𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 𝓢𝓲𝓮𝓫𝔃𝓮𝓱𝓷

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Seonghwa

Sei. Still. Seonghwa. 

Es ist, als würden mein Hirn und mein Mund sich nicht kennen.
Als wären sie nicht mal Teil der gleichen Realität.
Mein Mund ist der naive Typ im Horrorfilm, der vor lauter Todessehnsucht diese eine bestimmte Tür aufmachen will.
Und mein Hirn sitzt wohl wissend auf dem Sofa und schreit: 'MACH DAS NICHT!'.

Die Mingi-Tür.
Ich kann meinen Mund einfach nicht davon abhalten, sie zu öffnen.

Dabei sollte doch heute Abend alles gut werden.
Die ganzen letzten Tage habe ich damit verbracht, einen unfehlbaren Plan zu schmieden.
Ich würde witzig und cool sein und er absolut hingerissen von mir.
Nicht nur hingerissen.
Ganz und gar verzaubert.
Irgendwann würden wir aneinandergeschmiegt auf einer Bank sitzen, auf einer Bank im Central Park.
Während wir uns die vorbeilaufenden Touris ansähen, würde er sich für geflüsterte Kommentare zu mir herüberlehnen.
Dann würde er mir auf den Arm klopfen, um mir einen Witz zu erzählen oder mich auf etwas hinzuweisen, wobei seine Hand etwas länger als nötig dort liegen bliebe.
Ich würde bemerken, wie er ganz versunken mein Gesicht betrachtet. 

Und schließlich würden wir uns natürlich küssen.
Mein erster Kuss.
Gefolgt vom Verlust meiner Jungfräulichkeit auf einer lauschigen Wiese unter den Sternen. 

Aber nein.
Das alles passiert nicht mal annähernd.
Stattdessen dünste ich meine diversen Neurosen aus und giere nach Antworten auf Fragen, die ich nicht stellen sollte.
Trotzdem kann ich mich nicht davon abhalten.
Leute wie ich sollten mit Stummschalttaste geliefert werden.

„Ich meine, ist ja verständlich, dass du Fotos von ihm hast. Aber müssen es gleich sechsundfünfzig sein?“

„Warum zählst du meine Fotos?“ fragt er.

Als ich einen Schritt von ihm weg mache und plötzlich mitten in einem Passantenstrom stehe, zieht er mich schnell wieder an der Hand zur Seite.
Im nächsten Moment sitzen wir daher dann tatsächlich auf einer Bank im Central Park.
Und dass er immer noch meine Hand hält, ist schon ziemlich himmlisch.

„Richtig gezählt habe ich sie nicht.“

„Die Sechsundfünfzig hast du einfach mal geschätzt.“

„Okay, ich habe gezählt.“

Er schmunzelt.

„Es ist nur... dein Profil wirkt fast wie ein Schrein, ein Schrein für einen anderen.“

„Dann schau dir diese Fotos doch einfach nicht an.“

Ich ziehe meine Hand aus seiner.
„Darum geht es nicht.“

„Mingi und ich waren auch befreundet.“ sagt er.
„Du hast haufenweise Bilder von San und Jisu online.“

„Ja, aber San und Jisu sind San und Jisu!“

Hongjoong seufzt.
„Und Mingi ist Mingi.“

Schweigend sehe ich dabei zu, wie er an seinem Schnürsenkel rumfummelt.

„Okay.“ sage ich schließlich.
„Ich frage das jetzt.“
Meine Stimme wird ganz leise, fast unhörbar.
„Warum habt ihr Schluss gemacht?“

Er sieht mich an, doch ich kann seine Miene nicht deuten.
„Willst du das ehrlich wissen?“

„Ja!“

„Wirst du mir nachher Vorwürfe machen?“

„Hast du denn was Schlimmes getan?“

„Nein!“
Hongjoong schließt kurz die Augen.
„Es war nur... unschön. Er hat mir das Herz gebrochen. Hab ich dir nicht erzählt, dass er mich betrogen hat?“

What if it's us? //a Seongjoong Story//Where stories live. Discover now