-warten-

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"Was ist?" Ellisons sanfte Stimme hallte in meinem leergefegten Kopf wider, als ich auflegte.

Abrupt kam mir ein Gedanke. "Hast du das Jugendamt über meine Situation informiert?"

Vor lauter Abscheu in meiner Stimme zuckte sie zusammen. "Natürlich nicht. Du hast mich um Diskretion gebeten, nicht wahr? Daran hab ich mich gehalten."

Vollkommen benommen legte ich Geld aus meiner Tasche auf den Tisch, um zu bezahlen und stand auf.

"Ich muss dringend nach Hause. Komm ich bring dich noch zu dir.", wies ich sie emotionslos an.

Im Auto herrschte Totenstille. Erst als sie weg war, traute ich mich einen Anruf zu tätigen.

"Caine, das Jugendamt will heute Abend bei mir eine Inspektion durchführen. Weißt du was davon?", begann ich ohne Begrüßung.

An der anderen Leitung herrschte kurze Zeit Stille.

"Hallo?", erkundigte ich mich aufgebracht.

"Keine Ahnung, wie die drauf kommen bei dir einen Kontrollgang zu machen.", erwiderte er unter Schock. "Wie willst du das deinem Vater stecken?"

Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht. Er würde ausrasten und seine Wut an mir ablassen. Panik begann meine Glieder und Muskeln zu zerfressen.

"Sobald es was Neues gibt, ruf ich dich wieder an.", verabschiedete ich mich knapp und legte auf.

"Mona? Hi!", begann ich das nächste Gespräch.

*
Zuhause angekommen lief ich nervös auf und ab. Meinen Vater hatte ich nur kurz per Telefon hergerufen, weil ich so viel Angst vor seiner Reaktion gehabt hatte, doch im Nachhinein wäre ein Ferngespräch doch viel klüger gewesen.

Genervt stolperte er durch die Eingangstür. Bitte war er nicht sturzbesoffen!

"Was ist so dringend du kleiner Scheißer? Wegen dir musste ich in einer guten Runde Poker aussteigen!" Abwartend packte er meinen Nacken und ein saurer Biergeruch stach mir entgegen.

Er hatte definitiv getrunken, aber nicht so viel, dass es jemandem auffiel, der ihn nicht kannte.

"Jugendamt.", brachte ich mühsam hervor.

Mein Herz pochte wie wild, als er mir aufgebracht von sich stieß.

„WAS?"

Alle anderen Wutausbrüche kamen mir im Gegensatz dazu nichtig vor. Jede Kraft verließ meine Körper, es war ein Wunder dass ich aufrecht stehen konnte.

„Die haben bei mir angerufen und wollen heute Abend vorbeikommen.", erklärte ich hastig, während ich langsam versuchte den Abstand zwischen uns zu vergrößern.

Doch er arbeitete gegen mich.

„Wieso?" Seine Stimme klang bedrohlich leise.

„Ich weiß es nicht." Meine Stimme zitterte, während er mir durch den Raum folgte.

„Sprich nicht so wie eine Pussy!", brüllte er jetzt und mein Herz setzte aus, als ich die Wand hinter mir spürte. Ich war gefangen.

Gerade als er ausholen wollte, hielt er sich selbst zurück. Seine Faust hing wie eine Standbild in der Luft.

„Wir wollen ja kein Risiko eingehen.", erklärte er sich ruhig und senkte die Hand. „Aber keine Sorge, so ungeschoren kommst du nicht davon!"

Seine Drohung brachte mich zum Schlucken. Ein Aufschub der Prügel. Das nannte ich psychische Qual.

Mona stand gerade am oberen Absatz der Treppe und beobachtete uns gebannt. Ihr Blick tat mir in der Seele weh.

Wie lange stand sie da schon? Was hatte sie alles mitbekommen?

Mein Mauerblümchen Where stories live. Discover now