Kapitel 41

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Eine verschwitze Hand paschte in mein Gesicht. Ich öffnete verwirrt meine Augen und sah, dass ich mich auf unserem Sofa befand.
„Dich bekommt man ja noch weniger wach als Papa.“, sagte mein kleiner Bruder, der sich gähnend in die Küche begab.
„Warum bin ich hier?“, fragte ich im Halbschlaf und noch ziemlich benebelt, während ich die flauschigste Decke des Universums zur Seite schob.
„Du bist gestern Abend hier eingeschlafen. Ein richtiges Wunder bei Papas Schnarchen.“, kam es von Mama die rechts neben mir saß. Ich hatte sie zuvor nicht bemerkt und erschrak dementsprechend.
Verwirrt schaute ich zu ihr und Amelie auf ihrem Arm.
„Habt ihr mich beobachtet?“, fragte ich leicht gereizt und suchte vergeblich mein Handy, dass womöglich in die Sofaritze gerutscht war und den Milben dort Gesellschaft leistete.
„Nein, nein.“, sagte Mama und winkte ab. Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Nach vielen vergeblicheren Versuchen, mein Handy heraus zu fischen, gelang es mir schließlich. Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und gab meinen Code ein.
Phil hatte mir geschrieben. Die wohl beste Nachricht am Morgen.
„Hast du Lust heute Mittag bei uns zu essen. Sagen wir um halb zwölf?“ Leuchtet die Nachricht auf meinem Display und sorgte für ein warmes Kribbeln in meiner Bauchregion. Dann schaltete sich mein Handy aus. Dieser Akku war wirklich zu nichts zu gebrauchen.
„Scheiße, Toni, viel Uhr haben wir?“ Durchfuhr es mich wie ein Blitz.
„Kurz vor zwölf.“, meinte er und sah mich verwirrt an, als ich vom Sofa aufsprang und wie eine Verrückte in mein Zimmer raste, dort mein Handy an das Ladekabel hing und mir in einem Tempo, dass ich ruhig auch unter der Woche an den Tag bringen könnte, meine besten Klamotten raus suchte. Hecktisch schlüpfte ich hinein und rechnete aus, ob ich es überhaupt noch pünktlich zu Phil schaffen würde.
Also zehn Minuten im Bad, fünfzehn Minuten zu Phil und…Scheiße ich hatte gar kein Geschenk für seine Eltern.
„Da drauf müssen sie wohl oder übel verzichten.“, murmelte ich vor mich hin und zupfte mein Oberteil vor dem Spiegel zu Recht. Dann rannte ich völlig aus der Puste ins Badezimmer, klatsche mir ein wenig MakeUp auf und kämmte meine Haare glatt. Nach dem Zähneputzen hetzte ich nach unten und warf einen Blick auf die Küchenuhr, während ich mir ein Glas Wasser einschränkte und es leer trank. In zehn Minuten müsste ich bei Phil sein. Das würde sogar mit dem Fahrrad knapp werden.
„Mama,…kannst du mich schnell fahren.“, prustete ich Atemlos.
„Wo willst du denn hin?“, fragte sich verwundert über meine Hetzerei.
„Zu Phil. Und zwar so schnell es geht, bitte!“ Ich suchte meine Jackentaschen nach meinem Handy ab, bemerkte, dass es noch am Ladekabel hing und rannte nochmal nach oben.
Als ich wieder runterkam, hatte Mama schon ihre Jacke an und den Autoschlüssel in der Hand.
Toni, der Amelie auf dem Arm hatte, schüttelte nur den Kopf als Mama und ich wie die Irren, die bemerkte haben das gerade Sommerschlussverkauf ist, zur Haustür hinaus stürmten und losfuhren.

Um kurz vor halb zwölf stand ich dann tatsächlich vor seinem Haus. Zwar ziemlich abgehetzt, aber wenigstens was ich da und hatte halbwegs ordentliche Klamotten an.
Phil öffnete mir die Tür und wir küssten uns bevor er mir die Jacke abnahm und mich zu dem großen Esstisch führte. Erst jetzt registrierte ich, dass ich gleich seine Eltern kennenlernen würde und ich wurde langsam nervös.
Als erstes kam seine Mutter aus der Küche. Sie hatte ein schwarzes, ziemlich enges Kleid an und ihre Haare waren zu einem hohen Dutt nach oben gesteckt.
„Hallo, ich bin Betty.“, sagte die Frau, die ungefähr einen Kopf größer als ich war.
„Sarah.“, stellte ich mich ihr vor und reichte ihr die Hand. Sie schien nett zu sein.
Kurz danach kam Phils Vater um die Ecke. Er trug einen schwarzgrauen Anzug mit einem lila Hemd darunter. Ich muss schon sagen, seine Familie war sehr schick angezogen, daneben konnte ich an dem Abend abstinken.
„Guten Tag.“, sagte er mit einer düsteren, tiefen Stimme. Er hatte leicht graues Haar und die Hände in den Hosentaschen vergruben. Ich wollte auch ihm die Hand reichen, doch stattdessen dass er mir seine reichte, lief er an mir vorbei zu seinem Sitzplatz.
„Mein Vater braucht manchmal etwas länger bis er mit einer Person warm wird. Das wird schon.“, flüsterte Phil mir ins Ohr.
Dann setzten wir uns hin. Betty schöpfte mir auf meinen Teller.
„Phil, wo ist deine Schwester?“, fragte seine Mutter und rümpfte leicht die Nase.
„Sie meinte, sie müsse noch etwas besorgen.“, antwortet Phil. Sein Vater beäugte mich währenddessen kritisch.
Betty nickte und schöpfte nun den anderen Essen auf den Teller.
Es schmeckte unglaublich gut und ich hatte die leise Ahnung, dass Phils Mutter irgendjemand engagiert hatte um das alles zu kochen. Sie sah meiner Meinung nach nicht, wie die geborene Köchin aus.
Sein Vater fragte mich viel und mit der Zeit wurde auch er zumindest ansatzweise freundlich.

Wenig später saßen wir in Phils Zimmer auf seinem Sofa.
„Deine Eltern sind wirklich nett.“, meinte ich als es kurz still zwischen uns war.
„Ja. Sie sind okay. Mein Vater ist manchmal etwas kritisch. Aber ich glaube er mag dich.“ Er lächelte mich an. Jetzt erst fiel mir auf, dass auch er ziemlich schick angezogen war. Eigentlich nicht sein Stil, aber es stand ihm trotzdem unglaublich gut.
Ich schmiss meine Tasche, die auf meinem Schoß gelegen hatte, auf den Boden, wobei das Wunschbuch von Bella herausrutschte.
„Was ist das? Ein Tagebuch?“, fragte Phil grinsend und hob es auf.
„Das ist nichts.“, sagte ich erschrocken und nahm es ihm aus den Händen. Irgendwie wollte ich, dass dieses Buch ein Geheimnis zwischen Moritz und mir blieb. Es würde nur wieder unnötig Stress geben, würde Phil sich darin einmischen.
„Hast du Geheimnisse?“, fragte er und schob sich langsam die Haare aus seinem Gesicht. Ich hatte das Gefühl, er machte das mit Absicht um mich weich zu kriegen.
„Nein. Natürlich nicht.“, flüsterte ich und bemerkte, dass ich wohl nicht mehr darum herum kommen würde.
„Also?“, fragte er und lächelte mich an.
Langsam legte ich das Buch zwischen uns und erzählte ihm all das von Bella, was er bisher noch nicht wusste. Als ich fertig war lachte er mich an.
„Ihre Wünsche erfüllen? Glaubst du an solchen Hokuspokus?“…

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Hundert WünscheWhere stories live. Discover now