3 - Verdrängung - Teil 2

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Sophie und sie tauschten einen langen Blick und erst, als sie kaum merklich nickte, fing ihre Freundin von ihrem Tag zu erzählen an. Sie erzählte ihnen von der Gegenüberstellung und von dem Vorfall danach. Nur die Information, dass Dereck sich damit gebrüstet hatte, Lus erster Sexualpartner gewesen zu sein, hielt sie zurück, wie sie dankbar und erleichtert registrierte. Die beiden Jungs sahen die Freundinnen fassungslos an. Ihr fiel auf, dass Leon sein Sektglas so festhielt, dass die Knöchel weiß hervortraten und der schmale Griff der Sektflöte schließlich dem Druck nachgab und zerbrach.

„Sorry, ich ... ich wollte das nicht", ließ er verlauten, als er aufsprang und ein Tuch holte, um das kostbare Getränk aufzuwischen.

Diese Reaktion machte irgendwas mit ihr. Plötzlich war sie stinkesauer. Und traurig. Sie konnte buchstäblich merken, dass sie schlagartig unter Druck stand wie ein Dampfkessel. Besorgten sie Schampus, um auf die Gefangennahme Derecks anzustoßen! Als hätte er ihr die Geldbörse geklaut!

Während Sophie die Scherben aufhob, wegwarf und ein neues Glas für Leon holte, leerte sie ihres auf Ex, schenkte sich nach und meinte anschließend sarkastisch: „Na dann: zum Wohl. Auf einen gelungenen Tag, der besser nicht sein hätte können!"

Die drei sahen sie betreten an und sie leerte auch dieses Glas in einem Zug und sie fragte beißend: „Soll ich jetzt alleine trinken, oder was?"

Als die drei sie weiterhin anstarrten, zuckte sie mit den Schultern, goss sich noch ein Glas ein und leerte auch dieses in Windeseile. Sie wollten feiern? Das konnte sie ihnen bieten!

Der Alkohol stieg ihr schnell zu Kopf und sie fing an zu säuseln: „Nun, kommt schon, schaut nicht so. Feiert mit mir!"

Sie trat auf Sophies Musikanlage zu, schaltete sie ein, suchte eine CD raus, legte sie ein und säuselte: „Oh ein Klassiker!"

Sie drückte auf play und die Anlage verkündete „It's a real good feeling..." von Peter Kent. Sie drehte sich zu den anderen um, funkelte sie belustigt an und stellte fest, dass sie Lucy geschockt und besorgt anblickten. Sie tanzte zu Sophie und wollte sie animieren, mitzumachen, doch diese machte keine Anstalten dazu, also drehte sie sich zum Tresen, um ihr Glas neu zu füllen. Aber Leon kam ihr zuvor.

Er nahm ihr die Flasche aus der Hand und meinte sanft, jedoch bestimmt: „Lucy, ich glaube, du hast genug."

„Genug? Ihr wolltet doch feiern! Nun kommt schon, feiert mit mir! Ist ja nicht so, als hätte sich ein Fremder an mir vergangen. Da kann man doch feiern!", rief sie und als sie weiter nur in betretene Gesichter sah, schlug ihr Sarkasmus in Verzweiflung um.

Tränen quollen aus ihren Augen und als sie sich auf den Boden plumpsen ließ, sagte sie mit brüchiger Stimme: „Ja, ich glaub, ihr habt recht. Ich hab genug gefeiert."

****

Sie rappelte sich hoch und verschwand im Bad, während sie hörte, dass Zach meinte, er sei wohl unsensibel gewesen. Aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Ihr war übel und ihr gingen die betretenen Gesichter der Polizisten genauso wenig aus dem Kopf, wie Derecks Feixen, als er ihr Geheimnis offenbart hatte. Sie hatte verschweigen wollen, dass sie zuvor noch unschuldig gewesen war. Klar, sie hatte es der Ärztin am gestrigen Abend erzählt, aber das war etwas anderes gewesen. Diese hatte es wissen müssen. Sie hatte das Gefühl, als wollte ihr Unterleib explodieren. Solche Krämpfe hatte sie noch nie gehabt. Sie fühlte sich schon wieder schmutzig. Deswegen zog sie sich aus, um unter die Dusche zu steigen. Würde das wieder weggehen? Dass sie sich so fühlte?

Sie hatte auch Blut im Slip, was die Krämpfe erklärte. Hieß das, sie wäre schwanger gewesen? Sie seufzte. Sie wusste, dass diese Nebenwirkungen bei der „Pille danach" auftreten konnten, die Ärztin hatte es ihr gesagt, doch sie verfluchte das Schicksal, weil sie nicht glimpflicher davon gekommen war. Schlimm genug, dass sie jedes Mal, wenn sie pinkeln war, dachte, es wäre Lava, das aus ihr herausfloss, nein, auch die Begleiterscheinungen machten nicht halt vor ihr. Ihr Kopf dröhnte und ihr war übel. Ob das nun weitere Nebenwirkungen des Hormonpräparates waren oder nur die Nachwirkungen des Alkohols auf nüchternen Magen – sie wusste es nicht. Aber sie hatte das Gefühl, dass sie sich wieder gefangen hatte. Auch der Schmerz im Unterleib hatte etwas nachgelassen, also trat sie aus der Brause, trocknete sich mit angewiderten Blick in den Spiegel ab und schlüpfte in ihren Morgenmantel. Als sie das Badezimmer verließ, schaute sie sich suchend um.

Soundtrack des Herzens - IntroWhere stories live. Discover now