Kapitel 5- Trainingspartner

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 Gemächlich radelte Niklas auf den Parkplatz des Ruderclubs. Der Kies knirschte unter den Reifen seines Fahrrads. Er hielt beinahe direkt vor der Tür. Sofort tastete er mit seiner Hand nach dem Schlüssel in seiner Tasche. Noch ehe er sein Fahrrad an den angestammten Platz im kurzen Flur verfrachten konnte, erspähte er schon Pauls Fahrrad wie immer vor der Tür an einen der Holzbalken, die das Abdach über dem Eingang stützten, gelehnt.

 Erleichtert atmet er auf. Heute wurde er also nicht versetzt und sie konnten wieder ernsthaft trainieren. Wenn er ehrlich war, brauchte er das dringend! 

 Mit Schwung zog er seine Sporttasche vom Gepäckträger. Er musste dringend wieder Sachen zum Waschen mit nachhause nehmen. Das schon er schon wieder auf und die Klamotten stapelten sich in einem heillosen Durcheinander seinem Spind. Beinahe wäre ihm sein Fahrrad umgekippt, aber er schaffte es gerade noch so, das Rad aufzufangen. 

 Mit dem Schlüssel immer noch in der Hand und der Sporttasche lässig über der linken Schulter schlenderte er weiter zu den Männerumkleiden. Er hatte diesen Tick, mit dem Schlüssel zu klimpern. Er wusste nicht, woher das kam, aber das hatte er irgendwie schon immer getan.

 Augenblicklich streckte auch schon Paul den Kopf aus der Tür und grinste ihn breit an. Die roten Haare standen schon wieder wild von seinem Kopf ab und ließen ihn aussehen, als wäre sein Kumpel gerade erst aus dem Bett gestiegen. „Hey Alter, bereit mal wieder richtig reinzuhauen" hielt Paul ihm auch sofort die Hand zum Einschlagen hin. „Sicher" grinste Niklas und schlug kräftig ein. 

Das war wie ein stummes Versprechen. Heute würden sie sich nicht schonen und wenn man am Ende nicht das Gefühl hatte sich am liebsten einfach nur ins Boot zu legen, war's nichts Reelles.

 Schnell zog Niklas sich um. Tauschte den einfachen grauen Hoodie und die dunkelblaue Jeans gegen, einen Unisuit den er sich bei einer der vielen Regatten der Saison gekauft hatte und streifte noch einen einfachen schwarzen Windbrecher auf Gamex über. Letzten wollte er nicht mehr missen und liebte seine Mutter dafür, dass sie ihm diese nicht ganz so billige Jacke zum Geburtstag geschenkt hatte. Das Material war vielleicht erstmal etwas gewöhnungsbedürftig, etwas gummiartig nach außen, aber Innern warm und angenehm. Vor allem aber saugte sich die Jacke nicht mit Wasser voll und was unheimlich leicht. Genau das richtige zum Rudern. 

 Bevor er sich ebenfalls auf ins Bootshaus machte, füllte er noch seine Wasserflasche im Waschbecken bei den Duschen auf. Auch wenn es heute recht frisch war, würde er später wohl froh über die Flasche sein. Gemeinsam brachten sie erst die Skulls zum Steg, dann schulterten sie ihr leichtes Renndoppel. Niklas war zwar immer noch für einen anderen Bootshersteller, aber William ließ sich nicht hereinreden und schwor auf WinTech und Empacher. Aber die Bootsfrage kam in jedem Ruderclub der Religionsfrage gleich. Der Eine schwor auf Empacher, der Andere auf Fillipi und wiederum Andere auf Fluid Design oder andere Bootshersteller. Wenn man bei einem Ruderertreffen für Kontroversen sorgen wollte, musste nur nach Bootsempfehlungen fragen und könnte so locker auch eine Schlägerei anzetteln. 

So brachten sie ihr Empacherdoppel zum Steg und ließen es routiniert zu Wasser. Mit eingespielter Leichtigkeit legten sie die Skulls ein. Wie immer nahm Paul in der Position des Schlagmannes ein und drehte sich mit einem Fuß noch auf dem Steg zu Niklas um. Ein Nicken genügte und sie stießen sich synchron vom Steg ab und ließen sich imBoot nieder. Gemächlich und schweigend ruderten sie raus auf den See und in die Bahn, die extra für sie abgesteckt war. Liebevoll auch die „Professional Lane" genannt wurde, vor der aber auch diese nervigen Stand-up Paddler im Sommer keinen Halt machten und sich daher hartnäckig im Club der Spruch hielt „Drei mal rufen, wer das Seerecht nicht kennt hat Pech gehabt". Auf diesem See hatten sie, dank mangelnden Segelbooten, überall Vorfahrt. Auf ihrer Bahn, die exakt zwei Meter maß sowieso, denn wenn sie erstmal auf ihrem Wettkampftempo waren, dann war das mit dem Anhalten so eine Sache. Das dauert schon etwas. Gefahrenbremsung gab es bei einem Ruderboot nicht, aber das vergaßen die meisten Hobbiewassersporter, die den See dann zum Schwimmen, stand-up paddeln oder für ihre elektronischen Surfboads nutzen gerne. Bisher war noch kein schlimmer Unfall passiert, aber sie bangten jeden Sommer aufs Neue um ihre Leute und um die Seerechtslegasteniker. 

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