Kapitel 8-Paul

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Mit schnellen Schritten lief Leah auf das Klubhaus zu. Die Hände hatte sie tief in den Taschen ihrer schwarzen Lederjacke vergraben, die gerade noch so für diese Temperaturen geeignet war. Sie liebte diese Jacker allerdings so sehr, dass sie sie immer bis zum letzten Tag trug an dem sie noch nicht viel zu dünn war. Ihre schwarze Legins, die sie der Einfachheithalber schon trug, stand in einem modischen Kontrast zu der etwas zu großen ebenfalls schwarzen Lederjacke. Ihr sportlich-edgy look wurde von ihren mindestens genauso wie die Lederjacke geliebten hellrosa frabenden Chucks abgerundet. Die Tasche auf ihrer Schulter schaukelte bei jedem Schritt von links nach rechts und die Träger bohrten sich unangenehm in ihr Schlüsselbein.

Vielleicht war sie deshalb so forsch damit in das Bootshaus zu rauschen. Gerade noch so wisch ihr ein junger roothaariger Mann aus, der sie augenblicklich fragend musterte. „Sorry", murmelte sie schnell und versuchte nicht rot zu werden, als sich an ihm vorbei zur Tür zum Klubhaus schob. Er sagte etwas, das ging aber im Schlagen der Holztür unter und Leas Schritten zur Damenumkleide direkt rechts vom Haupteingang.

Flink tippten ihre Finger den Zahlencode in das Zahlenschloss an der Tür. „6879" fand sie sich leicht zu merken, aber die anderen Mädchen schienen damit Probleme zu haben. Es war als würde man von 6 bis 9 zählen und man musste eigentlich nur die Zahlen in der Mitte drehen. Mit einem piepen entriegelte sich die Tür. Leah drückte die Klinke runter. Sofort roch es wie immer nach blumiger Seife. Diesen Geruch würde sie wohl von nun an immer mit dem Ruderclub verbinden. Dumpf hallten ihre Schritte auf dem Lenoliumboden wieder, als sie zu einer der Bänke lief und ihre Tasche darauf fallen ließ. Endlich war sie diesen Druck auf dem Schlüsselbein los. Kurz warf sie noch einen Blick in den Spiegel. Ihr Zopf saß noch da wo er sitzen sollte, ein Glück! Die Bürste hatte sie mal wieder zu Hause vergessen. Wie sooft! Sie musste sich echt mal eine dieser kleinen zusammenklappbaren Taschenbürsten kaufen! Das war ja kein Zustand mehr.

Sie schlüpfte aus ihrer Jacke und hängte sie an den Haken direkt über ihrer Tasche. Ihre zarten Finger strichen noch einmal über das Leder um zu überprüfen ob sie auch tatsächlich ihre Kopfhörer in der Jackentasche hatte und in selber ihr Schlüssel war, damit sie ihr Handy in die Andere stoppen konnte. Trotz all der Jahre, die diese Jacke Leah schon durch ihr Leben begleitete, war das Leder immer noch unheimlich geschmeidig. Wahrscheinlich auch weil sie diese Jacke hegte und pflegte wie ihren Augapfel.

Ihren Hoodie warf sie hingegen achtlos auf die Bank, zog noch einmal den hellblauen Sport-BH zurecht und öffnete dann ihre Tasche. Zuerst landeten die schwarzen Laufschuhe auf dem Boden, dann zog sie ihr neon-grünes Langarmsportshirt heraus.

Schön fand sie es eigentlich nicht, aber es war funktional und es würde noch dauern bis ihre erste Bestellung überhaupt bei einem Namenhaften Ruderequipmenthersteller mit einer bunten Auswahl Ruderklamotten ankommen würde. Von einem Unisuit, bis zu einer Winterlegins war alles dabei. Wenn sie ehrlich war, freute sie sich am meisten auf den Unisuit. Sie war gespannt was diese Dinger so besonders machte und wie bequem der war.

Sie zog sich das Shirt über den Kopf, schlüpfte in die Schuhe und warf noch einen Blick in den Spiegel ehe sie sich wieder auf den Weg nach draußen machte.

Dieses mal war sie es, die dem jungen Mann ausweichen musste. „Vorsicht!", lachte er und wuchtete seinen Einer schwungvoll auf das obere Brett. Leah blieb vorsichtshalber mal stehen, erschlagen werden stand nicht auf ihrem Plan für heute. Eher weiter an der Technik feilen und mehr Zug auf ihre Skulls zu bekommen. Vielleicht sie ja heute dem Zwang, Gig rudern zu müssen und damit mitten in einem Kaffeekränzchen zu enden, anstatt in einem ordentlichen Training. „Studentin?", wandte er sich an sie und musterte im schein der Neonröhren. Zaghaft nickte sie und er hielt ihr strahlend die Hand hin „Paul".

Das war also der ominöse Paul, den sei beinahe schon für ein Fantasie Gespinst von William, Niklas und Anna gehalten hatte. Paul war groß, etwas kleiner als Niklas würde sie ihn allerdings schon schätzen. Die kupferfarbenen Haare standen vorwitzig in alle Richtungen ab und Sommersprossen bevölkerten sein von der Sonne gebräuntes Gesicht.

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