Kapitel II: Eine denkwürdige Nacht

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Tatsächlich waren es doch einige Minuten, die er mich allein ließ. Ob es Absicht war? Ich hatte in vielen Büchern gelesen, dass dominante Männer die Verzögerungstaktik nutzten, um ihre Subs unruhig zu machen. Aber war ich wirklich sein Sub? Das konnte man doch gar nicht so anwenden! Die Gleichung ging nicht wirklich auf. Während ich mir also die letzten Häppchen zwischen die Zähne drückte, fiel mir ein, dass sein Handy gerade funktioniert hatte. Und wenn seines funktionierte, dann war bei meinem hoffentlich der Empfang auch wieder da.

So zog ich es aus der Tasche und starrte auf den dunklen Bildschirm – ausgegangen. Einen bösen Blick gen Himmel werfend, stand ich auf und lief ungeduldig herum, bis ich ein Kabel auf seinem Schreibtisch fand und mich kurzerhand mit dem Gerät an der Wand mit der Steckdose niederließ. Immerhin leuchtete mich der angebissene Apfel an. Das Gerät war also nicht kaputt und ich hatte nach wenigen Sekunden die Chance zumindest meinen Chef zu informieren, sowie den Kunden. Um die Uhrzeit musste es eine kurze SMS tun, denn ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es schon kurz vor Mitternacht war. In einer perfekten Welt hätte ich bereits friedlich schlummernd im Bett gelegen. In der Realität starrte ich fasziniert auf das Regal neben mir, in dem sich eine kleine Holzdildosammlung befand. Glas hatte ich schon mal gespürt, aber Holz? Würde man das überhaupt merken? Ich fand keine Lösung für die Frage, ohne mich unweigerlich entblößen zu müssen, was mich zurück zu meiner Ersterfahrung brachte: Ich hatte ja nicht mal Unterwäsche an.

Ich entschied mich dem irren Gedanken nicht nachzugeben – Eis.de würde mir mit Sicherheit auch eine günstige Variante besorgen können zum Ausprobieren – und suchte im Internet stattdessen nach dem Club. Tatsächlich fand ich zwar eine Eintragung von Jan mit der Adresse im Telefonbuch. Vom Club gab es jedoch bis auf Forenbeiträge keine Informationen – offensichtlich ging es hier mehr darum einander zu kennen. Sehr exklusiv also. Jan würde sich schon etwas dabei gedacht haben, solang er mich nicht im Kerker ankettete und nie wieder hinausließ.

„Oder nur mal kurz", murmelte ich vor mich und seufzte dann tief auf, als die Tür auch bereits aufging. Jan suchte den Raum kurz ab, nickte dann aber, als er mich an der Steckdose fand.

„Komm, ich bin so weit", erklärte er schlicht. Kein Wort zu seinem abgelutschten Daumen oder der Dattel. Warum auch? Er hatte gewonnen, während ich für den Rest der Nacht an seinen irritierenden Blick denken würde. So ein Sackgesicht. Umständlich stand ich auf, wollte ihm ja immerhin keinen Blick auf meine freiliegende Mitte durch das hochgerutschte Kleid liefern, schnappte mir das Handy und watschelte zu ihm rüber. Meine Beine taten noch immer weh vom langen Tag, aber ich fürchtete fast, dass es nicht besser werden würde. Die Krampfadern würden kaum Ruhe geben, nur weil ich keine Lust auf sie hatte. Vielleicht hätte ich doch auf meine Mutter hören sollen, die mir stets Kompressionsstrümpfe anriet bei längeren Autofahren.

„Mein Bungalow steht etwas weiter weg zum See hin. Normalerweise wäre ich mit dir gegangen, aber da es noch immer schüttet, schlage ich vor, dass wir mein Auto nehmen. Wir fahren kurz am Rand der Anlage über den Schotterweg und sollten dann möglichst trocken ankommen", erklärte er, eine Hand in meinen Rücken gelegt durch die Gänge laufend. Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Die Musik wurde immer lauter und der Gedanke an die laufende Orgie stellte sich wieder ein. Das würde er doch nicht tun! Oder vielleicht doch?

Jan schien mein Zögern zu merken, denn er lächelte amüsiert auf mich hinab.

„Keine Sorge, wir müssen nur durch den Flur, um zur Garage zu kommen, die seitlich ist. Wir werden vielleicht ein paar Menschen sehen, aber vom eigentlichen Spaß im großen Saal und den vielen kleinen Spielzimmern wirst du nicht mitbekommen", versuchte er mich zu beruhigen, während er mit mir die Treppe hinunter ins Erdgeschoss ging. Tatsächlich bogen wir von der Empfangshalle, in der ich mich so charmant auf die Nase gelegt hatte, in einen anderen Gang ab, wo es immer lauter wurde. Eigentlich war es leer für eine Party. Es standen vielleicht 20 Personen in kleinen Grüppchen auf dem Gang, versperrten einander nicht die Sicht, redeten aber ausgelassen und schienen sich gut zu unterhalten.

In einer der vorderen Gruppen hockten zwei Personen kniend auf dem Boden vor ihrem – schätzungsweise – Master, während ein anderer Sub, der eindeutig an seiner fast nicht vorhandenen Kleidung und dem Halsband zu erkennen war, etwas seitlich von seiner dominanten Partnerin stand, den Blick auf die Füße gerichtet. Jan rückte, wenn es denn möglich war, noch ein kleines bisschen näher an mich und verstärkte den Druck an meinem Rücken. Ich verstand sofort und starrte nicht lange hin, versuchte quasi zur Seite zu schauen. Man grüßte ihn, aber ansonsten wurde uns keine Beachtung geschenkt. So ging es auch bei den anderen Grüppchen. Wir hatten fast die Tür erreicht, auf die er hinsteuerte, als eine Stimme uns aufhielt.

„Ah, wo willst du denn mit der kleinen Einbrecherin hin?", vor uns stand eine großgewachsene Frau mit feuerroten Haaren. Sie trug schwarz, war aber offensichtlich amüsiert und warf nach einem bösen Blick von Jan, einen zufriedenen Blick in ein Grüppchen, das aus Thomas, Sabrina und zwei entsprechenden Partnern bestand. Thomas Partner stand neben ihm, hing in Seligkeit schwebend an seinem Arm, sagte aber nichts. Sabrina hatte eine Frau, die leicht hinter ihr stand und auf den Boden blickend ein Glas hielt, aus dem sie jedoch nicht trank.
„Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt es nicht rumerzählen?", knurrte Jan, zog mich aber dann zu der kleinen Gruppe hin. Die Rothaarige grinste zufrieden.

„Na, ich kann ja wohl nicht darüber hinwegsehen, dass du den kleinen Fang scheinbar ganz für dich allein willst. Wo wolltet ihr denn hin, hm?", fragte sie keck und zog, scheinbar relativ selbstverständlich, mein Kinn in ihre Richtung, damit ich sie ansah. Tja, da hatte sie nicht mit mir gerechnet. Mit einem tiefen Atemzug hatte ich mich gefangen und wies ihre Hand eindeutig ab, schaute ihr auffordernd in die Augen.
„Der kleine Fang war grade auf dem Weg in ihr warmes Bett im Gästezimmer, weil das Auto kaputt ist. Nicht, dass es dich etwas anginge", lautete meine scharfe Antwort, die sie offensichtlich ein wenig zögern ließ. Das Lächeln blieb jedoch.

„Ah, doch keine Sub. Bedauerlich. Ich bin Annette. Freut mich dich kennen zu lernen, kleiner Fang", grinste sie, woraufhin von Jan nur ein deutliches Schnauben kam.

„Fass sie nicht an, Annette. Elena ist eine gute Freundin, die ich seit einigen Jahren kenne und der ich jetzt mein Gästezimmer anbieten werde", versuchte er zu erklären und damit wohl indirekt auch die Frage zu beantworten, was er mit mir machte. Ich warf einem Blick zu ihm hoch und musste unweigerlich grinsen. Er war offensichtlich nicht damit zufrieden, wie nah Annette an mir stand.

„Sorry Annette, ich hatte einen langen Tag und bin froh hier Unterschlupf zu finden. Aber ich bin mir sicher, du findest heute Abend noch die Richtige", gab ich lächelnd zurück, woraufhin Thomas zufrieden vor sich hin kicherte.

„Dass ich das noch einmal erleben darf, Annette. Endlich auch mal eine Abfuhr für dich", fing er an und wickelte sie dann offensichtlich in ein Gespräch ein, denn ich hörte nichts mehr von ihr, als Jan mich mit einer eindeutigen Bewegung von der Gruppe weg führte bis hin zur Tür. Vier Gänge weiter und eine weitere Tür später standen wir dann auch endlich in der Garage vor einem nicht ganz unschicken Audi A6 in einer metallischen Graufärbung. Na, immerhin war sein Autogeschmack nicht schlecht.

Ein kleines Blinken zeigte, dass das Auto offen war, während Jan bereits auf der Fahrerseite einstieg. Als die Tür auch hinter mir zu fiel, öffnete sich eines der Garagentore automatisch und während ich noch an meinem Gurt friemelte, waren wir schon losgefahren.

„Du solltest dich vor ihr in Acht nehmen. Du entsprichst ihrem Typ", kam es schließlich nach einer Minute des Schweigens von meinem Fahrer. Überrascht sah ich zu ihm hinüber. Trotz der recht massiven Mittelkonsole, die allerlei technische Spielerei beherbergte, fühlte ich mich ihm nah. So wie er seinen Arm auf der Lehne ablehnte und einen kurzen Blick zu mir hinüberwarf.

„Und das wäre so schlimm?", konterte ich und erwiderte seinen Blick, bis er diesen wieder auf den Weg vor uns richtete. Es regnete noch immer sehr stark und der Weg durch die Bäume und den Rasen war nicht gepflastert, sodass er stärker aufpassen musste, als es normalerweise üblich gewesen wäre.

„Schlimm wäre es nicht. Aber sie ist nicht, was du suchst", gab er mir zu verstehen, was mich intuitiv genervt die Augen verdrehen ließ. Ich hatte mich mittlerweile sehr gut im Griff, aber manchmal ging es nicht anders.

„Was du natürlich weißt, weil wir uns jahrelang über dich auf einem Festival unterhalten haben", konterte ich und schüttelte den Kopf, während wir auch schon hielten. Der Weg war wohl nicht weit gewesen. Er war mir zuliebe gefahren.

„Erfahrungswerte", war seine einzige Antwort mit einem tiefen Blick, ehe er ausstieg. Er hatte so geparkt, dass ich unter dem Vordach aussteigen konnte, während er kurz durch den Regen musste. Offensichtlich hatte Sabrina ihm erzählt, wie ich angekommen war, wenn er mir jetzt kein Wasser mehr zumuten wollte. Mit verschränkten Armen folgte ich ihm zur Eingangstür, die er mit einem Schlüssel öffnete. So neu wie das Haus aussah, war ich fast schon überrascht, dass nicht auch die Armbänder von den Türen im Haupthaus funktionierten. Andererseits wollte er diesen Bereich vielleicht lieber vom Club abtrennen.

„Komm rein. Die Schuhe kannst du dort auf die Gummimatte stellen", erklärte er mir und warf seinen Schlüssel auf eine kleine Halterung an der Wand. Von dem kleinen Flur aus ging es direkt in einen offenen Wohnbereich hinein mit einem einladenden Ledersofa und einem Blick durch große Glastüren hinaus auf eine Terrasse, die direkt am See lag. Das hatte ich nicht erwartet, auch wenn aktuell nicht viel davon zu sehen war. Dafür strahlte die in dunklen Holztönen gehaltene Küche, die vom Wohnraum mit einer kleinen Kücheninsel abgetrennt war. Es gingen insgesamt vier Türen von dort ab. Ein Blick durch die offenen Türen zeigte zum einen ein großes Badezimmer, dann ein Schlafzimmer, dass offensichtlich dem Hausherren gehörte, sowie zwei verschlossene Türen. Hinter einer davon befand sich wohl das Gästezimmer und hinter der anderen? Ich wollte es eigentlich gar nicht so genau wissen. Da Jans Büro im Haupthaus lag, konnte ich mir fast vorstellen, dass er hier keines mehr hatte.

„Die linke Tür ist das Gästezimmer und in der Mitte der Hauswirtschaftsraum.", erklärte er im Vorbeigehen schon auf dem Weg in die Küche.

„Jaja, Hauswirtschaftsraum", konterte ich, lief dann aber fast in ihn hinein, als er Halt machte und sich langsam zu mir umdrehte. Sein Blick war finster, die eine Augenbraue arrogant hochgezogen, während er die Arme vor der Brust verschränkte.

„Ich dachte eigentlich du kämst aus gutem Hause. Da hat man so einen Raum", erwiderte er stur.

„Ja, oder aber eine Folterkammer", konterte ich. Kurz schüttelte er den Kopf, lief dann aber zur Tür hin und stieß sie auf. Ein kurzer Griff um die Ecke und es wurde Licht. Kurz bildete ich mir ein Spielzimmer wie bei Shades of Grey ein, musste dann aber zugeben, dass ich falsch lag. An der linken Seite befanden sich in dem beige gefliesten Raum die Waschmaschine und ein Trockner, sowie mehrere Regale, die mit Bettwäsche, Handtüchern, Putzsachen sowie einigen Lebensmittel ausgestattet waren.

„Wenn man Bügeln als Folter durchgehen lässt", gab er zurück und schloss die Tür wieder, sah mich unzufrieden an. Als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, hatte er sich schon umgedreht und auf die Couch verwiesen.

„Ich mache Tee. Pfefferminze und Honig?", schlug er vor, woraufhin ich nickte. Das hatte er sich gemerkt. Einer der wenigen Tees, die ich trank. Als er wenig später mit zwei Tassen zurückkam und sich neben mich setzte, hatte ich nicht mehr viel zu sagen. Das Haus war größer als gedacht von innen, aber auch nicht zu groß. Der Schnitt war gut und alles war sehr schön gemütlich eingerichtet, wenn auch nicht sehr persönlich. Ganz anders als im Herrenhaus, dass offensichtlich nicht ganz seinem Stil unterlag.

„Es ist so anders als ich es mir vorgestellt hab", gab ich schließlich nach einigen Minuten stille zu und sah auf meinen Tee.

„Weil kein Andreaskreuz und Strafbock vor meinem Fernseher stehen?", hakte er nach. Ich seufzte nur. Das hatte ich mir auch nicht vorgestellt.

„Nein, so war das nicht gemeint. Ich habe nicht erwartet, dass du hier in Lederklamotten rumläufst und überall Peitschen rumliegen. Aber irgendwie schon etwas, was darauf schließen lässt, dass du. Naja, gewisse Vorlieben hast. Wie zum Beispiel ein Sitzkissen neben dem Sofa", kramte ich in meinem Gehirn nach einem Beispiel. Das machten zumindest in den Büchern viele Sklaven – auf Sitzkissen auf dem Boden sitzen. Seine Reaktion war überraschend. Er lachte leise, ehe er einen Arm wieder auf die Lehne hinter mich legte.

„Meine letzte Beziehung ist vier Jahre her. Seitdem habe ich keine Gespielin mehr hier gehabt. Ein Kissen vor meinem Sofa wäre schlichtweg unpraktisch für den Staubsaugerroboter. Nichtsdestotrotz kann man das sehr leicht ändern", mit einem verschwörerischen Blick zog er das dicke Kissen in meinem Rücken hervor und legte es demonstrativ neben seine Beine.

„Für dich, bitte schön", ergänzte er. Seine Stimme war so ruhig und stand im krassen Gegensatz zu dem, wie ich mich gerade fühlte. Ich hatte doch nur nach einem Beispiel gesucht. Jetzt sah er mich auffordernd an, deutete entspannt auf das Kissen.

„Ich, äh, mag sowas nicht", gab ich schnell als Antwort und ärgerte mich fast, dass ich mich nun nicht mehr hinten anlehnen konnte.

„Vielleicht ja doch", wand er ein, aber ich schüttelte den Kopf. Warum sollte ich mich dahin setzen? Eine Stufe unter ihm? Was würde mir das bringen?

„Setz dich doch einfach rauf. Vielleicht gefällt es dir ja. Und wenn es dir nicht gefällt, stehst du eben wieder auf. Oder traust du dich nicht die Perspektive einzunehmen?", seine Stimme schien nach wie vor gelangweilt, aber an seinen Augen war erkennbar, wie er spielte. Und ich wollte mich weigern mitzuspielen, aber mir fiel keine Antwort ein, um mich zu drücken. Also holte ich tief Luft, horchte noch einmal in mich und stellte dann meine leere Teetasse auf den kleinen Tisch vor mir, nur um ihm dann böse in die Augen zu starren, während ich mich ungelenk auf dem erstaunlich weichen Kissen niederließ. Wider Erwarten kam kein Gelächter und auch kein gehässiges Grinsen von ihm. Er sagte nichts, nickte nur und stand nach wenigen Minuten, in denen ich steif dort gesessen hatte, auf.

Durch meine Position konnte ich nicht ganz sehen was er machte, außer, dass er in die Küche gegangen war und hören, dass nun eine Flüssigkeit umgefüllt wurde. Und da er gerade nicht da war, konnte ich meinem Rücken erlauben mich kurz an das Sofa in meinem Rücken zu lehnen. Es war bequemer als auf dem Ding zu sitzen, insbesondere da meine Beine in der Position weniger Schmerzen hatten als auf dem Sofa.

Als er wiederkam, wollte ich mich eigentlich gerade hinsetzen, verwarf es dann aber wieder. Sollte er den Sieg doch für sich gewinnen. Er hatte mich schon in so mitleiderregenden Zuständen gesehen – beispielsweise in einer 12 Stunden Schicht bei 34 Grad ohne Pause für Essen in der prallen Sonne– da konnte eine entspannte Haltung mich ohnehin nicht mehr entstellen. Dennoch sah ich auf meine Hände und war um so überraschter, als er sich nicht auf das andere Ende der Couch setzte, sondern so nah an mich heran, dass sein linkes Bein neben mir war.

„Entspann dich. Ich tue dir nichts, Elena", murmelte er leise. Ich wollte gerade aufseufzen als ich eine Hand in meinem Nacken spürte. Automatisch zusammengezuckt wartete ich ab, merkte dann aber relativ schnell, dass Jan mir tatsächlich nichts Böses wollte. Sich ein wenig mehr Raum nehmend, fing er an mich zu kraulen. Einfach so. Und während ich noch überlegte wie ich dem am besten entging, ohne mich selbst bloß zustellen, fing ich auch schon an das Gefühl zu genießen. Wie lang war ich nicht mehr im Nacken gestreichelt wurden? Die Situation war völlig grotesk, aber die späte Stunde, die Erschöpfung und mein allgemeiner Gemütszustand brachten mich dazu. Und so lehnte ich mich gegen ihn, schloss die Augen und ließ ihn einfach machen. Was sollte es schon bringen sich dagegen zu wehren?

„Hier, du solltest noch etwas trinken", holte mich seine Stimme aus meiner Entspannung. Jan hatte sich ein wenig nach unten gebeugt. Die eine Hand lag noch immer an meinem Nacken, während die andere mir ein Glas voll Wasser vor die Nase hielt.

„Danke", nuschelte ich leise und nahm es ihm ab. Er hatte Recht. Ich hatte zu wenig getrunken in all dem Stress und dass er sich so um mich kümmerte, war irgendwie schön, wenn auch vollkommen komisch.

„Stört es dich, wenn ich Musik anmache?", fragte er leise. Als ich den Kopf schüttelte, tippte er auf seinem Handy rum, ehe wenig später leise Rockmusik aus einer der Boxen in den Raumecken kam. Ich musste leicht lächeln. Vielleicht doch kein so schlechter Tagesabschluss. Die Nervosität, die ich zuvor in seinem Büro gespürt hatte, war wie weggeblasen. Er hatte mich innerhalb wenigen Minuten auf ein entspanntes Level heruntergebracht – das schaffte sonst nicht mal mein Lieblingsbuch.

Verwirrt blinzelnd schlug ich die Augen auf und sah mich um. Ich saß noch immer auf dem weichen Kissen, den Kopf an eines seiner Beine gelehnt, aber seine Hand fehlte.

„Hey, Elena. Wach auf, Kleine. Du bist eingeschlafen und solltest ins Bett gehen", holte mich seine Stimme aus meinem Halbschlaf. Ich war weggenickt und musste mich erstmal strecken, während ich von meiner Sitzgelegenheit aufraffte und dann leicht benommen vor dem Sofa stand. Jan war ebenfalls aufgestanden und legte eine Hand auf meine Schulter.

„Das Bad ist dort drüben. Im Wandschrank findest du neue Zahnbürsten und frische Handtücher. Mach dich ein wenig frisch. Ich besorg dir die Bettwäsche im Gästezimmer. Brauchst du sonst noch etwas?"

„Äh, ich habe nichts anderes dabei. Hast du zufällig ein T-Shirt?", fragte ich zögernd und sah ihn dann unsicher an. Das war schon ziemlich intim. Andererseits hatte ich keine Lust in dem engen Kleid zu schlafen.

„Warte", meinte er und kam dann wenig später mit einem weißen Shirt aus seinem Zimmer wieder. Das sollte mir aufjedenfall passen. Er war immerhin 30 Zentimeter größer als ich.

„Danke", nuschelte ich nur und verschwand ins Bad, um mich fertig zu machen. Tatsächlich war es sehr aufgeräumt und ich fand alles auf Anhieb. Zu guter Letzt schälte ich mich aus dem Kleid und zog mir das Shirt über. Von der Länge her reichte es knapp über meinen Po, was gut war. Allerdings saß es in der Hüftgegend doch etwas enger – so eng, dass man bei Bedarf sehen konnte, dass ich keine Unterwäsche trug. Unschön. Vielleicht war es ein altes oder eingelaufenes T-Shirt von ihm gewesen? Zweifelnd blieb ich vor dem Spiegel stehen, warf noch einen Blick auf mich und dann auf das Kleid. Darauf hatte ich nun wirklich keinen Bock. Also schnappte ich es mir und hielt es vor meinen Bauch, sodass der Stoff immerhin meine Scham bedeckte.

Als ich in das Zimmer kam, wurde Jan gerade fertig. Er hatte eine Wasserflasche auf den Nachttisch gestellt und mein Handy dazu gelegt, dass ich wohl auf dem Weg ins Bad verloren hatte. Sein Blick lief musternd über mich und auch wenn seine Augen gefühlt dunkler wurden, versuchte ich dies gekonnt zu ignorieren. Nur weil sein Fetisch Frauen in Shirts beinhaltete, musste ich mich da ja nicht zwingend reinziehen lassen. Wobei seine Hand im Nacken angenehm gewesen war.

„Ich denke, du solltest alles haben, was du benötigst. Wann musst du morgen früh raus?", fragte er fast schon beiläufig und trat einen Schritt auf mich zu. Zögerlich warf ich das Kleid auf einen Stuhl in der einen Ecke des Raumes und huschte dann zum Bett, um mich unter der Bettdecke zu verstecken. Das einseitige Grinsen überging ich damit gekonnt.

„Ich muss um 11 in Dargun sein. Der ADAC kann mich morgen früh abschleppen. Ich schätze um 8 Uhr wird es reichen, wenn ich hier loskomme. Also so um halb 8?", schlug ich vor, angelte nebenbei nach meinem Handy, dass ich dabei gekonnt herunter warf. So ein Mist. Wie hob ich das jetzt auf, um den Wecker zu stellen, ohne ihm dabei meinen blanken Hintern zu präsentieren, wenn das Shirt dabei hochrutschen würde? Und das würde es aufjedenfall, so wie es um die Hüfte saß.

„Mach 7 Uhr daraus. Ich wecke dich und wir frühstücken zusammen", kommentierte er meinen Vorschlag und legte dann den Kopf schief, „Willst du das Handy nicht aufheben?"

Ich zögerte und rutschte dann unter der Bettdecke zur Bettkante, legte mich vorsichtig auf die Seite und versuchte so geschickt wie möglich es aufzuheben, fiel dabei aber natürlich gekonnt aus dem Bett. So wie irgendwie alles schief lief, was ich mir an diesem Tag vornahm. Zu meinem Glück war Jan da, der mich auffing, sodass ich in seinen Armen landete. Mit dem Hintern auf dem Knie, dass er auf den Boden gestürzt hatte, die Arme um mich geschlungen und das Shirt auf Höhe meines Bauchnabels. Schockiert riss ich die Augen auf und wagte es nicht mich zu bewegen. Wenn ich ihn nicht ansah, dann sah er mich auch nicht an, oder? Ein tiefes Einatmen neben mir deutete auf etwas anderes hin. Ein Blick nach oben zu ihm, den er jedoch nicht erwiderte. Sein Blick war stur auf das Dreieck gerichtet, dass sich aktuell nackt zwischen meinen Beinen erstreckte. Ich würde niemals nimmer nicht mehr in diesem Leben ohne Unterwäsche herumlaufen! Niemals!

„Das äh, ist nicht wie du denkst. Ich bin so nicht. Das äh...", ratterte ich mich windend schnell heraus, aber anstelle mich los zu lassen, hielt er mich einfach nur fest. Sein Blick wanderte zu meinem. So als könne er gerade nicht mehr als eine Sache gleichzeitig machen. Er schien zu kalkulieren.

„So? Nun, selbst wenn. Jeder so wie er möchte", gab er schließlich dazu und half mir langsam auf, während ich das Shirt unelegant über meinen Hintern zog. So ein Scheiß auch.

„Ja, aber-", versuchte ich zu kontern, aber das störte ihn nicht.

„Mir war schon im Sommerkleid klar, dass du keine Unterwäsche trägst, Elena. Ich hatte nur nicht erwartet, dich so zu sehen", gab er schließlich zu und verzog dann den Mund zu einem Lächeln, das ausnahmsweise nicht kalt war.

„Achso?", hakte ich verwirrt und ein wenig beschämt nach. Wie das?
Aber er ließ es dabei stehen und strich mir nur noch eine Strähne aus der Stirn.

„Du solltest schlafen gehen. So müde wie du bist", damit lächelte er mich noch einmal an und drehte sich auf dem Absatz um, um das Zimmer zu verlassen und die Tür hinter sich zu schließen. Ich. Allein. Und verdammt nochmal ohne gekraulten Nacken.

Die Hand in meinem NackenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang