.09 - Der Nachtvogel

23K 832 69
                                    

„Bu-lut", sprach ich ganz leise. Ich bekam Angst. Angst die mich innerlich auffraß.

Bulut trat einen Schritt auf uns zu und blickte Yigit aggressiv an. Seine Muskeln spannten sich auf Anhieb an und seine wunderschönen blauen Augen finsterten sich. „Wieso trägt er dich, Asli?!", versuchte er ruhig zu klingeln und dabei seine Wut zu unterdrücken. „Ein kleiner Unfall", antwortete ich kurz und knapp.

Yigit drückte mich fester an sich. Mein Herz raste förmlich.

„Gib sie mir her", forderte er Yigit auf. Bulut brachte noch einen Schritt hinter sich und nun stand ich zwischen große Jungs, die sich gleichzeitig tödliche Blicke zu warfen. Einmal huschte mein Blick zu Yigit und einmal zu Bulut. Blut war durch seine Aggression überschwemmt. Er kochte vor Wut. Bevor es zu einer weiteren Diskussion kam, unterbrach ich die angespannte Situation. „Yigit, kannst du mich bitte runterlassen. Ich denke, dass ich die Treppen selber hochlaufen kann." Alle beide blickten mich an.

„Nun lass sie schon runter oder übergebe sie mir einfach", drängte Bulut.

Yigit seufzte laut aus. Langsam lockerte er seine Handgriffe und ließ mich vorsichtig auf die Beine stellen. Hampelnd erreichte ich die Eingangstür und spürte, wie die beiden hinter mir standen. Ob sie ihre Blicke austauschten? Hmm, wer weiß. Aber sicherlich könnte man sich erdenken, dass sie innerlich fluchten und am liebsten den Kragen von der jeweiligen Person angepackt hätten. Wieso auch immer, musste ich schmunzeln.

Als ich kurz stoppte und die Schlüssel aus der Tasche herauskramte, tauchte rechts von mir Yigit auf und war schneller als ich. Er öffnete das Schloss und Bulut drückte, auf meiner linken Seite, mit seiner Hand die Tür, somit ich eintreten konnte. „Ihr müsst nicht hinter mir her dackeln", brachte ich über die Lippen, gleichzeitig setzte ich meinen rechten Fuß auf die erste Stufe.

„Dein Nachbar könnte in seine Wohnung verschwinden, schließlich ist er kein Freund von dir oder habe ich da etwas verpasst?", ertönte Bulut links hinter meinem Rücken.

„Dein anscheinend guter Freund, hätte dich doch auffinden können, wenn er so gut prahlt, dass er ein guter Freund sei, dabei nicht Mal die geringste Ahnung hat, was dir zugestoßen ist", provozierte Yigit ihn. Ich konnte spüren, wie sich ein Grinsen in seinem Gesicht gezaubert hatte.

Beim Setzen meines linken Fußes, stöhnte ich vor Schmerz auf und hielt mich an der Haltestange fest. „Asli, es reicht. Deine Sturheit kann man heute zur Seite legen", sagte Bulut und in der nächsten Sekunde fing er mich in seinen Arme auf.

Ich schaute ihn geschockt, gleichzeitig aber auch sauer an. Er dagegen schien den Krieg gewonnen zu haben und trug mich glücklich hoch. Hinter uns stieg Yigit die Treppen auch hoch und schaute mich ohne eine Mimik über Buluts Schultern an. Während ich mit meiner rechten Hand an Buluts Schulter festhielt, versuchte ich mit der freien Hand meinen Hausschlüssel aus der Tasche zu kramen.

Bulut sah erschöpft aus, als er meine Haustür erreicht hatte. Er sog an der Luft und setzte mich kurzzeitig auf den Boden ab. „Wieso hast du mich getragen, wenn ich eine Tonne wiege?!", fragte ich sauer. „Weil ich gerne Elefanten hochtrage", antwortete er frech grinsend.

Mein Blickt rutsche zu Yigit, der angelehnt an der kalten Wand gegenüber uns stand.

„Ich geh dann Mal. Gute Besserung Asli", sagte er ganz monoton und kalt. Er lief auf seine Tür zu und ehe er die Tür hinter sich gebracht hatte, bedankte ich mich bei ihm und die Tür fiel kräftig zu. Ein mulmiges Gefühl stieg in mir. Das Herzrasen hatte aufgehört und ich war enttäuscht darüber, dass er nicht mit in die Wohnung gekommen war.

„Können wir nun in die Wohnung oder willst du weiter die Tür betrachten?", fragte Bulut nervtötend. Schließlich öffnete ich die Tür und Bulut nahm meinen Arm, legte diesen um seine Schulter. Er hielt mich an meiner Taille fest und brachte mich ins Schlafzimmer. Behutsam legte er mich auf mein weiches Bett und zog mir meine Schuhe aus.

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now