.07 - Die Gefahr

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„Asli, weißt du wann du circa ankommen wirst? Bulut wird mich gleich mit Kaan abholen und danach werden auch rüberkommen", hörte ich Cemre am anderen Ende des Telefonapparates. „Ich bin gerade auf dem Weg. Denke, dass ich in etwa 20 Minuten dort auftauchen werde." „Okay, gut. Dann sehen wir uns gleich, stell meinem Vater liebe Grüße!"

„Ja mach ich, keine Sorge!", meinte ich grinsend und legte auf. Die Vorfreude stieg in mir Stück für Stück.

‚Die Zeit vergeht wie im Flug', stellte ich, während ich meine Tasche zusammenpackte, fest. Schon seit einer Woche wohnte ich hier in dem Apartment und heute würde mein erster Arbeitstag beginnen. Unerklärlicherweise freute ich mich wie ein kleines Kind auf meine neue Arbeit. Mein erster Arbeitstag in meinem ganzen Leben. Da demnächst wieder die Uni anfangen würde, hatte ich mit Cemres Vater, Mehmet Karaböcek, noch keine festen Arbeitszeiten vereinbart. Aber er wollte, da ich ein Mädchen war, dass ich nicht allzu lange in einer Bar arbeiten sollte und bestand darauf, dass ich spätestens um neun Feierabend machen sollte.

‚Werden wir heute sehen', dachte ich innerlich, ehe ich meine Haustür schloss und langsam die Treppen runterlief.

Eine Woche verging wie im Flug. Meinen Nachbar, Yigit, hatte ich seitdem letzten Vorfall auf dem Parkplatz nicht wieder begegnet. Vielleicht war es auch besser so. Oder? Er und sein Freund, Umut, wickelten mich doch nur im unnötigen Ärgern ein. Nicht Mal auf dem Balkon traf ich auf ihn. Da lag doch sicherlich etwas im Busch. Oder ich bildete es mir nur ein. ‚Nein, Asli! Du analysierst zu viel!', schimpfte ich mit mir selbst, während ich aus meiner Tasche meine Kopfhörer rauskramte und die Stöpseln jeweils in meinem Ohr steckte, um die Welt um mich herum auszublenden.

Die Bar lag bei mir in der Nähe. Ich bräuchte nur mit der Bahn drei Stationen zu fahren und schon war ich da. Für diese kurze Strecke wollte ich nicht mit meinem Auto fahren, da erstens die Umwelt beschmutzt wurde ja ich war nebenbei eine Umweltschützerin und zweitens keine Lust auf die Parkplatz-Sucherei hatte. Waren doch lediglich drei Stationen.

Bei der Hitze bekam ich ein richtiges Sommerfeeling. Seit langem hatten wir nur Sonne und keine einzige Wolke war zu sehen. Zwar war es nicht so warm wie in der Türkei, aber für Deutschlands Umstände waren diese 25° schon ausreichend. Himmelblau. Klar. Keine Wolken waren zu entdecken. Was wollte man mehr?

Durch den leichten Wind, der mir entgegen kam, wehte mein blümchen Maxikleid. Es war einer meiner Lieblingskleider. Ja, ich liebte Maxikleider, insbesondere wenn diese geblümt waren. Dazu hatte ich meine beigen, low Chucks angezogen und meine Jeansjacke für alle Fälle miteingepackt. Das typisch, deutsche Wetter wurde abends kühler und ich wollte mich nicht erkälten. Die letzten Stufen brachte ich hinter mich und die Bahn sollte in genau zwei Minuten antreffen. In der Zwischenzeit legte ich meine Sonnenbrille in ein Brillenetui und schloss den Reißverschluss meiner cognac farbigen Tasche.

Kurz vorm Eingang legte ich noch schnell die Kopfhörer und mein Handy in die Tasche und trat fröhlich in die Bar ein. Herr Karaböcek stand hinter Theke, welche sich auf der linken Wandseite stand. Ich schlenderte durch die schmale, lange Bar, die zu einem Retro-Style einzuordnen war. Zwar war die Bar sehr schmal, aber in die Länge konnte ich einige Tische aufzählen.

Auf der linken Seite befand sich nur ein langes, gestepptes, orangenes Ledersofa. Über ihr hing ein, ebenfalls mit der gleichhaltenden Länge, eine Kreidetafel, die mit unzähligen Unterschriften voll beschrieben war. Meine Blicke schweiften langsam wieder zur Theke und erkannten die herzlichen Augen von Herr Karaböcek, der mich jetzt wahrnahm. Er lief um die Theke herum und kam mir entgegen.

„Willkommen Asli", begrüßte er mich und schüttelte kräftig meine Hand.

„Guten Tag Herr Karaböcek. Cemre und die anderen werden gleich auch auftauchen. Sie wollen mir bei meinem ersten Arbeitstag Gesellschaft leisten", informierte ich ihn, während ich auf einem leeren Stuhl Platz nahm.

Nicht ohne dichWhere stories live. Discover now