Kapitel XLV: Skandinavischer Weihnachtsmarkt

3.3K 73 0
                                    


Auch wenn Jan und mein Gespräch mir viel von der Last genommen hatte, war ich froh, dass ich in den kommenden Tagen noch einmal bei Sarah vorbei schneite. Ihr konnte ich auf Augenhöhe begegnen, gleichzeitig wusste sie aber um Jan und Raphaels Vorlieben und verstand irgendwie auch meine Bedenken.

Bei einer Tasse Kaffee hörte sie mir zu, saß mit mir zusammengekuschelt auf dem Sofa, während Martin die Kinder bespaßte und ließ mich einfach nur erzählen, während sie ab und an nickte. Und irgendwie schaffte sie es, mich dabei trotzdem zu lenken. Sie sagte nicht einmal, wie sie das ganze sah. Aber sie stellte Fragen wie: Wäre das so schlimm? Worüber machst du dir da tatsächlich Sorgen? Was empfindest du, wenn Raphael dich anfässt? Und sie nahm mir die Angst – wie so eine olle Psychotante.

Als ich am Abend wieder davon fuhr, war ich erleichtert. Irgendwie beruhigt, weil Sarah mir noch eine andere Perspektive gegeben hatte, einen klaren Blick, wie ich das ganze einzuordnen hatte. Lustigerweise sah ich trotz unseren kleines Intermezzos bei ihr und mir diese Problematik nicht, aber das lag wohl auch daran, dass Sarah mir bis auf die Spielchen im Club – und selbst da war das nicht immer der Fall – auf Augenhöhe begegnete. Vor ihr war ich weder Sub noch Sklavin sondern eine Freundin, die eine Vorliebe teilte.

Auch das kurze Telefonat mit meinen Mädels, während der 30-minütigen Fahrt nach Hause, gab mir noch ein wenig Sicherheit, wobei ich das Ganze so gut es ging irgendwie versuchte zu verpacken. Alles wussten sie nicht – und würden sie auch niemals wissen. Aber dass ich einen dreier gehabt hatte, damit konnte ich schon angeben. Und so hatte sich das unangenehme Gefühl in meiner Magengegend verzogen, als wir am Sonntag los fuhren auf den Weihnachtsmarkt.

Jan hatte penibel drauf geachtet, dass ich auch warm genug angezogen war, überlegte selbst aber am Auto noch ob er den Schal mitnehmen wollte, dem ich ihm am liebsten an den Kopf geschmissen hätte – es waren immerhin nur 3 Grad und damit definitiv kalt genug für einen Schal.

„Die beiden warten an der Punschbude direkt vor dem Rathaus", verkündete er mit einem Blick auf sein Handy und schaute mir dann kurz in die Augen, zwinkerte mir sanft zu. Dann nahm er den Schal, schloss nebenbei den Audi ab und legte seinen Arm um mich. Seufzend lehnte ich mich an ihn und ließ mich dann durch die Gassen ziehen. Er hatte irgendwo geparkt in irgendwelchen Seitengassen, durch die ich nicht mehr durchgestiegen war. Aber er wusste natürlich wieder wo wir waren und kaum, dass wir um die dritte Ecke gebogen waren, sah ich auch schon die ersten Buden.

Ich war mir nicht sicher was ich genau erwartet hatte, aber die kleinen Buden im rotweißen schwedischen Stil, hatten vor dem angestrahlten Rathaus ihren ganz eigenen Charme. Anstelle aber direkt ins Getümmel zu stürzen, führte Jan mich außen herum und dann seitlich zwischen die Buden hinein, sodass wir bald vor besagter Punschbude standen.

„15 Minuten zu spät", tadelte uns Raphael, als wir auch endlich ankamen. Sie hatten bereits einen dampfenden Becher in der Hand, wobei ich mir nicht sicher war, was drin war. Einer von beiden musste ja immerhin noch fahren.

„Parkplatzsuche", erwiderte Jan und klopfte Raphael auf die Schulter, tat dieses mit Simon, der ihn absolut befreit anlächelte. Ich ahnte, dass er aus diesem Dauerstrahlen nicht herauskommen würde, aber irgendwie war es auch sehr niedlich anzusehen.

Auch ich ließ mich von Simon in den Arm ziehen, der mir einen Kuss auf die Wange drückte, ehe ich etwas verloren vor Raphael stand. Ich hatte mit so vielen Leuten über die Situation geredet, hatte meinen eigenen Weg gefunden damit umzugehen, aber weder Jan noch Raphael hatten eine finale Antwort erhalten. Andererseits war der Weihnachtsmarkt auch absolut nicht der richtige Ort dafür – und vielleicht wusste Raphael ja nicht einmal, dass ich Zweifel hatte.

„Hallo Ela", sagte er und schlang ebenfalls die Arme um mich, drückte mich aber nur kurz. Sein Blick war sanft, aber nicht so liebevoll, wie wenn er zu Simon herübersah, der Jan schon ganz stolz seine gebrannten Mandeln präsentierte – da wollte ich eventuell auch welche von abhaben.

„Also wie sieht der Plan aus?", hakte ich nach, schaute ihn fragend an.

„Simon läuft vor, wir eiern hinterher und hoffen, dass er uns irgendwann verliert, damit er eine Stunde allein durch die Gegend läuft und uns dann beim Punsch wieder aufsammelt. Danach gibt es noch einen Abstecher in die St. Georg Kirche, da gibt es immer so Holzarbeiten und dann wird es voraussichtlich Zeit fürs Bett sein", erklärte er den Plan. Simon neben ihm brummte.

„Ne Stunde allein? Nicht die Bohne. Du kommst mit. Es ist nur ein Tag im Jahr, Raphael. Das hast du mir versprochen", erklärte er mit großer Schmollschnute, sodass der Dunkelhaarige leicht aufbrummte.

„Heute, Simon. Nur heute."

Jan räusperte sich, legte wieder den Arm um mich.
„Möchtest du etwas trinken?"

„Heiße Schokolade?", fragte ich zaghaft, er nickte.

„Bin gleich wieder da", erklärte er mir und ließ mich dann stehen, woraufhin mir Simon anfing zu erklären, warum er die Mandeln nur von dem einen Stand mochte, weil die anderen drei ja nur schlechte Mandeln verkauften und so weiter und so fort. Gequält warf ich einen Blick zu Raphael, der zog aber nur amüsiert eine Augenbraue hoch und versteckte sein Grinsen hinter seiner Tasse.

Jan kam schließlich schnell wieder, hielt mir eine volle Tasse hin, auf der oben ein riesiger Berg Sahne schwamm. Ein schräger Blick zu ihm, aber er zwinkerte mir nur zu. Also stießen wir an, nur damit ich daraufhin heftig keuchend fast umgekippt wäre.

„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass da Alkohol drin ist?", krächzte ich, hatte den Alkohol einfach in die falsche Öffnung bekommen.

„Wir sind auf dem Weihnachtsmarkt. Ich fahre, warum solltest du keinen Alkohol trinken?", hakte er nach, klopfte mir aber noch einmal sanft auf den Rücken.

„Weil es Schokolade ist", erwiderte ich leise und sah seinen überraschten Blick.

„Du hast gestern den ganzen Tag von heißer Schokolade mit Baylies geredet, ich dachte, das würde dir gefallen. Möchtest du das nicht trinken? Dann besorge ich dir etwas anderes", bot er mir an, aber ich schüttelte nur den Kopf.

„Doch, aber eine Warnung wäre nett gewesen. Danke, Daddy", nuschelte ich etwas betretener und warf ihm einen sanften Blick zu. Er lächelte allerdings nur wieder – immerhin wusste er ja auch, dass ich das Halsband unter meiner dicken Jacke trug.

„Wollen wir?", holte Simon uns aus unserem kleinen Gespräch und wir gaben ergeben nach. Es folgte eine ausgesprochen langsame Runde über den hübschen Weihnachtsmarkt, wobei Raphael gefühlt an jedem Stand den Geldbeutel zückte um hier noch einen kleinen Anhänger für den Weihnachtsbaum zu kaufen und da noch einen besonderen Schal. Stollen, Brot, Würste, Bonbons, zwei Lebkuchenherzen, Honig und irgendwelche Lederarbeiten, während ich Jan und mir irgendwann einen dieser tschechischen Baumkuchendinger holte, der von innen mit Schokolade bestrichen wurde und irgendwie versuchte etwas zu essen, ohne danach wie eine dreijährige auszusehen. Es gelang mir nicht.

„Du hast hier noch etwas", meinte er amüsiert und strich mir dann etwas Nutella von der Nase, leckte seinen Finger ab, während ich die vielen schönen Lichter begutachtete. Es war wirklich hübsch, wenn mir Simons Tempo auch ein wenig zu langsam war. Ich musste nicht an jedem Schmuckstand anhalten und ich musste auch nicht alles probieren, was eben da war.

„Weg?"

„Ja, aber hier nicht", erklärte Jan und drückte mir einen Kuss auf die Wange, mit dem er indirekt die Schokolade ablutschte.

„Hmm, lecker", erwiderte ich, bekam aber nur wieder einen amüsierten Blick von Jan. Was das anging, war er wirklich mit allen Wassern gewaschen – er hatte mich ja auch gefühlt an jeder anderen Stelle schon einmal geleckt.

„Süß", war seine kitschige Antwort, ehe er mir die Rolle abnahm und selbst sein Glück versuchte. Ich grinste leicht, freute mich darüber, dass er selbst bei seinem Versuch fleckenfrei etwas von der Schokolade zu kosten, kläglich versagte. Das wiederum brachte ihn dazu mir einen liebevollen Blick zuzuwerfen und seine schokoladige Nase bei einem Kuss an meiner abzustreichen.

„Hey!", empörte ich mich grinsend, meinte es aber nicht ernst. Ich mochte den kleinen Funken, der zwischen uns hin und her sprang.

„Finden Ssssie nicht, dass, dass Sssssie für das zu alt issst?", unterbrach eine ausgesprochen besoffene und lallende Stimme unseren kleinen Moment. Ich drehte mich um, nur damit Jan sich fast automatisch schützend vor mich stellte. Die Frau war hacke voll und das sah man bereits von Weitem.

„Wofür sollte sie zu alt sein?", hakte Jan ruhig nach, nachdem sie näher gekommen war. Ich angelte schon nach seiner Hand, war mir unsicher, wie ich mich verhalten sollte.

„Na! Ein Vater ssssssollte sei, alsso seine Tochter nich sso „ – kurzer Hicks –„ablecken!", verkündete sie unter größten Anstrengungen. Und mir ging ein kleines Licht auf. Im Grunde lag sie damit gar nicht so unrecht, wir konnten aufgrund des Altersunterschieds durchaus als Vater und Tochter durchgehen, wenn ich mich auch fragte, wie lang sie uns schon beobachtet haben musste um das in der halben Dunkelheit zu erkennen.

„Ich kann Ihnen versichern, dass nichts Problematisches daran liegt, was ich bisher mit ihr getan habe", erwiderte Jan diplomatisch, aber ihre Augen gingen automatisch zu mir.

„Lassss dasss nicht, nicht mit dir machn!", forderte sie von mir, aber ich räusperte mich.

„Alles was er tut, tut er auf meinen Wunsch hin. Sie meinen es mit Sicherheit nur gut, aber es ist alles in Ordnung", versuchte ich es mit einem anderen Ansatz, den sie aber entweder nicht verstand oder aber nicht wollte.

„Du, duu hassst ihn Daddy genannnt", empörte sie sich, natürlich laut genug, dass die ersten neugierigen Blicke sich bereits zu uns wendeten und ich verkroch mich nur noch weiter an Jans Seite, der meine Hand fest drückte.

„Das hat sie und auch daran liegt nichts Falsches. Wenn Sie uns nun entschuldigen würden", erwiderte er und drehte sich dann kurzerhand mit mir um. Es fühlte sich an wie eine Flucht, aber ich war dennoch froh, als wir die Betrunkene hinter uns gelassen hatten. Mit einer betrunkenen Frau über derartige Dinge zu reden, war sehr unangenehm. Zumal sie mir vorher nicht aufgefallen war.

„Alles gut?", hakte Jan nach, nachdem wir drei Mal abgebogen waren. Raphael und Simon waren eh schon wo anders, aber wir hatten ausgemacht uns an der St. Georg zu treffen.

„Hmm, sorry. Ich wusste einfach nicht, was ich tun soll", erwiderte ich leise und wurde in seinen Arm gezogen. Die Tassen hatten wir schon längst abgegeben.

„Ich auch nicht, Kleines. Das war mehr als unangebracht von ihr. Ich möchte nur nicht, dass du dich deswegen schlecht fühlst. Ich verdränge manchmal sehr gern, dass wir so auf andere wirken könnten. Wie Vater und Tochter."

„Wer nicht sieht, dass wir beide in einer anderen Verbindung zueinander stehen, ist blind."

Er antwortete nicht, küsste mich aber sanft auf die Stirn. Kurz lehnten wir uns an einen freien Tisch, ließen unsere Augen über den Markt gleiten, während ich noch einmal leicht verärgert den Platz nach der alten Frau absuchte – aber sie war weg. Glücklicherweise.

Wir schafften es den kurzen Schreckensmoment hinter uns zu lassen, sodass ein paar Minuten des ruhigen Bummelns folgten, ehe wir unsere Begleiter wiederfanden. Raphael trug mittlerweile auch Taschen, während Simon in aller Glückseligkeit sich neben mich stellte.

„Ist das nicht wunderbar?"

„Es ist sehr schön", gab ich zu, ignorierte den kleinen Ausrutscher, den wir zuvor erlebt hatten, gekonnt. Raphael musterte mich kurz, sagte aber nichts und lenkte uns dann weiter über einen anderen Weg bis hin zur Kirche, in der wohl ein weiterer kleiner Markt stattfinden sollte.
Neugierig trat ich hinter den dreien ein und war erstaunt. Es war so hübsch hergemacht, die vielen kleinen, unterschiedlichen Stände. Überall war dekoriert worden und die entsprechende Beleuchtung mit Lichterketten machte eine wirklich tolle Stimmung.

Leise Weihnachtsmusik mit nur wenig lauterem Gemurmel erfüllte das große Gebäude und während ich den Schal leicht lockerte – aber nicht genug, dass man mein Halsband sah – und die Jacke öffnete, hatte Jan seinen Mantel bereits über seinem Arm und warf mir einen zärtlichen Blick zu. Hier drin war es nicht sonderlich kalt.

„Oh, ich glaub der ist neu", deutete Simon aufgeregt auf einen antiken Möbelverkäufer, der diverse massive Holzschränke hatte und mittig gerade vor platziert war. Der Stand war proppenvoll, aber ich ahnte auch warum. Alles sehr alte und schöne Dinge, das sah man schon von Weitem. Ich wollte nur nicht wissen, wie hoch die Marge war, die er wohl darauf schlug.

„War letztes Jahr jedenfalls nicht da", erwiderte Jan und legte den Arm in meinen Rücken um mich kontrolliert durch die Menschenmassen zu schieben. Wieder blieb Simon an jedem Stand stehen, laberte mit den Verkäufern, probierte und betatschte alles, während ein kleiner Schmuckhersteller meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hübsche goldene Kreolen hingen über einem Ständer, allerdings so weit hinten, dass man zwar sehen, aber nicht zugreifen konnte. Sie waren ineinander verzwirbelt, eng um sich geschlungen, aber dennoch sehr filigran sowie nicht zu groß gearbeitet und sahen ein wenig so aus, als könne man sie jeden Tag tragen.

Neben mir räusperte sich eine Dame, ebenfalls eine Kundin, aber an die Verkäuferin gerichtet.

„Was sollen die denn dort kosten?", hakte sie nach und deutete dabei auf das Schmuckstück, dass ich im Auge gehabt hatte. Ich fühlte Jan an meinem Rücken, blickte aber erst mit großen Augen zu ihm hoch, als die Verkäuferin den Preis nannte. 250€ würde ich im Leben nicht für Ohrringe ausgeben – die würden nur verloren gehen.

„Gefallen sie dir?", hakte er nach. Die Kundin neben sie mir hatte sie in der Hand und sie waren auch von nahem wirklich hübsch, aber ich schüttelte den Kopf.

„Passt farblich nicht zu meinem Halsband", erwiderte ich leise. Thema gegessen. Für einen hübschen Ohrring, der lange hielt und den man sorgsam pflegte konnte auch ich mal 80€ ausgeben – aber kein Viertel eines Tausenders.

„Wie schade", kommentierte er nur leise und zog mich weiter zum nächsten Stand. Holzarbeiten. Viele kleine hölzerne Embleme, die wohl alle handgemacht worden waren für den Tannenbaum, quasi als Kugelschmuck. Alles eher dunkler gehalten, einiges auch angemalt, allerdings alle in Sternen oder Schneeflockenform. Besonders hierbei: Obwohl der Rahmen nicht geklebt war, gab es in jedem einzelnen Ornament bewegliche Zwischenteile in der Mitte, die sich drehen ließen. Und das fuchste Jan an. Anfangs schaute er nur, aber als er scheinbar keine Lösung fand, wie die Mittelteile in den äußeren Rahmen eingebracht worden waren, tüftelte er an einer Lösung – zumindest hatte er diesen Blick drauf, wie wenn er vor einem unlösbaren Problem stand. Und wenig später hatte er dem Verkäufer 5€ in die Hand gedrückt und hatte einen mitgenommen, wahrscheinlich um später hinter das Geheimnis zu kommen.

Ich freute mich insgeheim ein wenig, sah es gern, wenn er vor solchen kleinen Rätseln saß. Es wurmte ihn stets furchtbar und ich konnte dann nicht anders als mir genüsslich eine imaginäre Portion Popcorn zu angeln und ihm dabei zu zu sehen, wie er Schritt für Schritt hinter das Geheimnis kam.

Wir trafen Raphael und Simon ein wenig später wieder beim Antikhändler, wo Simon gerade vor einer süßen kleinen auf Vintage getrimmten Kommode stand. Ich runzelte nur die Stirn und wandte mich der massivholz Vitrine zu, die ich zeitlich zwar nicht richtig zu ordnen konnte, die aber trotzdem mit den großen gläsernen Fronten und den filigranen Schnitzereien hervorragend als Schrank für die Küche geeignet war. Da würden meine Backsachen reinpassen.

„Hübsch", kommentierte Jan mit scharfem Blick das massive Ding vor uns.

„Es wäre schön für die Küche für meine Backsachen", spekulierte ich und öffnete die eine Tür, warf einen Blick in die Aufteilung. Die Bretter im Inneren waren neu und es war alles geölt worden. Das sah man auch trotz des dunklen Holzes.

„In deiner Küche ist gar keinen Platz dafür", wiederholte Jan ein wenig nachdenklich und strich über eine Macke an der Seite längst. Wahrscheinlich nichts, was er als ehemaliger Tischler nicht lösen konnte.

„Nicht die Berliner Küche, Jan. Unsere Küche", tadelte ich ihn vielleicht ein wenig zu unbedacht, woraufhin er mir eine hochgezogene Augenbraue zu warf.

„Willst du die Backsachen rüber holen?", hakte er nach, woraufhin ich nickte. 6 Monate ging es auch mal mit seinen Backformen, aber ich wollte meine Tüllen, meine Spritzaufsätze, die verschiedenen Hilfsmittel zum besseren Verstreichen. Ich wollte vor allem aber auch meine Fondantausstecher und die unterschiedlichen Prägungsrollen haben, um wieder ein bisschen kreativer arbeiten zu können.

„Ja", sagte ich leise, sah, wie es in seinem Kopf arbeitete. Er nickte, schüttelte dann aber den Kopf.

„700€ ist hierfür zu viel, bei weitem sogar. Wir schauen im Internet oder fahren vielleicht mal nach Skandinavien. Auf den Flohmärkten und im Second Hand dort kann man solche Möbel gut kaufen. Die kosten in der Regel nicht einmal ein siebtel und benötigen nur ein wenig Schleifen und vielleicht eine Farbkorrektur. Nichts, was sich nicht machen ließe", erwiderte er und zog dann an meiner Hand um mich ein wenig außerhalb des Gedränges in den Arm zu nehmen. Wir warteten auf die anderen Beiden.

„Möchtest du nur die Backsachen holen? Oder noch etwas anderes?", hakte er schließlich leise nach, musterte dabei die Menschenmassen vor uns.

„Naja die Backsachen, die zweite Kamera, vielleicht auch die restlichen Schuhe", murmelte ich nachdenklich. Alles Dinge, die noch dort waren, die ich manchmal brauchte.

„Dann hast du deine Wohnung noch für drei Töpfe, vier Gläser, deine Koffer und die Bilderalben. Der Rest ist schon hier."
Zögerlich sah ich zu ihm nach oben. Passte ihm das nicht? Sollte ich die Sachen lieber in Berlin lassen? Vielleicht bedrängte ich ihn zu sehr? Immerhin war es sein Haus, in dem ich mich so gekonnt eingenistet hatte, dass ich Schritt für Schritt langsam übernahm.

„Wieso holen wir nicht einfach alles rüber? Die Dinge nutzt du in deiner Wohnung ohnehin nicht", sprach er schließlich weiter und ließ mich damit auf meine Unterlippe beißen.

„Alles nach Hause?"

„Wir sind so gut wie nie in Berlin. Was bringen dir die Fotos dort und die Töpfe?", fragte er im Gegenzug.

„Dann bräuchte ich meine Wohnung aber nicht mehr, wenn sie leer wäre", konterte ich. Wieder eine Pause, ehe sein Blick sich auf mich richtete.

„Ob du diese Wohnung behalten willst, oder nicht, ist deine Entscheidung, Ela. Nur deine."

„Zu der du natürlich trotzdem eine Meinung hast", gab ich zögerlich von mir, musterte ihn. Ich konnte ja nicht einfach entscheiden, dass ich zu ihm zog. Komplett, mit all meinen Sachen. Nicht, dass ich es nicht gewollt hätte. Ich hatte schon häufiger darüber spekuliert, ob es nicht einfacher wäre, alles bei ihm zu haben. Bei uns, in unserem Zuhause.

„Natürlich habe ich die, Ela. Aber das würde dich nur manipulieren."

„Oder aber es gibt mir den Mut Dinge zu entscheiden, die ich ohne deine Meinung nicht ansprechen würde, weil ich Sorge habe, dass ich dich erdrücke", plapperte ich aufgeregt vor mich hin. Ein Thema, dessen Zugang für mich eher schwierig gewesen war. Jan brauchte einen Moment, musterte mich nachdenklich, ehe er sich räusperte. Vielleicht ein wenig überrascht und definitiv nicht vorbereitet.

„Wenn du mich fragen würdest, dann wäre meine Antwort, dass du sie ohnehin nicht brauchst. Du bist bei mir Zuhause. In unserem Haus. Du hast fast alle Sachen hier und hast im vergangenen halben Jahr nicht einmal richtig Heimweh gehabt was Berlin anging. Du telefonierst regelmäßig mit deinen Freundinnen, ihr skypt jede Woche. Du hast guten Kontakt zu deinem Bruder. Wenn du dringend hin wollen würdest, sind wir in drei Stunden dort, könnten uns ein Hotel nehmen oder aber bei deiner Familie unterkommen. Sie ist deine Sicherung, solltest du von mir weg wollen, aber dort leben tust du schon lang nicht mehr", wählte er seine Worte bewusst und ließ mich damit überrascht zurück.

Mir war nicht gewusst gewesen, dass er sich darüber Gedanken gemacht hatte. Bat er mich gerade indirekt ganz bei ihm einzuziehen. So für immer? Oder bat ich es ihm gerade an? Wir waren erst ein halbes Jahr zusammen – andererseits 24/7. Wir hatten schon kleine Krisen gehabt, hatten uns vielleicht auch mal gezofft, aber ich sah nach wie vor keinen Grund, warum das zwischen uns irgendwann nicht mehr passen sollte. Und die Wohnung war schon teuer dafür, dass wir sie nicht nutzten.

„Du könntest sie natürlich auch untervermieten, wenn du die Wohnung nicht gänzlich aufgeben willst", erwiderte er und nahm sanft meine Hände in seine, dass ich mich an seine Brust lehnte und milde den Kopf schüttelte.

„Berlin ist nicht mehr mein Zuhause. Es ist hier, schon seit ein paar Monaten", erklärte ich leise und ließ mich dann in eine Umarmung ziehen.

„Lass uns das nicht hier entscheiden, ja? Denk in Ruhe darüber nach, was du willst und was nicht. Keine überstürzten Entscheidungen", bat er mich, woraufhin ich nickte. Gerade wollte ich mein Gesicht an seinem Hals vergraben, da riss mich Simon aus dem Moment.

„Ah, wer steht denn da unter dem Mistelzweig?", freute er sich. Ein verwirrter Blick nach oben und tja – da hing wirklich einer. Jan runzelte die Stirn und zog mich dann zu einem zärtlichen Kuss zu sich nach oben, drückte mich fest an seinen Körper, während ich seufzend mit meinen Händen Halt an seiner Brust fand.

„Uhhh", folgte es von unserem blonden Begleiter, ehe Raphael ihn wohl irgendwie ermahnte, denn er hörte auf, noch bevor Jan und ich uns lösten. Mit rosa Wangen sah ich zu ihm nach oben, grinste zögerlich und wandte mich dann zu ihnen um. Das Thema lag damit erstmal auf Eis.

„Jan, wärst du so lieb und würdest mit Simon noch einmal über die Kommode schauen? Ich trau dem Verkäufer nicht, aber du weißt genauso gut, wie ich, dass ich mir vier Splitter hole, wenn ich das Ding auch nur anfasse um es zu begutachten", bat Raphael ihn. Mein Freund nickte und löste sich leicht von mir.

„Klar. Passt du auf Ela auf? Das Gedränge ist mir-„

„Sie begleitet mich nach draußen. Wenn die Kommode gut ist, dann kauft Simon sie, ansonsten könnt ihr direkt rauskommen. Mir ist hier drin zu warm", erklärte Raphael und zog sich ein wenig am Rollkragenpulli. Ich nickte – in meiner Jacke und dem Schal erging es mir ähnlich. So verschwand Jan mit Simon in der Menge und Raphael führte mich nach draußen, wo es deutlich leerer war. Ein wenig um die Ecke und es tat sich eine Mauer auf, auf der wir uns niederlassen konnten. Da mein Mantel lang genug war, war das auch nicht zu kalt am Hintern.

„Du hast heute viel Geld gelassen", meinte ich leise zu Raphael, der die frische Luft einatmete und dann nickte, die vielen Tüten neben seinen Füßen auf dem Boden abstellte.

„Ich finde Weihnachtsmärkte furchtbar. Es ist voll, laut, so viele betrunkene Menschen. Alles so teuer, du kannst nirgends richtig sitzen. Aber einmal im Jahr gönne ich es Simon, weil er da so sehr für brennt. Und wenn er dann all die Dinge haben will, bekommt er sie eben. Wenn man auf mehrere Märkte gehen würde, würde man ja auch überall etwas kaufen. Es kommt im Grunde auf dasselbe hinaus und muss einfach für das nächste Jahr reichen. Zumal ich einen Teil auch aus den Tüten verschwinden lasse, bevor er sich erinnern kann, dass wir sie gekauft haben und dann unter den Tannenbaum lege", erklärte er mir mit einem Zwinkern und legte dann den Kopf schief. Sein langes Haar fiel ihm dabei leicht nach vorn.

„Ist alles ok?"

„Wieso fragst du?", hakte ich nach, warf ihm einen scheuen Blick zu.

„Ich habe das Gefühl, dass seit dem Frühstück etwas zwischen uns steht. Und das würde ich gern korrigieren", erwiderte er schlicht und ließ mich damit leise aufseufzen.

„Was hat Jan erzählt?"

„Nichts, wieso sollte er? Stell dir vor, ich sehe von ganz allein, dass du dich nicht mehr so wohl in meiner Gegenwart fühlst", konterte er und ließ mich ihm damit einen zaghaften Blick zuwerfen.

„Ich musste nachdenken über das, was du von mir gefordert hast."

„Und du möchtest diesem Angebot nicht nachkommen?"

„Nein. Und ja", seufzte ich. Das hatte ich irgendwie anders verpacken wollen, aber ich hatte mich auf dieses Gespräch noch nicht vorbereitet. Wie denn auch, wenn ich bisher damit beschäftigt gewesen war eine Antwort zu finden.

„Raphael ich schätze dich unglaublich als Freund, wirklich. Und du bist ein verdammt attraktiver Mann und der Sex war wirklich gut, ist gut, wenn wir zu viert oder dritt sind. Aber du weißt selbst, was das für Sprünge sind für mich. Vor sechs Monaten wusste ich nicht einmal wie sich eine Hand auf einem Hintern anfühlt und mittlerweile laufe ich mit Halsband durch den Alltag und bettle auf den Knien um einen Orgasmus", ich sah hinüber zu der hübschen Beleuchtung, versuchte meinen Text zu finden.

„Ich mag es, wenn wir Zeit verbringen. Wir vier, wir beide. Und ich fühle mich wirklich wohl bei dir, aber ich habe Angst. Ich mache mir Sorgen, dass sich Dinge entwickeln, die ich nicht will. Gefühle beispielsweise. Ich will weder eine offene Beziehung noch ne Vierecksbeziehung. Und ich mache mir Sorgen, weil ich mich nur bei Jan so fallen lassen kann. Ich will nicht in einer Situation stecken, in der ich nicht fliegen kann, es aber dir zur Liebe versuchen würde. Ich möchte, dass BDSM weiter ein Jan-Elena Ding ist. Und es ist nach wie vor heiß, wenn wir mal etwas zusammen machen, aber einfach, ich will nicht, dass du allein mit mir spielst. Einfach weil ich dich als Freund auf Augenhöhe fast noch mehr wertschätze als den heißen Dom in dir", erklärte ich meine wirren Gedanken.

Er schwieg eine Weile, stand dann auf. Kurz hatte ich Sorgen, dass er wütend wurde oder gar verletzt, aber er ging nur vor der niedrigen Mauer in die Hocke und nahm meine Hände, sah mir in die Augen.

„Du und dein kleiner hyperventilierender Kopf, hm?", meinte er sanft, drückte meine kalten Finger, die in seinen warmen wirklich angenehm lagen.

„Hör zu. Ich weiß nicht, was Jan dir erzählt hat, denn wir haben nicht darüber geredet. Aber ich verstehe sehr gut, dass du dir Sorgen machst. Die sind unbegründet, aber es ist gut, dass du darüber nachdenkst und verstehst, was dir zusagt und was nicht. Wenn du die dominante Seite in mir nur in Anwesenheit deines Partners spüren möchtest, dann werde ich darauf Rücksicht nehmen. Wenn du mir nur noch auf Augenhöhe begegnest, dann ist das ebenfalls ok", fing er ruhig an. Auch er brauchte ein wenig um die Wörter zu finden.

„Ich schätze dich als Freundin, auch auf Augenhöhe. BDSM ist wichtig für mich, für meinen Lebensstil. Das weißt du, aber auch auf Augenhöhe hatte ich nie das Gefühl, dass du meine Autorität untergraben würdest. Der Dreier war herausragend und etwas, was ich ausgesprochen gern wiederholen wollen würde, aber nur, wenn das auch dein Wunsch ist. Wir machen das Ganze hier aus Vergnügen, nicht, weil es ein Zwang ist."

„Ich wollte dir nicht weh tun, es tut mir leid", platzte es aus mir heraus, aber er schüttelte nur sanft den Kopf.

„Kitty, du hast mir nicht weh getan. Im Gegenteil, du hast das einzig richtige getan. Du hast dir Gedanken gemacht, was du möchtest und was nicht. Natürlich hast du als Anfängerin andere Bedürfnisse, über die ich gekonnt hinweg gestiegen bin. Es wäre schön, wenn wir zukünftig genauso miteinander agieren könnten, wie es vorher auch war. Wenn wir mal in Rolle und mal außerhalb wären. Und ich würde mich freuen, wenn ich dich weiter halten dürfte, wenn Jan auf der Bühne spielt. Wenn ich zusehen darf, wenn ich vielleicht auch Teil haben darf. Ich werde dich nicht erziehen und nicht bestrafen – nicht richtig und schon gar nicht so, dass es dir nicht gefällt. Aber ich denke, vielleicht sollten wir beide völlig unabhängig von Simon und Jan uns einmal gemeinsam hinsetzen und darüber reden, was für uns beide ok ist und was nicht. Ich möchte nicht, dass du Dinge tust, die dir missfallen. Ein Sub, die keine sein will, ist abturnend. Und ich möchte dich auch als Freundin nicht verlieren."

Stumm hatte ich ihm zugehört, hatte ihn gemustert. Kein Witz in seinen Augen, kein Tadeln, keine Ironie – kein einziges Anzeichen dafür, dass er es nicht so meinte, wie er es sagte. Und mit den wenigen Worten schaffte er es, alles wieder ins Lot zu bringen. Zumindest einen großen Teil. Die Sorge fiel ein wenig von mir ab. Er verstand mich, er war nicht wütend, er wollte eine gemeinsame Lösung finden.

Mit einem Ruck entzog ich ihm die Hände und schlang dann meine Arme um seinen Hals, fühlte, wie er mich fest an sich drückte und dabei aufstand.

„Hab keine Angst vor mir, bitte. Ich mag dein freches Mundwerk viel zu gern, als dass ich dich wirklich dafür bestrafen könnte", grinste er leicht an meinem Ohr.

„Du magst meine freche Art?", hakte ich nach, aber er ließ mich auf die Füße herunter und zog sanft an einer Strähne.

„In der Tat. Es trauen sich nicht viele mir so zu begegnen. Simon hat diese Art auch manchmal und ich glaube, das ist auch der Grund, warum er und ich so gut zusammenpassen. Ich brauch ein wenig Konter, sonst wird es langweilig. Im Club und im Freundeskreis sehen alle nur den perfekten Dom."

„Und wir sehen dich in Jogginghose und mit Bartansatz. Steht dir übrigens nicht", grinste ich keck und bekam dafür ein ungläubiges Kopfschütteln.

„Sei lieb, sonst hol ich deinen Schwanz aus dem Auto und lasse dich wieder als Kätzchen durch die Straßen wackeln", drohte er mir, aber ich grinste nur breit.

„Laber nicht, alter Mann."

„Na, na, na. Was muss ich denn hier hören?", unterbrach mich Jans Stimme, der mit Simon gerade dazu kam.

„Sie hat ihren Mund noch nicht genug ausgewaschen bekommen", meinte Raphael grinsend und tippte mir noch einmal auf die Nasenspitze, ehe er einen Arm um Simon legte.

„Die Kommode war von innen mit billigen Ikea-Platten gebaut. Dafür gebe ich nicht so viel Geld aus", seufzte der Blonde frustriert und ich warf einen Blick zu Jan, der ebenfalls seinen Arm um mich legte und mich dann auf die Stirn küsste.

„Nun, was haltet ihr von ein paar Keksen und deinem Tee?"
Raphael legte den Kopf schief.

„Bei euch oder bei uns?"

„Bei euch. Das liegt eher auf dem Weg", verkündete Jan und nickte dann Richtung Auto.

„Und Amber?", hakte Simon verwirrt nach, aber ich schüttelte nur den Kopf.

„Der ist heute bei den Jungs. Die haben drum gebeten, weil sie mit ihm ein Hundeshooting machen wollen und dann vor dem Karmin irgendwelche Filme schauen", erklärte ich grinsend und deutlich erleichtert.

„Treffen wir uns dort?"
Simon warf noch einen Blick auf den Markt, nickte dann aber. Er hatte bestimmt auch keine Lust mehr zu schleppen.

Wenig später saß ich neben Jan im Auto, hatte meine Hand in seiner vergraben, die er locker auf seinem Oberschenkel liegen hatte, während er den Wagen durch die Dunkelheit lenkte.

„Alles gut?", hakte er nach, leise, ruhig, dass ich leise aufbrummte. Er wusste ja noch nichts von meinem Gespräch mit Raphael.

„Klar. Ich hab mit Raphael geredet", gab ich zögerlich zu, was er wahrscheinlich schon ahnte, mir nur nebenher einen fragenden Blick zu warf. Natürlich interessierte es auch ihn, wie ich mich entschieden hatte.

„Ich habe mit ihm abgemacht, dass wir es handhaben wie zuvor. Also wenn wir, wenn wir zu viert spielen, dass er zuschauen darf und vielleicht so ein äh Dreier nochmal drin ist, aber nicht mehr", gestand ich ihm, erwartete Enttäuschung oder eine ähnliche Gefühlsregung zu sehen. Stattdessen nickte er nur, sanft lächelnd, drückte meine Hand.

„Geht es dir gut mit dieser Entscheidung?", hakte er schließlich leise nach, als ich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte.

„Ehrlich gesagt hat mich das Ganze ziemlich gequält. Sarah hat mir nochmal ein wenig Durchblick gegeben und ich meine, also ich habe es bisher sehr genossen, aber ich will einfach nicht mehr. Das hat mir Sorge bereitet, weil ich Angst hatte, dass sich da noch mehr entwickelt und dass er enttäuscht ist, wenn ich nein sage. Aber er war so entspannt", gestand ich auf meiner Unterlippe herumkauend. Ich war wirklich sehr erleichtert, dass das nicht mehr zwischen Raphael und mir stand, dass er mich verstanden hatte und meine Entscheidung kommentarlos akzeptierte.

„Es ist schön, dass die Last jetzt weg ist. Du solltest dich wegen solcher Dinge nicht quälen, Ela. Wenn dir etwas missfällt, dann sagst du Stopp und es ist gut, hm?"

„Aber dann enttäusche ich dich", warf ich ein, hörte ihn leise seufzen.

„Nein, Liebes. Wie ich immer und immer wieder betone: Wir machen das hier, damit wir beide genießen. Und so wie du manchmal Vorschläge hast, die ich ablehne, weil ich mir das nicht zutraue oder schlichtweg nicht darauf stehe, so habe auch ich manchmal Vorschläge, die nicht deins sind. Es ist wichtig, dass du dann nein sagst, hm?"

„Ja, Daddy", gab ich zögerlich nach, fühlte einen sanften Druck an meiner Hand, sodass ich zu ihm hinüber sah und seinem Blick begegnete.

„Das war nicht dein Daddy", meinte er sanft und ich verstand, musterte das attraktive Gesicht, das nur schwach von der Beleuchtung der Armaturen erhellt wurde. Und dennoch kannte ich jede Falte, jedes Haar seiner Augenbrauen, die langen Wimpern, die hübschen Lippen und jedes Grübchen um seinen Mund herum.

„Ich weiß, Schatz", neckte ich ihn stattdessen, dass er leicht schnaubte und einen Kuss auf mein Handgelenk hauchte.

„Ich habe mir ebenfalls Gedanken gemacht, während du gegrübelt hast. Und ich bin in der Zwischenzeit zu dem Entschluss gekommen, dass ich deine Meinung selbstverständlich respektieren würde, ich aber grundsätzlich von dieser Abmachung absehen würde. Du hattest Recht: BDSM ist zwischen dir und mir und auch wenn ich Raphael und Simon gern teilhaben lasse, möchte ich nicht, dass du exklusiv mit ihm etwas in diese Richtung unternimmst. Ich liebe dich, Ela. Und der Gedanke, dass du dich jemandem anderen ohne mich hingibst gefällt mir nicht."

Ich brauchte kurz um seine Worte zu verarbeiten, kam nicht umhin das Prickeln in mir, die Schmetterlinge, die sich nach Zeiten der Ruhe, Zeiten der Gewöhnung, in denen sie nicht vorhanden gewesen waren, nun kräftig in meinen Bauch stürzten und ihn umdrehten, zu genießen. Auch Jan entwickelte sich langsam weiter. Weg vom Dom, der er einmal gewesen war, hin zu einer Mischvariante, die er nur für mich einnahm.

„Ich liebe dich", lautete meine Antwort, dass er amüsiert einen Mundwinkel verzog.

„Ich weiß, mein stures Mädchen", war alles, was er dazu sagte, während er weiter auf die Straße schaute in die Dunkelheit hinein und nach wenigen Sekunden des Schweigens, tat ich es ihm gleich.

Die Hand in meinem NackenWhere stories live. Discover now