.39 - Weißes Gewand

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Außer einem weißen Vorhang sah ich nichts vor meinen Augen. Der Vorhang wehte und ich hörte ein Gelächter. Mit einer langsamen Bewegung schob ich den Vorgang zur Seite und erblickte eine unendlich große, grüne Wiese, wo zwei kleine Kinder am Spielen waren.

Sie schrien um ihr Glück und spielten wie verrückt fangen. Rannten von einem Fleck zu einem anderen und kreischten laut.

Ein herzliches Lächeln zeichnete sich in meinem Gesicht. Als ich meinen Kopf leicht nach rechts drehte, bemerkte ich, wie vom weiten ein ziemlich reifer Mann auf die Kinder zu lief.

Die Kinder stoppten und schrien diesmal: „Baba! Baba!" Sie liefen auf ihn zu und jedes der Kinder umarmte den Unterschenkel des Vaters. „Baba, wo ist unsere Mutter?", fragte der junge Bursche und blickte tief in die Augen des Vaters. „Sie ist im Himmel und betrachtet euch gerade", antwortete er und seine freudige Stimme, wurde rauer. „Wirklich? Liebt sie uns Baba?", stellte diesmal die Tochter eine Frage.

„Natürlich. Welche Mutter würde denn ihre Kinder nicht lieben?"

Eine unerklärliche Träne spazierte über meine Wange und tropfte auf mein weißes Gewand. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ein langärmliges Gewand an hatte. Ich schwebte durchaus in der Luft.

„Yigit", rief ich den Namen von meinem Geliebten, aber keiner hörte mich. Das Bild der kleinen Kinder und dem Herren verschwand aus meiner Sicht und meine Umgebung wurde in Weiß verfärbt.

Ein lautes Piepen durchdrang meine Ohren und verbreitete in meinem Gehirn höllische Kopfschmerzen. Es brummte laut in meinem Kopf und machte meinen Kopf schwerer, unerträglicher.

Meine Hände schloss ich zusammen, aber diesmal vernahm ich andere innerliche Verletzungen wahr. Ganz langsam öffnete ich meine bleischweren Lider und grelle Lichtstrahlen blendeten meine Augen. Ich schloss sie wieder zusammen und presste diese auch kräftig. Beim nächsten Öffnen meiner Augen gewöhnten sich meine Augen an die Umgebung. Verschwommene Bilder erschienen zunächst einmal zur Sicht und zwei unerkennbare, männliche Gestalten saßen in diesem weißen Raum.

Einer saß mit dem Stuhl an der linken Wandseite, der andere saß ihm quer gegenüber und hatte seinen Kopf in seinen Händen versteckt. Beim genaueren Hinschauen waren diese zwei Personen, keine andere, als mein Vater und Yigit. „Baba?", flüsterte ich heiser, aber laut genug, sodass mein Vater seine geschlossenen Augen weit aufriss und mich mit einem geschockten, überraschend glücklichen Augen anstrahlte.

„Asli?", sagte er unglaubwürdig und stand mit einer hektischen Bewegung von seinem Stuhl auf. Er kam auf mich zu, nahm mein Gesicht in seine beschützenden Hände und blickte tief in meine Augen. „Du bist aufgewacht", sagte er erleichtert aus und ich erblickte, wie sich seine Augen leicht füllten und er seine Hände zurückzog. „Ich komme gleich, sage deiner Mutter Bescheid", informierte er mich und verließ den Raum.

Yigit, der wie eine Statue am Ende des Bettes stand und mich verwundert beobachtete, öffnete kurz seinen Mund, um ein Wort frei zu geben, aber schloss ihn wieder, denn anscheinend, fand er gerade nicht die richtigen Worte. „Asli", ertönte seine Stimme nach einer Ewigkeit und er trat einen Schritt näher auf mich zu. Mein Herz dämmerte. Schon wieder.

Als er neben mir stand und mein Gesicht betrachtete, seufzte er schwer und seine zitternde Hand berührte meine. „Yigit", hauchte ich. Meine Stimme hörte sich ziemlich krächzend an, da meine Kehle staubtrocken war. Yigit, der meine Gedanken mit verfolgt hatte, schüttelte in ein Glas Wasser ein. Er gab mir eine Unterstützung, indem er meinen Nacken etwas anhob, aber irgendwie packten mich schmerzvoll zerrende, innerliche Schmerzen. Mein Körper zuckte zusammen und er erschauerte. „Habe ich dir weh getan?", fragte er vorsichtig. Ich schüttelte meinen Kopf und schenkte ihm ein Lächeln. „Trink etwas."

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now