.41 - Silvester

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„Wo-"

„Ich bin dein Vater. Außerdem bin ich männlich. Ich habe doch gesehen, wie er tagelang auf dich gewartet hat, bis du endlich deine Augen geöffnet hattest. Desweiteren habe ich doch miterlebt, wie fertig er war und auch wie glücklich er wurde, als du deine Augen geöffnet hattest. Welcher normale Nachbar würde dies tun? Ich teile dich ungern, da du mein erstes Kind, meine Tochter, mein Stolz, meine Ehre bist. Außerdem finde ich es sehr stark von dir, dass du es mir erzählst. Seine Augen haben geleuchtet, als er deinen Namen gehört hatte..."

Die Worte, die aus dem Mund meines Vaters kamen, verschlugen mir mehrmals die Sprache. Meine Mutter lächelte mich von der Seite an und wisch unbemerkbar die Tränen weg, die sich in ihren Augen gebildet hatten. Auch meine Augen füllten sich leicht mit Freudentränen. Als ich mich auf die Beine stellte und mich in die Arme meines Vaters schmiegte, wurde es an der Tür geklopft und Yigits Kopf ragte aus der Türspalt. „Darf ich hineinkommen?", fragte er zur Vorsicht und ließ seine Blicke auf meinen Vater ruhen.

Mein Vater löste die Umarmung und ging diesmal auf Yigit zu. Beide große Kerle standen sich gegenüber und tauschten sich die Blicke aus. Ich war nervöser als sonst und legte meine Hand auf mein Herz, damit es sich beruhigte, aber dies tat es nicht.

„Ein Anruf von meiner Tochter genügt mir, falls du verstehst was ich meine", setzte er seine Prioritäten fest und schenkte Yigit finstere Blicke hinzu, obwohl er mir vor dreißig Sekunden noch seine liebevolle Seite gezeigt hatte.

Yigit, der versteinert vor ihm stand, dackelte nur mit seinem Kopf und wich nicht aus den Blicken meines Vaters aus. Einige Schweißperlen hatten sich in binnen Sekunden an seiner Schläfe gebildet. „Gut, dann fahren wir nun gemeinsam nach Hause", sagte mein Vater das letzte Wort und wir dirigierten zum Ausgang. Ich fuhr mit meinen Eltern und Yigit stieg in sein eigenes Auto ein.

„Vater, was ist eigentlich mit meinem Auto?", fragte ich und lehnte meinen Kopf an die kalte Fensterscheibe an. „Das ist unsere geringste Sorge, sei du erst mal wieder kern gesund. Wir warten auf einen Anruf von der Versicherung. Da du nicht die Schuldige für den Unfall bist, wird die Versicherung mit der anderen Versicherung in Kontakt auftreten und die Reparaturkosten gestattet bekommen." „Also, werde ich für einige Zeit kein Auto zur Verfügung haben?"

„Leider nicht, aber die U-Bahn Station ist doch ganz in deiner Nähe oder irre ich mich?" „Ja, dauert nur zehn Minuten." „Innerhalb einem Monate müssten die das geregelt haben. Spätestens in zwei Monaten hast du dann ein Auto."

„Mein Auto ist nicht mehr wieder erkennbar oder?" „Leider... Ich schaue mal, wo ich das Auto verkaufen könnte, denn der Kilometerstand ist noch sehr gering, nagelneues Auto, das nur einen Unfallschaden hat." „Bist du wirklich nicht sauer auf mich?", fragte ich ihn. Er wendete seinen Kopf nach hinten und blickte mich verletzt an. 

„Ich wusste, dass eines Tages dieser Tag kommen würde und ehrlich gesagt, bin ich noch gar nicht vorbereitet dich herzugeben. Noch will ich dich auch nicht hergeben...", erzählte er mir seine Sorgen, während seine Augen wieder auf die Straßen gewidmet waren, aber seine Gedanken auf ganz anderen Strecken entlang fuhren.

Meine Mutter streichelte ihn über seinen rechten Oberarm und lächelte ihn von der Seite an. Der Anblick der Bindung zwischen denen gefiel mir, mir schmilz das Herz. Würde eines Tages der Tag kommen, an dem Yigit und ich verheiratet wären? Oder war das ein unvorstellbarer Traum? Oder eine unerreichbare Dimension?  

Kurze Zeit später erreichten wir meine Wohnung. Yigit, der schon längst angekommen war, wartete draußen, Hände in seiner Jackentasche und angelehnt an seinem Kofferraum. Die Gesichtszüge meines Vaters wurden zu einer geraden Linie gezogen und Mal wieder zeigte er ihm die kalte Schulter. Meine Mutter half mir beim Aussteigen, in derselben Zeit, war auch mein Vater ausgestiegen und kümmerte sich um mein Gepäck. Yigit kam auf unser Auto zu und wollte das Gepäck aus den Händen meines Vaters entnehmen, jedoch weigerte er sich und zog den Koffer zurück. Meine Mutter, die das ganze Geschehnis mit verfolgt hatte, schüttelte ihren Kopf und sprach meinen Vater darauf an: „Lass den Jungen den Koffer tragen, hilf du lieber deiner Tochter."

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now