Kapitel 9- Regatta

58 5 9
                                    

Die Sonne spiegelte sich auf dem spiegelglatten Wasser, die gelben Bojen dümpelten ruhig in jeder Spur vor sich hin.

Niklas hielt seine Skulls locker in der Hand. Noch war er ruhig. Paul hingegen warf ihrem Stuart, der das Boot an der Startposition hielt, einen nervösen Blick zu. Anscheinend war nun auch bei ihm angekommen, dass er zu wenig trainiert hatte.

Ihre Konkurrenz war stark, darüber mussten sie sich eindeutig nicht streiten. Alleine der Typ im Bow im Doppel neben ihnen hatte gefühlt Oberschenkel, wie Baumstämme. Eigentlich sollte Niklas sich davon nicht mehr eingeschüchtert fühlen, aber angesichts ihrer Ausgangslage schaffte er es einfach nicht auszublenden, wer der im Boot neben ihnen saß. Fuck!

Innerlich verteufelte er Paul. Warum hatte sein Doppelpartner nur entschieden, dass Frauen ihm wichtiger waren, als sein sportlicher Erfolg. Nur nicht letzte werden. Das wäre heute die Devise.

Der Startton erklang.

Sofort glitten sie in den Rennstart. Ein langer, darauf drei kurze Schläge, danach 10 lange und schnelle, ehe sie ihr ruhiges, schnelles und von langen Schlägen gekennzeichnetes Renntempo einnahmen. Rauschend glitten die Blätter des Skulls durch das fast schwarze Wasser. Sie passierten die 1000 Meter Marke nach knappen 4:30 Minuten. Paul fing an zu Schwächeln und Niklas versuchte sein Nachlassen so gut es ging zu korrigieren.

„Komm! Hälfte!" Die Kraftanstrengung war ihm deutlich anzuhören, als er Paul versuchte zu motivieren nicht nachzulassen.
Auf den Gegenspuren zog die Boote an ihnen vorbei. Ihr Start war gut gewesen, aber jetzt fehlte ihnen einfach die Kraft und das Training, um wieder voranzukommen.

Nur noch 500 Meter waren vor ihnen und sie lagen am Ende des Starterfeldes. Paul schien sich wieder zusammenzureißen und zog das Tempo wieder an. Niklas war das nur recht. Auch er legte sich für den letzten Sprint in die Ruder und gab alles.

Es half aber wenig. Sie kamen als Vorletzte über die Ziellinie und Paul ließ sich, kaum dass sie drüber waren und das Boot etwas an Fahrt verloren hatte, nach hinten fallen, die Skulls in einer Hand.

„Fuck!", murmelte er und strich sie die verschwitzten rotblonden Haare aus der Stirn.

Niklas sagte nichts dazu, stattdessen suchte er mit den Augen nach den Siegern. Die beiden auf der Bahn neben ihnen hatten laut Anzeigetafel den Sieg geholt. Anerkennend nickte Niklas ihnen zu.

Das war etwas, was er am Rudern so mochte. In den meisten Fällen gönnte man einander die Siege und Medaillen. Er würde ihnen später noch zu ihrem Sieg gratulieren. Es war egal von welchem Ruderclub, welcher Renngemeinschaft man kam, man gratulierte einander und wünschte einander in der Regel nichts Böses.

Als Nächstes suchte Niklas den Blick seines Trainers. Bene, der sie alle paar Monate mal besuchte und für den Perspektivkader trainierte, lehnte kopfschüttelnd an seinem Fahrrad. Da würden sie sich gleich etwas anhören dürfen.

William stand am Dock, an dem sie Boote wieder aus dem Wasser ziehen würden und schüttelte ebenfalls enttäuscht den Kopf.

Das tat Niklas sogar mehr weh, als ein wütender Benedikt Lambrecht. William hatte sich in den letzten Jahren viel zu präsent in seinem Leben platziert, als dass er ihn hätte enttäuschen wollen. William und der Club waren Familie geworden, seit sie von Zuhause ausgezogen waren und diese Familie hatten Paul und er jetzt wohl enttäuscht.

Sachte stieß er Paul gegen die Schulter „Hoch und ab zum Dock! Ich will was trinken".

Von Paul war ein Stöhnen zuhören, dann richtete er sich auf und nahm die Skulls wieder in die Hände.

NoviceWhere stories live. Discover now