nichts. Es ging um den Lustschmerz und das würde nur Schmerzschmerz sein. Aber trotzdem wollte ich wissen, wie es sich anfühlte.

„So ähnlich. Ich hatte eine gute Freundin, die mich eingeführt hat. Hätte sie mir nicht gezeigt, wie es lief, wäre ich heute nicht hier", gab sie ehrlich zu, " Du musst jedoch nicht. Fühl dich nicht gedrängt. Kein Sex. Keine Fesseln. Keine Unterwerfung."

Ich zögerte, nickte dann aber schließlich. Wann würde mir sonst die Chance aufkommen? Ich wollte BDSM mit einem Partner ausleben, nicht mit irgendjemandem. Aber das war kein BDSM. Das war einfach nur Schlaginstrumente ausprobieren. Keine Dominanz. Keine Härte. Kein Sklave und kein Dom. Einfach nur zwei gleichgestellte Menschen, die miteinander probierten. Und ich würde sie danach eh nie wieder sehen. Immerhin wollte ich ja am Abend abreisen.

„Keine Fesseln, kein Sex und wenn ich Stopp sage, hörst du auf. Keine Codes", gestand ich ihr zu und warf einen Blick zur Kellertür. Hier unten war jedoch niemand. Wahrscheinlich waren alle noch beschäftigt mit sich selbst, bevor es am Abend ein großes BBQ geben sollte, wie ich gehört hatte.

Annette lächelte und nickte. Sie sah fast niedlich aus, so wie sie sich freute. Und das nahm mir die Angst, die Sorge, sie wäre die Falsche. Was konnte mir eine Frau schon antun, die genauso groß war wie ich?

„Stell dich an das Kreuz. Keine Fesseln, aber halt dich am besten an den Haken fest. Manchmal hilft es gehalten zu werden. Ich würde vorschlagen wir probieren den Flogger, das Holzpaddle und die Gerte aus", erklärte sie mir, hielt sie alle hoch und legte sie auf ein kleines Tischchen, wo ich sie neugierig inspizierte. Das sollte doch machbar sein. Ich hatte immerhin gelesen, dass das noch zart war gegenüber dem Rohrstock und der Peitsche.

Zögerlich begab ich mich also zum Kreuz. Das wirkte aus nächster Nähe so anders als auf den Bildern. Viel massiver. Wie viele Menschen hier wohl schon dran gestanden hatten?

„Nimmst du dein Kleid hoch?", bat sie mich und riss mich damit aus den Gedanken. Sie wollte mich wohl tatsächlich nicht überfordern. Verwirrt stimmte ich zu und dankte mir insgeheim selbst, dass ich vor dem Kundentermin noch in einen Spitzenslip geschlüpft war. So konnte ich jetzt immerhin meinen Mut zusammennehmen und meinen Hintern entblößen, während das Kleid entspannt auf meiner Taille lag. Von Annette kam kein Kommentar, bis sie ihre Hand auf meine Schulter legte.

„Bist du dir sicher?", fragte sie noch einmal nach. Offensichtlich hatte sie mein Zögern gesehen und machte sich Sorgen.

„Ja, ich bin mir sicher, Annette.", antwortete ich brav, wie ich es immer gelesen hatte. Das schien ihr zu gefallen, denn sie lachte leicht amüsiert auf und drückte mich kurz ein Stück an das Kreuz heran.

„Wir gehen es langsam an. Es wird immer stärker werden. Egal was ist, sag mir Bescheid. Prickeln, Schmerz, wenn es unangenehm ist. Einfach nur ein Wort. Das lässt mich aufhören. Merk dir das. Wir fangen sanft an mit dem Flogger. Manche sagen, selbst die Hand täte mehr weh. Wobei das wahrscheinlich vom Schlagenden abhängt", grinste sie und ich konzentrierte mich auf das Kreuz vor mir.

Die Stille riss mich fast entzwei, während die Neugierde in mir Purzelbäume schlug. Als säße man im Flugzeug, rollte langsam zur Startbahn. Die Flügel stellten sich auf und dann kam dieser Moment, in dem der Pilot Gas gab und das Flugzeug einfach nach vorn katapultiert wurde. Dieser Rausch. Das Adrenalin.

Und es wurde jäh unterbrochen. Bei der ersten Berührung zuckte ich zusammen, ehe ich merkte, dass sie mir das Instrument nur gegen den Po hielt. Sie bewegte es ein wenig, schien irgendwann zufrieden und holte langsam Schwung. Es dauerte, bis es das erste Mal ziepte, war aber nicht sonderlich schlimm. Ich fühlte mich eher warm und keinen Schmerz, ehe sie das erste Mal scheinbar richtig ausholte.

„Fuck!", maulte ich und legte automatisch die Hände auf die Stelle.

„Hättest du mich nicht warnen können?!", motzte ich nach hinten und drehte mich um, nur um dann zu beobachten, wie Annette mich zunächst amüsiert ansah, gerade dabei zu antworten. Aber sie wurde jäh unterbrochen, riss die Augen auf und fing an hohl ihren Mund zu bewegen, aber kein Ton folgte. Auch ich bemerkte schließlich, was sie hinderte. Jan stand da mit dem finstersten Blick, den ich je an ihm gesehen hatte.

„Was soll das denn hier?", fragte er ruhig und selbst Annette, die sonst jedem in der Runde die Stirn geboten hatte, biss sich auf die Unterlippe.

„Ich habe Elena ein wenig die Schlaginstrumente gezeigt", meinte sie und fing sich dann doch noch, straffte die Schultern. Wenigstens wirkte sie damit nicht mehr klein und verloren.

„Einer Unerfahrenen? In meinem Dungeon?", seine Stimme hörte sich an als könnte sie Eis schneiden. Er war wirklich wütend. Aber warum? Wir hatten doch nichts getan.

„Ich habe sie drum gebeten. Sie hat nichts gemacht, was ich nicht wollte", sagte ich schnell, um sie zu verteidigen. Wenn jemand wie Annette zuckte, sollte das schon etwas heißen.

„Es geht nicht darum was du getan hast, sondern sie. Der Dungeon ist für Anfänger gesperrt, die keinen festen Partner haben und das aus gutem Grund. Dein Spieler kann noch so erfahren sein, wenn er dich nicht kennt, dann ist das ein Tabu. Wir haben Regeln in diesem Haus und an die sollten sich alle halten", gab er bissig zurück.

„Und Annette hätte sie eigentlich kennen sollen, nicht wahr?"

Annette knirschte mit den Zähnen, nickte dann aber und machte sich wortlos daran die Schlaginstrumente wegzuräumen. Ich hingegen stand noch immer am Kreuz, das Kleid leicht hochgeschoben und wusste nicht, ob ich peinlich berührt sein sollte oder den Wutanfall rauslassen, der sich anbahnte. Was dachte er sich eigentlich?

„Sie hat nichts Falsches getan, Jan. Hör auf", meinte ich angefressen und zog mein Kleid herunter. Die Situation war peinlich und fühlte sich unglaublich unfair an.

„Doch, das hat sie. Richte dein Kleid und dann gehst du hoch. Sofort, Elena"

Ein tiefes Schnaufen entkam mir, während ich mich vor ihm aufbaute, um ihm meine Meinung zu geigen. Das konnte er vergessen. Sie hatte alles richtig gemacht. Ich würde nicht zulassen, dass er mich umstimmte. Dachte ich zumindest. Denn in dem Moment, als ich wütend bei ihm ankam und ihm den Zeigefinger auf die Brust drücken wollte, packte er mich im Nacken. Nicht gefährlich, nicht schmerzhaft, aber stark genug, um mich an ihn heran zu ziehen und mir den tiefsten Blick zu schenken, den ich jemals bekommen hatte. Danach hatte ich definitiv keine Lust mehr mich mit ihm anzulegen.

„Wir reden gleich. Warte oben auf mich", knurrte er und ich nickte nur, ehe ich den Weg suchte. In mir prickelte alles. Ich war verwirrt. Verwirrt, weil mein Hintern brannte. Nicht schmerzhaft, aber warm. Verwirrt, weil es offensichtlich Regeln gab, die ich nicht verstand. Verwirrt, weil Annette nun Ärger bekommen würde und verwirrt, weil es heiß gewesen war. Weil ich es verdammt nochmal genossen hatte, wie er mich gepackt hatte.

„So eine Scheiße!", entfuhr es mir. Da ging ich schon mal in einen BDSM Club, ließ mich auspeitschen – versuchte es zumindest- und durfte dann nicht mal weiter machen. Das war doch nicht mehr normal! Wütend brachte ich mich an die frische Luft. Die Grüppchen im Bar Bereich, der ebenfalls nach draußen auf die Terrasse führte, waren aufgelöst und ich war allein, stand dort und blickte auf die friedliche Anlage vor mir, während ich mich über mich selbst ärgerte.

Warum nahm mich das überhaupt so mit? Was war schon passiert? Ich hatte nichts Falsches gemacht. Sie auch nicht. Und dennoch fühlte ich mich schuldig. Und dennoch war ich unsicher, was jetzt passieren würde. Was würde er tun? Und was wollte ich, dass er tat? So viele Fragen in meinem matschigen Gehirn und keine Antwort in Sicht.

Jan ließ mich lang warten. Fast 20 Minuten stand ich dort, lief auf und ab und setzte mich dann hin, nur um wieder aufzustehen und rum zu tigern. Er hatte es geschafft aus einer wütenden Elena, eine verzweifelte zu machen. Wenn er mich jetzt nicht mehr sehen wollte? Der Morgen war so besonders gewesen. Er hatte mir Ruhe geschenkt, die jetzt völlig von Unruhe vertrieben worden war. Ich hatte fahren wollen und jetzt sorgte ich mich, dass er mich fortschicken würde.

Schließlich sah ich ihn. Er stand in der Tür, die Arme verschränkt, das Gesicht immer noch leicht wütend, aber schon deutlich wärmer als es zuvor der Fall gewesen war.

„Komm, wir gehen zum Haus. Ich habe deine Sachen schon rüberbringen lassen", meinte er und lief dann einfach vor, während ich kurz zögerte und ihm still hinterher watschelte. Ich hätte mich fragen müssen, wie er auf die Idee kam, meine Sachen umzuverlegen. Er wusste doch gar nicht, ob ich bleiben wollte. Aber Jan schien sich gewiss zu sein, denn er lief eindeutigen Schrittes voran, während ich ihm treudoof hinterher dackelte.

„Ich habe sie wirklich darum gebeten, Jan", sagte ich schließlich, nachdem er ein paar Minuten geschwiegen hatte. Das Haus war schon in Sicht und er blieb nicht stehen. Er kannte sein Ziel. Ob er mich nun fortschicken würde? Sollte ich meine Sachen holen und dann gehen? Und warum hatte er sie überhaupt dorthin bringen lassen? Jan gab mir keine Antwort. Ein eisiger Blick, dann ging er weiter und ich folgte ihm. Wie ein Lamm dem Schlachter.

Als wir an seinem Haus ankamen, hielt ich es nicht mehr aus.

„Jan, bitte. Sie braucht keinen Ärger. Sie hat es mir angeboten und ich habe zugestimmt, weil ich es wollte. Kein großes Ding. Wirklich nicht. Mein Hintern brennt vielleicht ein bisschen, aber-", fing ich wieder an, wurde aber jäh von ihm unterbrochen. Mit einem festen Zug hatte er mich an sich herangezogen, packte dieses Mal jedoch anstelle meines Nackens mein Kinn, um meinen Kopf so zu drehen, dass ich ihm in die Augen schauen musste. Und sein Blick war tödlich.

„Wenn du glaubst, dass ich wütend bin, weil dein Hintern brennt, kannst du dir sicher sein, dass ich gerade nichts lieber täte als dich über mein Knie zu legen und dir tatsächlich zu zeigen, was ein schmerzender Hintern bedeutet, Elena. Ich frage mich aber eher, wie jemand, der offenbar noch keine Erfahrung gemacht hat, so dumm sein kann einfach so mit einer fremden Person in einen Folterkeller zu gehen, in dem sonst nur Profis spielen. Leute, die damit um können, die wissen wie das funktioniert. Du in den falschen Händen und wir hätten dich beim nächsten Psychodoc abgeben können!", zischte er, ließ aber dabei mein Kinn nicht los.

„Anfänger müssen eingeführt werden. Und das geschieht nicht in meinem Kerker! Nicht ohne den passenden Partner und jemanden, den man vor 10 Stunden kennengelernt hat, darf man nicht als derartigen Partner werten! Ich hoffe, das war jetzt auch für dich offen genug!", damit drehte er sich um und schloss die Haustür auf, schob mich aber vor sich in das Haus hinein.

Ich zögerte. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Etwas in mir schrie meine Beine in die Hand zu nehmen und zu laufen, bevor er die Tür hinter uns schloss. Ein kleiner Teil wollte sich vor ihm hinstellen und ihn anmotzen, mir die Regeln nicht erklärt zu haben. Immerhin hatte ich sie nicht gekannt. Und der große Rest war kurz davor sich die Kleider vom Leib zu reißen und etwas zu tun, was ich mit Sicherheit bereuen würde. Vielleicht zumindest.

„Ich wollte doch nur wissen, wie es sich anfühlt. Ich wurde nie geschlagen. Sie war sicher. Ich habe ihr vertraut. Mann, Jan", rang sich der kleinste Teil meines inneren Ichs durch, aber er schüttelte nur den Kopf.

Eine kurze Sekunde lang überlegte er, suchte wohl nach Worten, während sein Blick weiter kalt auf mich gerichtet blieb. Die Sekunden verstrichen, ehe er sich entschlossen hatte, wie er sich äußern wollte.

„Meine letzte Sklavin hat das auch gedacht, Elena. Sie war jung, sie hat sich informiert und war der Meinung sich aus zu kennen. Sie ist an den Falschen geraten und hatte ihr erste Session vor Zuschauern ohne Codewort. Ich habe sie sechs Jahre später kennen gelernt. Sie hatte sich nicht im Griff, kannte ihre Grenzen nicht. Der Typ hat sie ruiniert und ich werde nicht mit ansehen, dass irgendjemand denselben Fehler in meinem Haus macht, geschweige denn du. Ich werde nicht zulassen, dass ich dich in eine psychiatrische Klinik einweisen muss, hast du das jetzt endlich verstanden?", er war immer lauter geworden, aber nicht aggressiv. Sein Blick war ernst, todesernst und die Hand, die automatisch wieder an mein Kinn gefunden hatte, zwang mich ihn weiter anzusehen, obwohl ich alles versuchte die Augen niederzuschlagen und ihm auszuweichen.

Seine Ex hatte psychische Probleme, weil sie sich auf den falschen eingelassen hatte. Er hatte gelitten, weil sie gelitten hatte. Zumindest hörte sich das so an. Ob er sich Vorwürfe machte? Ich zögerte und nickte schließlich, löste vorsichtig seine Finger von meinem Kinn, behielt sie dann aber in der Hand.

Eigentlich hätte ich mich vor ihm fürchten sollen, aber das tat ich nicht. Ein kleines Puzzleteil von Jemandem, den ich schon so lang glaubte zu kennen. Er hatte diese Regeln, weil er sich Sorgen machte. Sorgen um Andere. Sorgen um mich. Er würde mir nichts antun, nicht, nachdem er sich jahrelang darum gekümmert hatte, dass es mir gut ging.

„Es tut mir leid, Jan", gab ich schließlich leise zu und hörte neben mir ein tiefes Aufseufzen. Ich wagte nicht nach oben zu schauen. Ich wollte keine Enttäuschung oder gar Wut sehen, aber als sich zwei starke Arme um mich legten, waren die Bedenken wie weggefegt.

Vorsichtig hob ich den Blick, nur um seinem zu begegnen. Er hatte sich Sorgen gemacht. Zeugte das nicht von einem liebevollen Mann? Einem, der sich um Andere kümmerte? Als er sein Gesicht in mein Haar drückte, zögerte ich noch kurz, gab mich dann aber seiner Umarmung hin. Mit geschlossenen Augen genoss ich einfach nur die Nähe. Seine Umarmung gab mir in diesem Moment so viel. Der Stress, den ich zuvor noch gefühlt hatte, war wie weggeblasen. Vielleicht konnte ich eine Haarsträhne von seinem Kopf stehlen, wenn er so eine Wirkung auf mich hatte. Als wäre er verhext.

„Versprich mir, dass du nicht mehr einfach irgendwo hin gehst und es mit einem X-Beliebigen ausprobierst. Nimm dir einen Partner, der weiß, was er tut. Lass es ruhig angehen, zu Hause. Im Privaten. Lass dich einführen und sei dir sicher, dass du demjenigen vertrauen kannst. Clubs sind schwierig, wenn man die Leute nicht kennt", bat er schließlich leise und zwang mich zu ihm nach oben zu schauen. Er war nicht mehr wütend. Wirklich nicht.

„Ich verspreche es", sagte ich leise und grinste dann vorsichtig, „Sir". Eine kurze Sekunde schaute er mich ungläubig an, grinste dann aber selbst.

„Ich bin kein Freund von Sir oder Master. Mein Name lautet Jan und den darf jede Sub und jede Sklavin benutzen, es sei denn ich trage ihr etwas anderes auf."

„Ich verspreche es, Jan", fügte ich also noch schnell hinzu, woraufhin er gespielt eine Augenbraue hochzog und dann den Kopf schüttelte.

„Was soll ich nur mit dir aufmüpfigem Mädchen machen? Vielleicht hätte ich euch beide nicht so schnell unterbrechen sollen, dann würde immerhin dein Hintern nun ordentlich glühen", murmelte er halb zu sich selbst.

„Ach, der ist auch so ganz warm. Bestimmt sieht man das Muster", meinte ich munterer und verzog leicht das Gesicht. Der letzte Schlag hatte gut gesessen.

„Sie hat dich doch gerade erst aufgewärmt. Das hatte nichts mit einem Spanking zu tun", erwiderte er schlicht, „wenn ich das getan hätte, dann würdest du es nun wissen".

„Wenn du das getan hättest? Ich wusste nicht, dass das auch zur Debatte stand", rutschte es leicht ironisch aus mir heraus, bevor mir der Fehler bewusst war. Jan versteifte sich merklich, hielt mich aber weiter fest.

„Du wusstest nicht, dass das eine Option ist?", fragte er direkt heraus und zog tadelnd eine Augenbraue hoch. Sein Blick wurde intensiv, sodass ich versuchte auszuweichen, aber ich kam nicht weit. Der Mann hatte Arme wie einen Schraubstock, wenn er wollte.

„Auch nicht, nachdem ich dir auf dem letztem Festivaltag deutlich zu verstehen gegeben habe, dass ich trotz des Altersunterschieds großes Interesse an dir gezeigt habe?"

Ich zögerte kurz und biss mir auf die Unterlippe.

„Klar, hast du das gesagt. Aber wir haben immer geflirtet, so wie ich es auch mit anderen getan habe. Aber zwischen: Hey, ich bums dich auf dem Festival und hey, lass mich dich in BDSM einführen ist schon ein Unterschied, nicht wahr?", verteidigte ich mich selbst, was ihn aber nur ungläubig den Kopf schütteln ließ.

War ich so blind gewesen? Natürlich hatten wir immer eine leicht flirtende Note gehabt. Mein Gott, das war meine Masche für das Trinkgeld gewesen, die ich bei ihm eben ein wenig ausgebaut hatte. Wir hatten immer auf einer Wellenlänge gelegen. Es war gut gelaufen. In ruhigen Minuten hatten wir Gespräch geführt, die auch etwas tiefer waren. Er hatte mir von seinen Lieblingsband erzählt, von einem Garten voller Obst und seinen Neffen, die er über alles liebte. Und er hatte Andeutungen gemacht, aber das hatte der Typ, der seine Brieftasche bei mir vergessen hatte und dessen Frau ich schließlich über die Nummer in eben Jener erreicht hatte um sie zu fragen, wo ich es hinschicken sollte, auch gemacht.

Und in den letzten 24 Stunden war er mir in der Tat sehr nahe gewesen. Nicht unangenehm. Keineswegs sogar. Jan fühlte sich gut an in meiner Nähe. Aber ich hatte eine recht genaue Vorstellung, von dem, was ich wollte. Immerhin war mir klar, dass ich eine derartige Neigung nur in einer Partnerschaft ausleben wollte und zwischen einem Festival-Quickie und einer Beziehung war doch ein gewaltiger Unterschied.
„Elena", seufzte er nur leise und musterte mich. Er schien selbst zu zögern, wie viel er preisgeben wollte, so wie er mich beobachtete.
„Habe ich dir jemals das Gefühl gegeben ein Festival Quickie zu sein? Ich habe deine Aufmerksamkeit über Jahre hinweg genossen und so wie ich es einschätze, du meine auch.

BDSM ist schwierig, insbesondere für jemanden, der sich zwar eingelesen hat mit 50 Shades und anderen Abklatschen, aber keine richtige Erfahrung damit hat, wenn der Partner schon ganz genau weiß, was er möchte. Und ja, ich kann mich gut daran erinnern, dass du mir erzählt hast das Buch gelesen zu haben und es gar nicht so skandalös findest, also streite es nicht ab. Hör zu, das ganze ändert nichts daran, dass ich trotz des Altersunterschieds stets an deiner Nähe interessiert war. Auch wenn du nur auf Bienchen und Blümchen stehen würdest.", er ließ mich etwas los, um Abstand zwischen uns zu bringen und mir in die Augen sehen zu können. Er meinte es wohl ernst, denn in seiner Miene war kein Humor zu sehen. Er war eher wachsam. Und ich? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Natürlich hatte ich die Zeit mit ihm auch genossen. Und wenn dieser Altersunterschied nicht wäre, dann wäre ich mit Sicherheit stärker an ihm interessiert gewesen. So hatte ich mich häufig geschämt für den Gedanken an einen Mann, der auch mein Vater sein konnte. Und da er die Neigungen, die ich in mir kannte, nicht gezeigt hatte, war er für mich nicht in Frage gekommen.

„Ich bin Sadistin", platzte es aus mir heraus. Alles oder nichts. Und vielleicht auch ein wenig eine defensiv Strategie:

„Also meistens jedenfalls, wenn ich mir Sachen anschaue. Und ich bin dominant, wenn ich mit meinen Freunden umgehe. Aber ich, ich, ich sehne mich manchmal danach nicht der Part zu sein, sondern auf der anderen Seite. Ich steh nicht auf Schmerz, glaub ich. Zumindest brennt mein Hintern immer noch, obwohl Annette nicht mal die Peitsche genommen hat. Und ich habe Angst vor so etwas, weil ich weiß, wie schnell ich anhänglich bin und ich würde mich emotional niemals außerhalb einer Beziehung fallen lassen können. Du hast diese Seite nie gezeigt und ich habe dich deswegen einfach nicht in die Auswahl miteinbezogen", gab ich ehrlich zu. Jetzt wusste er immerhin die Wahrheit.

„Ich kenn schon auch andere dominante Männer, aber du bist so sanft. So besorgt irgendwie und nur selten kommt dieser böse Blick und die hochgezogene Augenbraue und ich – ach keine Ahnung", nuschelte ich und bekam dafür genau den Blick, den ich angesprochen hatte. Wenn ich ehrlich war, war der wirklich heiß. Aber ich war verwirrt und das schien er mitzubekommen.

„Dominante Menschen sind nicht immer gleich, Kleines. Das weißt du doch. Ich bin ein grundsätzlich besorgter Mensch, der gern alles im Griff hat. Streng werden muss ich nur, wenn sich jemand dagegen auflehnt. So wie du vorhin", er zögerte sichtlich, überbrückte dann aber wieder den Abstand zwischen uns und zog mich fest an sich heran, um gemeinsam mit mir zum Sofa zu torkeln. Verwirrt ließ ich mich mit ihm fallen und landete halb auf seinem Bauch und zwischen seinen Beinen, den Blick nach oben zu ihm gerichtet.

„Also steht die Option wirklich?", fragte ich schließlich zögerlich, fast ungläubig. Er hatte recht. Nicht alle Menschen waren gleich. Beziehungen definierten sich je nach Partner und das war mir natürlich auch bewusst. Und nur weil jemand dominant war, gab es dadurch keine festen Grenzen, keine Muster oder Vorschriften. Menschen switchten, ergänzten sich manchmal. Und im Grunde hatte ich seine Aufmerksamkeit immer sehr genossen. Vielleicht das eine oder andere Jahr auch zu sehr und es danach dann wieder verdrängt.

„Wenn wir ernsthaft darüber nachdenken wollten, müssten wir zuvor einen anständigen Rahmen dafür schaffen. Es gibt Bedürfnisse, die ich erfüllen möchte und welche, die du erfüllt haben möchtest. Aber eine Einführung in die Thematik ist nicht das Problem. Es geht mehr darum, wie. Wie stellt man sich das gemeinsame vor? Und so sehr ich dich die letzten Jahre auch begehrt habe, so wenig möchte ich eine Affäre. Die hatte ich in den letzten Jahren genug.", antwortete er ehrlich. Offensichtlich hatte Jan sich Gedanken dazu gemacht. Vielleicht nicht spezifisch zu mir, eher allgemein. Das Thema schien ihn beschäftigt zu haben.

„Du möchtest eine 24/7 Beziehung", flüsterte ich zögerlich. Immerhin war er Dom und er lebte in einem BDSM Club. Eine Sklavin auf Dauer? Das konnte ich doch niemals sein. Ich war keine Masochistin, mochte keinen Schmerz. Ich war nicht bereit etwas aufzugeben, einen Teil von mir. Und würden wir beide überhaupt harmonieren? Gemeinsam? Außerhalb des Festivals? Bei ernsten Dingen, wenn wir nicht gerade flirteten und uns triezten?

„Ja und Nein. Du denkst zu sehr in Schubladen. Ich möchte keine dauerhaft kniende Frau. Und auch keine, die sich selbst aufgibt. Aber ich möchte die Möglichkeit haben, auch außerhalb eines gewissen sexuellen Rahmens die Kontrolle zu übernehmen und die Richtung vorzugeben. Und gewisse Praktiken wie beispielsweise das Kissen vor dem Sofa, sind Rituale, die ich ebenfalls gern in meinen Alltag einbaue, auch wenn man gerade nicht in einem sexuellen Kontext steht", erklärte er ruhig. Als würde er gerade die Grundsteine für unsere Beziehung legen.

Mit einem kurzen Blick bedachte ich das Kissen, auf dem ich am vorherigen Abend noch gesessen hatte. Mir hatte das auch gefallen. Ob ich deswegen jetzt eine Sub war? Wohl kaum, aber ich fing an zu verstehen, was er meinte. Labels waren nicht hilfreich. Vorurteile auch nicht. Dabei hatte ich gedacht, dass ich schon so viel wusste. Und nun wurde ich eines Besseren belehrt. Die Partner machten ihre Regeln selbst. Aber wir waren noch keine Partner, nur Bekannte.

„Du willst deine Partnerin lieben", schlussfolgerte ich also nach einigen Momenten, woraufhin er nickte. Es hatte gedauert, bis ich den Zusammenhang verstanden hatte.

„Ich möchte in erster Linie eine Partnerin und in zweiter Linie jemanden, mit dem ich meine Neigungen ausleben kann. Es geht nicht nur um Sex", erwiderte er schlicht. Und er hatte in diesem Moment verdammt nochmal recht. Ich hatte mir stets immer nur die sexuellen Aspekte vorgestellt, aber das war falsch. Ich sehnte mich in erster Linie doch auch nach einem Partner und nicht nach der Hand auf meinem Hintern – die sich zufällig doch gerade dorthin schlich und fast schon gemein mit den Fingernägeln über die Haut auf meinem Hintern kratzte.

„Hey!", meinte ich gespielt empört, bekam aber nur ein leichtes Grinsen.

„Du liegst auf mir auf meinem Sofa. Was hast du erwartet? Ich musste doch schauen, ob du dich deiner Unterwäsche wieder bedient hast", konterte er schlicht.

„Aber ja, du hast Recht. Es geht nicht um Sex. Man muss miteinander auskommen. Der Rest folgt dann", war sein schlichter Kommentar, ehe er seine Hand von meinem Hintern nahm, die ich augenblicklich vermisste. Genauso wie seine Hand in meinem Nacken und das Bein an meinem Kopf. Ich genoss seine Nähe sowieso viel zu sehr.

Dabei hatte ich keine Ausrede mehr wie am Vorabend parat – es lag nicht an Müdigkeit oder Verzweiflung. Wir hatten uns kaum ein paar Stunden wieder, aber irgendwie war es, als hätten wir gar keine Pause eingelegt in den letzten Jahren. Ein wenig, als hätte ich ihn einfach zwei Tage später wiedergetroffen und wir hätten genau dort weitergemacht, wo wir aufgehört hatten. In einem ewigen Karussell aus Neckereien, Spielereien und vielleicht auch ein wenig Lust.

„Würdest du es drauf ankommen lassen?", fragte ich schließlich leise und unsicher. War es das was ich wollte? Eine BDSM Beziehung? Fuck ja. Aber mit ihm? Mit einem Club Besitzer? Mit einem Mann, der 20 Jahre älter war? Mit einem Mann, der mehr als zwei Stunden von mir entfernt wohnte? Einem, den ich nicht mal meinen Freundinnen vorstellen konnte? Immernoch ja. Das war keine rationale Entscheidung. Und vielleicht war es auch wahnsinnig. Ich kannte ihn doch kaum. Er war so viel weiter weg. So viel älter, hatte ganz andere Anforderungen an das Leben als ich.

Und trotzdem war er genau das, was mich gerade reizte. Vielleicht das, wovon ich die letzten Monate geträumt hatte. Ich war nicht unsterblich in ihn verliebt – vielleicht nur im starken Maße zu ihm hingezogen -, das stimmte wohl, aber das änderte nichts. Vielleicht ging es erstmal nur um das Genießen?

„Ob wir zueinander passen?", fragte er schließlich und nickte dann, mehr für sich selbst.

„Ich kann dich zumindest riechen. Wir teilen einen Humor und ich habe schon lange ein gewisses Verlangen nach dir. Bis auf das Alter spricht nichts dagegen", führte er noch an, woraufhin ich nickte. Das elendige Alter. 20 Jahre. Er hatte gerade seinen Führerschein bekommen, da war ich noch nicht geboren gewesen.

„Und wenn wir das ausblenden? Das Alter. Es ist doch nur eine Zahl, oder?", murmelte ich leise, halb zu mir selbst. Ich redete es mir selbst schön, so verzweifelt sehnte ich mich nach seiner Nähe. Als hätte man mir vor 5 Jahren einen Lolli genommen, den ich nicht vermisst hatte, aber sobald ich das angelutschte Ding voller Flusen in einer Ecke gefunden hatte, war das Bedürfnis weiter an ihm zu lutschen fast schon übermächtig geworden.

„Es hört auf eine Zahl zu sein, wenn ich bei deiner Familie am Frühstückstisch sitze und zwei Jahre jünger bin als deine Mutter.", erwiderte er schlicht. Das hatte ihn wohl auch schon länger beschäftigt.

„Es sind 7 Jahre, die du jünger bist als Mama. Und es stört mich nicht. Es hat mich nie gestört", antwortete ich ein wenig flunkernd. Ich hatte ihn früher weitestgehend ausgeblendet, was das anbelangte. Langsam glitt mein Blick über sein leicht zerknautschtes Gesicht, dass deutliche Falten auf der Stirn zeigte. Er dachte nach. Er dachte nach, während ich zwischen seinen Beinen auf seinem Bauch lag. Während meine Brüste sich an seinen Körper drückten und seine Hand wie von allein angefangen hatte meinen Rücken zu streicheln.

„Ich hätte die Schlagdinger lieber mit dir ausprobiert", gab ich dann ehrlich zu als ich merkte, dass er nicht sofort zu einer Antwort fand. Er schenkte mir dafür ein unsagbar beruhigendes Lächeln. Seine Augen freuten sich förmlich mit, als er sich aufsetzte und mich automatisch mit sich hochzog.

„Es spricht nichts dagegen, dass du dich über mein Knie legst, Elena", gurrte er regelrecht. Ich war mir unsicher, ob er es ernst meinte. Immerhin hatten wir gerade über ein ernstes Thema geredet. Außerdem, wer zog sich schon gern einfach aus, um sich den Hintern versohlen zu lassen? Ich hatte doch nur einen Witz gemacht.

„Jetzt? Aber ich habe doch nichts falsch gemacht!", zögerte ich, woraufhin er nur eine Augenbraue hochzog. Ok, scheinbar dann eben doch.

„Du hast einiges gemacht, aber das werden wir zunächst ruhen lassen", erwiderte Jan daraufhin. Nervös sah ich auf, als seine Hand sich um meine rechte Gesichtshälfte legte. Sein Daumen berührte federleicht meine Lippen, sodass ich kurz am Überlegen war meinen Mund für ihn zu öffnen. Darauf standen Männer doch, oder? Ich zuckte schlussendlich innerlich mit den Schultern. Selbst schuld, wenn er den Finger dorthin legte.

Meine Zunge schnellte heraus und zog ihn regelrecht in meinen Mund hinein. Einmal festgesaugt, erstaunte ich mich selbst. Zum einen, weil es in mir augenblicklich anfing aufregend zu prickeln. Zum anderen, weil ich nicht erwartet hatte, dass Jan so reagieren würde. Seine Augen wurden merklich zusammengekniffen, wodurch sie dunkler wirkten, während er ein Keuchen unterdrückte, das dennoch gepresst den Weg nach draußen fand. Es machte ihn furchtbar an. Ich machte ihn furchtbar an.

„Fuck it", knurrte er schließlich leise und ehe ich mich versah, hatte der Berg von einem Mann sich zu mir nach unten gebeugt und seine Lippen auf meine gepresst. Was dann geschah, hebelte mich komplett aus den Angeln. Er schmeckte unglaublich gut. Sein leichter Bart kratzte an meinem Gesicht, während seine Hand sich wieder an diese Stelle in meinem Nacken legte, um meine Position zu korrigieren. Dort, wo seine Hand zuvor misslich gefehlt hatte.

Ich war völlig damit eingenommen ihn zu schmecken und zu riechen, zu fühlen, wie er sich an mich schmiegte, als er schon meinen Mund vollständig in Beschlag nahm. Eine kurze Bewegung und seine Zunge steckte in meinem Mund. Himmel war er ein guter Küsser. Ich hatte schon ein paar Männer geküsst. Einige waren sehr gut gewesen, andere mittelmäßig. Ich konnte mich jedoch nicht daran erinnern, dass ein Kuss so herausragend gut gewesen war. Er war ein einfach verdammt süchtig machend.

Schwerst atmend löste ich mich von ihm und kippte nahezu gegen seine Brust, an die er mich drückte. Ich wusste nicht recht, ob das sinnvoll gewesen war. Aber ich wusste, dass ich diesen Kuss um nichts in der Welt hergeben wollte.

Die Hand in meinem NackenWhere stories live. Discover now