Kapitel 9 Alice

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Der Weg war lang, sehr lang. Ich lief, bis ich nicht mehr konnte. Dann rastete ich kurz. Ich entschied mich durch Russland zu laufen und dann nach Nordamerika zu schwimmen. Ich merkte, wie das Gift sich in meinem Körper ausbreitete. Schockiert stellte ich fest, dass ich meine Krallen nicht mehr bewegen konnte. Meine Glieder schienen, taub zu werden. Das Gift musste neuronal an der Synapsenübertragung ansetzen, vielleicht ein langsam wirkendes Conotoxin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es mich vollständig lähmen würde und ich schließlich erstickte oder einen Herzinfarkt erlitt. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn ich im Bio Unterricht nicht so gut aufgepasst hätte.

Kaum war ich außerhalb von Forks angekommen, verwandelte ich mich in einen Menschen. Ich hatte nicht genügend Kraft mehr, um meine Leopardengestalt aufrechtzuerhalten. Ich lief weiter zu dem Zuhause der Cullens. Die Adresse kannte ich nur durch einen Brief, den Alice mir vor einigen Monaten geschickt hatte. Nun konnte ich schon meine Arme und Beine nur noch mit Mühe bewegen. Außerdem sah ich immer nur Demetris verletztes Gesicht vor meinem inneren Auge. Genau davor hatte ich Angst gehabt.
Ich hatte Alec, Jane und ihn zurückgelassen. Ich wusste, dass ich bei Alec und Jane ein schlechteres Gewissen haben sollte. Sie waren schließlich meine Geschwister. Aber sie hatten mich auch verlassen und waren über Jahre weggewesen. Ich hatte nicht vor, jahrelang auf sie zu verzichten. Bei Demetri könnte ich es auch nicht. Wenn ich überhaupt so lange lebte.

Nach einigen Metern hatte ich mich hoffnungslos verirrt. Alles in diesem Wald sah gleich aus. An einem großen Baum wollte ich verschnaufen und mich abstützen. Als ich meine Hand ausstrecken wollte, griff ich ins Leere. Mein Arm tat nicht das, was ich wollte. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel. Mein Kopf schlug auf etwas Hartes und alles wurde schwarz.
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Als ich wieder aufwachte, hörte ich Stimmen. Alice, die verzweifelt versuchte, mich zum Bewusstsein zu kriegen. Ich konnte nicht sprechen, nicht die Augen öffnen und mich nicht bewegen. Carlisle sagte, er müsse mich verwandeln, sonst würde ich es nicht überleben. Ich spürte etwas Brennendes, Heißes an meinem Hals. Das Brennen wurde schlimmer. Ich wollte schreien, doch ich konnte nicht. Ich schlug um mich und bat sie, mich zu töten, doch sie versuchten nur, mich zu beruhigen, dass es bald vorbei sei.
Nur die Erinnerungen an Demetri hielten mich am Leben. Für ihn musste ich stark sein. Eines Tages würde ich ihn wieder sehen. Er war mein Leben. Mein Herz schmerzte, wenn ich an ihn dachte. Aber ich zwang mich, an die guten Dinge zurückzudenken. Die Momente, wenn wir uns den Sonnenuntergang ansahen, wie es sich anfühlte, wenn er mich küsste oder berührte.

Nach einiger Zeit konnte ich besser hören. Das Zwitschern der Vögel, das Knacken von Ästen oder auch den Regen. Es war seltsam. So gut konnte ich nicht einmal als Leopard hören.
Es mussten Tage vergangen sein. So fühlte es sich zumindest an, bis das Brennen endlich weniger wurde.

Doch dann schreckte ich abrupt auf wie aus einem meiner üblichen Albträume. Neben mir saßen Alice und noch ein anderes älteres Mädchen. Sie war ungefähr in meinem Alter und hatte braune Haare und porzellanartige Haut. Auch eine Vampirin. Sie sah meiner Mutter sehr ähnlich.

Es war Lia, meine große Schwester. Ich musterte sie. Sie sah anders aus, aber sie war es unverkennbar. Vielleicht lag es an meiner verbesserten Sicht oder an ihrem Vampirdasein.
Offenbar waren jetzt alle Sehm-Kinder Vampire. Ich öffnete den Mund. Ich verstand das alles nicht. Lia lebte auch?! Sie war auch nicht zurückgekommen? Dafür brauchte sie aber eine verdammt gute Ausrede. Zumal sie doch wusste, wie kaputt unsere Familie gewesen war, seit die Zwillinge verschwunden waren.

,, Wie lange willst du bleiben? Edward hat uns erzählt, warum du gekommen bist. Lass uns erstmal jagen gehen. Und wenn du länger bleibst, müssen wir dir Kleidung kaufen.''
,, Äh, Ich bleibe länger und entscheide selbst, wann ich gehe'', sagte ich überrumpelt von ihrem Schwall an Worten.
Meine Stimme klang verändert. Sie war weiblicher geworden. Vorher hatte ich von Natur aus eher eine tiefere Frauenstimme gehabt. Aber sie hatte sich angehoben.

Bis(s) ich wieder bei dir bin ( Volturi Ff)( Abgeschlossen) Where stories live. Discover now