𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 𝓩𝔀𝓸̈𝓵𝓯

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Samstag, 14.Juli

Hongjoong

Gleich ist es so weit ich habe mein erstes Date.
Also, mein erstes Date mit Seonghwa.

Es ist 19:27 Uhr und ich sollte dringend Ios.
Ich ziehe mir ein schwarzes T-Shirt über.
Ma hat darauf bestanden, es zu bügeln.
Meine Eltern stehen beide schon an der Tür und Yeosang begleitet mich aus dem Zimmer, wo er mir die letzte Stunde gut zugeredet hat.
Dabei hat er mir nur ein Mal geraten, einfach auf meinen Schwanz zu hören.
Eindeutige Verbesserung.

Yeosang mustert mich und kratzt sich am Kinn.
„Der Look ist abgesegnet.“

„Danke. Los geht's.“

„Wartet, ich mache noch ein Foto von euch beiden.“ sagt Ma und verschwindet schnell in der Küche. 

„Warum das denn?“ fragt Pa.
„Yeosang ist doch nicht seine Verabredung.“

Ma kommt mit ihrem Handy zurück.
„Aber er ist Hongjoongs bester Freund, der extra vorbeigekommen ist.“

„Es sind nur fünf Blocks.“ sagt Pa.

„Das ist Hongjoongs erstes Date. Ein Instagram-Moment.“

Mas Instagram-Account ist typisch sie.
Übertrieben gefilterte Selfies und Fotos von Mahlzeiten, garniert mit viel zu vielen Hashtags.
#Ziemlich #nervig #komplette #Texte #wie #diese #zu #lesen.
Dummerweise hat sie gemerkt, als ich ihr nicht mehr gefolgt bin. 

„Von wegen erstes Date.“ widerspreche ich.
Man muss in ihrem Profil nur sechs Monate zurück scrollen, dann findet man ein ähnliches Bild, aufgenommen vor meinem echten ersten Date.
Mit Mingi.
Wir waren bei einer Comedyshow, die sich als unangenehm schwulenfeindlich entpuppte.
Als Mingi mich für unseren ersten Kuss zu sich heranzog, war das der perfekte Mittelfinger an diesen Comedian.
Und auch sonst perfekt.

Ma schaut mich böse an.
„Willst du mich wirklich weiter verbessern oder lieber jetzt dieses Foto machen, damit du gehen kannst?“

„Na schön.“

Yeosang stellt sich neben mich und legt abschlussballmäßig meinen Arm um sich.
Ich gebe nach und lächele.

„Wunderschön.“
Ma knipst ihr Bild.
„Danke, ihr zwei.“
Sie gibt uns beiden einen Kuss auf die Wange und macht sich an die magische Bildunterschrift.

„Viel Spaß, ihr Spinner.“
So verstohlen, als wäre es ein Tütchen Gras, steckt Pa mir ein bisschen Bargeld zu, dann gibt er mir einen Kuss auf die Stirn und umarmt Yeosang.
„Hongjoong, du bist um halb elf zu Hause. Yeosang, wann du nach Hause kommst, ist mir egal, du wohnst nicht hier.“

„Noch nicht.“
Yeosang zwinkert ihm auf dem Weg nach draußen zu.

Ich ziehe die Tür hinter uns ins Schloss.

Statt zur U-Bahn zu joggen, verfalle ich in ein schnelles Schlendern.
Wäre ja nicht so optimal, das T-Shirt direkt durchzuschwitzen.
Wir erreichen die Station, drängen uns bis zum Gleis, und von der gelben Bahnsteigkante aus halte ich Ausschau nach der L-Linie.
Aber sie kommt nicht.
Okay, ich werde nur zehn Minuten zu spät kommen, das geht noch.
Allerhöchstens fünfzehn.
Für meine Verhältnisse ziemlich gut.
Bei Mingi waren es manchmal dreißig Minuten.
Meine puerto-ricanische Erziehung überträgt sich offenbar auf mein Zeitverständnis.
Das ist zwar ein Klischee, aber auf unsere Familie trifft es voll zu.
Daher musste ich leider auch schon oft wegen Zuspätkommens nachsitzen.
An Thanksgiving lädt Titi Aecha immer für zwei Uhr ein, weil sie genau weiß, dass dann bis um vier, wenn das Essen fertig ist, alle da sind.
Dagegen ist eine Viertelstunde doch eigentlich in Ordnung.

Wir sind unterwegs nach Uptown.
Yeosang sieht sich gleich irgendeinen Horrorfilm an, während ich mit Seonghwa zu Dave & Buster's gehen werde, der Videospielhalle am Times Square.

„Bist du sicher, dass ich euch nicht folgen und euer Date beobachten soll?“ fragt Yeosang.
„Der gute alte Digby Whitaker hat kein Problem damit, seinen Film ein andern mal zu sehen.“

„Ich werde Digby Whitaker mit einem Streifen Spielmarken erwürgen, wenn er sich blicken lässt.“

„Krass.“

Die L-Linie kommt und wir fahren bis zum Union Square, wo wir sofort in die N-Linie umsteigen können.

„Also... heute Abend geht's um die Wurst, was?“

„Das ist das Letzte, was ich vor einem Date hören möchte. Oder überhaupt irgendwann.“

„Ich mein ja nur. Das mit euch hat so episch angefangen...“

„Ich weiß, aber... ich versuche, das Ganze ein bisschen realistischer zu sehen.“

Schon seltsam.
Seit ich Seonghwa vor fünf Tagen in diesem Postamt kennengelernt habe, ist so viel passiert und die Ereignisse haben sich irgendwie überschlagen.
Nur geht das alles für meinen Geschmack fast ein bisschen zu schnell.
Mingi und ich waren monatelang befreundet, bevor wir angefangen haben, uns zu daten.

Und Seonghwa?
Den kenne ich kaum.
Aber vermutlich ist das bei jeder neuen Beziehung so.
Am Anfang ist da nichts, doch dann ist plötzlich alles drin.

What if it's us? //a Seongjoong Story//Where stories live. Discover now