Kapitel 50

2.7K 233 63
                                    

Ein paar Monate später, es war ein heißer Tag gewesen, hatte ich Amelie auf meinem Arm und stand in unserer Küche. Sie war acht Monate alt und ich bemerkte dort schon, dass sie mir eines Tages alle Nerven die ich hatte rauben würde.

„Toni nimm die Füße vom Tisch.", meinte Mama in Hektik und versuchte orientierungslos alle Koffer und Taschen zusammen zu suchen.

Toni stand genervt vom Sofa auf, als das Telefon klingelte.

„Es ist Moritz.", meinte er trocken und hielt das Hörer in meine Richtung ohne abgenommen zu haben. So schnell es hing hastete ich zu ihm, gab ihm Amelie während er mir das Telefon reichte.

„Ja?", meinte ich außer Atem und versuchte meine Haare vor meinem Gesicht zu entfernen.

„Hey.", sagte Moritz am anderen Ende.

„Hi.", meinte ich ebenso leise wie er es gesagt hatte.

Ich hatte schon ewig nicht mehr seine Stimme gehört. Für fünf Monate war er nun schon in Südamerika gewesen. Er erfüllte Seinen großen Wunsch, den er mir am See in der Schweiz, als es schon lange dunkel war und wir immer noch auf der Bank gesessen hatten, erzählte. Er wollte ein Jahr in einem anderen Land leben, dort zur Schule gehen, das gleiche Essen wie die Einheimischen Essen und vor allem weit, weit weg sein. Nicht von mir. Aber wahrscheinlich ein Stück weit von seiner gewohnten Umgebung.

Dank der Zeitverschiebung gestaltete sich der Kontakt entsprechend schwierig. Weshalb wir uns nicht oft unterhielten.

Es war viel passiert in der Zeit zwischen diesem Tag am See und dem Tag als Moritz endlich anrief. Mein Bruder mutierte langsam zu einem pubertären Teenager, ich hatte es endlich geschafft Phil komplett in der Schule zu ignorieren, arbeitet nun zweimal in der Woche in einem Tierheim in der Nähe und unterhielt mich manchmal sogar mit Judith, die, wie ich herausfand, eigentlich doch ganz nett sein konnte.

„Wie geht's dir?", fragte er mich.

„Gut und dir?", sagte ich hastig, weil ich Angst hatte die Verbindung könnte jeden Moment unterbrechen.

Ich hörte ihn leise lachen.

„Mal so mal so.", sagte er. „Hast du heute schon in deinen Briefkasten geschaut? Ich habe dir eine Postkarte geschrieben, vielleicht ist sie ja angekommen."

„Äh, nein. Warte ich geh mal schauen." Mit dem Telefon lief ich aufgeregt in Richtung Tür.

„Heute geht wirklich alles drunter und drüber. Du weißt, wir fahren in den Urlaub, da ist immer Hektik angesagt.", meinte ich auf dem Weg zur Haustüre.

Er lachte wieder, aber leiser als zuvor.

„Ja, ich weiß.", meinte er dann.

Ich öffnete die Haustür und drehte mich draußen zum Briefkasten der sich rechts von der Tür befand.

„Mama meint immer, wir sind diejenigen die dafür sorgen, dass es hektisch ist, dabei ist sie die, die wie eine Verrückte durch die ganze Wohnung rennt und..."

Jemand räusperte sich hinter mir. Leicht erschrak ich mich und drehte mich in die Richtung von der das Geräusch kam.

Moritz lächelte mich an und vergrub seine Hände nervös in den Hosentaschen. Ich sagte gar nichts, blieb einfach nur stehen, das Telefon immer noch fest an meinem Ohr.

„Tadaa.", sagte er und lächelte immer noch.

„Was...was machst du denn hier?", fragte ich verwirrt. Es war schwer überhaupt ein Wort heraus zu bringen.

„Ich dachte es ist an der Zeit, dich zu überraschen.", sagte er.

Dann legte ich das Telefon auf den Briefkasten, lief auf ihn zu und wir umarmten uns. Es fühlte sich so an, als hätte ich ihn Ewigkeiten nicht gesehen. Meine Haare waren immer noch total zerzaust, ich war ungeschminkt und meine Schlafanzughose hatte ich auch noch an. Aber keines von den Dingen war mir in irgendeiner Weise unangenehm.

Hundert WünscheWhere stories live. Discover now