Kapitel 34- Teamwork

29 2 4
                                    

Ihre Hände zitterten immer noch, als sie sich neben Franka auf die Bank am Fenster fallen ließ. In ihrem Kopf herrschte nur Chaos.

Was machte dieses Arschloch hier? Genau hier? Hier in ihrem sicheren Hafen, dem Ort an dem sie sich Immer fühlte als könne ihr niemand weh tun. Selbst nach der Sache mit Niklas hatte sie sich hier sicher gefühlt. Wahrscheinlich weil sie wusste intuitiv wusste, dass er ihr nie etwas tun würde.

Anders als der Kerl oben. Dieser Typ hätte ihr gerne etwas getan. Hätte sie gerne fertig gemacht und vor allem gerne in sein Bett bekommen um sie vollends zu brechen.

Franka legte ihr die Hand auf den Oberschenkel. "Ganz ruhig. Tief durchatmen." Ihre Stimme klang weich, zuversichtlich und so voller Kraft, dass Leah wagte aufzuatmen. "Ich habe Niklas noch nie so sauer gesehen. Den Vollidioten siehst du nie wieder!"

Sofort hoffte Leah Franka hätte recht. Sie wollte diesen jungen Mann mit den schrecklichen Oberlippenbart, nie wieder zu Gesicht bekommen. Es war so viel mit diesem Typen falsch! Darüber musste man nicht diskutieren. Sie war es Leid das Opfer zu sein.

Schritte polterten die Treppe herunter. Sofort fuhr Leah wieder etwas zusammen. Ein letztes Mal. Ein letztes Mal würde sie dieses Arschloch sehen müssen. Franka drückte wortlos ihre Hand und spannte die sehnigen Muskeln an.

"Nein. Du gehst!", hörte sie Niklas deutlich sagen.

Trotzdem erschien Dana zuerst in ihrem Blickfeld. Sie sah genervt aus, ließ den Kiefer kreisen und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Angespannt lehnte sie sich gegen die Fensterfront vom Kraftraum.

"Wenn der Typ nicht gleich Leine zieht, dann ballere ich ihm eine. So ein selbstverliebtes Arschloch!"

Leah musste schlucken. Sie wollte lieber nicht wissen was Christoffer ihnen erzählt hatte. Aber es tröstete sie unheimlich zu spüren, dass sie nicht alleine war und der Idiot niemanden auf seiner Seite hatte.

Niklas lehnte neben der Tür zur Umkleide. Die Arme hatte er fest vor der Brust verschenkt und stellte dadurch sein beeindruckendes Kreuz zur Schau. Sie suchte automatisch seinen Blick.

Tief bohrten sich ihre Blicke in einander. Sie brauchte in dem Moment keine Worte. Das wie er sie an sah reichte um ihr das Gefühl zu geben, dass er auf sie aufpassen würde. Ihr Plus beruhigte sich etwas, aber ihre Anspannung blieb. Noch war es nicht vorbei. Die Umkleidentür öffnete sich und Christoffer schob sich heraus. Suchend sah er sich um und fixierte sie kaum, dass er sie gesehen hatte. Sofort verengten sich seine Augen und er machte große, schnelle Schritte in ihre Richtung. "Du Hure!", zischte er, spuckte es beinahe vor ihr auf den Boden.

Leah fuhr unweigerlich zusammen. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zu gehalten. Sie wollte nicht mal seine Stimme hören. Vor ihrem inneren Augen sah sie ihn schon wie damals vor ihr stehen und sie anbrüllen. Ihr ganzer Brustkorb zog sich zusammen.

"Na na na, so spricht man aber nicht mit Frauen. Ich helfe dir gerne dabei dir den Mund mit Seife auszuwaschen!" Dana grinste frech. Augenscheinlich hätte seine rege Freude daran. Sie rieb sich freudig die Hände und trat ihm selbstbewusst entgegen.

Niklas war direkt hinter Christoffer. Seine Hand lag schon fast an seiner Schulter.

"Glaubt dieser Schlampe kein Wort! Die will mir nur meinen Ruf ruinieren!", verkündete Christoffer in dem Moment in dem Niklas den Kaffee wohl auf hatte.

Mit einem lauten Schalg prallte Christoffers Rücken gegen die gelbgestrichene Wand. Ein Stöhnen entwich ihm, während Niklas ihn fest dagegen drücke. "Der einzige, der hier gerade nur zeigt wie armselig er ist bist du und ich wiederhole mich nur ungern. Du gehst jetzt! Sei froh dass mein Doppelpartner nicht auch hier ist. Du willst nicht wissen was wir mit dem Ex seiner Schwester gemacht haben. Also wenn du klug bist rennst du jetzt. Die Mädels sehen vielleicht lieb aus, aber Dana kann ganz schön zulangen."

"Du drohst mir mit Mädchen!", versuchte Christoffer sich weiter aufzuspielen. Rechnete aber wohl nicht damit, dass Ruderer kraft heben. Niklas drückte einfach noch etwas mehr zu und entlockte ihm damit ein scharfes Einatmen.

"Du lässt Leah in Ruhe. Nimmst jetzt deine Sachen und haust verdammt noch mal ab!" Niklas klang nicht als würde er Witze machen. Leah beobachtete angespannt wie Christoffers Adamsapfel hüpfte. Hoffentlich hatte er es jetzt auch verstanden. "Kann ich dich jetzt los lassen und du gehst?"

Christoffer nickte mit zusammengepressten Lippen. Trotzdem wagte Leah es noch nicht aufzuatmen. Wenn sie das überhaupt konnte. Sie fühlte sich leer und kraftlos. Er löste diese Kälte und Hilflosigkeit in ihr aus, die sie nie wieder fühlen wollte.

Niklas ließ ihn langsam los, trat aber keinen Schritt von ihm weg. Mit gestrafften Schultern und stechendem Blick strahlte er eine solche Dominanz aus, dass Leah ihn kaum wiedererkannte. Das war nicht mehr der nette und so sanfte Ruderer, den sie kannte. Das war ein Mann der um jeden Preis etwas verteidigen wollte. Nicht etwas. Sie. Er war bereit sie zu verteidigen. Etwas was bisher niemand getan hatte.

Sofort war da ein neues Gefühl. Ein Gefühl dass sie nicht kannte, aber sich schwer wie Stein in ihren Magen legte. Tief atmete sie ein und konnte ihren Blick kaum von ihm lösen. War das Liebe? Wirklich echte Liebe?

Dana drängte sich an Niklas vorbei. Ehe irgendwer etwas hätte tun können schnellte ihre Faust vor. Hart schlug Christoffers Schläfe gegen die Wand. "Kleine Lektion: Frauen guckt man ins Gesicht und nicht auf den Arsch oder die Titten! Und jetzt sieh zu dass du Land gewinnst!" Erstaunlich schnell raffte Christoffer seine Tasche auf. "Alles Irre!", murmele er sich den Kopf haltend und verschwand mit großen Schritten aus der Tür.

Niklas und Dana grinsten einander an. "Sauberer Schalg!" Niklas hielt Dana die Hand zum einschlagen hin. Franka atmete unweigerlich auf und schloss Leah fest in ihre Arme. Leah hingegen sackte in dem Moment komplett in sich zusammen.

Alle Energie hatte ihren Körper verlassen. Sie fühlte sich leer, ausgesaugt und unheimlich müde. Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen Franka. Sie kannte sie nicht einmal und trotzdem vertraute sie ihr mindestens schon genauso wie Nele.

Nele! Sie musste Nele anrufen! Sie könnte nicht alleine zuhause sein. Sofort riss sie die Augen auf und kämpfte sich fahrig aus Frankas Armen. "Ich muss...", kam es ihr über die Lippen und sie konnte selber hören wie verwirrt sie klang.

Niklas schloss sie in die Arme. "Du muss jetzt gar nichts. Komm erstmal runter!" Fest zog er sie an seine Brust. Ihre Wange lag an seiner Schulter und sie konnte deutlich seinen ruhigen Herzschlag fühlen.

Trotzdem wollte sie sich nicht beruhigen. Sie musste Nele anrufen! Nichts anderes sickerte gerade zu ihrem Bewusst sein durch. Nele würde bei ihr bleiben bis sie schlief und am nächsten Morgen mit Frühstück in der Hand sichergehen, dass es ihr soweit gut ging, sie aufstand und zu ihren Vorlesungen ging.

Sie wollte sich auch aus seinen Armen winden, aber Niklas hielt sie fest. Mit einer beneidenswerten Ruhe schob er sie zurück auf die Bank. Franka rutschte etwas. "Beruhig dich. Alles ist jetzt gut. Du bist nicht alleine und dieser Typ ist jetzt weg!" Vorsicht, wie er es schon zuvor Oben gemacht hatte nahm er ihre Hände. Seine Daumen strichen beruhigend über ihren Handrücken.

"Brauchst du etwas?" Franka legte ihr eine Hand auf die Schulter.

Leah musste schlucken und ihre Gedanken ordnen damit sie auch ja einen geraden Satz rausbekam. "Mein Handy. Das ist in meiner Jacke in der Umkleide", kam es ihr wie mechanisch über die Lippen.

Franka lächelte. "Kein Problem, du möchtest bestimmt eine Freundin anrufen. Ich hole es dir. Dana und ich müssen dann auch leider gehen. Wir haben morgen ziemlich früh noch eine Termin, aber bei Niklas bist du absolut in Sicherheit."

Wenig später waren beide Frauen aus der Tür und sie saß neben Niklas auf der Bank und wählte Neles Nummer.

NoviceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt