Kapitel 36

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Am Nachmittag lag ich in der Badewanne. Ich wollte mich entspannen, da in wenigen Stunden Phil bei uns sein würde und ich so aufgeregt war, dass ich mich nicht einmal mehr auf die Musik, welche aus dem Radio rauschte, konzentrieren konnte.  
Ich wusste eigentlich schon, dass meine Eltern ihn toll finden werden. Er weiß wie man sich benimmt, ist höflich und sieht dazu noch gut aus. Eigentlich ein Musterschwiegersohn. Doch trotzdem war ich nervös. Höllisch nervös.
Ich wusste, mein Kopf müsse jetzt schnell an ein anderes Thema denken, sonst wäre ich wahrscheinlich noch verrückt geworden.
Moritz. Judith war jetzt bestimmt bei ihm und versuchte ihn einzureden sich wieder mit seinem Bruder zu versöhnen. Ich hoffte, sie würde es schaffen. Moritz war zu dem Zeitpunkt sehr sensibel was dieses Thema anging. Er flippte immer genauso aus, wie an dem einen Abend als er total außer sich zu mir kam.

Plötzlich und lautstark sprang die Zimmertür auf. Moritz stand im Rahmen und pfefferte wütend seine Mütze in eine Ecke.
Bella, die in meinem Sessel saß, zuckte sogar zusammen.
„Mein Gott. Was ist denn los.“, fragte sie und ihre Augen weitenden sich, wie immer wenn sie sich erschrocken hatte.
„Es ist einfach unglaublich. Einfach unglaublich.“ Genauso ruckartig wie er sie geöffnet würde, knallte Moritz die Tür hinter sich wieder zu. Ein Glück war nur Toni zu Hause. Der ihn auch rein gelassen hatte.
„Jetzt setzt dich doch erst mal hin. Du schwitzt ja richtig.“, meinte ich und klopfte leicht neben mir auf die Bettkannte.
„Ich will mich jetzt nicht hinsetzten!“, er schrie und das nicht gerade leise.
„Jetzt sag doch was los ist.“, schrie Bella zurück.
„Mein Bruder.“ Wir beide schauten ihn fragend an. „Er wollte doch diese Werkstatt in München aufmachen.“ Wir nickten, weil er uns schon davon erzählt hatte.
„Deswegen hat er nochmal mit meiner Mutter geredet. Wegen einem Zuschuss von ihr, um das Gebäude zu kaufen. Mama hat natürlich nein gesagt, weil wir selbst nicht so viel haben.“ Nun setzte er sich doch und zog die Jacke aus. „Das war vor zwei Wochen. Und heute verschwindet er auf einmal. Mit dem ganzen Ersparnissen von Mama, die sie eigentlich in einen Urlaub investieren wollte. Mit unserem Auto und dem gesamten Kühlschrankinhalt.“
Er fuhr sich durch die Haare.
„Jetzt wo Papa noch in Österreich ist, weil seine Firma dort für zwei Monate arbeitet, haut er einfach ab. Mit allem was gerade wichtig für uns ist.“
Ich musste erst einmal das Erzählte kurz verdauen.
„Und ihr wisst nicht wo er hin ist?“, fragte Bella, die sich anscheinend früher gefangen hatte.
„Nein. Mama hat schon in der Werkstatt in München angerufen. Die, die er eigentlich kaufen wollte. Aber die gehört jetzt schon jemand anders. Wir haben keine Ahnung wo er hin ist.“

Der Rest dieses Abends war sehr seltsam. Die meiste Zeit waren wir drei still. Bella und ich wußten schon, dass Moritz Bruder Niko nicht gerade das beste Verhältnis zu seiner Familie hatte, es kriselte oft. Aber dass er so weit ging hätten auch wir nicht gedacht.
Ich glaube ein halbes Jahr später, Moritz Mutter hatte schon überall herum telefoniert wo sie dachte, dort könne Niko sein, rief sie noch einmal bei der Werkstatt an. Dort arbeitet mittlerweile ein Niko. Aber seiner Mutter war es egal. Sie und der Rest der Familie wollten ihn nie wieder sehen. Zumindest wollten sie nicht diejenigen sein, die den ersten Schritt machten.
Ich stemmte mich am Badewannenrand hoch. Das Wasser war inzwischen ziemlich kalt geworden und meine Aufregung stieg.
In eine Stunde würde Phil zum Abendessen kommen. Ich föhnte meine Haare leicht trocken, zog mir etwas an und schlüpfte sogar in Schuhe.
Pünktlich um sechs klingelte es an der Tür. Mama stand in der Küche und kochte etwas. Ich hatte ihr und Papa mittlerweile gesagt, wer heute unser Besuch sein würde. Toni wusste noch von nichts.
„Du bist also Phil.“, sagte Mama, die aus der Küche gelaufen war, nachdem ich Phil begrüßt hatte. Sie reichte ihm die Hand.
„Freut mich sie kennenzulernen.“, meinte er und ich war stolz auf ihn. Keine Ahnung warum, ich war einfach stolz auf ihn, auch wenn ich wusste, dass er es so oder so gut gemeistert hätte.
„Na dann, setzt euch doch schon mal.“ Phil hing seine Jacke an die Garderobe. Dann setzten wir uns an den gedeckten Tisch. Er saß neben mir und konnte sein Parfum riechen.
Kurz später kam Papa, der in ebenso begrüßte. Danach kam Toni die Treppe runter gelaufen. Er musterte Phil gründlich bevor er ihm Hallo sagte. Ich bemerkte schon an seinem Blick, dass Phil ihm nicht gefiel. Aber das war mir in dem Moment egal. Denn der Junge, den ich schon seit Ewigkeiten mochte, saß am Esstisch mit meiner Familie und mir und war mein Freund. Mein Freund. Daran musste ich mich erst noch gewöhnen.

Nach dem Essen verzogen wir uns in meine Zimmer. Er legte sich auf mein Bett, mit dem Rück an der Wand angelehnt. Ich kuschelte mich an ihn. Er roch wirklich unglaublich gut an diesem Abend.
„Deine Familie ist nett.“, sagte er.
Ich sah zu ihm auf. Er grinste und küsste mich.
Ich spürte kurz darauf seine Hand, die mein Oberteil an der Hüfte ein Stück nach oben zog. Keine Ahnung warum ich sie nicht gestoppt hatte, denn eigentlich wollte ich nicht das tun, was er anscheinend vorhatte. Doch ich wollte auf nicht spießig oder kindisch sein. Er war immerhin ein Jahr älter als ich.
Plötzlich klopfte es an der Tür, weswegen wir beide zusammenzuckten.    
Toni streckte den Kopf herein.
„Kommst du mal Sarah.“, sagte er bestimmt.

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Ein kurzes Kapitel. Dafür kommt am Mittwoch wieder eins.
Wie fandet ihr es?

Lysell <33

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