𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 𝓔𝓲𝓷𝓾𝓷𝓭𝓭𝓻𝓮𝓲𝓼𝓼𝓲𝓰

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Freitag, 3. August

Seonghwa

Morgen nur du und ich, Obama.

Bevor ich meinen Geburtstag nur mit Onkel Miltons zweiundzwanzig Pferden und dem Lieferdienst als Gesellschaft verbringen muss, kann ich mir doch lieber noch einen ausgedruckten Papier-Barack am Stiel basteln.
So habe ich, selbst als Single und ohne Freunde oder Eltern weit und breit, wenigstens meinen Präsidenten zum Feiern da.
Man könnte jetzt meinen, ich mache Witze, aber wer hat wohl nur wegen des Farbdruckers seine 'Krankheit' überwunden und ist bei der Arbeit aufgekreuzt?

„Du ziehst mich runter, Seonghwa.“ sagt Eunbi.

„Ich... habe doch gar nichts gesagt.“

„Ganz genau. Damit machst du mich fertig.“

Ich zucke die Schultern und wende mich wieder den Akten zu, die so betäubend sind wie eh und je.
Vielleicht tue ich es aus Masochismus.
Oder vielleicht habe ich den Schlüssel zu wahrer Konzentration gefunden.
Man muss sich nur von einem süßen Jungen das Herz rausreißen und anschließend die zwei besten Freunde drauf rumtrampeln lassen.
Wenn es danach immer noch schlägt, macht man den Rest einfach selbst.
Man flucht die Tapete von den Wanden, schreit sich die Stimme heiser und zerstört alles, was man liebt, bis endlich - siehe da - die Monotonie der Arbeit eine Erleichterung darstellt.
Denn wenn man bis zum Anschlag in Akten steckt, kann man immerhin nicht an den Ex-Freund denken.
An den Seelenunverwandten.
An den Typen, der mitten im zweiten Akt die Biege gemacht hat.

„Wie läuft das morgen genau?“ fragt Joohyun Eunbi.

Ich blicke auf.
„Was ist morgen?“

„Seungmins Mitbewohner schmeißen eine Abschiedsparty.“ antwortet Eunbi.

„Die Dinorotik-Typen? Jurassion Passion?“

„Ja, und ich kann es kaum abwarten, dass sie endlich verschwinden. Darauf lasse ich so was von die Korken knallen.“
Sie lehnt sich im Stuhl zurück.
„Wir fahren doch zusammen hin, oder, Joo?“

„Wohin?“ frage ich.

„Upper West Side. Seungmin geht auf die Columbia.“

„Ach, das ist ganz bei mir in der Nähe.“
Keine von beiden sagt etwas.
„Also Party, hm?“

Joohyun nickt.
„Aber im ganz kleinen Rahmen, stimmt's, Eunbi?“

„Ja, nur in ihrer winzigen WG.“

„Klingt nach Spaß.“ sage ich langsam und presse dann aber die Lippen aufeinander, weil ich nicht weiter um eine Partyeinladung an meinem eigenen Geburtstag betteln werde.
Scheiße.
So uncool bin nicht mal ich.

Moment, ich bin so uncool.

„Vielleicht könnte ich vorbeischauen?“ frage ich ganz beiläufig.

Joohyun und Eunbi tauschen einen Blick aus.

„Oder... auch nicht.“

„Seonghwa, sieh mal, das ist nicht persönlich gemeint.“ sagt Joohyun.
„Aber da wird es Alkohol geben.“

„Damit habe ich kein Problem.“

„Na, ich aber.“

„Du hast ein Problem mit Alkohol?“

„Ich habe ein Problem damit, den minderjährigen Sohn einer Chefin zu einer Saufparty mitzunehmen.“

„Ha.“
Ich grinse.
„Das versteh ich doch. Ich würde auch gar nichts trinken. Im Gegenteil, ich könnte sogar was aus Onkel Miltons Hausbar mitbringen! Zutaten für Gelee-Eier-Cocktail zum Beispiel oder-“

„Sprich gar nicht erst weiter. Eunbi und ich würden dafür im hohen Bogen rausfliegen.“ sagt Joohyun.

„Jap. Keine Chance.“ stimmt Eunbi zu.

„Nicht mal an meinem Geburtstag?“
Voila.
Die Verzweiflungstat.

Eunbis Züge werden sanfter.
„Du hast Geburtstag?“

„Morgen, ja.“

„Oh, Seonghwa.“
Joohyun beißt sich auf die Lippe.
„Wir können dich trotzdem nicht mitnehmen. Das verstehst du doch, oder?“

„Ja, ich... vergesst es.“

„Warum willst du überhaupt zu den Dinosauriertypen? Mach doch was Schönes mit Hongjoong.“

Na toll.
Jetzt fange ich gleich mitten im Büro an zu heulen.
Angestrengt starre ich auf meine Hände und blinzle.
Einfach großartig.

„Okay, nicht die Reaktion, die ich erwartet hatte.“ sagt Joohyun vorsichtig,
„Willst du darüber reden?“

„Nein.“

Joohyun und Eunbi tauschen erneut einen Blick aus.

Na und?
Sollen sie sich ruhig schlecht fühlen.
Ist mir scheißegal.
Alles ist mir scheißegal.
Dad ist in Atlanta, Mom auf dem Weg nach Canandaigua, San und Jisu fummeln wahrscheinlich gerade hinterm Starbucks und meine einzigen Freunde in dieser großen, blöden Stadt wollen mich nicht einmal zu einer Nerd-Party mitnehmen.

Mein siebzehnter Geburtstag.
Auf einigen Planeten soll das ein freudiges Ereignis sein.
In meiner Welt aber gibt es nur Hongjoong, der Mingi im Unterricht Liebesbriefchen zusteckt.
Und Hongjoongs Instagram-Profil mit den sechsundfünfzig Mingi-Gesichtern.
Und Mingis Name auf einem Paket, das nie verschickt wurde.

Und das Hongjoong-Faust-große Loch in meiner Brust.

What if it's us? //a Seongjoong Story//Where stories live. Discover now