Kapitel 46

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Phil lächelte mich an, als ich von einem Schlagloch in der Straße meinen Kopf mit einem rums an der Fensterscheibe stieß und erschrocken aufwachte.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht aufwecken.", meinte er.

„Du kannst ja nichts dafür.", meinte ich verschlafen. Mein Herz wummerte trotzdem noch wie wild. Seid Bellas Unfall waren mir Autos unheimlich und wäre ich nicht richtig müde gewesen hätte ich bestimmt nicht freiwillig geschlafen.

Wir fuhren nicht mehr auf der Autobahn, doch trotzdem sah die Straße groß aus und vor uns bildete sich ein Stau. Phil hielt hinter der Autoschlange an.

„Oh Mist.", maulte er vor sich hin.

„Ist doch nicht so schlimm, wir haben ja Zeit.", er hatte mir vorhin schon erzählt, dass das Essen erst am nächsten Tag war.

„Trotzdem wäre ich gerne ohne einen Stau durch gekommen." Er schaltete das Radio an. Es lief ein Lied, bei dem ich gleich wieder einschlafen hätte können, doch ich riss mich zusammen. Sonst hätte Phil mich womöglich noch gefragt wieso ich denn so müde sei und lügen war, wie ich selbst bestens von mir wüsste, nicht meine Stärke.

Mein Blick fiel auf die Schilder am Straßenrand. Die Orte kamen mir nicht bekannt vor und sie klangen in keinem Fall Deutsch. Ich stöpselte den Kopfhörer aus meinem Ohr aus dem sowieso keine Musik mehr lief.

„Sind wir schon in der Schweiz?", fragte ich entsetzte und wunderte mich ob ich wirklich so lange geschlafen hatte.

„Ja", er lachte, „in Bern um genau zu sein. Ich wollte von der Autobahn runter fahren um an einer Raststätte dort hinten etwas Trinken zu holen und jetzt stehen wir in diesem Stau." Er versuchte eine schneller Route im Navigationssystem zu finden, doch vergeblich.

„Wow ich muss wohl müde gewesen sein." Phil nickte und lächelte mit einer Hand am Lenkrad. Diese Stimmung die ich überalles liebte wenn wir zusammen waren lag wieder in der Luft, doch das aufblinken einer Nachricht auf Phils Handy zerstörte sie. Automatisch fiel mein Blick darauf. Julia, das Mädchen mit den wasserstoffblonden Haaren hatte ihm geschrieben. Er nahm schnell sein Handy.

„Julia? Ernsthaft?", fragte ich misstrauisch.

„Ja, sie meint wieder sie müsse mich vollquatschen."

„Ahja.", gab ich zurück.

„Ist da jemand eifersüchtig?", stichelte er und legte das Handy wieder zwischen uns auf die Ablage.

„Bin ich nicht.", wehrte ich mich obwohl ich es nicht hätte tun müssen.

„Keine Angst. Julia ist ein Mädchen die sich gerne anderen Menschen aufdrängt und sie merkt eben nicht wenn jemand sie nicht leiden kann." Er strich mir über die Hand.

Wieder blinkte eine Nachricht auf, doch Phil hatte das Handy schneller in der Hand wie ich einen Blick darauf werfen konnte. Eilig tippte er zurück.

„Wieder Julia?", fragte ich.

„Nein.", sagte er.

Dann war es still und wir konnten in Schrittgeschwindigkeit ein Stück nach vorne fahren.

Klar vertraute ich ihm, doch misstrauisch war ich trotzdem. Erst recht nach der zweiten Nachricht.

Im Schritttempo fuhren wie also weiter und es war Gott sei Dank nicht mehr weit bis zu dieser Raststätte gewesen.

„Ich komme gleich wieder.", meinte er und stieg mit seinem Geldbeutel und dem Handy aus, als wir auf dem Parkplatz geparkt hatten.

Auch hier in der Schweiz hatte es Schnee und mit den Bergen um uns herum kam es mir doppelt so schön vor.

Ich schaltete zum ersten Mal heute den Flugmodus meines Handys aus. Den hatte ich seit gestern Abend eingestellt um Akku für die Fahrt zu sparen.

Ein Wlan Hotspot der Raststätte blinkte auf und ich war froh Internet zu haben um mir die Wartezeit auf Phil zu verkürzten.

Ich hatte mehrere neue Nachrichten. Eine war von Mama.

Hey Sarah, ich hoffe ihr kommt gut in Italien an. Falls du Internet hast schreib mir doch bitte ob alles gut verlaufen ist. Bevor ich es vergesse, Moritz war kurz nach dem du gegangen bist hier und meinte er müsse etwas abholen was euch beiden gehört aber nur noch er es braucht. Er meinte ich solle es dir ausrichten.
Liebe Grüße Mama.

„Bellas Wunschbuch.", stieg es mir heiß in den Kopf. Moritz hatte Bellas Wunschbuch geholt, weil ich ihm gesagt hatte ich fände Bellas Wünsche nichts Besonderes. Der Kloos in meinem Hals wurde wieder größer.

Ich schloss den Chat und hob fast von dem Autositz als ich sah, dass auch Moritz mir geschrieben hatte. Wieso freute ich mich so über eine Nachricht von ihm?

Die erste Nachricht war unleserliches Zeug, als hätte er wie wild auf seiner Tastatur herum getippt. Sie wurde um ein Uhr nachts verschickt.

Die nächste Nachricht war eine Sprachaufnahme. Mit zitternden Fingern drückte ich auf Play.

„Läeeuft schoon...?", lallte Moritz ins Mikrofon. Er war total betrunken.

„Ja läuft.", hörte ich eine andere Person sagen, die sich im großen und ganzen auch nicht nüchtern anhörte. Im Hintergrund lief laut Musik und ich konnte mir schon denken das sie auf unserem Stufenfest gewesen waren.

„Sarah...Sssssarah.", lallte wieder Moritz und ich musste schon fast lachen, weil es sich so lustig anhörte. „Gibb mir mal das." Es raschelte und man hörte wie eine andere Person weglief. Er musste wohl draußen gesessen haben.

Er begann tief einzuatmen und dann wieder auszuatmen. Ich meinte ein schluchzen zu hören, doch vielleicht hatte ich mich auch getäuscht.

„Schade das du nicht hier bist.", es hörte sich so an, als würde er sich darauf konzentrieren normal zu sprechen. Ob es an dem Alkohol oder an dem angeblichen Schluchzen von vorhin lag konnte ich nicht deuten.

„Ich würde dich nämlich echt gerne sehen. Jetzt meine ich.", eine Flasche klapperte. „Ich meine...ich finde...du bist ein tolles Mädchen. Und...und ich hab dich echt verdammt ge...", wieder hörte man Schritte, diesmal kamen sie näher.

„Ey Moritz, komm wieder rein." Es raschelte. „Alter, heulst du?" Dann hörte die Sprachnachricht auf. Ich bemerkte wie mir innerlich warm wurde. Sicherlich war er betrunken, aber hieß es nicht immer, die betrunkenen Leute sagen ausschließlich die Wahrheit?

Weiter unten waren noch mehr unleserliche Nachrichten, dann kam eine die ich wieder gut entziffern konnte. Sie war von heute Morgen.

Hey Sarah, also bist du nun wirklich auf dem Weg nach Italien. Eigentlich hatte ich mir geschworen nichts von den Dingen die ich weiß dir zu erzählen, weil ich immer dachte du merkst selbst bald die ganzen krummen Dinge die dort ablaufen. Außerdem wollte ich nicht, dass du es gerade über mich erfährst. Ich schicke dir jetzt ein Video. Schau es dir einfach an wenn du bereit dazu bist der Wahrheit ins Gesicht zu schauen. Ich hab es von Marvin, der es aufgenommen hat. Vielleicht änderst du danach deine Meinung.

Marvin? Der Typ der nach Oliven roch, sollte mir helfen meine Meinung zu ändern.

Mein Herz klopfte, doch ich wollte wissen was der Inhalt dieses Videos war und klickte schließlich darauf.

Und was ich sah und hörte lies mein Herz schrumpfen wie ein alter Apfel in der Sommerhitze.

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Hey Leute.

Bald kommt das letzte Kapitel und ich dachte ich könnte dieses mal wieder mit einem Cliffhanger beenden.

Seid ihr gespannt wie es weiter geht?

Außerdem steht die Grundidee für einen ‚zweiten' Teil von Hundert Wünsche, freut euch drauf. :)

Bis dann.

Lysell <33

Hundert WünscheWhere stories live. Discover now