Kapitel X: Ein kleiner Kampf

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Ich musste eingenickt sein, denn als ich die Augen das nächste Mal aufmachte, beugte Jan sich über mich.

„Du scheinst den Schlaf momentan zu brauchen", meinte er sanft und strich mir über die Wange. Der Ärger war hinfort, sodass ich mich ein wenig zu ihm drehte.

„Oh, ist die Sonne schon fast weg?", fragte ich und warf einen Blick auf den Himmel. Sie war bereits hinter den Bäumen verschwunden, was es ein wenig kühler machte.

„Ja, ist sie. Wenn du noch einmal reinspringen möchtest, hast du jetzt die Chance dazu. Ansonsten anziehen und ab nach Hause", erklärte er. Kurz überlegte ich, schüttelte dann aber den Kopf. Jetzt wo die Sonne fehlte, war es mir ein wenig zu frisch zum Baden.

„Gut", meinte er und rückte ein wenig von mir ab, dass ich mich aufsetzen konnte. Jan räumte, während ich mich anzog, die Sachen zusammen, sodass wir schnell bereit waren zum Aufbruch. Die kleine Steinsammlung nahm er mir aus der Hand und packte sie in ein Fach seiner Tasche, in der er alles wichtige transportiert hatte. Auf meinen fragenden Gesichtsausdruck hin, lächelte er nur:

„Damit sie sicher mitkommen", erklärte er und hielt mir dann die Hand hin. Mein Missmut war mir nicht entfallen, aber ich entschied mich es ruhen zu lassen und ergriff daher die Hand, folgte ihm zu seinem Audi. Sein Freund war noch immer nicht da, was mich fast schon erleichterte. Fremde Leute kennenlernen stand aktuell nicht auf meiner Wunschliste, wobei ich mir auch nicht richtig sicher war, was überhaupt draufstand. Ich fühlte mich ein wenig irritiert, konnte das aber nicht richtig zu ordnen. Hatte mich der untersagte Orgasmus so sehr mitgenommen? Oder die Tatsache, dass er das erste Mal den wirklichen Dom hatte raushängen lassen?

Die Autofahrt verlief schweigend. Jan hing seinen Gedanken nach, ebenso wie ich. So bemerkte ich es fast nicht, dass wir angekommen waren, hätte Jan mich nicht angestupst, bevor er ausstieg. Wieder lenkten mich meine Gedanken ab, fragten mich, ob ich nicht vielleicht eher ein Problem damit hatte, dass wir keinen festen Rahmen gesetzt hatten. Waren wir grad im Spiel, waren wir es nicht? Es war sehr viel.
Vor mich hinstarrend, wenn auch aus dem Auto gestiegen, blieb ich stehen und sah zur Scheune. Was da wohl drin war? Er hatte mir noch nichts dazu gesagt. Es sah jedoch aus, als wäre es ausgebaut worden. Zumindest waren die Fenster neu und die Fassade gemacht.

„Was ist da drin?", fragte ich ihn, wo er gerade die Tasche geschultert hatte. Er runzelte die Stirn, legte die Tasche dann aber wieder ab und trat neben mich. Wortlos holte er einen Schlüssel heraus und öffnete dann das Schloss an der Tür, die in ein großes Tor eingebaut war. Ich erwartete fast einen alten Traktor oder alte Stallboxen von Hühnern, war aber umso überraschter, als ich den Parkettfußboden sah, den der Eingangsbereich hergab. Von der großen Halle aus gingen drei Türen ab.

„Links befindet sich mein kleiner Speicher. Rasenmäher, kleiner Pool und so weiter. Eine Abgrenzung für das Hundegitter von Steffis altem Hund, der mittlerweile tot ist und was man eben so braucht. Ich hatte den Raum ursprünglich als Partyraum ausgebaut, bis dann irgendwann das Lager draus wurde. Die Tür in der Mitte führt zu einem kleinen Bad, damit meine Gäste nicht immer rüber ins Gästebad mussten und hier", meinte er und schloss dann die rechte Tür auf, die noch einmal extra gesichert war durch ein Schloss," geht es zu dem Raum, den ich dir eigentlich erst zeigen wollte, wenn wir beide etwas sicherer sind zusammen", erklärte er mir, öffnete dann aber die Tür und griff um die Ecke um das Licht einzuschalten.

Ich brauchte kurz, um mich an den Lichteinfall zu gewöhnen, denn durch die nur spärlichen Fenster war das Licht lang nicht so hell wie außerhalb der Scheune. Seine Worte hatten mich jedoch schon vorgewarnt und ich ahnte, was sich darin befand.

Vor meinen Augen lag ein riesiger Raum mit weißen Wänden und demselben Boden, der auch im Eingangsbereich lag. Der Rest, der im Raum stand, war schwarz. Von einem Andreaskreuz, mehreren Vitrinen bis hin zu etwas, was wie ein Bock aussah. Von der Decke hingen mehrere lange Ketten, an denen Dinge befestigt werden konnten und eine Ecke war gefliest, wenn mich das auch ein wenig irritierte.

„Oh", erklärte ich und schüttelte dann den Kopf.

„Mir hätte klar sein müssen, dass du auch hier Spielzeug hast und ich habe mich schon gefragt, wo du das im Haus lagerst. Es ist mir gar nicht in den Sinn gekommen, dass die Scheune dafür herhält", gab ich ehrlich zu und ging langsam hinein. Der Dungeon in seinem Club war furchteinflößender gewesen. Trotzdem machte es mich stutzig, wie professionell das alles aufgebaut war. Meine Gedanken rasten, ehe ich mich zu ihm umdrehte.

„Du hast auch hier schon BDSM Partys geschmissen, nicht wahr?", hakte ich nach, woraufhin er nickte.

„Wie gesagt, ich habe das Haus jetzt 15 Jahre in etwa und war damals schon recht umtriebig in der Szene. Lange Zeit hatte ich keine feste Partnerin und wenn ich eine hatte, hieß das nicht, dass wir nicht doch mit anderen gespielt haben. Ein Freund von mir, der, den du heute hättest kennen lernen sollen, hat ebenfalls einen Club, aber einen, wo auch das normale Fußvolk mitläuft. Er ist nicht ausschließlich für unsere Fetische ausgelegt, auch wenn sich dort viele getroffen haben. Das hat mir damals nicht gereicht und nachdem mein Stammtisch auch deutlich unzufriedener wurde, als immer mehr Softies sich dazu gemischt haben, habe ich die Scheune einfach ausgebaut.

Es war nicht immer geöffnet, aber alle Personen, die ich gut kannte, konnten den Raum quasi mieten, ohne Entgelt selbstverständlich. Der Ansturm war riesig und weil wir das Gefühl hatten, dass wir etwas mehr brauchten, haben wir irgendwann angefangen hier richtige BDSM Veranstaltungen zu machen. Exklusive Daten, reingekommen ist nur, wer gekannt wurde. Der Bereich drüben war eine Lounge, hier drüben konnte man sich vergnügen. Als das Konzept aufging, habe ich es auf das Anwesen übertragen, das ursprünglich als Golfhotel gedacht worden war. Es brauchte ein wenig Umbau Arbeiten, aber am Ende hat es gut funktioniert. Und obwohl es eine Stunde entfernt ist, gibt es viele, die diesen Weg von hier auf sich nehmen, auch in der Woche", er lächelte vorsichtig und trat an mich heran.

Ich war bei seinen Worten umhergewandert, hatte gefühlt schon alles einmal angefasst. Die Dildo-Sammlung war groß und erinnerte mich in etwa an die, die er in seinem Regal im Club hatte.

„Aber das ist lang vorbei. Meine letzte Partnerin, die, wie du ja weißt ein paar schlechte Erfahrungen gemacht hat, hatte hier einen starken Nervenzusammenbruch. Das hat jedem den Abend ruiniert und unsere damalige Beziehung zerstört. Seitdem ist hier keine Party mehr gewesen und auch keine Sub. Ich spiele, wenn ich es denn tu, seitdem nur noch im Club.", erklärte er mir und legte seine Hände an meine Oberarme, damit ich zu ihm hochsah.

Ich verstand, was er damit sagen wollte. Ich war eine Ausnahme. Vier Jahre lang hatte er keine Frau mehr für diese Dinge hier gehabt. Und mich hatte er einfach so mitgenommen.

„Du bist deswegen manchmal so vorsichtig, nicht?", hakte ich schließlich nach und legte meine Arme um seine Mitte. Er atmete tief durch und nickte schließlich.

„Ja. Du bist Anfängerin und ich hatte oft nur sehr gut ausgebildete Spielpartnerinnen. Neulinge haben mich selten interessiert, weswegen meine Erfahrung bei der Einführung nicht sonderlich stark ist. Ich habe Angst dich zu überfordern, möchte dir aber gleichzeitig das geben, was du brauchst. Und dann schwebt da noch eine Frau herum, die psychisch so durch war, dass sie mir fast meine Lust genommen hätte", er schüttelte den Kopf und beugte sich dann zu mir hinunter.

„Ich würde dich gern mehr leiden sehen, aber ich weiß, dass du noch nicht so weit bist. Trotzdem ist es schön, dass du mir so sehr vertraust. Und auch wenn dir etwas nicht gefällt, so wie heute Nachmittag, dann wirst du schnell merken, dass vieles meinem Vergnügen dient, aber in der Regel noch etwas anderes dahintersteckt. Ich quäle mit System", erklärte er, grinste aber zum Ende hin.

„Mit System?", kicherte ich und schüttelte leicht den Kopf, wurde dann aber wieder ernst.
„Es verunsichert mich einiges. Ich versteh, warum du so wechselst, aber für mich ist es auch nicht leicht. Ich weiß nicht, warum du mich so stark anziehst, wenn du so kalt bist. Warum es mich anmacht, wenn du deine Augenbraue hochziehst und so hinterhältig schnalzt, als wäre ein ekeliger, flaumiger Belag auf deiner Zunge", ich schüttelte mich kurz, fing mich aber wieder.

„Ich bin Sadistin, weißt du. Ich genieße es, wenn andere leiden. Wirklich. Wenn du dir meine Porno Sammlung anschauen würdest, würdest wahrscheinlich selbst du die Hände in die Hand nehmen und laufen. Trotzdem macht mich das alles an und das ist einfach so scheiße verwirrend, Jan. Ich will mich emanzipieren und dir sagen wo es lang geht und gleichzeitig, dass du mich Kleines nennst und mir den Kopf tätschelst, wenn ich etwas gut gemacht habe.", versuchte ich ihm zu erklären und seufzte dann auf. Das fühlte sich so schwer zu beschreiben an, als hatte ich den Faden für kurze Momente in der Hand, aber er entglitt mir immer wieder, sobald ich richtig zufassen wollte; sobald ich verbalisieren konnte, was in mir los war.

„Ich will es nicht mögen, aber ich mag es. Und dann ist das alles so rahmenlos. Alles was ich weiß basiert auf Absprachen und Regeln und Safewörtern und regelnden Rahmen. Und du gehst so anders an das Thema heran. Du lässt uns auf der Ebene, dann wieder nicht, dann bist du dominant, dann sanft und sagst mir gleichzeitig, dass ich es mit einem Stopp beenden kann. Und ich kann dich kaum einschätzen. Der Mann, den ich kannte, der bist du nur halb. Diese Seite an dir ist neu und die Ebene, die wir einmal hatten, all das Geflirte und diese Lust, die ist jetzt anders", floss es aus mir heraus. Einfach so. Wie ein Wortschwall aus Suppe, der mich den Mund nicht mehr schließen ließ.

Ich verstand ihn ja, verstand, warum er so zögernd war. Trotzdem machte es das nicht leichter. Eine Weile sagte er nichts und musterte mich intensiv. Ich konnte nicht ablesen, was er dachte, hatte fast Angst, dass er mich wegschicken wollte. Immerhin war er ein Dom und ich im besten Fall eine Switcherin.

„Ich habe geglaubt, dass ein erstes Herantasten ohne Rahmen besser wäre für dich. Wenn ich die festen Rollen einnehme, dann wechsle ich nicht gern. Ich bevorzuge eine Art 24/7, wobei das wohl im Grunde der falsche Begriff ist. Im Alltag bist du einfach du, aber wenn ich das Gefühl habe, eingreifen zu wollen oder gar zu müssen, dann nehme ich das auch an. Wenn es dir hilft, können wir versuchen einen festen Rahmen zu basteln. Aber so agiere ich sonst nicht. Ich kann nicht den lieben langen Tag nett zu dir sein und dir alles durchgehen lassen und dann abends, wenn wir uns verabreden, auf einmal ein Dom. Ich bin immer, wer ich bin. Und ich glaube, dass das bei uns beiden kein Hindernis sein muss", wählte er seine Wort eher bedächtig, während seine Finger in meinem Haar spielten. Ich verstand irgendwie, was er damit meinte. Aber wie sollte ich lernen es umzusetzen? Wie sollte ich wissen, wann er gerade Dom und wann er gerade einfach nur Schmuse-Jan war?

„Du passt dich herausragend an, wie man heute Mittag auf dem Sofa gesehen hat und auch heute Nachmittag auf der Decke. Auch wenn wir uns in diesem Sinne noch nicht so lang kennen. Aber wir lernen uns kennen und das gerade auf einer Basis, die wir eben zuvor nicht hatten. Es ist normal, dass es dich zuerst verwirrt. Die Sicherheit kommt mit der Zeit, genauso wie das weitere ausleben. Und ja, du hast Recht. Wenn wir weiterspielen wollen, dann müssen wir uns langfristig Gedanken machen, wie das von statten gehen soll. Das stimmt. Aber da ich mir nicht sicher war, ob du überhaupt etwas Langfristiges anstrebst, wollte ich das zunächst außen vorlassen", erklärte er. Seine Stimme war leise, hatte aber eine gewisse Strenge angenommen. Etwas, das ich mochte.

„Du bist dir nicht sicher, wie langfristig das ist?", fragte ich nach. So hatte es sich angehört und irgendwie zog es mir die Füße gerade ein wenig weg. Glaubte er, ich war nur kurzfristig da? Eigentlich war ich das, aber die letzten zwei Wochen hatten mich so verändert. Und ich kannte ihn doch schon eine Ewigkeit. Er gab mir Sicherheit und Halt, den ich gerade benötigte – wollte ich das aufgeben?

„Das hast du falsch verstanden. Ich weiß nicht, ob du etwas Langfristiges möchtest. Ich verstehe, dass diese Art von Sex dich reizt. Du hast kaum Erfahrungen und ich kann dir diese bieten. Ich möchte nur nicht, dass du dich an etwas klammerst, aber alles Weitere nicht bedenkst. Bist du dir sicher, dass du mich auch willst? Oder ist das gerade nicht ein wenig Nähe mit gutem Sex?", fragte er deutlich sanfter als zuvor. Das half ihm nur leider trotzdem nichts.

„Du glaubst nicht ernsthaft, dass ich hier bin für den Sex, oder?", zischte ich aufgebracht und kniff die Augen zusammen, löste mich augenblicklich von ihm.

„Es war nicht geplant, in deinen Club zu kommen, Jan. Und ich hatte auch was anderes vorgehabt als mit den Klammern herum zu laufen. Natürlich ist das großartig und natürlich reizt es mich, gerade weil du ein Dom bist", knurrte ich ihm umhertigernd entgegen.

„Aber glaubst du wirklich, ich hätte es so scheiße nötig einfach den erstbesten alten Sack zu nehmen, der mir in die Augen schaut? Ich hätte verdammte scheiße in jeden Club in ganz Berlin gehen können. Glaubst du echt, ich kenn die Adressen nicht? Bin ich aber nicht. Stattdessen habe ich zwei Wochen dagesessen und mir Gedanken gemacht, was du gerade machst, ob du mich vermisst!"

Ich redete mich immer mehr in Rage, die Wut tief in meiner Brust, bis ich es fast nicht mehr aushalten konnte. Als würde ich mich jedem an den Hals werfen! Als würde ich nur den Sex sehen! Mit einem wütenden Aufschrei boxte ich gegen den Bock, der mir den Weg versperrt hatte, zischte dann aber laut auf. Der hatte definitiv mehr Kraft als meine Hand, auch wenn ich mich nicht ernsthaft verletzt hatte.

„Verdammte scheiße! Ich habe mir Sorgen gemacht, dass du mich nicht willst! Dass du nur die dumme Ausschankkraft siehst, die dich jährlich abgefüllt hat! Was weißt du denn schon noch von mir, bei dem ganzen Alkohol, hast mir doch eh nur auf die Brüste gestarrt!"

Ich merkte, dass mir die Tränen liefen, erst, als Jan mich umschlang und an sein Hemd drückte. Mein Gesicht klebte durch die Nässe an ihm fest und ich fuhr fertig über die Nassen spuren. Er hatte mich schon wieder so weit gebracht. Niemand stritt sonst mit mir, außer meine Familie und er fand den Zugang einfach so. Bei all den Vorwürfen hätte er noch dazu jedes Recht gehabt sauer zu sein, aber das war er wohl nicht. Vielleicht hatte er aber auch einfach Erfahrungen mit Frauen, die an ihre Grenzen gingen und das hier, das war gerade meine.
Brummend strich er mir über den Kopf, immer und immer wieder, säuselte mir etwas beruhigendes ins Ohr, dass ich nicht richtig verstand, weil mich ein nervtötender Schluckauf ergriffen hatte.

„Sieh mich an", seufzte er leise und zog mein Kinn nach oben. Fertig schniefte ich und folgte seiner Bitte. Es polterte in mir. Wut, Angst, Gefühle, die ich nicht beschreiben wollte oder konnte.

„Ich habe dich schon immer begehrt, auch, als es eigentlich nicht okay war. Du bist wunderschön und schlau und unglaublich ehrlich. Ich wollte dir keinesfalls unterstellen, dass du nur hinter dem Sex her bist, aber ich könnte es verstehen, wenn du diese Chance nur als Selbstfindung sehen würdest. Ich nehme, was ich bekomme, Elena. Solange du es mir geben willst."

Ich brauchte kurz, versuchte den Schluckauf los zu werden, schaffte es aber nicht richtig und schniefte noch einmal auf, schüttelte hilflos den Kopf.

„Ich will keine Selbstfindung. Und ich will auch nicht morgen gehen. Ich will auch nicht, dass du mit irgendeiner anderen Frau schläfst oder so. Ich möchte kein Projekt sein", hickste ich wenig attraktiv und ärgerte mich über mich selbst. Konnte ich nicht auch einfach mal perfekt aussehen? Mich perfekt verhalten? Ein einziges Mal wie aus dem Bilderbuch? Ohne Tränen, Rotznase, Schluckauf, verquollene Augen?

„Ich will dich. Ich will, dass du mich im Arm hältst, mich an meine Grenzen bringst. Ich will dich ärgern, will dich auf die Palme bringen. Ich will dich schnarchen hören und dich vielleicht auch mal meinen Orgasmus unterdrücken lassen", gestand ich leise, wagte es aber nicht ihn anzusehen. Es war zu früh, um über Gefühle zu reden. Eigentlich viel zu früh und er war doch alt genug, um es besser zu wissen. Trotzdem verstand er mich scheinbar, denn er beugte sich zu mir hinunter und gab mir einen federleichten Kuss auf die Lippen.

„Ich kann ein anstrengender Mann sein, Kleines. Und es wird gewiss nicht immer einfach. Dessen solltest du dir bewusst sein. Nicht zuletzt, weil wir beide auf kurz oder lang eine Strategie benötigen, um den Teil in dir zu befriedigen, der sich nach Unterwerfung sehnt. Und, und ich bitte dich das nicht zu vergessen, weil ich einen Sex Club besitze. Es ist Teil meines Jobs auf Sexpartys teil zu haben und das bedeutet nicht nur, ab und an eine zu veranstalten. Es wird erwartet, dass ich anwesend bin und auch wenn ich es in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren habe, war ich immer gern bei anderen Spielen dabei. Treue ist ein schwieriges Konzept in diesem Business", gab er mir zu bedenken, woraufhin ich nickte.

„Wenn ich dabei bin, wenn ich es weiß, wenn ich Teil haben darf, dann, dann kann ich damit vielleicht leben", gestand ich leise.

„Aber ich würde niemals wollen, dass du dich ohne mich mit Jemandem triffst. Ich weiß, das ist viel verlangt, weil, wir sind ja nicht zusammen oder so, aber ich; wir-", versuchte ich es irgendwie zu formulieren, was sich geschwürartig in mir ausdehnte. Eifersucht? Angst?

„Das ist vollkommen in Ordnung. Ich erwarte diese Art von Bindung schließlich auch von dir, wenn wir uns auf etwas längerfristiges einlassen", sagte er sanft und zog mich dann fest in seinen Arm. War das ein Go für die Zukunft? Vielleicht. Mit Sicherheit mussten wir beide erstmal schauen, wie wir zusammenpassten. Wie es gerade jetzt in der nächsten Woche im Alltag werden würde. Wie ich meine Eifersucht in den Begriff bekam und viel wichtiger noch: Wir mussten unsere Wellenlänge finden.

„Dann bin ich nun deine Sub?", fragte ich leise, ein wenig verwirrt. Er grinste leicht und schüttelte den Kopf.

„Du bist meine Partnerin. Schrenk dich nicht auf den Sex ein", erklärte er und ich seufzte leicht, wollte mich schon in seinen Arm lehnen. Dann merkte ich jedoch die Wand in meinem Rücken und sah verwirrt auf. Mit einem Ruck hatte er meine Hände über meinen Kopf gepinnt und legte den Kopf schief, sah mich mit verengten Augen an. Er hatte mich während des Gesprächs hinüber gelotst, hatte die Chance ergriffen mich einzuengen.

„Und nur damit das klar ist: Ich kann mich an jedes einzelne Wort von dir erinnern, du Fantasy Geek und Bücherwurm. Ich vergesse nichts, was mit dir zu tun hat, verstanden?"

„Ja, Jan", piepste ich automatisch, woraufhin er meine Hände wieder hinunternahm und zufrieden nickte.

„Komm. Ich denke, der Raum hat uns beiden heute genug abverlangt. Oder möchtest du noch etwas mit rüber nehmen?", fragte er mich, während er mich von der Wand ein Stückchen wegzog und mir dann liebevoll über die Wange strich. Der Wechsel irritierte mich wieder ein wenig, aber ich verstand ihn jetzt besser. Zumindest fühlte es sich so an.

Zaghaft sah ich zu den unterschiedlichen Dingen, die an der Wand hingen und griff dann zu einem Holzdildo, zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Es sei denn, du hast noch einen Satisfyer im Angebot", erklärte ich, woraufhin er in die geflieste Ecke des Raumes ging und eine Schublade öffnete.

„Den normalen oder mit Vibration?", fragte er beiläufig, während ich ihm schnell folgte um einen Blick auf die Auswahl zu werfen. Er redete darüber, als würde er mir gerade einen Löffel aus der Küche mitbringen. Schamgefühl hatte er wohl nicht.

„Du weißt schon, dass das verdammt viel Geld ist, was hier rumliegt, nicht?", hakte ich nach und griff mir den mit Vibration. Den hatte ich auch Zuhause und mochte ihn. Gleichzeitig warf ich einen Blick auf die unterschiedliche Massagestäbe, wie die großen Vibratoren genannt wurden, die angeblich jeder Frau das Hirn aus dem Kopf pusteten.

„Hmm, ab gewissen Auftragsvolumen wird es günstiger und da ich nicht nur diesen Raum ausgestattet habe", er zuckte mit den Schultern und nahm den Massagestab heraus, den ich beäugt hatte.

„Wieso ist die Ecke gefliest?", hörte ich mich fragen, ehe ich darüber nachdenken konnte. Es war klar, dass es um Flüssigkeiten ging, aber er würde doch mit Sicherheit kein Waterboarding veranstalten, oder?

„Es gibt im BDSM eine ziemliche Bandbreite an unterschiedlichen Fetischen. Doktorspielchen gehören dazu, wie du vielleicht weißt", er wartete ab, bis ich nickte," Den Gynstuhl habe ich damals weggelassen, weil er nicht ganz meinem Geschmack entspricht. Ich sehe mich in diesem Feld nicht ganz platziert, aber schon am Rande. Ich habe jedoch eine Vorliebe für schöne Hintern, wie du heute Morgen mitbekommen hast und die benötigen vor ausgiebigen Spielen manchmal eine gewisse Art der Reinigung. Das kann eine Sub im privaten im Bad machen, aber es gibt Menschen, die es genießen das Ganze in das Spiel mit einzubauen. 24/7 Beziehungen gehören dort oft dazu", erklärte er und ich nickte eifrig, wurde rot.

Da hätte ich auch selbst draufkommen können. Immerhin gehörte der Suchbegriff ‚Enema' auch zu meinem Repertoire, wenn man sich meine Favoriten so anschaute. Das hieß nicht, dass ich ihm das unter die Nase reiben würde. So wie ich ihn kannte, brauchte ich das gar nicht. Das hatte er mir mit Sicherheit schon an der Nasenspitze angesehen.

„Möchtest du mir vielleicht etwas sagen?", fragte er schließlich, als ich verlegen auf meiner Unterlippe kaute. Das war so klar gewesen.

„Ich weiß vielleicht, wovon du redest", gab ich also leise zu und starrte auf die Spielzeuge in meiner Hand.

„Hm, tust du das? Und kennst du dich in diesem Bereich gut aus?", hakte er wie beiläufig nach, während er die Schubladen alle ordentlich schloss.

„Ich habe es noch nie gemacht, oder so. Aber ich, äh, vielleicht?", erwiderte ich zaghaft und wich seinem Blick aus, drehte mich lieber herum und verschwand schon mal aus dem Raum. Damit war ich nicht unehrlich gewesen und hatte auch keine Anweisung verweigert. Schlaues Mädchen, sozusagen.

Jan hatte mich jedoch schneller eingeholt, als ich erwartet hatte und lief zunächst schweigend mit mir zum Auto, um die Sachen zu holen. Schon etwas skurril, als ich vollbeladen mit Dildo und Vibrator über den Hof stapfte – nicht, dass mich jemand außer ihm hatte sehen können.

„Zählt das zu den Dingen, die du noch machen möchtest?", fragte er, als ich mich neben ihn gestellt hatte, um mit meiner freien Hand nach der Decke zu angeln.

„Äh, auch vielleicht?"

„Gilt nicht, Elena", schnurrte er mit tiefer Stimme und engte mich ein wenig am Auto ein. Fluchtweg abgeschnitten, die Hand noch nicht unter meinem Kinn. Trotzdem hob ich es brav und sah ihm zaghaft in die Augen.

„Ja?", erwiderte ich daraufhin kleinlaut. Ja, es gehörte zu den Dingen, die ich ausprobieren wollte. Andere fanden das komisch, oder ekelig. Ich stellte es mir aufregend vor, war ja ohnehin sehr sensibel bei analen Dingen. Naja, bis auf das Ausleeren, das war für mich noch ein wenig komisch in Gedanken.

Das reichte ihm anscheinend, denn er nickte und holte den Rest aus dem Kofferraum, ließ mich schon einmal vor gehen.

„Nachttisch", wies er mich knapp an, als ich ihn fragte, wo ich das Spielzeug hinlegen sollte. Das war einleuchtend, immerhin wollte er sich mit Sicherheit nicht, dass seine Schwester den Kram mal fand.

„Jan? Weiß Steffi eigentlich von deinen Vorlieben?", fragte ich, was mir in diesem Moment in den Kopf geschossen war.

„Wir sind Zwillinge, Elena. Wenn auch nicht eineiig. Sie weiß fast immer, was in meinem Kopf vor sich geht, wie eine alte Hexe. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob sie mir nicht irgendein Implantat hat einsetzen lassen, als ich in der Jugend mal betrunken war. Aber mittlerweile glaube ich, dass es weiblicher Instinkt ist. Außerdem reden die Leute gern", seufzte er und legte die Decke in den Hauswirtschaftsraum, musterte mich, wie ich noch beladen im Flur stand.

„Ich habe einige Zeit damit verbringen müssen ein Machtwort zu sprechen, sodass immerhin die Jungs davon nichts mitbekommen. Aber mein Ruf eilt mir durchaus voraus. Ein weiterer Grund, warum ich nicht direkt im Dorf wohne. Ich würde behaupten, es gibt einige ältere Damen, die wahnsinnige Geschichten von mir erzählen von Vergewaltigungen und Mord", seufzte er leise auf, was mich sofort ein wenig traurig stimmte.

Vorurteile eben. Er hörte härtere Musik, auch gern mal Metal und besaß einen Sex Club. Dass es im Dorf viel Gelaber gab, war mir klar, aber so wollte ich es mir gar nicht ausmalen. Was die wohl sagen würden, wenn ich mal an seiner Seite erscheinen würde? Ein kleines, dummes Ding?

„Das tut mir leid", murmelte ich und half ihm kurz die Sachen aus der Tasche auszupacken, legte das Spielzeug so lang einfach woanders ab.

„Das ist nicht deine Schuld und benötigt kein Mitleid von dir. Ich habe mich schnell damit arrangiert, dass meine Vorlieben, auch wenn ich sie nicht an die große Glocke hänge, nicht nur mein privates, sondern auch mein öffentliches Leben mitbestimmen werden", erwiderte er schließlich und strich mir mit der Hand über den Kopf. Sein Blick war leicht besorgt, aber ich wollte jetzt nicht daran denken, was ihn quälte. Es gab scheinbar einige Aspekte, die er immer im Hinterkopf hatte. Dafür empfand ich ihn als umso stärker.

„Okay, ich bring kurz die Sachen nach oben, ja?", fragte ich zaghaft und bekam dann ein Nicken von ihm.

Es folgte ein gemütlicher Abend. Nach einer kurzen Dusche um den Sand loszuwerden, machten wir es uns draußen auf der Terrasse bequem um zu Abend zu essen. Dieses Mal hielt der Döner her, den Jan kurzfristig aus dem nächsten Dorf geholt hatte. Keine kulinarische Empfehlung, aber solide und Hunger stillend. Die Berliner Döner waren trotzdem besser. Es folgte ein bisschen Verdauungsnickern auf der Terrasse, ehe wir uns ins Haus zurückzogen.

Mit glühenden Wangen hatte ich mich nackt auf das Sofa gesetzt und war fast schon ein wenig dankbar gewesen, dass es aus Leder war. Sonst hätte man da mit Sicherheit sonst welche Spuren gesehen, nachdem ich in meinem kleinen Träumchen über die Dinge nachgedacht hatte, die ich in der Scheune gesehen hatte. Jan schien nicht daran zu denken, legte aber, bevor ich mich zurücklehnen konnte, demonstrativ ein Kissen vor das Sofa und beobachtete mich danach nicht mehr.

Ich verstand dennoch und ließ mich darauf nieder. Es war bequem, bequemer sogar als das Kissen im Club Haus und breit genug, dass ich mich im Schneidersitz drauf setzten konnte. Wortlos lehnte ich mich gegen sein Bein, wartete darauf, dass seine Hand sich endlich genüsslich langsam in mein Haar schob, um mich dort zu kraulen.

„Braves Mädchen", nuschelte er leise, woraufhin ich ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. Warum machte mich das nur so an?

„Ich denke, es wird Zeit, dass wir ein wenig über unsere Vorlieben reden", ertönte nach einer Weile Jans Stimme. Sofort wurde ich unruhig, nickte aber zustimmend. Er hatte recht. Einen fragenden Blick nach oben werfend, lehnte ich mich noch ein Stück nach hinten und wartete ab.

„Ich habe hier eine Liste ausgedruckt. Die empfehle ich ganz gern auch Neueinsteigern, weil sie recht umfassend ist. Wir können Stück für Stück durchgehen, abhaken, wegstreichen. Dann gibt es immerhin einen groben Rahmen und das hilft vielleicht auch ein wenig lockerer zu werden. Auf kurz oder lang müssen wir neben deinen Vorlieben nämlich vor allem herausfinden, was dir an diesen Dingen so gefällt."

„Wie meinst du das?", hakte ich zaghaft nach.

„Hmm", überlegte er kurz und fand dann scheinbar ein Beispiel:

„Sieh es so. Ich bin ein Sadist, das bedeutet, ich sehe Menschen gern leiden. Aber das Leiden an sich, ist Teil von vielen Dingen, die man tun kann. Schmerzen beispielsweise, Orgasmus Kontrolle, aber auch das Spiel mit Strom. Wenn man sich meine Vorlieben anschaut, dann ist klar erkenntlich, welches Muster sich da durchzieht und das sind vor allem meine Neigung dazu, Frauen an den Rand zu bringen, meistens, bis sie weinen und meine Kontrollsucht. Thomas beispielsweise, den du im Club kennen gelernt hast, ist ebenfalls ein Dom. Für ihn sind Tränen aber nicht hauptsächlich anziehend, sondern das Gefühl von Macht und damit einhergehend Leid. Er fesselt gern, er degradiert gern und quält, wobei es nicht zwingend notwendig ist, dass sein Partner dabei Schmerzen im eigentlichen Sinne hat. Er soll sich nur geringer fühlen als er selbst. Das zeichnet sich dann auch in seinen Vorlieben aus. Thomas fesselt beispielsweise gerne kompliziert mit Seilen, bis seine Partner wie in einem Spinnennetz von der Decke hängen und lässt sie dort hängen, bis diese um Gnade betteln. Das ist mir zu aufwendig. Natürlich kann man das machen bei Bedarf, aber grundsätzlich kette ich meine Partnerinnen an, damit sie stillhalten und sich mir hingeben.", erklärte er mir und ich nickte. Das hörte sich einleuchtend an.

„Wenn wir bei dir herausfinden, dass du gewisse Dinge gern magst, finden wir also vielleicht ein Muster und auf dieser Basis können wir denn besser feststellen, was dir ebenfalls noch gefallen könnte. Das ist ein Prozess und deine Vorlieben werden sich mit Sicherheit immer ein wenig verändern, aber ich denke, es würde eine gute Voraussetzung ergeben."

„Okay", meinte ich und sah ihn fragend an, während er die Liste, die sich über zwei A4 Seiten streckte, ausfaltete und anfing mich abzufragen. Eine Dinge waren leicht zu beantworten. Anal mochte ich, vaginal logischerweise auch. Andere Dinge waren schwerer zu beschreiben. Deepthroat war in der Theorie heiß, in der Praxis aber ein No-Go, weil ich nicht würgen wollte. Trotzdem faszinierte es mich. Und dann gab es wieder andere Dinge, die ich nicht mal vom Namen her kannte.

„Was bedeutet Formicophilie?", fragte ich daher. Jan seufzte auf.

„Das ist ein Nischen-Fetisch, würde ich behaupten. Dabei finden es Personen anregend, wenn Insekten mit im Spiel sind", erklärte er. Ich schüttelte mich. Das war definitiv nicht mein Ding. Was sollten die auch tun, mich mit Heuschrecken füllen?
So ging es weiter und weiter, bis wir endlich bei Z ankamen.

„Züchtigung", erklärte er und warf mir einen Blick zu, grinste dann aber.

„Bisher positiv, kommt aber mit Sicherheit auf die Intensität an. Wobei ein wenig Training da manchmal auch wahre Wunder wirkt. Also, wenn ich nicht falsch liege, ist hier einiges aufgelistet."

„Einiges, das du mir nicht zugetraut hättest?", neckte ich ihn.

„Dass du einen leichten Kink hast, habe ich vermutet. Aber dass du derart auf den, nennen wir es mal medizinischen Bereich, ansprechen würdest, hatte ich nicht erwartet. In der Theorie magst du sehr viele Dinge. Das ist gut und die Überschneidungen sind auch nicht wenig, was uns die Sache leichter machen sollte. Dennoch habe ich eine Bitte an dich", erwiderte er ruhig und begutachtete mich nebenher.

„Du hast schon ein paar Mal Favoriten oder Listen erwähnt. Die würde ich gern sehen", erklärte er mir und ich schluckte. Das konnte er doch nicht von mir verlangen. Da waren alle meine geheimsten Wünsche drauf – er würde alles von mir wissen. Aber Jans Bitte ließ keinen Widerspruch zu.

Die Hand in meinem NackenWhere stories live. Discover now