.03 - Besuch

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„Scheiße!", fluchte ich laut. Was wenn er nun mein Handy als Rache genommen hätte? Mit voller Energie stampfte ich schnellstmöglich in die Küche und überlegte noch kurz einmal, ob ich die Tür öffnen sollte. ‚Asli, was gibt's da noch zu überlegen? Es kann gut sein, dass der Junge dir dein Handy weggeschnappt hat, schließlich hast du ihn mit der Tomate abgeworfen!' Rasch öffnete ich die Tür und trat auf den Balkon ein. Von dem Jungen war keine Spur zu sehen und von meinem Handy ebenso. Zum Glück hatte ich eine Bildschirmsperre auf dem Handy, was mich etwas beruhigte, aber trotzdem. Was fiel dem Jungen ein, mein Handy zu stehlen?

Seine Balkontür stand offen. Sollte ich rüber? Wäre das nicht unhöflich? Asli, nein, du klingelst vernünftig an der Tür. Schließlich bist du ein Mensch und er das Tier. Du zeigst ihm ganz einfach, wie normale Menschen handeln und nicht wie Tiere von einem Balkon zum anderen rüber springen! Ich nahm mir meine Schlüssel in die Hand, öffnete die Tür und näherte mich an seiner Haustür. Meine Hand zitterte, als sie der Klingel nahe war. Wollte ich wirklich klingeln? Ja, wollte ich. Ich klingelte nicht nur einmal, sondern drückte wiederholt mindestens fünfmal hintereinander auf die Klingel. Das sollte reichen. Aber was würde passieren, wenn mir die Tür seine Freundin öffnen würde? Schließlich wusste ich doch gar nicht, ob er alleine wohnte. Oder mit irgendeinem Mitbewohner. Im schlimmsten Fall könnte er auch schwul sein und sein Freund könnte mir die Tür öffnen. Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken und meine Handfläche begann zu jucken, warum auch immer.

Allmählich wurde es mir stickig und ich klingelte wieder und beobachtete meine rotlackierten Zehe, bis plötzlich einer abrupt die Tür öffnete. Wie auf einem Schlag blickte ich hoch, anscheinend kam er frisch aus der Dusche, denn seine schwarzen, kurzen Haare waren noch nass und an seinen Armen waren einige Wassertröpfe zu sehen. Er hatte eine graue Jogginghose und ein schwarzes Tank-Top an, welches seinen durchtrainierten Körper zum Vorschein brachte. Ich konzentrierte mich wieder und blickte in seine tigerbraunen, finsteren Augen. Er sah mich grinsend an, anscheinend fand er die Situation lustig.

„Ich würde gerne mein Handy wieder haben wollen!", brachte ich ernst heraus, er zog seine Augenbraue hoch und schaute mich ahnungslos an, als hätte er keinen einzigen Schimmer, worüber ich sprach. „Na ja, alle Mädchen wollen etwas von mir... Aber kriegen mich nicht leicht. Du kannst dein Handy selbst suchen, ich habe keine Zeit", sagte er gelassen und öffnete den Türspalt, damit ich eintreten konnte. „Wie bitte? Du weißt doch sicherlich wo du mein Handy hingelegt hast!", sagte ich zickig. „Korrigiere. Wusste ich. Hab's vergessen", behauptete er. Als ob er es nicht wusste!

Ich schubste ihn zur Seite und trat hinein. Mein erster Blick fiel in seine Küche. Die Küche hatte dringend eine Säuberung nötig, das sah man ihr sofort an. Mein nächster Blick fiel auf sein Wohnzimmer. Das war im Gegensatz zu meinem sehr unordentlich, einige Kleidungsstücke lagen auf seinem schwarzen Ledersofa und leere Pizzakartons auf dem Tisch herum. Typisch Jungs. Wo sollte ich mit dem Suchen anfangen? Mein Handy war nirgends zu sehen. Nicht mal eine Spur. Ich hätte mich selbst anklingeln können, aber dafür bräuchte ich sein Handy.

„Kriege ich zumindest dein Handy um mich selbst anzurufen?", fragte ich mit einer ganz normalen Stimme. „Warum? Damit du meine Nummer abspeichern kannst?", antwortete er frech und zwinkerte mir zu. Die Anspannung seiner Muskeln war nicht zu übersehen. „Sicherlich nicht!", zischte ich ihn an.

Nachdem die Suche im Wohnzimmer nicht erfolgreich gewesen war, schlenderte ich im Flur entlang, mir fiel auf, dass seine Wohnung genau wie meine konstruiert war, nur spiegelverkehrt. Ich gelang in seinem Schlafzimmer. Überhäufte Kleidungsstücke waren zu sehen, das Zimmer stank unaufhaltsam schrecklich. Oh Gott! Es war nötig die Fenster zu öffnen, damit die frische Luft die schreckliche, stickige Luft überschwemmen konnte. Als wäre es meine eigene Wohnung, überquerte ich sein Zimmer mit einem mulmigen Gefühl und öffnete die Fenster ganz weit auf. Ich bemerkte seine Blicke auf meinem Rücken, er beobachtete mich. Er stand angelehnt mit verschränkten Armen vor der Brust an dem Türrahmen und wartete geduldig ab. Anstatt bei der Suche zu helfen, stand er wie ein Doof dort rum! Er regte mich auf, sehr sogar. Auf seinem Bett war nicht mein Handy, von seinem Tisch nahm ich einige seiner Oberteile in die Hand und suchte weiter.

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now