Kapitel 39- Schock am Morgen

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Das erste Dämmerlicht des Tages fiel in seine Wohnung. Leah in seinen Armen bewegte sich nicht und schlief immer noch tief und fest.

Er könnte sich so sehr daran gewöhnen sie jeden Morgen im Arm zuhalten. Ihr ruhiger gleichmäßiger Atem hatte etwas so tief beruhigendes und friedliches, dass er nicht wie sonst schon längst aus dem Bett gesprungen war. Es war als würde sie seinem unruhigen Geist frieden geben.

Eigentlich wollte Niklas sie nicht betrachten, aber er konnte einfach nicht anders. Sie sah so verdammt niedlich aus wenn sie schlief. Gut, sie war immer niedlich, aber so eben besonders süß.

Ihre weichen Lippen, die er gestern Abend noch ein paar Mal hatte schmecken dürfen, hatte sie leicht geöffnet und ihre Augenlieder zuckten leicht. Die langen blonden Haare hatte sie eigentlich zusammengebunden, aber die meisten Haarsträhnen waren aus dem Zopf gerutscht und verdeckten zum Teil ihr hübsches Gesicht.

Er musste an sich halten sie ihr nicht aus der Stirn zu streichen und sie damit eventuell zu wecken. Gestern war viel gewesen, sie sollte schlafen. Korrigiere sie musste schlafen. Ihrem Verstand würde es helfen mit dem was gestern alles passiert war besser umzugehen. Ganz war dieses Trauma nicht besiegt und es war auch vermessen anzunehmen, dass man angewöhnte Vermeidungsmuster so schnell durchbrechen konnte. Aber sie hatten den ersten Schritt in Richtung Zukunft gemacht und alleine das fasste er als unheimlich großen Sieg auf. Sieg gegen diese Monster in ihrem Kopf, die sie nur hatten gefügig machen wollen.

Leise tastete er nach seinem Handy. Er wollte sie nicht wecken und anders als in ihrer Wohnung, würde sie hier eindeutig davon wachwerden würde er Frühstück machen.

Mit wenigen Handbewegungen entsperrte er sein Handy und öffnete den Marktplatz für Ruderboote. Er wollte sich auf kurz oder lang sowieso noch einmal nach einem neuen Skiff umsehen, da konnte er auch mal eben durch die neuen Anzeigen gehen. Außerdem suchte William immer noch nach einem Gig-Doppel für die Studenten. Budget war allerdings eher klein, da die Uni nicht so viel für ihre Verbindung springen ließ wie beispielsweise für Fußball oder Handball.

Gemächlich scrolle er duch die Anzeigen. Schickte drei für jeweils ein Gig-Doppel verschiedenen Alters und Herstellers an William und speicherte hier und da ein Angebot eines Herstellers für einen neuen Renneiner.

Wie immer dachte er daran wie einfach alles wäre, würden er und Paul noch erfolgreich rudern, dann hätten sie Sponsoren und er müsste nicht dreimal überlegen ob er nun wirklich ein neues Skiff brauchte oder nicht. Sein Vater würde wohl kaum einspringen und seine Mutter sollte sich raushalten. Er brauchte ja tatsächlich nur die neue Shell, alles andere war noch gut intakt. Seine Skulls hatte er erst vor wenigen Wochen abgeschliffen und neu lackiert. Eigentlich sollten sie auch noch foliiert werden, aber der Hersteller der Folien hatte eine ziemlich lange Warteliste. Er klickte sich weiter durch die schier nicht enden wollende Anzahl an Angeboten, da regte sich Leah.

Müde hob sie den Kopf und blinzelte ihn verschlafen an. Die Haarsträhnen hingen ihr wild ins Gesicht und ihre Augen waren noch ganz klein. Sie wollte lächeln, aber ihr Lächeln erstarb noch ehe es ihre Augen erreicht hatte.

"Das ist nicht dein Ernst! Du tinderst gerade nicht ernsthaft!", fuhr sie ihn verletzt an und wollte sich abwenden. Kurz blieb ihm fast das Herz stehen, dann fing er herzlich an zulachen und warf ihr wortlos sein Handy zu.

Sofort wurde Leah wieder ruhiger. "Fuck!" Sie fluchte leise und fuhr sich durch das Gesicht, während sie knallrot wurde und auch anfing zu lachen. "Das tut mir jetzt leid! Gott, Nele hat recht ich bin so in meinem Film! Ich bekomme das gar nicht mehr wirklich mit."

"Alles gut. Aber Tinder für Ruderboote fände ich eine sehr innovative Geschäftsidee," lachte er und wurde dann wieder ernst, "Aber mal im ernst hat das wirklich schon mal jemand gebracht?" Leah nickte. "Ja. Der Typ von dem ich erzählt habe. Der Erste mit dem ich Studium etwas hatte. Wir lagen zusammen im Bett und er hat ernsthaft angefangen zu tindern. Da kannte ich auch schon meinen Wert war aber zu naiv um zu verstehen, dass ich ihn da schon hätte rauswerfen sollen."

Tief atmete Niklas ein. "Was ein Idiot. Aber sein Verlust, mein Profit." Ein breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er dankte dem Vollidioten innerlich. Ohne ihn würde Leah jetzt wohl kaum in seinen Armen liegen.

Leah musste wieder lachen. "Ich muss mich jetzt jedenfalls daran gewöhnen, dass ich endlich mal jemand erwachsenen date, ohne Schatten."

Sie waren also auch in ihren Augen offiziell. Das beruhigte ihn. Nicht dass es da noch zu Missverständnissen kam.

"Wer sagt denn dass ich keinen Schatten habe? Du kennst den nur noch nicht!" Niklas musste auch wieder lachen und ließ sich etwas von er gelösten Stimmung treiben.

Sein Handy beförderte er wieder auf den Nachttisch und schlag beide Arme um Leah. Fest küsste er sie und spürte wie sie sich immer fester an ihn drückte. Das war jetzt vielleicht nicht ganz so gut, nicht dass das in einer Situation enden würde, die Leah wieder triggern würde. Ihre Hände hatten zumindest schon den Weg unter sein T-Shirt gefunden und malten verführerisch seine Bauchmuskeln nach. Etwas in ihm verspürte den Drang sie fest am Hintern zu packen und noch enger an sich zu ziehen. Den nächsten Schritt zu gehen und es nicht bei unschuldigen Küssen und unverfänglichen Berührungen zu belassen, aber er riss sich zusammen. Sein Verstand entschied, dass es einfach nicht die richtige Zeit war, wenn es die überhaupt gab.

Darum atmete er auch erleichtert auf, als sein Handy eine Nachricht ankündigte. Widerwillig löste er sich von ihr. So gern er auch würde, so sehr wusste er auch, dass ihre Beziehung noch nicht gefestigt genug war. Außerdem hatten sie Zeit. Warum sollten sie also irgendetwas überstürzen?

Leah sah etwas enttäuscht aus, als er nach seinem Handy tatstete und wieder auf den Bildschirm blickte.

Franka hatte ihm geschrieben. Natürlich. Wahrscheinlich wolle sie nur etwas angst vor dem Training schüren oder eine Finte abfeuern, die ihn den ganzen Tag beschäftigen würde. Sofort verfinsterte sich seine Mine. Sie war echt die letzte Person von der er gerade jetzt eine Nachricht lesen wollte. Aber vielleicht ging es ja auch um das Training. Half also nichts. Auf die Uhr hatte er auch nicht wirklich geachtete. Fuck!

"Bring deine Novizin mit, wir wissen alle dass sie bei dir ist"

Er seufzte und wollte schon zurück tippen, dass sie das vergessen konnten, da blickte er Leah an. "Willst du mit zum Training? Franka will dass ich dich mitbringe." Kurz blinzelte Leah überrascht und nickte. "Sicher! Warum nicht? Und wenn sie mich warum auch immer dabei haben wollen, wie kann ich da nein sagen? Außer du willst mich jetzt nicht da haben."

"Was soll das jetzt heißen? Wenn es nach mir ging würde ich dich am liebsten gar nicht mehr von meiner Seite lassen." Er versuchte beleidigt zu klingen, aber es gelang ihm überhaupt nicht. Stattdessen strahlte er sie einfach nur an. 

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