𝒦𝒶𝓅𝒾𝓉ℯ𝓁 𝒱𝒾ℯ𝓇

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Hongjoong

„Sie muss gestorben sein.“ sagt Yeosang über FaceTime.

Auf dem Weg zur Schule seinen Anruf anzunehmen, war vielleicht nicht die beste Idee.
Ich bin diese Woche auf einem Lorde-Trip und würde mir vor dem Unterricht gerne noch ein paar mehr Songs von ihr reinziehen, stattdessen gebe ich den Muster-Besten-Freund, weil Yeosang durch die Minjeong-Geschichte ein bisschen am Rad dreht.
Gestern Abend hat er ihr YouTube-Links zu unterschätzten Elliott-Smith-Titeln geschickt und bis jetzt keine Antwort bekommen.
Bei diesem Sänger geht Yeosangs Temperament manchmal mit ihm durch.
Wie damals, als er eine ganze Woche lang sauer auf mich war, weil ich in einer einzigen Nachricht mal das zweite t von Elliott vergessen habe.

„Ich glaub nicht, dass sie tot ist. Im Gegenteil, vermutlich hat sie einfach ein Leben.“ sage ich.

„In dem sie was tut?“

„Keine Ahnung, Vampire jagen?“

„Die Sonne scheint. Keine Vampir-Zeit. Lass dir was Besseres einfallen.“

„Im Ernst, es ist bestimmt alles okay. Ihr habt gestern zwei Stunden lang gequatscht.“

„Zwei Stunden und zwölf Minuten.“ verbessert mich Yeosang und füllt sich Kaffee nach.
Viel geschlafen hat er vermutlich nicht.
Als ich aufgewacht bin, hatte ich zwei verpasste Anrufe und zehntausend Nachrichten mit Minjeong-Bezug.
Alle kamen mitten in der Nacht.

„Sie hat übrigens einen Nachnamen.“ fährt Yeosang fort.

„Oho!“

„Kim Minjeong.“
Er erzählt mir haarklein, was er gestern alles über sie herausgefunden hat.
Barista zu sein macht sie glücklich, im Gegensatz zu ihren Kollegen.
Ihre Lieblingsfilme sind Titanic und Herkules und die Sandlot-Kids.
Sie geht jede Woche mit ihrer kleinen Schwester Meeresfrüchte essen.
Sie ist ein Videospiel-Ass.
„Und... ich dachte, sie mag mich.“

Seit der dritten Klasse habe ich so einige von Yeosangs 'Beziehungen' hautnah miterlebt, aber noch nie war er am zweiten Tag, nachdem er ein Mädchen kennengelernt hat, schon derart unerträglich.
Selbst bei Dabin hat es ungefähr einen Monat gedauert, bis er so richtig Herzchen in den Augen hatte.
Yeosangs Schwärmerei für Minjeong erinnert mich an Mingi und mich, als wir es nach der Schule kaum erwarten konnten, uns zu sehen.
Und wir wissen ja, wie das ausging.

„Ich bin sicher, sie mag dich, Alter.“

„Mochte. Sie ist tot. Wir sehen uns beim nächsten Treffen der Anonymen-Gebrochenen-Herzen.“

Ich schlendere um die Ecke und aufs Schultor zu.
Yeosang und ich gehen nicht auf die Belleza High in Midtown, aber die nehmen da dieses Jahr 'ne ganze Menge Sommer-Loser von anderen staatlichen Schulen auf.
Gerade will ich Yeosang noch mal versichern, dass Minjeong sich melden wird, da sehe ich Mingi und Dabin auf den Stufen vor dem Eingang sitzen.

Genau wie gestern auf dem Instagram-Bild wirkt Mingi kein bisschen krank.
Gerade als er in sein Brötchen beißen will, entdeckt er mich.
Sofort dreht er sich zu Dabin um und bricht in schallendes Gelächter aus.
Und nichts gegen Dabin, sie ist super, aber die beste Witzeerzählerin ist sie definitiv nicht.
Deshalb starrt selbst sie Mingi an, als wäre er völlig durchgedreht.

„Oh.“ sage ich.
„Yeo, ich muss Schluss machen.“

„Wieso, was ist los?“
Ich drehe das Handy um und jetzt guckt auch Yeosang den beiden ins Gesicht.

„Oh! Hey, Leute!“

Dabin schüttelt den Kopf.
„Danke, kein Bedarf.“

„Na dann, ciao.“ sagt Yeosang.
„Mingi, Kumpel, du hast übrigens Ketchup im Gesicht. Sieht nicht schön aus.“

What if it's us? //a Seongjoong Story//Where stories live. Discover now