Kapitel 7

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Völlig vertieft in die Musik, die gerade lief und ohne irgendwelche Gedanken lag ich in meinem Bett. Ich wusste nicht wie lange ich schon da lag. Irgendwann wurde mir bewusst dass das Lied, welches gerade aus meinen Lautsprechern hallte, schon mindestens zum vierten Mal lief. Ich musste ziemlich lange einfach so da gelegen haben. Ohne zu denken.
Ich rappelte mich auf und drückte auf die Ausschalttaste meiner Stereoanlage.
Ruckartig fuhr ich mir mit der Hand durch meine Haare und blickte zum Fenster. Mittlerweile war es schon dunkel geworden und die einzigen Lichter die ich draußen noch erkennen konnte, waren die der Straßenlaternen und der Autos die in fast regelmäßigen Abständen unsere Straßen entlang fuhren.
Sogleich ich mich hingesetzt hatte, fing mein Hirn auch schon wieder an nachzudenken.
Warum hatte Mama mich vorhin auf so ein Thema angesprochen? Dachte sie etwa wirklich ich sei so glücklich weil ich einen Freund hatte?
Tausend Fragen schwirrten mir durch den Kopf. Ich beschloss dieses Gespräch einfach zu vergessen und mich auf die wichtigeren Dinge zu konzentrieren. Doch in meinem Hinterkopf blieb es noch lange.
Während ich mir meine Haare zu einem Zopf Zusammenbund, fiel mein Blick auf meinen Wecker.
Kurz vor sieben Uhr. Ich schaute noch eine Weile dem Sekundenzeiger zu, wie er seine Kreise um das Runde Ziffernblatt zog. Und lauschte dem leisen ticken.
Dann stand ich auf. Als ich das Mathebuch auf dem Tisch liegen sah, fielen mir Bellas Wünsche wieder ein. Ich konnte nicht bis Donnerstag warten und erst dann den nächsten Wunsch erfüllen. Meine Neugierde würde mich sonst noch umbringen.
Kurzerhand tippe ich Moritz Nummer in mein Handy. Ich war bereit den nächsten Wunsch zu erfüllen.

Eine halbe Stunde später saßen wir auf meinem Bett und redeten. Papa hatte uns heiße Schokolade gebracht, die wir beide liebten. Für diese heiße Schokolade würden wir beide töten und das wussten wir.
Genüsslich schlürften wir die warme Köstlichkeit in uns hinein.
„Wie war‘s den heute bei deiner Nachhilfe, erzähl mal.“, sagte er nach einer kurzen Schweigepause.
„Öhm…“, ich nahm noch ein Schluck, damit ich etwas Zeit hinauszögern konnte um meine Antwort genau zu überlegen, ohne mich wegen Phil verdächtig zu machen.
„Es war erstaunlicher Weise richtig gut. Meine Nachhilfelehrerin Pia erklärt das so toll.“, ich räusperte mich und drehte meinen Kopf in seine Richtung, „ wusstest du das sie die Schwester von Phil ist?“ Versuchte ich so beiläufig wie möglich zu erwähnen.
 „Phil? Der Phil der allen Mädchen den Kopf verdreht?“ Er zuckte mit den Augenbrauen, so wie er es immer tat wenn er skeptisch war.
„Ähm…ja.“ Die Art wie er mich angrinste machte mir etwas Angst.
„Na dann pass bloß auf dass du dich nicht ausversehen und so ganz zufällig in seinem Zimmer verirrst.“ Er lachte laut.    
 Mein Herz fühlte sich an, als würde es kurz stehen bleiben. Ich versuchte zu lächeln und nicht so schockiert auszusehen wie ich es glaubte. Er lachte immer noch und schlürfte einen Schluck aus seiner Tasse. Wenn er wüsste wie nah seine Vermutung an der Wirklichkeit lag.
Wir stellen unsere Tassen beiseite als wir alles ausgetrunken hatten, dann schob ich die Schublade meines Nachtischchens auf und zog das kleine Büchlein heraus.
Ich schlug die Seite, auf welcher der Mathe-Wunsch stand, auf. Dieser konnte ich noch nicht abhacken.
Mich überkam die Angst, es nicht zu schaffen. Was dann? Ich blätterte eine Seite weiter und vergas somit meine Angst. Ich konnte das schaffen, mit Pias Hilfe.
Ab hier stand nur noch ein Wunsch auf jeder Seite.
Meine Lippen formten langsam die geschriebenen Wörter:
Fremden Leuten eine Umarmung schenken.
Ich war skeptisch. Was war das für ein Wunsch?!
Ruckartig schaute ich zu Moritz. Ich sah wie er seine Nase in Falten legte und seine Stirn runzelte.
„Was soll das bedeuten?“, fragte ich, obwohl der Satz eigentlich logisch war, doch den Sinn darin verstand ich nicht.
„Weist du noch als Bella zu uns sagte, manchmal wolle sie ganz plötzlich Menschen die sie überhaupt nicht kenne umarmen?“ Er ging nicht auf meine Frage ein.
Ich strengte mein Gehirn an. Ich hatte das Pech, mich nie gut an irgendwelche Situationen  erinnern zu können, außer natürlich an die ganz wichtigen. Aber irgendetwas gab mir das Gefühl, sie hätte es so gesagt und zutrauen könnte ich es ihr.
„Nein. Aber ich weis wie sie war und so etwas ist ihre Art. Manchmal da hat sie Dinge gesagt auf die kein anderer Mensch kommen würde. Da war das bestimmt eines der harmloseren.“ Ich schmunzelte.
Dann fiel mein Blick wieder auf den Wunsch.
„In der Innenstadt ist der beste Platz. Viele Menschen. Viele Umarmungen.“, sagte Moritz ohne das ich etwas erwähnen konnte.
Ich nickte.
„Ich muss jetzt los. Morgen um drei an der Bushaltestelle“, sagte er und zog seine Jacke an, die er auf meinen Stuhl gelegt hatte.
Ich umarmte ihn kurz, dann ging er.

Hundert WünscheWhere stories live. Discover now