Kapitel XVIII: Eine Begegnung am See

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Jan bestrafte mich mit Schweigen. Er ging nicht weg, wurde nicht aggressiv, aber er wollte auch nicht reden. Immer und immer wieder lief er unruhig im Wohnzimmer umher, blieb stehen, seufzte, schüttelte wieder den Kopf. Er machte sich Sorgen. Und ich wünschte mir, ich könnte irgendwas tun. Er hatte mir deutlich gemacht, dass er keine Lust hatte mit mir zu diskutieren. Ich hatte meine Kompetenzen überschritten und mich danebenbenommen. Und nun ließ er mich nicht helfen.

Es verging eine Ewigkeit so, in der er immer und immer wieder abblockte, mich mit Ignorieren strafte. Dabei war es irgendwann so weit, dass ich mir fast wünschte, er würde mich einfach übers Knie legen und damit wäre die Sache gegessen. Aber die sexuelle Spannung zwischen uns war wie weggeblasen. Gleichzeitig nahm Jan sich auch nicht mehr zurück, so wie er es sonst tat. Die Filterblase, die er scheinbar so oft vor seine Augen legte, war weg. Und seine Blicke tödlich als ich irgendwann zögerlich aufstand.

Ich wusste selbst nicht genau, was ich damit bezwecken wollte. Aber auf dem Sofa sitzen, während er durch die Gegend tigerte, war keine Alternative.

„Jan", bat ich ihn, aber sein Gesichtsausdruck sprach Bände.

„Nein, Elena", zischte er hart und kniff dann die Augen zusammen, so, als würde er sich anstrengen.

„Ich bin wütend. Wütend auf mich, weil ich so dumm war ihm zu vertrauen. Wütend auf ihn, weil er es wagt mich zu verarschen und im gleichen Zuge dann hier aufzutauchen und dich derart bloß zu stellen und ich bin wütend auf dich, weil du weder auf mich gehört hast, noch die Grenzen eingehalten hast, die offensichtlich da waren.", knurrte er regelrecht in meine Richtung und wandte sich dann ab um weiter zu tigern, schließlich aber doch wieder stehen zu bleiben.

„Ja, ich genieße es ausgesprochen, dass du mich im Club unterstützt. Ja, ich genieße die Zeit mit dir. Jetzt hingegen muss ich mir nicht nur Sorgen um meinen Ruf machen oder gar um den Club, sondern ich muss konstant ein Auge darauf haben, dass er nicht irgendwelche Verrückten auf dich hetzt, die die Regeln des BDSM so wie du sie kennst, nicht einhalten geschweige denn, dass er deinen Ruf auch nicht zerstört. Und Alexander kennt Gott und die Welt. Wie soll ich dich beschützen, wenn du nach vorne prescht und ihn angiftest, unabhängig davon, dass du keinerlei Recht besitzt ihn wegen etwas anzuklagen, dass er mit mir getan hat und nicht dir?", seine Stimme war so eisig, dass mir sofort eine Gänsehaut über den Rücken lief.

Allerdings fürchtete ich mich nicht vor ihm. Er war wütend, verdammt wütend und er sah furchtbar furchteinflößend aus, wie er sich mit seinen zwei Metern vor mir groß machte und mich anstierte, als gehörte ich in einen Sklavenkäfig gesteckt und dort verhungern gelassen. Schlimmer noch. Fast wie eine kleine widerliche Kakerlake.

„Ich, ich wollte das nicht, Jan. Aber er war so widerlich und gemein und du leidest so unter ihm. Ich konnte ihn dich doch nicht einfach fertig machen lassen", warf ich zögerlich ein und wich aber automatisch zurück.

„Aber das ist meine Sache, Elena. Ich vertraue dir alles an. Den Club, die Geschäfte, mein Haus, mein Bett. Aber ich erwarte von dir, dass du die Grenzen einhältst und wenn du dir nicht sicher bist, ob eine Grenze besteht, dann wirst du mich gefälligst fragen. Wenn ich mich vor dich stelle, dich zurückhalte und beschütze, dann hast du hinter mir zu bleiben und abzuwarten. Aber in keinem Fall hast du mich zur Seite zu drängen und mit all den Argumenten, die ich mir die letzten Tage mühsam zusammengelegt habe, herum zu poltern", entgegnete er ernst, woraufhin ich beschämt auf den Boden sah. Er hatte Recht.

„Es tut mir leid. Ich wollte das wirklich nicht. Ich, ich wollte dir nur helfen", flüsterte ich und fühlte bereits die erste Träne meine Wange hinunterlaufen.

„Du bist mir so wichtig und ich wollte nur, dass er dir nicht noch mehr weh tut", gab ich ehrlich von mir. Einige Zeit war es still, nur mein Schluchzen durchbrach die Stille, während ich wütend auf mich selbst meine Tränen versuchte wegzuwischen. Aber sie kamen immer wieder nach.

„Ich weiß, Kleines. Aber ich bin ein erwachsener Mann, der sein Leben im Griff hat. Ich unternehme fast nichts ohne Hintergedanken. Es hatte seine Gründe, warum ich ihn bisher nicht richtig angestachelt hatte. Und du warst einer davon. Alexander ist ein rachsüchtiger Mann, der über Leichen geht. Wir beide sind nur so kurz zusammen. Wir haben noch nie öffentlich gespielt. Es wird ohnehin viele Interessierte geben, wenn es sich erstmal verbreitet hat, dass ich eine neue Partnerin habe. Fast alle wissen von den Dingen, die vor vier Jahren passiert sind. Und dann wirst du so viel jünger sein und so viel unerfahrener und man wird anfangen zu reden. Das ist für mich schon nicht schön, aber wie mag das für jemanden sein, der die Szene noch nicht gut kennt, hm?", ertönte seine Stimme neben meinem Ohr, während seine Arme sich um mich schlangen.

„Und auch wenn mein Einfluss in dieser Region groß ist, wird Alexander anfangen Lügen zu erzählen. Und wenn er wirklich wütend ist, dann wird er anfangen dein soziales Netzwerk anzugreifen, Zweifel sähen. Ich will nicht, dass du unglücklich bist, Kleines, dafür bist du mir viel zu wichtig. Ich möchte dich am liebsten in Watte packen und in einem kleinen Turm verstecken, weil ich der einzige bin, der dich zum Weinen bringen darf."

Obwohl ich schniefte, schluchzte und fast nichts sah, musste ich dabei vorsichtig lächeln. Er beschützte mich doch jetzt schon. Sogar vor mir selbst.

„Es tut mir leid", erwiderte ich also wieder, sah ihn verheult an. Seine Hände strichen mir die Tränen hinfort, zogen mich an seine Brust. Zwei Mal weinen an einem Tag. Das war doch nicht mehr normal. Trotzdem tat seine Nähe gut, auch wenn mein Schamgefühl dadurch nicht verschwand.

„Ich verspreche, mich zurück zu halten und zukünftig besser im Griff zu haben", warf ich dann noch schnell hinterher.
Erneut brauchte Jan einige Zeit, ehe er aufseufzte und mich auf den Kopf küsste.

„Das hoffe ich. Wir finden einen gemeinsamen Weg damit umzugehen."

So reichte er mir ein Taschentuch und setzte mich dann aufs Sofa. Als er verschwand, machte ich mir kurz Sorgen. Ob er mich dafür bestrafen würde? Holte er gerade ein Schlaginstrument? Das war schon ein ziemlich heftiger Ausrutscher gewesen, da würde er mich gewiss sehr leiden lassen.

Umso überraschter war ich, als er mir ein Glas Wasser vor die Nase stellte und sich dann neben mich setzte. Zaghaft blickte ich zu ihm nach oben, wischte mir noch einmal die Wangen ab.

„Wirst du mich dafür bestrafen?", fragte ich besorgt. Jans Blick wurde kurz ungläubig, ehe er den Kopf schüttelte.

„Ich bestrafe dich für Dinge, Elena, die du nach meiner Anweisung falsch machst. Regeln, die du brichst. Wenn du aufmüpfig wirst, zu früh kommst oder Anweisungen nicht beachtest. Das hier, das war nichts dergleichen. Wir hatten einen Streit und so verlockend es auch ist, ist das eine gänzlich andere Ebene. Du bist meine kleine Sub, der unterwürfige Part in unserer Beziehung. Und vielleicht wirst du auch irgendwann meine Sklavin sein, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht auf Augenhöhe kommunizieren. Normalerweise gibt es Kennzeichen, die das einleiten. Einige benutzen dafür bestimmte Codes, andere Rituale", erklärte er mir ernst, nahm aber nun selbst einen Schluck meines Wassers und drückte es mir dann in die Hand.

„Da wir bisher wenig mit Codes arbeiten, wenig extreme Dinge tun und die Ebene immer gut finden, habe ich das bisher außen vorgelassen. Wir lernen uns kennen. Und auch wenn ich dich an deine Grenzen bringe, darfst du dich aktuell noch äußern, wie du es wünschst. Und du hast bisher ein erstaunliches Gespür dafür gehabt, wann du dich mir gegenüber wie verhalten durftest. So beispielsweise, wenn wir gemeinsam an den Dokumenten arbeiten. Da verlange ich von dir, dass du offen und ehrlich bist und dich nicht einfach meinen Weisungen hingibst", das machte in meinen Augen Sinn. Immerhin sollte ich mich nicht ducken, wenn er scheiße fabrizierte.

„Das gerade, das war ebenfalls ein Streit auf Augenhöhe. Und Dinge, die auf Augenhöhe passieren, werden nicht auf einer anderen Ebene bestraft. Du schaust so verwirrt, brauchst du ein Beispiel?", erklärte er ruhig, während ich ihn angestrengt musterte. Es war wirklich komisch, immerhin war für mich die Grenze nicht deutlich klar.

„Schau. Wenn ich dir sage, du darfst die nächsten Tage nicht kommen und du kommst dennoch, dann darf ich als dein Herr, dein Master, entscheiden inwiefern ich dich dafür bestrafen möchte, weil das Ganze in einem gewissen spielerischen Rahmen stattfindet. Wir einigen uns durch die Dinge, die wir gemeinsam machen, darüber, dass du dich meiner Anweisung hingibst. Ihr folgst. Wenn wir beide auf Augenhöhe kommunizieren würden und ich dir sagen würde, du dürftest nicht kommen, in einer Situation, in der es mir nicht zusteht, und du würdest es dennoch tun, dann könnte ich wütend sein, aber es wäre nicht fair, dass in diesem spielerischen Rahmen zu bestrafen. Denn die Bestrafung ist ein Spiel, eines das mir gefällt und manchmal auch dir.", versuchte er zu erklären.

Das half mir tatsächlich weiter, aber mein Gesicht machte noch keinen sinnvollen Ausdruck, denn er fuhr fort:
„Wenn du jetzt etwas tun würdest, von dem wir außerhalb dieses Spiels auf einer persönlichen Ebene gemeinsam beschlossen haben, dass du es nicht darfst und du würdest es machen, beispielsweise ohne meine Kenntnis in einen anderen Club fahren und dir dort einen neuen Partner suchen, dann wäre ich verletzt, aber ich würde niemals versuchen meine Emotionen auf einer anderen Ebene los zu werden, in dem ich dich, wohlmöglich wütend wie ich wäre, noch härter bestrafen würde, als ohnehin schon angemessen.

Dinge, die auf Augenhöhe passieren, werden auch dort geklärt. Sonst müsstest du Angst haben, dass du keinerlei Mitspracherecht mehr hättest. Ich würde dich komplett unterdrücken und wie streng ich auch als Partner sein mag, will ich keine willenlose Partnerin und auch keine willenlose Sklavin. Der Reiz ist doch der, dass ich dir manchmal Dinge vorgeben kann, weil du es mich lässt, denen du dann mal mehr oder mal weniger folgst. Wenn ich entscheiden muss, wann du atmest, habe ich keine Partnerin, sondern nur noch eine Puppe."

Ich brauchte, um das zu verstehen. Wir hatten das bisher nie klar getrennt und auch wenn er empfand, dass ich dafür scheinbar ein gutes Gespür hatte, fühlte ich mich, als wenn ich mich immer gleich verhielt. Natürlich war ich manchmal folgsamer als wann anders, aber das hier war etwas völlig anderes.

„Ich verstehe, was du meinst. Aber ich weiß nicht recht, ob ich die Szenarien wirklich so gut unterscheide, wie du es glaubst", entgegnete ich schließlich ehrlich und sah ihm vorsichtig in die Augen. Die Wut war fort. Immerhin.

„Das wundert mich zwar, aber wenn es dir hilft, dann werden wir jetzt anfangen über Codes zu reden. Ab heute gibt es eine neue Regel. Über die Ampel haben wir schon einmal besprochen und die würde ich auch sehr gern weiter nutzen. Grün heißt, alles ist in Ordnung. Das Spiel geht weiter. Gelb heißt, wenn wir beide gerade in einer Session sind, Stopp und du weißt, dass ich sofort innehalten werde, um die Situation für dich ertragbar zu machen.

Rot bedeutet ein sofortiger Abbruch des Spiels, weil du es nicht mehr aushälst. Ich werde auch weiterhin im Spiel auf dich hören und es wird noch lange dauern, bis wir an den Punkt kommen, wo nur noch die Codes dich aus der Situation holen. Bis dahin solltest du aber dennoch anfangen sie zu verwenden. Aber wir werden die Ampel ab jetzt auch normal nutzen. Ich möchte, dass wann immer du das Gefühl hast, nicht mit dem dominanten Mann im Spiel reden zu wollen, sondern auf einer Augenhöhe mit mir diskutieren zu wollen, du Rot nennst. Dann werde ich Bescheid wissen, dass wir beide außerhalb des Machtgefälles etwas zu klären haben. Gleiches gilt auch für mich. Ich werde ebenfalls Rot nennen, wenn ich von dir eine Meinung haben möchte, die nicht von deiner submissiven Seite aus kommt. Wenn wir beide in diesem Code sind, können wir in den anderen Status zurück wechseln, in dem wir beide einem Grün zustimmen."

Zögerlich musterte ich ihn, angelte nach seiner Hand, die er mir auch gab. Das war so komisch, weil wir manchmal keine feste Grenze hatten.
„Und wenn du arbeitest und ich dir helfe?"

„Ich weiß nicht, ob du das noch lange machen willst, Elena. Ich freue mich, aber du wirst dir irgendwann einen anderen Job suchen und ich möchte dich nicht ausnutzen. Du kannst viel mehr als nur ein wenig meine Strategie überarbeiten. Fühl dich nicht verpflichtet mich zu unterstützen, nur weil aktuell viel zu tun ist", wand er ein, aber ich schüttelte den Kopf.

„Ich unterstütze dich gern, Jan. Ich möchte das auch weiter machen. Mir gefällt es in deinem Büro zu sitzen, auch auf einem Kissen auf dem Boden und dir zu helfen", erwiderte ich, woraufhin er seufzte.

„Du darfst es so lang machen, wie du möchtest, aber ich erwarte nichts von dir, ok? Und ich denke, wenn wir beide gemeinsam arbeiten, sollten wir schauen, dass wir grundsätzlich auf die Hierarchie verzichten, auch wenn du weiterhin auf deinem Kissen sitzen darfst", gab er zurück. Ich nickte, sah ihn eine Weile einfach nur an, während er mich ebenso musterte.

„Dann ist alles wieder ok?", fragte ich zaghaft und er deutete mit einem Kopf seine Zustimmung an, beugte sich zu mir hinunter, um mich auf die Lippen zu küssen und sanft an einer Strähne zu ziehen.

„Das ist es. Code Green?"

„Code Grün", entgegnete ich zaghaft neckend, stimmte aber zu. Es würde interessant werden, wie wir das im Alltag einbinden würden. Dennoch war ich froh, dass wir versuchten uns einen Rahmen zu geben, der bisher ein wenig gefehlt hatte.

Und er hatte mich Sub genannt, potenzielle Sklavin. Ich kannte die Unterschiede, irgendwie. Aber irgendwann würden wir uns darüber noch einmal zusammensetzen müssen. Wer wusste schon ob ich eine richtige Sklavin sein wollte?

„Komm her, du ungezogenes Mädchen", seufzte er leise auf und holte mich aus meinen Gedanken, zog mich mit sich gemeinsam in eine liegende Position auf das Sofa und schlang die Arme um mich. Und ich verbarg mein Gesicht an seiner Brust und war froh, dass wir unseren ersten richtigen Streit so schnell beigelegt hatten.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, gewitterte es draußen. Das tiefe Donnern hatte mich aus dem Schlaf gerissen, aber einen Blick zu meiner Seite verjagte die Sorgen schnell wieder. Jan saß im Bett, hatte den aufgeklappten Laptop neben sich gestellt und dafür Amber im Arm, der freudig versuchte sein Gesicht abzulecken. Die beiden hatten mein Aufwachen wohl noch nicht gemerkt, denn Jan knautschte den kleinen Hund weiter und wuschelte ihm liebevoll durch das Fell.

„Hmm, du ungezogener Bengel, das gefällt dir. Ganz wie deine Mama", seufzte er und kraulte ihm weiter hinterm Ohr, während Amber sich schließlich auf den Rücken fallen ließ und ihm seinen Bauch darbot. Ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken und hatte, ehe ich es unterdrücken konnte, schon meine Hand ausgestreckt, um ihn sanft am Kinn zu kraulen.

Jans Blick folgte meiner Bewegung und als er meinen Blick traf, lag Amüsement darin. Erheitert drehte er sich auf die Seite, stützte sich auf seinem linken Ellenbogen ab und strich mir sanft über die Wange.

„Schau an, die Schlafmütze ist erwacht", kommentierte er und beugte sich dann zu einem Kuss nach unten zu mir. Ein tiefes Brummen von mir gebend, fuhren meine Hände direkt in sein Haar, zogen ihn an mich heran, wobei er aufpassen musste den kleinen Hund nicht zu zerquetschen, der sich flink wegrollte und sich dann auf meine Füße schmiss, laut hechelnd.

Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, widmete mich dann aber wieder einem intensiven Kuss. Mundgeruch? Nicht mein Problem. Entweder er nahm mich ganz oder gar nicht. Zu meinem Glück hatte ich entweder keinen oder Jan schien es nicht zu stören, denn mit einer ruppigen Bewegung zog er mich unter sich, kesselte mich und meine Arme ein.

„Oh", entfloh es meinem Mund, der nun geschwollen pulsierte. Seine Augenbraue zog sich hoch, eine Hand griff in mein Haar, während er ein Bein zwischen meine drängte. Wie auch immer er es schaffte mich so gut im Griff zu haben, er machte es herausragend.

„Hast du gut geschlafen?", lautete seine sanfte Frage, die mich aus dem Konzept brachte. Immerhin war der Rest ganz und gar nicht sanft und unschuldig.

„Äh, ja, habe ich, Jan?", antwortete ich verwirrt und bekam seinerseits ein tiefes Brummen zugeraunt.

„Ist dem so? So wie du dich heute Nacht an mir gerieben hast und im Schlaf gestöhnt hast, hatte ich das Gefühl anstelle meiner Sub hätte ich mir eine kleine Wildkatze zugelegt", verriet er mir und ließ meine Wangen brennen.

„Ich habe was?", fragte ich piepsig nach, aber sein Blick sagte mir, dass er nicht flunkerte. Wie peinlich!

„Hmm. Ich wüsste also gern, was du geträumt hast, Elena", verriet er mir, die Stimme eine Nuance dunkler als zuvor. Fieberhaft dachte ich nach, aber da war nichts. Keine Erinnerung.

„Ich, äh, weiß es nicht, Jan", antwortete ich also ehrlich und bekam dafür nur ein tadelndes Kopfschütteln.

„Du weißt es also nicht. Das bedeutet, nicht nur, dass du mir den Schlaf raubst und ohne meine Zustimmung im Traum kommst, nein du möchtest mich auch nicht teilhaben lassen und brichst Regel Nummer 1", zählte er mir auf, was ich die letzten Stunden falsch gemacht hatte. Und noch während er es sagte, fühlte ich, wie die Stimmung umschlug. Vorher war es reizend gewesen, vielleicht ein wenig sexy, aber das hier war anders. Die unterschwellige Erregung in seiner tiefen Stimme, der strenge Blick und die Augenbraue ließen mich fast augenblicklich erzittern. Meine Brustwarzen stellten sich auf, zwischen meinen Beinen prickelte es und als er seine Hand wie beiläufig in meinem Haar vergrub, um meinen Kopf kontrollieren zu können, konnte ich nicht anders als leise aufzustöhnen. Eine Entschuldigung wäre wohl das gewesen, was ihn aufhalten konnte. Aber ich wollte nicht, dass er aufhörte.

„Willst du dich nicht verteidigen?", fragte er harsch nach, aber dem Gefallen tat ich ihm nicht. In einer flüssigen Bewegung, die ihn überraschte, zog ich meinen Kopf nach oben und presste meine Lippen auf seine, schaffte es gleichzeitig die Beine, um seine Hüfte zu winden und ihn nach unten zu ziehen. Trotz seiner Körperspannung zog ich ihn so fest auf mich hinauf, fing fast augenblicklich an meine Hüfte ein wenig zu bewegen, was ihm nun ein Keuchen entrang. Ich hatte ihn.

Er bewegte sich augenblicklich mit, rieb sich, da er nur eine Retro anhatte, ebenfalls an mir, während er mir die Zunge tief in den Hals steckte.

Es war rau und hart und das krasse Gegenteil zu dem, wie er mich zuvor geküsst hatte. Aber das war egal, es war mindestens genauso gut.
Völlig im Kuss gefangen, merkte ich nicht, wie er sich von mir ruckartig löste, sah nur auf einmal verwirrt auf die Matratze. Er hatte mich umgeworfen, stützte sich zur Hälfte auf mir ab, dass mir die Bewegungsfreiheit fehlte. Den einen Arm hatte er mir auf den Rücken gedreht und hielt ihn dort fest. Der andere konnte allein fast nichts machen und die Beine waren scheinbar komplett außer Reichweite.

Mit einem nicht weniger harschen Ruck riss er mir den Slip vom Hintern, wogegen ich mich zwar versuchte zu wehren, aber ich war machtlos. Das Gefühl, dass mich daraufhin erfasste, war unglaublich. Das Wissen, dass er bestimmte, war heiß. Sonst hatte ich mich ihm freiwillig unterworfen und mich in die Position gebracht, die er wollte. Nun hielt er mich, wenn auch nicht gefesselt, an Ort und Stelle. Und mein Hintern lag nackt direkt vor seiner Nase.

Ein kräftiger Schlag, ließ mich aufhören zu strampeln und gleichzeitig auf quieken.
„Hör auf zu strampeln, bevor du dich verletzt", war seine harte Anweisung, ehe die Hand über meine brennende Poseite strich. Autsch.
Wieder folgte ein Schlag, der zunehmend brannte, während ich mich hin und her wand. Aber das brachte nichts. Er wusste, wie er mich halten musste.

Als ich bereits den nächsten Schlag erwartete, fühlte ich seine Hand jedoch wo anders. Zielgerichtet steckte er einen Finger in mich und ich konnte das Schmatzen fast bildlich hören, so feucht war ich. Ein zufriedenes Brummen war seine Antwort, während besagter feuchter Finger, den Weg nach Norden fand. Zu der nächsten Öffnung.

„Aber-„, wollte ich ansetzen, bekam dafür aber nur ein Schnalzen. Das missfiel ihm also.

„Du bist nicht vorbereitet und dein Hintern ist nicht sauber, ich weiß. Ich werde dich jetzt vorbereiten und dann ein Kondom nehmen, auf das ich gern verzichtet hätte. Aber ich hatte auch nicht geplant, deinen Hintern zu nehmen", entgegnete er mir mit rauer Stimme. Sofort spreizte ich die Beine weiter – die Erregung hatte mich im Griff, ebenso wie die Anspannung.

Und Jan ließ seinen Worten Taten folgen. In wenigen Sekunden hatte er mich vorbereitet – nicht so sehr wie das letzte Mal, aber weit genug, dass ich ächzend zwei Finger aufnehmen konnte. Als er sich für einen kurzen Moment wegrollte – wahrscheinlich um Kondome aus dem Nachtschrank zu fischen – veränderte ich meine Position nicht. Nicht mal im Geringsten. Zum einen hatte die Erregung mich im Griff, zum anderen wollte ich ihn. Und er ließ auch nicht lang auf sich warten.

Seine Arme schlangen sich fast augenblicklich um mich, zogen mich am Bauch etwas hoch, bevor ich auch nur auf die Idee kam mich abzustützen. Es folgte ein Kissen, dass meinen Hintern noch ein Stückchen mehr nach oben hob, ihm entgegen, auch wenn ich noch auf dem Bauch lag. Und das würde vieles verändern, zumindest hatte ich es gelesen. In kniender Haltung war Analsex leichter, auf dem Bauch liegend eher nicht, weil die veränderte Körperhaltung irgendwas blockierte, was man kniend leichter umging. Faktisch: Es würde mehr weh tun und deutlich intensiver sein.

Bevor ich meine Sorge jedoch ansprechen konnte, war er auch schon wieder hinter mir. Ich konnte seine Beine an meinen spüren, die meine weiter auseinander drückten. Seine Hände zogen nicht wirklich zärtlich meine Arschbacken auseinander und als ich mir sicher war, dass es Zeit wurde im Boden zu versinken, war da wieder sein Finger, der mich zurückholte, zurück zu ihm.

„Nicht verkrampfen, Kleines. Hör auf zu denken, du gehörst mir", war sein dunkler, aber nicht wenig aufmerksamer Kommentar, als er auch schon bereits seinen Finger wieder zurückzog und ihn durch etwas deutlich Größeres ersetzte.

„Mehr Gleitgel", bat ich ihn und entgegen des Bildes, das man so vom bösen Master hat, folgte er meinen Anweisungen, ohne mich zu tadeln. Es wurde glitschiger, vielleicht fast schon zu glitschig, ehe er den nächsten Anlauf machte und in einem heftigen Stoß in mich eindrang.
Der Schmerz raubte mir fast den Atem. Das letzte Mal war er sanfter gewesen, hatte mir mehr Zeit gelassen. Auch jetzt verharrte er aus, aber erst nachdem er sich komplett in mich geschoben hatte.

„Fuck", jammerte ich, bekam dafür einen Kuss in den Nacken. Er hatte sich über mich gebeugt, Rücken an Brust, sodass sein Kopf nun auf der Höhe von meinem war. Sein Atem strich mir übers Gesicht, während seine Zunge mich neckisch am Ohrläppchen ärgerte.

„Es wird besser, atmen, Elena", kam seine ruhige Anweisung, der ich auch direkt folgte. Ich atmete, und zwar mit ihm. Ein Atemzug, der nächste Atemzug. Und fünf Atemzüge später war der Schmerz bereits wieder verflogen. In einer langsamen Bewegung zog Jan sich zurück, stieß dann erneut zu. Und da war es wieder: Das drängende Gefühl, dass mich so stark dehnte, dass ich zu zerreißen drohte. Im positiven Sinne.

Erneut entkam ein Stöhnen meinem Mund, dieses Mal jedoch vollständig vor Lust. Die Augen schlossen sich fast unbewusst, während ein Arm sich um meinen Hals legte. Jan positionierte sich etwas schräger, sodass er mir ein wenig die Luft abschnüren konnte. Erneut nicht stark, aber stark genug, dass ich schlucken musste. Die nächsten Stöße wurden rauer, tiefer, er traf diesen Winkel, der mich Sterne sehen ließ und drückte noch ein wenig mehr meinen Hals als ich mich ihm entgegen bewegte. Immer und immer weiter, bis ich zu zerbersten drohte. Dabei hatte er nicht einmal meine Klit berührt.

„Bitte", jammerte ich, verlangte mehr. Ich hatte mit aller Kraft Mühe mich ihm entgegen zu stemmen, da konnte ich keine Hand entbehren, um mich zu stimulieren.

Seine Hand an meinem Hals verschwand, dafür zog er mich in einen wilden Kuss, bei dem ich endgültig alles aus den Augen verlor. Schwer atmend japste ich nach Luft, merkte erst viel später, dass er sich wieder anders positioniert hatte. Spätestens als er meinen Nacken jedoch nach unten drückte, sodass mein Hintern sich wieder mehr nach oben hob, verstand ich die Position.

Der Verlust seiner Nähe an meinem Rücken, fühlte sich fast schmerzlich an, obwohl er immernoch im stetigen und harten Tempo mein Fleisch teilte und sich nicht gerade zärtlich in mich stieß. Der Verlust wurde jedoch ausgeglichen von der Hand, die sich fast im selben Zug wie der nächste Stoß zwischen meinem Bauch und dem Kissen hin zu meinem kleinen Nervenbündel schob, dass so dringend um Berührung flehte.

Aber es war weniger die Berührung, die ich im Hinterkopf gehabt hatte, keine trägen, langsamen Kreise, die immer mehr und mehr Druck ausübten.

„Du wirst mit mir kommen", folgte sein dunkles Knurren, der nächste Stoß, der die Welle noch weiter hinauftreiben ließ. Und ich kam, begleitet von dem festen Kniff, den er mir in meine Klit gab. Der Schmerz ließ mich aufschreien und passte doch perfekt zu dem heftigen Orgasmus, der mich entzweiriss.

Die folgenden Minuten trieb ich auf einem kleinen Bötchen auf dem langsam abflauenden Ozean, in Nebel eingepackt. Ich bekam nichts mit, außer mein heftiges Atmen und die Nachwirkungen des Schmerzes, der langsam abebbte. Dafür flogen meine Gefühle Achterbahn, fast so als könne ich sie greifen, direkt vor meinem inneren Auge.

Der Druck in mir wurde plötzlich weniger, hinterließ eine gähnende Leere, die ich fast nicht verkraften konnte. Absurd, aber als wäre mir ein Teil genommen worden. Wenig später wurde es nass, aber in meinem kleinen Boot war keine Erklärung dafür zu finden. Erst als sich zwei starke Arme um mich legten, mich fest an einen warmen Körper zogen, sah ich den blauen Himmel über mir nicht mehr, sondern entdeckte einen tätowierten Arm darauf, vor meinem Auge.

„Komm zurück zu mir, Kleines", nuschelte Jan an meinem Ohr, hielt mich gefangen mit seinem Körper, der mir im selben Moment, wo ich das nebelige Gefühl vermisste, den Halt gab. Mein Körper fühlte sich, als wäre er auf die Erde gekracht und nur Jan hätte ihn davor bewahrt zu zersplittern.

„Hm", antwortete ich träge und streckte meine rechte Hand, die sich noch nicht wieder anfühlte als wäre sie meine, vorsichtig aus, um die Fledermaus anzustupsen.

Ein fast schon erleichtertes Seufzen erreichte mein Ohr, ehe weitere sanfte Worte auf mich einprasselten, die ich fast nicht richtig wahrnahm. Dafür war ich noch zu träge, fühlte mich zu müde. Wann war ich je so hart gekommen?

„Hey, Elena", holte mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Verwirrt sah ich auf. Meinen Gliedern nach zu urteilen musste ich eingeschlafen sein.

„Hey", antwortete ich daher und suchte den Mann zu dieser Stimme. Jan saß neben mir am Bett, die Stirn besorgt gerunzelt und auf seiner Unterlippe herumkauend. Er sah nervös aus, hatte eine seiner Hände an meinem Hals. Offensichtlich begutachtete er meinen Puls.

„Geht es dir gut? Wie fühlst du dich?"

Eine kurze Bestandsaufnahme zeigte, dass alles in Ordnung war. Meine Muskeln funktionierten, nur seine Hand störte ein wenig. Und mein Hals war rau. Also räusperte ich mich und wurde auch sofort leicht hochgezogen an seine Brust, sodass ich aufrecht sitzen konnte, während er mir ein Glas Wasser an die Lippen hielt. Dankbar nahm ich mehrere große Züge und sah dann verwirrt zu ihm nach oben.

„Was ist los? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen", fragte ich vorsichtig, lehnte meine Wange an die kräftigen Muskeln seines Oberkörpers.

„Ich habe einen Geist gesehen", antwortete er leise, suchte meinen Blick, nur um mich dann abzutasten.
„Du bist umgekippt, Elena. Von einem Orgasmus. Ich kenne Frauen, die suchen sich Spielpartner, die sie bis in die Ohnmacht treiben, aber dazu gehöre ich nicht. Ich muss nicht lang genug Strom durch einen Körper laufen lassen, bis der Schmerz zu groß ist. Tut dir etwas weh? Fühlst du dich nicht wohl?"

Ich sah ihn kurz verwirrt an und blinzelte dann. Es war alles in Ordnung.
„Nein, es geht mir gut. Es tut nichts weh und ich fühle mich auch nicht schlecht. Wie lang war ich weg?", fragte ich vorsichtig nach und schmiegte mein Gesicht weiter an ihn, atmete tief seinen Duft ein. Er roch himmlisch, nach Sex.

„Nicht lang. Wenige Sekunden, aber lang genug damit ich mir Sorgen machen konnte. Ist dir das schon einmal passiert?"

„Nein, noch nie. Aber ich weiß auch nicht, wann mich ein Orgasmus das letzte Mal so mitgerissen hat", erwiderte ich ehrlich, lächelte wahrscheinlich leicht dümmlich zu ihm nach oben, nur um ihm dann über die kratzige Wange zu streichen.

Ein leises Geräusch ließ mich meinen Kopf drehen. Amber stemmte sich am Bett hoch, sah mit seinem einen Ohr ganz knapp über die Matratze. Jan musste ihn runter gesetzt haben, als es los ging. Ich hatte überhaupt nicht mehr nachgedacht. War vollends gefangen gewesen.

Jan seufzte auf und hob den Kleinen mit einer freien Hand nach oben, der sich sofort an unsere nackten Körper schmiegte und mich zufrieden an hechelte. Na, immerhin ihm ging es gut.

„Wir müssen das im Auge behalten. Das ist nicht gut. Es freut mich, dass der Orgasmus scheinbar herausragend war, aber ich will nicht noch einmal kurz davor stehen den Notarzt zu rufen. Was war dieses Mal anders als sonst? Heute ging es verhältnismäßig sanft zu."

„Ich weiß nicht. Es war einfach nur unglaublich gut. Der Schmerz am Anfang hat es herausgehoben. Dann hast du dich nicht zurückgehalten und das Kneifen, ich, ich weiß nicht. Vielleicht hat es mich überfordert", versuchte ich mir selbst einen Reim daraus zu machen. Jan blieb jedoch skeptisch, zog mich noch fester an sich heran und küsste mir zärtlich auf die Stirn.

„Du solltest es in jedem Fall beim nächsten Mal bei deinem Arzt ansprechen. Und wir beide werden darauf achten. Heute wirst du es ruhig angehen lassen. Wir beide", beschloss er, machte aber mit seinem Tonfall deutlich, dass Mitreden oder Widersprechen nicht erwünscht war.

Mit einer Kopfbewegung stimmte ich ihm zu und sah dann wieder zu ihm nach oben. Er machte mich so verdammt glücklich.

„Bist du auch gekommen?", hakte ich schließlich nach. Ich konnte kein Kondom sehen, aber das musste ja nichts heißen. Als Antwort glitt ein zufriedenes Grinsen über seine Lippen, ehe er mich mit diesen sanft küsste.

„Heftig, ja. Du machst mich fertig, junge Dame", seufzte er leise auf und zog mich dann erneut in eine feste Umarmung, aus der er mich zunächst nicht mehr gehen lassen wollte.

Amber genoss die Kuscheleinheiten fast genauso sehr wie ich, schmuste sich mittlerweile auch viel eher an den nackten Jan und leckte ihm, weil er vom Gesicht ferngehalten wurde, immer wieder freudig über den Hals. Jan hatte das zwar zugelassen, irgendwann jedoch beschlossen, dass es Zeit war aufzustehen.

Also hatte er im Badezimmer des Haus am See die Badewanne volllaufen lassen und mich dann mit festem Griff um die Hüfte – der nicht notwendig gewesen wäre – dorthin buxiert. Es folgten mehrere Minuten der Entspannung für uns beide, während der Hund wehleidig vor der Wanne lag, weil er nicht mit hineindurfte.

Schließlich hatte Jan uns Frühstück gemacht – für ihn zwar eher ein Mittagessen, aber ich war ihm dankbar auf dem Sofa sitzen zu dürfen, direkt an seine Brust gekuschelt, da ich zwischen seinen Beinen saß, mit einer Platte voll Häppchen auf unseren Beinen.

Die Sache hatte ihm wohl wirklich einen deutlichen Schrecken eingejagt, denn das Wort Kümmern bekam eine neue Bedeutung. Er hielt mich, berührte mich, kraulte mich und er fütterte mich. Der erste Bissen war komisch gewesen, aber nachdem ich die innere Stimme, die mir ‚Tututut die Eisenbahn' vorwarf, ignoriert hatte, war es weniger schlimm. Und für Jan schien das nicht mal etwas Besonderes zu sein. Wie selbstverständlich schob er mir die mundgerechten Stücke Brot in den Mund, hielt mir ab und an das Wasserglas, das auf dem Tisch stand und wo ich selbst nicht herankam, hin, damit ich einen Schluck trinken konnte.

Es war ein komisches Gefühl so stark umsorgt zu werden, aber wenn ich ehrlich war, dann genoss ich es. Sogar ungemein. Als würde er sich jetzt gerade nur um mich drehen.

„Woran denkst du?", fragte er, den leeren Teller auf den Tisch vor uns schiebend und dabei meinen Kopf zu sich drehend, damit ich ihm wieder in die Augen sehen musste.

„Wie sehr ich es genieße, dein Mittelpunkt zu sein", antwortete ich ehrlich, biss mir dafür direkt auf die Zunge. Das hätte man besser formulieren können.

Daraufhin bekam ich keine Antwort, nur einen Kuss auf die Stirn. Amber hatte in der Zwischenzeit alle Krümel vor dem Sofa ausgesaugt und jammerte nun. Er wollte raus, wollte durch die Gegend humpeln – und höchst wahrscheinlich im See schwimmen gehen, trotz der nur 22 Grad, die sich über das Land gelegt hatten in düsterer Ankündigung eines erneuten Gewitters. Das war aber auch gut – man klagte schon wieder seit Wochen über das fehlende Grundwasser.

„Wir sollten rausgehen", meinte ich und bekam dafür nur ein zögerliches Brummen, ehe Jan sich leicht aufrichtete.

„Ja, fühlst du dich gut genug eine kleine Runde zu gehen? Dann zeige ich dir ein wenig den See und Amber kann, naja Dinge tun, die er scheinbar tun möchte", fragte er mich, woraufhin ich bejahte.

Wenig später waren wir auch schon auf dem Weg um den See, liefen Arm in Arm an dem dunklen Gewässer entlang, während Amber es irgendwie schaffte mit uns mitzuhalten. Ich verstand nicht ganz wieso, aber der kleine Kämpfer hatte es in kürzester Zeit geschafft, zu lernen wie man auf drei Beinen humpelte. Nicht perfekt, aber ausreichend genug, um neugierig durch die Gegend zu schnuppern und hinter uns her zu eiern. Und das war auch gut so – Huskys brauchten ja eigentlich viel Auslauf.

„Oh", meinte ich, als wir schließlich an einem kleinen Bootsanlagesteg stehen blieben. Er war ein wenig versteckt, hatte jedoch zwei Ruderboote angebunden, die fahrbereit dort lagen. Ein Blick in den Himmel riet jedoch davon ab. Dazu war es schon zu duster.

„Schön, nicht wahr? Sie gehören zur Anlage und können dazu gemietet werden. Man mag gar nicht glauben, wie viele Menschen gern auf einem See Sex haben wollen und sich aber in der Öffentlichkeit nicht trauen, weil sie Angst haben, Strafen zu bekommen. Hier können sie sich dem Ganzen hingeben und wenn sie jemand sieht, dann ist das kein Problem", meinte er nachdenklich und schüttelte leicht den Kopf. Offensichtlich kein Fetisch von ihm.

„Ich weiß nicht. Das ist schon ziemlich romantisch. Vermietest du das auch einfach so? Ich mein, wenn die Sonne hier tief steht, würde so manch einer bestimmt auch ne coole Filmlocation hierdraus machen können und gerade mit dem See kann ich mir vorstellen, dass hier auch viele Leute gern heiraten wollen", erwiderte ich und warf einen Blick zu ihm nach oben. Er seufzte auf.

„Wir hatten bereits zwei Hochzeiten hier. Allerdings waren es BDSM Hochzeiten mit freien Trauungen. Das war zwar sehr aufregend und auch anregend, aber ich habe bisher immer gezögert das Herrenhaus als Location zu vermieten. Zum einen bezahlen die Mitglieder bei uns monatliche Beiträge. Ihnen dann einen Teil zu untersagen, nur weil irgendjemand das gerade gemietet hat, ist nicht fair. Aber dazu kommt, dass sie sich hier verstecken müssten und dafür ist dieser Ort nicht gemacht. Das Ziel ist es ja, dass jeder hier so sein kann, wie er es sich außerhalb nicht traut. Du ahnst gar nicht, wie viele Politiker wir hier haben, die dankbar sind über die Geheimhaltungsklausel", erwiderte er abwägend. Er sah das Potenzial also auch.

„Naja, aber es gibt doch mit Sicherheit Zeiten, wo wir hier nicht gut besucht sind. Auf nen Dienstagvormittag beispielsweise. Da kommt doch ohnehin keiner zum Spielen her. Und die Dinge, die man für eine Hochzeit oder so braucht, also die Stühle, Hussen und der ganze Scheiß, den hast du doch eh für die Feste hier. Klar, das muss gut geplant werden, aber grundsätzlich kann man damit gutes Geld verdienen. Und die Küche ist doch eh da und kann das doch auch, sogar gehobenes Essen. Wenn du da für jeden Gast ne Pauschale von 170€ abnimmst und eine durchschnittliche Hochzeit 50 Gäste hat, dann bist du da relativ schnell an den 8.500€ dran. Für einen halben Tag, ist das doch herausragend."

„Weil auch so viele so viel Geld für einen halben Tag ausgeben", entgegnete er mir mit tadelndem Blick, aber ich grinste nur.

„Du hattest es bisher wohl mit noch keiner Bridezilla zu tun."

„Zugegebenermaßen, nein. Die Hochzeiten meiner Freunde konnte ich immer entweder aus Gastperspektive oder Trauzeugenseite beobachten – da hatte ich mit den Damen in der Regel wenig zu tun.", erklärte er mir und musterte mich dann.

„Das heißt du hast noch nie jemanden genug geliebt, um diejenige zu heiraten?", fragte ich nach, mich weiterhin an ihn schmiegend.
Die Antwort dauerte ein wenig.

„Ich habe Partnerinnen schon genug geliebt, aber das Bedürfnis mich derart zu binden, nachdem ich gesehen hab, wie furchtbar sich eine Ehe auf eine Beziehung auswirken kann wie bei Steffi, war eher gering", lautete seine ehrliche Antwort, ehe er mir die Gegenfrage stellte.

„Niemand da gewesen, der mich bisher so gut verstanden hat, dass ich dauerhaft bleiben wollte", war meine schlichte Antwort, während die Schmetterlinge flogen. Wir waren lang noch nicht an einem Punkt, um über Hochzeiten zu reden, insbesondere nicht unsere eigene. Bei weitem nicht, auch wenn wir uns schon lange kannten. Nichtsdestotrotz saß die rosarote Brille tief auf meiner Nase. Und es hatte mich bisher keiner meiner Partner so verstanden, wie Jan es tat. Er zog die Fäden, die ich den anderen immer hingeworfen hatte, die sie aber nie gesehen hatten. Jan sah sie nicht nur, er fing sie auch noch und benutzte sie. Und das war unglaublich erfüllend.

„Vielleicht ändert sich das ja, irgendwann", war seine schlichte Antwort, ehe er mich auf die Stirn küsste und dann in dieselbe Richtung zurückging, wie wir auch gekommen waren. Ich schwieg eine Weile, sah Amber zu, wie er trottelig an Gras kaute und dann wieder versuchte aufzuholen.

„Wie sieht es mit Kindern aus?", fragte ich stattdessen. Ich erinnerte mich wage mal mit ihm darüber geredet zu haben. Es war sehr lang her und damals hatte er mir erzählt, tief vorgebeugt, während er mir tief in die Augen geschaut hatte, deutlich angetrunken, dass er Kinder haben wollte. Das war bestimmt 8 Jahre her.

Sein Blick wurde sanft, als er langsamer wurde, damit ich mich wieder bei ihm anschmiegen konnte. Er seufzte leise auf, strich mir liebevoll durchs Haar.

„Eine ehemalige Partnerin von mir, eine Sklavin, und ich haben einmal ein Kind verloren. Das ist 10 Jahre her. Wir haben uns damals getrennt, weil unsere Beziehung daran zerbrochen ist. Seitdem ist das Kinderthema immer da, aber nie nah genug gewesen, weil meine Partnerinnen zwar zu mir gehört haben, aber das Spiel immer mehr im Fokus stand als die Beziehung. Es ging immer um Ausbildung, neue Dinge finden, den Club ausbauen, Geld verdienen. Ich habe es verdrängt und bisher nicht diejenige gefunden, die auch meine Kinder wollte."
Nun war es an mir zu schweigen. Die Fehlgeburt tat mir leid und ich hatte an seiner Stimme heraushören können, wie weh es ihm immernoch tat. Ein verlorenes Kind.

„Es tut mir leid, Jan. Ich wollte die Wunde nicht aufreißen", antwortete ich also ehrlich und blieb stehen, damit Amber aufholen konnte.

„Das muss es nicht. Die Frage ist: Möchte ich sofort Kinder? Nein. Ich bin alt, vielleicht schon zu alt um Vater zu werden. Mit Mitte 40 haben die meisten Menschen bereits ihre Teenies. Ob ich in 15 Jahren noch in der Lage bin mit einem Teenager aufzuholen? Ich weiß es nicht, Elena. Wie soll ich mit 60 noch mithalten, hm? Wenn unsere Beziehung sich gefestigt hat, wenn du auch an diesem Punkt angekommen bist, dann kann man darüber reden, aber du solltest deine Karriere nicht zurückstecken, nur weil die Gesellschaft von dir ein Kind möchte."

„Und wenn es passiert?", hakte ich vorsichtig nach. Ich konnte ihm ja schlecht ins Gesicht sagen, dass die Idee um Kinder – wenn auch nicht in direktem Zusammenhang mit ihm – gar nicht so weit weg war.

„Du meinst, wenn die Kupferspirale Mist baut? Und du ungeplant schwanger wirst?"
Auf mein Nicken hin, schloss er kurz die Augen. Der Blick danach war dafür umso intensiver.

„Es läge an dir zu entscheiden, ob du für dieses Kind bereit bist und ob du es willst. Jetzt sowie auch in ein paar Jahren. Als Mutter ist es immer noch etwas Anderes als beim Vater. Dein Körper verändert sich, unabhängig von den ganzen Folgen. Steffi hatte fast zwei Jahre Depressionen nach der Geburt vom Großen. Das war nicht leicht. Aber wenn du schwanger werden würdest und wenn du dieses Kind behalten wollen würdest, dann kannst du dir sicher sein, dass ich es lieben werde wie nichts anderes auf der Welt."

Und mein Herz schmolz dahin. Da stand dieser Berg von einem Mann, mit breiten Schultern, starken Armen und einem Blick, der mich erzittern lassen konnte. Und er sagte mir, dass er alles hergeben würde für ein Kind, dass wir nicht geplant hatten. Eine komische Situation, aber nicht weniger schön dadurch.

„Ich liebe dich, Jan", erwiderte ich also schlicht und ließ mich in den Arm ziehen, nur um meine Nase an seiner Brust zu vergraben.

„Weil ich zu einem Kind stehen würde, das ich nicht plane?"

„Auch. Und wegen noch vieler anderer Dinge."

Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht, so liebevoll, dass ich dachte es würde mich endgültig sprengen. Oder die Schmetterlinge in mir. Nicht nur, dass er zu dem Kind stehen würde – er fragte mich, ob ich es als Mutter verkraften wollte. Ob ich meinen Körper hergeben wollen würde dafür. Es war für ihn keine Selbstverständlichkeit. Das hatte ich bisher selten gehört von einem Mann seines Alters.

Amber holte mich aus meiner kleinen, rosa Blase. Seufzend hob ich ihn hoch, damit er seine Schnauze an meinem Hals vergraben konnte und damit trug ich ihn gemeinsam mit Jan zurück zum Haus. Der Moment war vergangen, aber die Gefühle blieben.

Die Hand in meinem NackenWhere stories live. Discover now