Kapitel 19

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Nun war es knapp vier Monate her, dass ich nach dem Gespräch mit meinen Geschwistern wieder zu Hause angekommen war. Ich arbeitete jetzt nur noch vier Tage in der Woche, aber wahrscheinlich würde ich aufhören, wenn ich geheiratet hatte. Nicht weil ich verheiratet war, sondern weil wir dann vielleicht wegziehen würden.

Demetri und ich hatten uns vor einigen Wochen geschrieben, um die letzten Details zu besprechen. Es war sogar seine Idee gewesen, den Dienst der Volturi zu quittieren. Aber noch arbeitete er dort und ich vermisste ihn unendlich. Gleichzeitig freute ich mich darauf, ihn bald als Ehemann zu haben. Dann konnte man ihn mir nie wieder wegnehmen.
Er schrieb mir so oft es ging. Aber es war schwierig. Aro wusste natürlich Bescheid, aber Demetri wollte ihn nicht noch reizen.

Vor vier Tagen hatten Bella und Edward geheiratet. Das hat Jacob überhaupt nicht gefallen. Er hatte sie fast erwürgt. Aber an sich war die Hochzeit wirklich wunderschön gewesen. Die Torte sah so schmackhaft aus, dass ich sie wirklich gerne gegessen hätte. Die Musik war gut. Nur die Denalis hatte ich verpasst. Vielleicht war das auch gut so. Ich wollte einer Konfrontation so lange wie möglich aus dem Weg gehen. Edward und Bella waren direkt in die Flitterwochen aufgebrochen. Auf eine einsame Insel, die Carlisle und Esme gehörte. Das reinste Paradies. Ich hatte Bilder gesehen. Seitdem hatten wir nichts mehr von ihnen gehört.

In drei Tagen würde auch ich heiraten und ich war jetzt schon dermaßen aufgeregt. Demetri und ich hatten uns auf das Datum geeinigt und er hatte es gleich Jane und Alec erzählt. Das Datum war ihm wichtig. Es war eine angenehme Zahl.

Morgen würden er mit meinen Geschwister eintreffen. Es stand noch aus, was Aro dazu sagen würde. Ob er sie gehen ließ. Eigentlich hatte er keine Wahl. Jane und Alec waren zu mächtig. Sie könnten ihn zwingen, aber dann würden sie ihn zu ihrem Feind machen, was sie sicherlich nicht wollten. Sie waren ihm nach wie vor loyal.

Die Denalis, die widererwarten zugesagt hatten, obwohl Demetri ein Volturi war, würden erst ein Tag nach meinen Geschwistern kommen. Ich war ihnen einmal begegnet, als wir die paar Monate in Kanada gelebt hatten. Doch ich konnte mich an sie kaum erinnern. In dieser Zeit ging es mir so schlecht, dass ich ganz vieles einfach ausgeblendet und vergessen hatte.

Die Denalis waren nach der Hochzeit von Edward und Bella erstmal zu einem Jagdausflug aufgebrochen. Und würden direkt danach wieder zu und stoßen. Ich hatte den Verdacht, dass sie dies vor allem deshalb taten, damit sie meinen Volturi Geschwistern halbwegs ruhig gegenüber treten konnten. Ich war ihnen dafür dankbar. Ich brauchte kein Drama am Tag meiner Hochzeit. Es sollte ein perfekter Tag werden.

Am Abend vor der geplanten Ankunft meiner Geschwister nahm Carlisle mich zur Seite. Die anderen waren teilweise auf der Jagd oder in der Stadt. Nur Esme und Carlisle waren noch da. Er brachte mich in sein Arbeitszimmer. Ich mochte ihn wirklich sehr. Er war ruhig und zuvorkommend. Er war so, wie ich mir meinen Vater gewünscht hatte. Leider suchte man sich Familie nicht aus.
,, Du musst etwas über die Denalis wissen, bevor sie kommen, Maria", sagte er, als ich mich ihm gegenüber in einen Sessel gesetzt hatte.
Ich beugte mich neugierig nach vorne.
Dann fuhr er fort:,, Die Mutter der Denalis, also die Vampirin, die Tanya, Kate und Irina verwandelt hatte, hat auch ein unsterbliches Kind erschaffen."
Er wartete, ob ich verstand, was er sagte.
Ich verstand es nicht.
,, Was ist ein unsterbliches Kind?"
,, Ein Kind, das man in einen Vampir verwandelt. Sie bleiben auf dem Stand ihrer Entwicklung und lassen sich nicht belehren. Es gab eine Zeit, in der das eine Mode war. Viele Vampire haben das getan und die Mutter der Denalis gehörte dazu. Es war ein Junge. Über das exakte Alter weiß ich nichts, aber er war ungefähr fünf oder sechs Jahre alt. Er tötete ein gesamtes Dorf. Unsterbliche Kinder haben genauso wie menschliche Kinder eine Anziehungskraft und wollen beschützt und vergöttert werden. Nur ist diese Kraft bei diesen perfekten Kindern umso größer. Nicht selten gingen die Schöpfer für sie in den Tod. So auch die Mutter der Denalis. Die Volturi griffen ein und töteten sie und das Kind. Dein künftiger Ehemann gehörte zu ihnen, Maria. Die Denalis werden ihn hassen."
Ich nickte. Das konnte ich zumindest halbwegs verstehen. Wenn die Bindung so stark wie bei menschlichen Müttern und ihren Kindern war, war das für sie vermutlich ein großer Verlust gewesen. Ich verdrängte schnell die Erinnerungen an meine Mutter. Sie war da offenbar eine Ausnahme. Ansonsten hätte sie sich sicherlich nicht umgebracht.
,, Dazu kommt noch, dass Eleazar, Carmens Ehemann, früher selbst ein Volturi gewesen war. Demetri wird ihn noch kennen."
Ich erinnerte mich dunkel an den schwarzhaarigen, großen Mann mit den für Vegetarier typischen goldenen Augen.
,, Welche Gabe hat er?", unterbrach ich Carlisle neugierig.
Wenn ich eins wusste, dann dass Aro nur Wachen hielt, die außergewöhnliche Gaben hatten. Noch mehr wunderte es mich, dass er ihn offenbar hatte gehen lassen. Carlisle lächelte.
Jasper hatte es ja vor ein paar Monaten schon erwähnt.
,, Das wirst du sicherlich herausfinden, wenn sie eintreffen."
,, Er ist mit den Volturi im Guten auseinander gegangen. Aro hat ihn gehen lassen. Aber ich dachte, du solltest es vielleicht wissen."
Wieder nickte ich.
,, Danke, Carlisle. Das ist wirklich gut, zu wissen."
Er erhob sich aus seinem Schreibtischstuhl. Wir gingen wieder ins Wohnzimmer.

Esme wartete schon auf uns. Sie strahlte förmlich. Das tat sie in letzter Zeit sowieso häufig. Sie liebte es, ihre Kinder glücklich zu sehen.
,, Ich habe hier jemanden für dich."
Sie zeigte aus dem Fenster.

Demetri stand unten, an einen Baumstamm gelehnt. Ich sah ungläubig zu Esme.
,, Ich dachte, er wollte erst morgen kommen?"
,, Das wird er dir selbst erzählen. Husch, husch. Geh runter zu ihm. Er wartet auf dich."
Ich lächelte sie dankbar an und lief nach unten. Demetri kam mir schon entgegen. Er umarmte mich begierig und küsste mich.
,, Warum bist du schon hier, mio principe?", fragte ich glücklich.
Er küsste mich nochmal.
,, Ich habe schon heute meinen Dienst bei den Volturi aufgegeben."
Mir fiel die Kinnlade herunter.
,, Aber ich dachte, du wolltest noch eine Weile dort bleiben."
,, Freust du dich nicht? Ich habe es für dich getan. Ich will immer bei dir sein, mia principessa. Wir waren viel zu lange getrennt. Aro würde es auf Dauer ohnehin nicht dulden. Ich habe mit dem Feuer gespielt."
Er nahm meine Hände in seine.
,, Doch. Aber du gibst dein Leben für mich auf. Das musst du nicht, ich fühle mich schlecht deshalb."
Er nahm mein Kinn in seine Hände und hob es, damit ich ihm in die Augen sehen musste.
,, Hör mir zu, mia principessa. Ich würde alles für dich aufgeben, alles. Da macht dieser Beruf mir nichts. Ja, es war mein Leben. Aber das bist du jetzt."
,, Ich kann dir nicht einmal Kinder schenken, Demetri", sagte ich unglücklich und sprach damit etwas aus, was mich schon lange beschäftigte.
Er lachte.
,, Damit habe ich schon lange abgeschlossen. Ich kann doch genauso wenig welche zeugen."
Ich lächelte halbherzig. Er küsste mich wieder, damit beseitigte er alle meine Zweifel. Ich seufzte.
,, Wie geht es nur mit uns nach der Hochzeit weiter?"
,, Das werden wir sehen. Es wird sich etwas finden."

Demetri und ich gingen zusammen auf die Jagd. Eigentlich wollte ich nicht noch einmal jagen, aber es lenkte mich von der Aufregung ab. Er probierte das tierische Blut. Es schmeckte ihm zwar nicht, aber es war okay. Ob er vollkommen auf menschliches Blut verzichten wollte, sagte er noch nicht. Vielleicht wollte er es mir auch nicht sagen.

Meine Gedanken waren durchgängig woanders.
Carlisle würde mich zum Altar begleiten, da ich mich nicht getraut hatte, meinen Vater anzurufen. Er hätte es nicht akzeptiert, dass ich schon heiratete. Er war der typische, altmodische Mensch, der mit zehn Jahren Erfahrung dann erst heiratete. So hatte er es mit meiner Mutter auch gemacht. Natürlich hätte ich ihn eigentlich gerne dabei gehabt, aber ich war zu feige. Unsere Beziehung hatte zwar in den letzten Jahren sehr gelitten, aber an solchen Ereignissen hätte ich ihn mir dann doch herbei gewünscht.
Ich würde einfach in einigen Jahren bei ihm mit Demetri auftauchen. Dann konnte er nichts mehr machen. Über mein Alter, als wir geheiratet haben, konnte ich dann ja lügen.

Bis(s) ich wieder bei dir bin ( Volturi Ff)( Abgeschlossen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt