.06 - Les Escaliers

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„Bulut ich bin gleich fertig, kommst du mich abholen?", fragte ich ihn nett, während ich vor meinem Kleiderschrank stand und überlegte, welche Schuhe ich zu meinen langes, blau-geblümtes Maxikleid anziehen sollte. „Ja, kann ich machen, sei in zehn Minuten fertig", informierte er mich und legte auf. Ich entschied mich für meine flachen Ledersandalen und betrachte mich zum letzten Mal im Körperspiegel, ehe ich mich zögernd aus der Wohnung schlich.

Von Yigit war keine Spur zu sehen. War auch gut so. Aber anscheinend freute ich mich zu früh, denn vor der Haustür erblickte ich einige seiner Freunde, unter anderem stand auch Umut dabei.
Bevor ich die Tür öffnete, rief ich Bulut an, um mich auf die gleich kommenden nervigen Minuten unter den Gestalten schon vorbereiten konnte. Umut richtete sein Blick auf mich zu und beobachtete jeden einzelnen Schritt, den ich trat. Er grinste wie gestern mich doof an, wodurch ich wieder meine Wutausbrüche bekam. Mein Verstand summte die ganze Zeit ein Lied im Hinterkopf, während ich desinteressiert an ihnen vorbeilief.

Zwischen uns hielt ein Abstand von sechs Meter, höchstens sieben. Sie waren zu fünft und Yigit war unter ihnen nicht zu entdecken. ‚Mal schauen, wann Umut seinen unnötigen Kommentar fabrizieren wird', dachte ich in meinen Gedanken. Hinter meinem Rücken spürte ich ihre Blicke. Sie waren mir unangenehm. Abscheulich. Ekelhaft. Abstoßend.

‚Bulut, mach einfach schneller!', fluchte ich rum. Ein Hupen riss mich aus meinen Gedanken zurück und meine Augen hafteten bei den blauen Augen. Er hielt langsam an und seine Blicke schweiften nach hinten auf die Gruppe. Nun verschwand sein Lächeln, welches sich am Anfang in seinem Gesicht zu sehen war. Fluchtartig öffnete ich die Autotür und stieg ein.

„Hey", begrüßte er mich, und gab mir jeweils links-rechts ein Küsschen. Seine Blicke waren wieder auf diese Gruppe gerichtet. „Bulut, lass uns fahren", meinte ich und packte ihn an seinem rechten Arm. „Ja, geht schon klar."

Er schaltete den Motor an und in einige Minuten später befanden wir uns auf der Landstraße. Eine unangenehme Stille herrschte die ganze Zeit im Auto.

‚Über was er wohl nachdenkt?!', fragte ich mich selbst und betrachtete sein hübsches, reines Gesicht von der Seite. Sein drei-Tage Bart beleuchtete seine Reife und Männlichkeit in meinen Augen. Er hatte keinen einzigen Fleck oder Muttermale im Gesicht, im Gegensatz zu mir. Meine kleinen, zwei Muttermale konnte man erst beim genaueren Hinschauen entdecken. Die eine war auf meiner linken Gesichtshälfte, direkt an der Schläfe, und die andere unter meinen Lippen.

„Was starrst du mich denn die ganze Zeit so an?", fragte Bulut plötzlich, wobei meine Wangen anfingen rot zu glühen. Ich wurde wieder einmal ertappt, wie ich ihn begaffte. Beschämt schaute ich nach vorne und versuchte nicht allzu viel Preis zu geben, wie sehr ich gerade schamrot wurde. „Asli", sagte er und legte seine Hand auf meine. „Ja", antwortete ich leicht zögernd und hielt seine Hand fest. Diesmal fixierten sich meine Augen auf seine Hand.

„Warum redest du nicht?"

„Hmm, deine Hand ist schön", brachte ich über die Lippen heraus und lächelte ihn an, dabei wand ich mit meinem Kopf in seine Richtung. Er lächelte genauso, aber seine Augen widmeten sich mit purer Konzentration auf die Straße. „Nur meine Hand?!", fragte er neugierig. „Nein, natürlich du auch. Aber das weißt du schon."

„Und wieso erwähnst du es dann nicht?", fragte er weiter nach.

„Willst du etwa immer wieder von anderen hören, wie gut du aussiehst?", fragte ich ihn diesmal und legte seine Hand weg.

„Nein, es reicht, wenn du das nur sagst", antwortete er und schaute mich kurz an. Er sah verdammt süß aus. Seine Freundin würde bestimmt bei so einem Jungen auf den Wolken schweben. So perfekt war er. Vielleicht aber auch zu perfekt.

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now