𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 𝓩𝔀𝓮𝓲𝓾𝓷𝓭𝔃𝔀𝓪𝓷𝔃𝓲𝓰

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Sonntag, 22. Juli

Hongjoong

Mein Freund und seine Eltern werden also bei uns essen.
Darauf komm ich schon den ganzen Tag nicht so richtig klar.
Ich hab die Bücherregale und den Fernseher abgestaubt, gesaugt, Müll weggebracht und sogar Wäsche gewaschen, damit wir frische Gästehandtücher im Bad haben.
Außerdem habe ich vier Duftkerzen angezündet.
Kirsche.
Sie harmonieren überraschend gut mit den Gerüchen aus der Küche, wo meine Eltern unser Festessen vorbereiten.

Als ich den Tisch decke, klingelt es.
Ich sehe auf die Uhr.
Wenn das Seonghwa und seine Eltern sind, sind sie zu früh.
Na ja, oder eher ziemlich pünktlich.
Ich hätte es wissen müssen.
Schließlich reden wir hier von Seonghwa.
Mist.

„Ich geh schon.“ rufe ich.
Hoffentlich sind es noch nicht die Parks, hoffentlich...

„Hey!“
Seonghwa hat eine Schachtel mit Keksen in der Hand und strahlt übers ganze Gesicht.
Hinter ihm stehen seine Eltern und haben Wein dabei.

Es würde sich noch sehr seltsam anfühlen, Seonghwa vor seinen Eltern zu küssen, deshalb gebe ich ihnen die Hand und umarme ihn.

„Wie geht's dir?“ fragt Mr. Park.

„Ich bin am Verhungern.“ antworte ich.

„Es duftet himmlisch.“ sagt Mrs. Park.

Keine Ahnung, ob sie die Kerzen oder das Essen meint, aber an der Art, wie sie es sagt, merke ich, dass es so oder so ein guter Start ist.
Ich bitte sie herein.
Die Diele ist fast zu eng für vier Personen, das fällt mir zum ersten Mal so richtig auf.
Kein Putzen und Schrubben kann darüber hinwegtäuschen, dass diese Wohnung viel kleiner ist als alles, was die Parks gewohnt sind, oder dass am Esstisch, an dem wir uns gleich Ellbogen an Ellbogen zusammendrängen werden, zwei von den Nachbarn geliehene Stühle stehen.

„Ma, Pa, das sind Mr. und Mrs. Park. Und Seonghwa.“

Meine Eltern hüten sich natürlich davor, Witze über den Nachnamen zu machen.

„Wie schön, dass Sie gekommen sind.“ sagt Ma.
„Ich bin Deiji, das ist Beomseok.“

„Seojun.“ sagt Mrs. Park und sie schütteln sich die Hände.
„Sie haben eine wirklich schöne Wohnung. Vielen Dank für die Einladung.“

„Sehr gerne. Und du bist also Seonghwa.“ sagt Ma, mustert ihn und lächelt.
„Von dir habe ich schon viel gehört.“

Er strahlt wieder mich an, dann sie.

„Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mrs. Kim.“

Seonghwa überreicht Ma die Kekse aus der Levain Bakery, einem winzigen Laden auf der Upper West Side, bekannt für seine riesigen Cookies und endlos langen Warteschlangen.
Dass sie sich extra für unseren Nachtisch da angestellt haben, will schon was heißen.

„Das Essen ist fast fertig.“
Vorher spiele ich aber den unnötigsten Touri-Guide der Welt und führe Familie Park durchs Wohnzimmer.
Während Seonghwa jedes einzelne Bild an der Wand betrachtet, mache ich mir bewusst, dass es bei einem Zuhause nicht darum geht, wie groß es ist, sondern womit man es füllt.
Da wären zum Beispiel die puerto-ricanische Flagge über dem Fernseher, die Abuelita mitgebracht hat, als sie mit Ma aus ihrer Heimatstadt Rincén nach New York gezogen ist.
Einschulungsfotos von Pa und mir, nebeneinander, auf denen wir fast wie eineiige Zwillinge aussehen.
Das Ölgemalde, das meine Eltern bei ihrem ersten Date gemalt haben, weil Pa Ma mit etwas Originellerem als einem Essen beeindrucken wollte.
Der aufschiebbare Couchtisch, den wir am Bordsteinrand gefunden haben und in dem jetzt unsere Karten- und Gesellschaftsspiele stecken.
Ich fühle mich zwar immer noch ein bisschen wie auf dem Präsentierteller, mache mir aber plötzlich nicht mehr ganz so viele Sorgen darüber, wie das Urteil ausfallen wird.

What if it's us? //a Seongjoong Story//Where stories live. Discover now