12 - Los Angeles - Teil 3

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Damit verließ er das Zimmer und sie war allein. Erschüttert hielt sie inne. Sie setzte sich aufs Bett, zog die Beine an und legte den Kopf auf ihre Knie. Er hatte Recht, gestand sie sich ein. Sie verstand auch nicht, was in sie gefahren war. Sie wusste nur, wenn er sie in seinen Armen hielt und küsste, fühlte sie sich lebendig. Seit dem Tod ihres Vaters hatte sie nur funktionieren müssen. Sie war nicht sie. Aber wer war sie? Ihre Mutter schien genau zu wissen, wer sie sein sollte. Aber sie hasste die Person, die ihre Mutter in ihr sah.

Seit jener Nacht bei Sophie konnte sie diese Rolle noch weniger ausfüllen. Sie wollte nicht mehr diese Rolle spielen, die ihre Mom für sie auserkoren hatte: ein sexy Beach–Girl für die männlichen Fans und das nette Mädchen von nebenan für die weiblichen. Sie wollte keine ultraanzüglichen Fotos von sich auf ihrem Album und sie hasste diese Lieder.

Sie hatte nicht immer gute Laune und war auf Party oder Männerfang. Sie war nichts von dem, was sie sang. Aber wie sollte sie ihrer Mutter das begreiflich machen? Wieso schien Leon durch diese Fassade sehen zu können? Leon: Er war weit mehr als nur ein Freund für sie. Sie liebte ihn. Aber wäre es fair, ihm das zu offenbaren, nachdem sie so schlechte Erfahrungen gemacht hatte?

Ansonsten war sie völlig unerfahren. Sie konnte ihm die körperlichen Vorzüge einer Beziehung offenbar nie bieten, denn immer wenn sie einen Vorstoß wagte, schien sie alles verkehrt zu machen. Das war nicht nur für sie frustrierend, sondern ebenfalls unbefriedigend – das musste das richtige Wort sein – für ihn sein. Wie lange würde eine Beziehung das aushalten?

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Während Lucy grübelnd auf dem Bett hockte, war Leon unter die Dusche gestiegen. Die brauchte er zum Abkühlen. Es fiel ihm immer schwerer, ihren Avancen standzuhalten. Diese Unschuld, gemischt mit ihrer Leidenschaft, brachte ihn an den Rand seines klaren Verstandes. Wie würde es sein, wenn er dem einfach nachgehen würde? Er hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass er sich danach nicht mehr im Spiegel ansehen könnte.

Er wollte nicht nur seine Lust stillen – wobei ihm das immer schwerer fiel. Er wollte ihr zeigen, dass die körperliche Liebe die Krönung des Zwischenmenschlichen war. Vor allem wenn sich die beiden Aktionäre liebten. Er seufzte und stellte die Dusche aus, zog sich an, verließ das Bad und fand sie auf dem Bett brütend vor.

„Hey, Lu", sagte er und sie hob müde den Kopf.

„Hey", erwiderte sie und er setzte sich neben sie, schaute sie aber nur schweigend an.

„Ich will nicht, dass du dir ein anderes Zimmer suchst ... ich will dich bei mir haben, weil ... na ja. Ich will die Zeit mit dir genießen. Bei dir kann ich, ich sein. Auch wenn ich nicht weiß, wer ich bin. Du scheinst es zu wissen...", brach sie ab und sie starrte düster vor sich hin.

Leon legte eine Hand auf ihr Knie. „Ok."

Sie sah ihn an und sprang dann auf, als sie seine abwartende Miene sah. Während sie hin und her tigerte, beobachtete er sie still. Er wusste, dass ihr noch mehr auf dem Herzen lag, also wartete er, bis sie ihre Gedanken sortiert hatte und sie bereit war, es – was immer es war – auszusprechen.

Kurz darauf fing sie zu reden an: „Wegen dem zweiten Thema ... du hast natürlich Recht ... du bist mehr als ein Freund für mich."

Ihre Stimme brach und schluchzend erklärte sie weiter: „Ich empfinde mehr für dich ... ich ... na ja ... ich liebe dich. Aber das darf einfach nicht sein. Ich werde uns beiden das Herz brechen. Ich weiß es. Ich will dich nicht lieben. Ich will nicht, dass du mich liebst. Und gleichzeitig fühlt es sich so richtig an. Wenn du bei mir bist, fühle ich mich, als wäre es ok, so wie ich bin, aber nichts ist ok. Verstehst du? Ich kann dir nicht versprechen, wie ich auf körperliche Sachen reagieren werde. Ob ich dazu in der Lage bin. Und wenn ich denke, ich kann's, mach ich irgendwas falsch und du stößt mich weg. Ich weiß auch nicht, ich bin so verwirrt..."

Soundtrack des Herzens - IntroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt