Kapitel 5 Das Zimmer

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Jane hielt mir die dunkle Holztür auf, damit ich in das Zimmer gehen konnte.
Das Zimmer war einfach riesig und so ganz anders als mein Zimmer Zuhause.
Es hatte eine dunkelrote Tapete mit Muster und ein rotes Himmelbett mit schwarzem Gestell. Grundlegend war es sehr stilvoll eingerichtet. Hohe Regale säumten eine Wand und ein Schreibtisch stand in der Nähe des Bettes. Doch das eigentlich imposante waren die großen Fenster, die auf einen kleinen Balkon führten. Die Sonne beleuchtete den Raum und ließ ihn so ganz anders wirken als den Rest des Gebäudes.
Die Zimmer waren Richtung Westen und in Richtung des Vorplatzes gerichtet, auf dem wir geparkt hatten. Dahinter konnte man fast die ganze aus Sandstein gebaute Stadt überblicken, die ebenfalls noch erhoben über einem Tal lag. Die Aussicht war so atemberaubend, dass mir kurz die Luft wegblieb. Es war so schön. Ich fühlte mich jetzt schon wie in einem 5 Sterne Hotel.
,, Du hast Glück. Durch die C Form des Gebäudes, die du vielleicht schon erraten konntest, hast du an zwei Wänden Fenster. Ich würde nur aufpassen, auf der einen Seite zuzuziehen, wenn du dich umziehst. Auf der anderen Seite des Cs wohnt ein Junge."
Sie zwinkerte mir zu.
,, Ich lasse dich jetzt alleine. Später wird jemand kommen und dich abholen. Wer, ist noch nicht ganz geklärt. Es kommt darauf an.''
,, Worauf?"
Sie ignorierte meine Frage und wandte sich der Tür zu.
,,Okay'', antwortete ich schließlich.
Sie schloss die Tür hinter sich.

Ich nahm meinen Koffer, packte alles aus und sortierte ein. Als nächstes nahm ich das Badezimmer in den Blick.
Es ging neben dem Fernseher eine kleine Tür ab, die in das Badezimmer führte. Es war aus schwarzem Marmor, mit einer ebenerdigen Dusche. Ein großes Fenster zeigte in Richtung des Gebäudes. Ich könnte so in ein anderes Zimmer hineinsehen. Das hatte Jane also gemeint. Ich durfte nicht vergessen, zuzuziehen, wenn ich duschte.
Vom Flug war ich noch echt fertig und noch ein wenig müde, dagegen half mir eine kalte Dusche immer sehr gut.
Danach zog ich mir ein blaues Kleid an. Es war luftiger als die meisten meiner Kleidung, aber lange noch nicht so freizügig, wie es andere in meinem Alter trugen. Ich mochte diese Freizügigkeit nicht. Man könnte mich prüde und konventionell nennen und ich konnte selbst nicht einmal genau den Grund dafür nennen.
Das Kleid war zwar nicht schwarz und damit anders als Jane mir empfohlen hatte, aber immerhin dunkel gehalten. Es wäre bei der Hitze der nächsten Tage ansonsten wahrscheinlich nicht auszuhalten. Selbst ich musste da Abstriche machen und mich lockerer anziehen. Ich wusste auch ohne Google, dass ein Sommer in der Toskana warm werden würde.

Dann las ich noch etwas mein Lieblingsbuch, das nun in einem der vielen Regale stand. Dazu testete ich zuerst das Bett aus. Es war nicht so weich, wie es aussah, aber das machte mir nichts. Ich schlief ohnehin immer lieber auf einer harten Matratze. Letztlich musste ich allerdings den Platz auf den Schreibtischstuhl wechseln, weil ich merkte, dass mir auf dem Bett die Augen schwer wurden.
Um Punkt fünf klopfte es an der Tür. Ich legte mein Buch zur Seite und stand auf. Vor dem Spiegel prüfte ich nochmal kurz den Sitz meines Kleides und meine Frisur. Mein Zopf hatte sich etwas gelöst, aber es sah nicht schlimm aus. Deshalb korrigierte ich nichts und ging zur Tür. Es klopfte ein zweites Mal. Da war ich nun schon leicht genervt. Ich war ja schon fast da, verdammt nochmal. Mein Genervtsein verpuffte, sobald ich die Tür öffnete.

Vor mir stand ein junger Mann. Er musste so Mitte zwanzig sein.
Es gab kein anderes Wort, das ihn besser hätte beschreiben können als ,,Perfekt". So einen perfekten Mann hatte ich im Leben noch nie gesehen, weder in Echt noch im Fernsehen. Er sah sogar noch besser aus als die Männer aus Alices Familie, obwohl er offensichtlich wie sie ein Vampir war. Er hatte braunblonde Haare, die gestylt waren. Es war diese Form von Stil, die gewollt unordentlich aussah.
Eigentlich war er relativ klein, aber trotzdem muskulös und immer noch ein kleines Stückchen größer als ich, wenn auch nicht so ein Schrank wie Felix.
Und als ich ihm in die Augen sah, hatte ich das seltsame Gefühl, dass ich nur für ihn leben würde. Wenn ich so etwas in Büchern gelesen hatte, hatte ich nie geglaubt, dass es so ein Gefühl gab. Es wäre zu kitschig und konstruiert. So etwas gab es doch im echten Leben nicht. Und doch.
Jetzt konnte ich zum ersten Mal nachvollziehen, wie sich das anfühlte.
Er war alles.
Nur Dank ihm hatte ich die Verluste an meiner Mutter und meinen Geschwistern überlebt. Dabei hatte ich ihn jetzt zum ersten Mal gesehen. Ich wurde für diesen Moment gemacht. Ich habe nur existiert, um ihm zu begegnen.
Ich wollte nie wieder, ohne ihn sein. Mein ganzes Leben lief genau auf diesen Moment hinaus. Alles andere war nun nebensächlich. Er war alles. Es ergab alles einen Sinn. Alles, was ich bisher getan hatte. Alles, was passiert war, hatte mich zu diesem Moment geführt.

Bis(s) ich wieder bei dir bin ( Volturi Ff)( Abgeschlossen) Where stories live. Discover now