Kapitel 27

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Am nächsten Tag war ich total gut gelaunt. Phil hatte mich gestern Abend noch abgerufen und gesagt er müsse mit mir reden. Da ich heute schon mit Moritz verabredet war, beschlossen wir uns am nächsten Tag zu treffen. Morgen würde das neue Jahr beginnen und was gäbe es schöneres, als dieses mit Phil anzufangen. Ich beschloss mich jetzt voll und ganz auf ihn zu konzentrieren und Moritz nur als sehr guten Freund anzusehen, so wie es früher immer war.
Nachdem ich lustlos in dem matschigen etwas, dass Mama mir als angebliches Mittagessen auf den Tisch schob, rumgestochert hatte, klingelte es. Bestimmt Moritz. Schnell lief ich zur Haustüre. Mit einem fröhlichen Grinsen im Gesicht stolzierte er hinein.
„Hallo!“, stieß er laut heraus, sodass es im ganzen Haus widerhallte. Niemand antwortete außer Toni, der konzertiert vor der Spielekonsole im Wohnzimmer hing.
„Lass uns hoch gehen.“, sagte ich und war schon dabei zwei Stufen der Treppe auf einmal hochzuspringen. Moritz folgte mir und sein unheimliches Gegrinse heute machte mich etwas stutzig.
„Warum so gut gelaunt?“, fragte ich und lies mich auf mein Bett fallen.
„Verboten?“, gab er spöttisch zurück und setzte sich neben mich. „Ich habe heut einfach einen guten Tag.“Er lachte kurz auf.
„Lies mal vor.“, sagte ich und reichte ihm das Wunschbuch, weil ich nicht noch weiter auf sein Geheimnis weswegen er so gute Laune hatte eingehen wollte.
Er schlug das Buch mit dem Ledereinband auf und blätterte gekonnt auf die Seite auf der der nächste Wunsch stand. Ich musterte ihn wie er seine Finger über die Seiten gleiten lies.
Er räusperte sich. „Ich möchte gerne einmal da wo Elfen fliegen übernachten.“ Die Falten auf seiner Stirn verrieten, dass er überhaupt kein Plan hatte was Bella damit meinte.
„Sie meint den Platz im Park.“, erläuterte ich, als Moritz mich fragend ansah.
„Aber wieso… .“
„Das musst du nicht verstehen.“, winkte ich ab.
Langsam rappelte ich mich aus meiner liegenden Position auf und nahm ihm das Buch ab um es im Nachttisch zu verstauen. Es war mir einfach am liebsten wenn ich wusste wo es lag und das es sicher war.
„Es hat um die null Grad draußen, wie sollen wir doch übernachten ohne zu erfrieren?“, fragte er immer noch sehr skeptisch.
„Schon mal was von Zelt und Schlafsack gehört?“, jetzt war ich die, die grinste, „hier fang.“ Während ich redete hatte ich aus dem obersten Fach meines Schrankes zwei Schlafsäcke rausgezogen und sie ihm entgegengeworfen.
Einer traf ihn genau am Kopf. Ich musste lachen und bald stimmte auch Moritz ein. Ich merkte wie  wie gut uns dieses Gespräch gestern getan hatte.

Am Abend hatten Moritz und ich das Zelt fertig aufgebaut. Da es noch immer Schnee hatte, schliefen wir nicht direkt an dem kleinen Bach sondern ungefähr fünf Meter weiter unter einer Brücke.
„Wie die Penner“, meinte Moritz lachend und goss mir eine Tasse Tee aus der Thermoskanne ein. Er hatte die fellige Mütze seiner Winterjacke über seinen Kopf gezogen und sah damit aus wie ein knuffiger Eskimo. Jedes Mal musste ich grinsen wenn ich ihn ansah.
„Penner haben aber kein so schön aufgebautes Zelt wie wir.“, sagte ich ironisch und deutete auf unser Schlaflager. Das Zelt ragte nur auf der einen Seite in die Höhe, die andere hing schlaff herunter, weil Moritz die Hälfte der Stangen zu Hause liegen gelassen hatte und wir keine Lust mehr hatten nochmal zurück zu laufen.
„Sicher nicht.“, lachte er, „ müssen wir uns eben ein bisschen reinquetschen.“ Ich nickte und nippte an dem heißen Tee, wobei ich mir prompt die Zunge verbrannte.
Moritz zog drei Raketen aus seinem Rucksack.
„Die konnte ich meiner Mutter klauen.“ Er legte sie ins trockene neben unser Zelt. „Sie ist total traurig, dass ich an Silvester nicht zu Hause bin und keiner so tut, als würde ihr Hackbraten gut schmecken.“ Er setzte sich neben mich ans kleine Feuer.
Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass heute Silvester war. Normalerweise waren Bella und ich immer bei Moritz und haben dort übernachtet. Also waren es meine Eltern schon gewohnt dass ich nicht zu Hause bin.
„Ich fand ihr Essen immer lecker.“, gab ich zurück und er grinste mich an.
Aus Zufall vibrierten unsere Handys so ziemlich gleichzeitig und wir beide starrten darauf. Mir hatte Phil geschrieben, mit dem ich schon den ganzen Tag eine wunderbare Unterhaltung führte. Wer ihm schrieb wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Um kurz vor Zwölf Uhr, setzten wir uns auf die Steine neben dem kleinen Bach. Der Park lag ein bisschen erhöht. Wir richteten unseren Blick auf die Stadt, die links vom Bach lag. Hinter uns erstreckte sich das große Wohngebiet, in dem nur die stink-reichen Leute lebten.
Fünf Minuten hatten wir noch, dann konnte ich nur noch sagen, es war letzes Jahr, als ich Bella zuletzt lachen hörte.
Ich hielt unsere drei Raketen und er das Feuerzeug.
Zehn Sekunden vor zwölf zählten wir herunter und auch von der Stadt waren laute Zahlenrufe zu hören.
Ich steckte eine Rakete in dem Boden und Moritz zündete sie an, während die Kirchenglocken zwölf Uhr schlugen. Mit einem Mal wurde es laut und tausende Lichter erhellten erst den Himmel und dann die ganze Stadt. Moritz hatte seinen Arm um mich gelegt, doch das bemerkte ich erst, als die Lichter schon fast wieder erloschen waren.
Ich umarmte ihn. „Frohes neues Jahr.“, flüsterte ich und eine Träne kullerte mir die Wangen herunter. In letzter Zeit war ich so verdammt sensibel.
„Ahah. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt um zu weinen.“, sagte Moritz als wir uns wieder voneinander gelöst hatten und wischte mir eine Träne weg.
„Okay Sir.“, ich musste kurz lächeln.
Wir begaben uns wieder zurück unter die Brücke und stießen mit unserem Apfel-Zimt-Tee auf das neue Jahr an.
Moritz stand auf und kramte in seiner Tasche nach seiner Mütze. Ich blickte ihm kurz nach, während ein Handy vibrierte, weil ich dachte es wäre meins, griff ich danach. Doch hatte fälschlicherweise Moritz Handy in der Hand. Automatisch las ich die Nachricht die auf dem Bildschirm aufleuchtete. Sie war von Judith. ‚Du bist so, so süß Schätzchen.‘ Und noch ein Herz dahinter stand da. Ohne das er es merkte legte ich das Handy zurück und sah in an während er wieder zu mir kam.
War er jetzt wohl doch mit dieser Judith zusammen. Deshalb war er so gut gelaunt. Unauffällig wollte ich nach hacken.
„Warum grinst du denn heute die ganze Zeit?“, fragte ich.
„Warum fragst du denn heute die ganze Zeit nach?“, er hockte sich neben mich und musterte mich von der Seite.
„Ich merke doch dass du heute irgendwie anders bist, jetzt sag doch mal.“, neckisch stieß ich mit der Schulter gegen ihn.
„Mhh…wenn jetzt nicht Winter wäre würde man es wohl Frühlingsgefühle nennen.“
Ich blickte nach vorne und wollte jetzt nicht mehr nachhacken. Leicht nippte ich am Tee, jetzt hatte ich die Bestätigung, er hatte definitiv was mit dieser Judith hatte. Kurz bemerkte ich wie Moritz mich ansah, doch als ich zu ihm rüber blickte schaute er schnell in eine andere Richtung und ich nahm diesen Blick nicht als all zu bedeutend auf.

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Nach sehr langer Zeit mal wieder ein Kapitel. Ist zwar nicht all zu lange, doch hoffentlich werde ich bald den nächsten Teil dieser Übernachtung schreiben. Wird noch was Spannendes passieren? Schreibt mir doch mal in die Kommentare was ihr denkt wie es weiter geht. Über Feedback freu ich mich natürlich auch immer. :)

Lysell <33


  
  
 

    

Hundert WünscheWhere stories live. Discover now