Kapitel 6- Oasen und Kaffee

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Lea saß gelangweilt in der Marketingvorlesung. Es gab eindeutig bessere Dinge, die man um 8 Uhr morgens über sich ergehen lassen konnte. Im Bett frühstücken und dabei YouTube Videos gucken zum Beispiel, oder den Krimi, den sie am Abend verpasst hatte. 

 Gähnende lehnte sie sich zu einer noch müder aussehenden Nele rüber „Warum muss das immer so früh sein?" Nele zuckte mit den Schultern und schien wohl augenscheinlich geneigt zu sein, sofort in der zweiten Reihe des Vorlesungssaals ihr unterbrochenes Nickerchen fortzusetzen. 

 Leah strich sich einmal durch ihre langen blonden Haare, die sie heute mal offen gelassen hatte. Der junge Professor vor ihnen mühte sich gerade an einem Modell zu Social-Media-Marketing ab. Ehe uninteressant und nicht wert aufzuschreiben, da das Modell so übersichtlich war, dass es ein Screenshot der Vorlesungsslides auch tun würde. 

 Ihre Finger zuckten zu ihrem Handy, das mit Bildschirm nach unten auf dem ausklappbaren Tisch vor ihr lag. Sie riss sich allerdings zusammen. Das wäre unfair. Er gab sich ja Mühe!

 „Nachher Kaffee", murmelte Nele und zückte ihr Handy um schnell zu checken wie lange das Martyrium noch gehen würde. „Noch 15 Minuten" teilte sie Leah mit und zog dann den Kuli aus ihrem unordentlich zusammen gezimmerten Dutt. Die dunklen Wellen ergossen sich sofort wieder wirr über ihren Rücken, aber Nele zeichnete lieber Nonsens neben ihre spärlichen Notizen.„Mhm. Du zahlst" stimmte Leah zu und versuchte sich wieder auf ihren irischen Professor zu konzentrieren, der sich schon wieder in einer Geschichte über seine Videospielsammlung und wie Influencer ihn dazu bekommen hatte sich eines der Spiele zukaufen verrannt hatte.Wenigstens war das etwas witzig. Der Typ war allgemein sehr relatable und dass sie alle per du waren, machte den Kurs eigentlich ziemlich cool. Entspannt ließ sie den Stift durch ihre Finger wandern und hörte einfach zu. Bessere und leichter zu merkende Beispiele bekam man ja eher selten präsentiert.

 „Thank you guys. Any questions? Otherwise, we see each other next week" schloss Brian, ihr Professor, wenig später die Vorlesung. Nele sprang sofort auf, stopfte alles wortlos in ihre Tasche und schob sich an Leah vorbei, die in Ruhe ihren Notizblock in ihre Umhängetasche gleiten ließ. Nele sollte nicht übertreiben, so schlimm war es auch wieder nicht.„Los komm! Ich bin noch verabredet!" Drängte ihre beste Freundin und beobachtete sie ungeduldig wie sie in ihre schwere alte Lederjacke schlüpfte. „Schon gut! Hast du mal ein Date?" Kam Leah einfach nicht umhin zu fragen. Sofort prustete Nele los „Äh nein bitch! Warum sollte ich auch! Ich finde nur Anime- und Filmcharaktere interessant und Sex brauche ich schon gar nicht" Leah seufzte und schulterte ihre Tasche „Wäre auch was Neues gewesen. Mit wem questest du denn schon wieder?"Man konnte ihr zumindest nicht vorwerfen, dass sie sich nicht für das Hobby ihrer besten Freundin interessierte. 

Liebesleben technisch war sie Nele um einiges voraus, was vor allem daran liegen könnte, dass Nele sich nicht ganz sicher war, ob sie nicht vielleicht doch asexuell war. Was auch immer Nele war, für Leah war sie immer ihre beste Freundin, auch wenn das hieß, dass einige Gesprächsthemen schon mal eher nicht angeschnitten wurden, die andere Mädels in ihrem Alter gerne diskutierten. Leah war das nur recht. Gegen gemütliche Mädelsabende mit alten Romanzen aus den 90ern und frühen 2000ern sprach ja auch nichts und war ihr auch lieber als fifty shades of grey und wie das alles so hieß. 

 „Nur den Jungs vom E-Sport Club" schob Nele sich Schulter zuckend durch die Menge der ausströmenden Studenten. Bei ihrer Größe ein leichtes, für die gut und gerne 10 Zentimeter größere Leah eher eine kleine Challenge. Sie hatte die meisten eher auf Augenhöhe, gerade die Männer.Draußen schloss Nele sich ihre dunkelgrüne Bomberjacke, die ihr hervorragend stand und die sie ohne Leah wohl nie gekauft hatte, trotz des Rabatts von über 70 %. 

„Welches Café?" Fragte Leah, als sie endlich zu Nele aufgeholt hatte. Ihre beste Freundin seufzte „Oase?"In dem Café gab es den besten Kaffee der Stadt, was wohl hauptsächlich an der eigenen Rösterei lag. Außerdem hatten sie fantastische Kuchen, Salate und Sandwiches. Eigentlich alles, was das Herz begehrte.Sofort wurde Leahs Laune besser. 

NoviceWhere stories live. Discover now